Drucksache 18 / 15 102 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Franz Kerker (AfD) vom 22. Mai 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Mai 2018) zum Thema: Humboldt und Hizbullah und Antwort vom 07. Juni 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Juni 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei – Wissenschaft und Forschung - Herrn Abgeordneten Franz Kerker (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/15102 vom 22. Mai 2018 über Humboldt und Hizbullah ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Abgeordneten Die Kleine Anfrage des Abgeordneten Greilich (FDP) HESSISCHER LANDTAG vom 08.03.2018 betreffend der Gemeinnützigkeit des "Elazig Bingöl Kültür ve Dayanisma Dernegi-Vahdet e.V." beantwortet der hessische Minister des Innern und für Sport u.a. wie folgt: „Die Vahdet Moschee [in Wiesbaden] ist ein wichtiger Stützpunkt der Türkischen Hizbullah (TH) in Deutschland. Hauptziel der sunnitischen, kurdisch dominierten TH ist die Abschaffung des laizistischen Staatssystems in der Türkei, die Errichtung eines islamistischen Staates und dessen kontinuierliche, letztlich globale Ausweitung.“ [..] „Anlässlich der Geburt des Propheten Mohammed führt die TH jährlich sogenannte "Kutlu Doğum"-Veranstaltungen ("Heilige Geburt") durch. Diese Veranstaltungen dienen der Zusammenkunft von TH-Angehörigen und als Gelegenheit, niederschwellig in Kontakt mit Personen ohne TH-Bezug treten zu können und sie ggf. für die Organisation gewinnen zu können.“[..]„Ehrengast und Redner auf der Veranstaltung [2016] war Reza Ramezani, Leiter des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH), der in der schiitischen Community als der Statthalter des iranischen Revolutionsführers Khamenei gilt. Anwesend war auch Mahmoud Khalilzadeh, Vorsitzender der vom IZH beeinflussten Islamischen Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands e.V. (IGS).“ In der Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/14759 des Abgeordneten Franz Kerker (AfD) Humboldtund Al-Mustafa Universität vom 17. April 2018 bestätigt der Senat die Paraphierung einer Vereinbarung über die Beteiligung der IGS am „Beirat für Islamische Theologie und Religionspädagogik“, welcher bei der Besetzung der an der Humboldt-Universität geplanten Professuren für Islamische Theologie mitentscheiden soll, durch Herrn Mahmoud Khalilzadeh. 1.) Hatte dieser vor der Vereinbarung mit der IGS Kenntnis von dessen Teilnahme an der oben genannten Veranstaltung? Zu 1.: Nein. - - 2 2.) Die Übereinkunft der Humboldt-Universität mit der IGS basierte auf der Voraussetzung, daß die IGS auf der Grundlage der verfassungsmäßigen Werteordnung der Bundesrepublik Deutschland stehe. 2.a.) Sieht der Senat diese Grundlage weiterhin als gegeben an? Zu 2.a.: Die in der Vorbemerkung des Abgeordneten getroffenen Feststellungen führen nicht zu einer Änderung der Bewertung der Islamischen Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands (IGS). 2.b.) Welche Rechte kann die IGS aus der Paraphierung der Vereinbarung gegenüber der Universität ableiten ? Zu 2.b.: Die Vereinbarung sieht die Mitgliedschaft der IGS im Beirat für Islamische Theologie und Religionspädagogik vor. Sie regelt Gegenstand, Form und Verfahren der Mitwirkung des Beirates an Entscheidungen der Humboldt-Universität zu Berlin im religionsverfassungsrechtlich gebotenen Umfang, insbesondere bei der Einrichtung von Studiengängen mit bekenntnisgebundenen Inhalten sowie – nach Abschluss des hochschulischen Auswahlverfahrens – bei der Berufung von Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern mit bekenntnisgebundenen Lehraufgaben. 3.) In einer Presseerklärung der IGS anläßlich des Treffens des Bundespräsidenten mit deren Vertretern am 29.04.2018 im Schloss Bellevue erklärte Herr Mahmoud Khalilzadeh gegenüber Herrn Steinmeier: „Um den reinen Islam der Vernunft zu stärken, setzen wir uns daher als IGS u. a. auch dafür ein, dass eine vernunftbasierte Theologie in den deutschen Universitäten erforscht und gelehrt wird.“ [Anm.: Durch die Begrenzung auf die „Vernunft“, arab. ʿaql positionieren sich die Schi‘iten in ihrer Rechtsfindung, dem fiqh, gegenüber den Sunniten, welche auch den „Analogieschluß“, arab. qiyās als zulässige Methode betrachten.] 3.a.) Besteht zwischen dem Berliner Senat sowie dem Auswärtigen Amt oder auch dem Bundespräsidialamt ein inhaltlicher Austausch, eine Abstimmung oder eine Zusammenarbeit bezüglich des geplanten Lehrstuhls für Islamische Theologie? Zu 3.a.: Nein. 3.b.) Falls ja: Welche Abteilungen sind jeweils eingebunden? Zu 3.b.: Entfällt. - - 3 4.) Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtete am 17.05.2018, daß die Islamische Theologie voraussichtlich zum Wintersemester 2019/2020 mit einem aus drei muslimischen Verbänden bestehenden Beirat seine Arbeit aufnehme. Welche Verbände sind dies? Welche Personen haben stellvertretend für diese unterzeichnet? (Bitte namentlich benennen). Zu 4.: Die Kooperationsvereinbarung sieht neben der IGS die Beteiligung des Islamische Föderation in Berlin e.V. sowie des Zentralrat der Muslime in Deutschland e.V. (Landesverband Berlin) vor. Bislang liegen Paraphierungen bzw. Erklärungen der genannten Verbände vor, mit denen diese ihre Zustimmung zum Text der Vereinbarung signalisiert haben. Die Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung steht noch bevor. 5.) In einem Diskussionsbeitrag gegenüber dem durch die „Hizmet-Bewegung“ finanzierten „Forum Dialog e.V.“ äußerte sich Bettina Jarasch, Religionspolitische Sprecherin für Bündnis 90/Grüne u.a wie folgt: „Wir Grüne unterstützen die Einrichtung des Instituts, aber wir stellen auch fest, dass der Prozeß falsch aufgesetzt worden ist: Statt sich einfach auf die fünf großen konservativen Verbände zu stützen, hätte ein berlinweiter Rat der Moscheegemeinden fünf Vertreter wählen sollen. Dann hätten auch die liberalen Moscheegemeinden und andere, die in der aktuellen Situation außen vor sind, an der Entscheidung mitwirken können . Wenn sich eine Chance zum Neustart bietet, sollten wir sie entschlossen ergreifen und ein demokratisches Verfahren entwickeln, damit sich alle Berliner Musliminnen und Muslime im Beirat repräsentiert fühlen .“ [Forum Dialog. e.V. (Hg.): Menschenrechte und Religion am Beispiel von unterschiedlichen Staat- Religion-Modellen. Berlin 2018. S. 36-37.] Gibt es aus der Sicht des Senates liberale Moscheegemeinden und welche sind dies? (Bitte einzeln aufführen ). Zu 5.: Es ist nicht Aufgabe des Senates, islamische Gemeinden oder andere Religionsgemeinschaften in Kategorien wie „liberal“ oder „konservativ“ einzuteilen. Diese Art der Fremdzuschreibung und Bewertung verstieße gegen den Grundsatz der Neutralität des Staates gegenüber Religionen. 6.) Reza Ramezani, Vorsitzender des Gelehrtenrats der „Islamischen Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands“ (IGS) forderte in einem Wahlaufruf vom 17.04.2017 welches das Büro der IGS in der Harzer Straße 51, 12059 Berlin online stellte, die Mitglieder der Islamischen Zentren in Deutschland zu einer stärkeren Zusammenarbeit auf: „Wie ihr wisst, ist es in der heutigen Zeit wichtiger denn je, die Grundpfeiler des Glaubens, der religiösen Identität, der islamischen Kultur und die Einheit der Anhänger Ahl Ulbait (a.s.) zu wahren.“ [..] „Ich bin mir sicher, dass die Einigkeit und Standhaftigkeit der Anhänger der Ahl Ulbait (a.s.), egal, ob, von Deutschen, Türken, Arabern, Iranern, Afghanen, Kurden, Pakistanern usw., das Herz unseres 12. Imams, Imam Mahdi (af.) erfreuen wird.“ Die Kontaktaufnahme der IGS zur Türkischen Hizbullah kann hiernach als Versuch gewertet werden, eine innerislamische „Querfront“ zwischen sunnitischen und schi‘itischen Gruppierungen aufzubauen, um – so das Rundschreiben – „unter dem Banner der Ahl Ulbait“, der Nachfahren des Propheten also, eine vom Iran angeführte neue Machtkonstellation entstehen zu lassen, die letztlich der Wiederkehr des 12. Imam, des Mahdi, den Weg bereitet. - - 4 Betrachtet der Senat es als Aufgabe der Wissenschaft, Endzeitvorstellungen dieser Art nicht rein ideengeschichtlich – wie dies in der Islamwissenschaft geschieht – zu untersuchen, sondern diese als politisch relevante Deutungen und Rahmungen heutigen und künftigen Weltgeschehens zu einer Theologie auszubauen? Zu 6.: Eine abstrakte Bewertung wissenschaftlicher Theorien, Auffassungen, Beweisführungen, Methoden, Forschungsansätze oder -ergebnisse ist nicht Aufgabe des Senates. 7.) Die Schriftliche Anfrage Drucksache 18/13952 des Abgeordneten Frank-Christian Hansel (AfD) vom 06. April 2018 zum Thema Muslime in Berlin beantwortet der Senat u.a. wie folgt: „In der Bundesrepublik Deutschland besteht keine Pflicht zur Angabe der Religionszugehörigkeit gegenüber staatlichen Stellen. Dem Senat von Berlin liegen daher keine Zahlen darüber vor, wie viele Musliminnen und Muslime in Berlin leben.“ In einem Gastbeitrag für den „Berliner Tagesspiegel“ vom 13.05.2018 unter dem Titel „Das Islam-Institut gehört zu Berlin“ vertritt der Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung Steffen Krach die Aussage: „Allein in der Bundeshauptstadt leben heute etwa 300.000 Menschen, die sich dem Islam zugehörig fühlen und sehr wohl zu Deutschland gehören. Das sind Berlinerinnen und Berliner, die ihre Kinder zum islamischen Religionsunterricht schicken wollen oder Imame und geistliche Funktionsträger für ihre Gemeinden benötigen.“ Wenn dem Senat keine Zahlen darüber vorliegen, wieviele Musliminnen und Muslime in Berlin leben, auf welchen Informationen fußt dann die Aussage des Staatssekretärs für Wissenschaft und Forschung? Zu 7.: Wie in der Antwort auf die Schriftliche Anfrage 18/13952 ausgeführt, erhebt der Senat keine Zahlen zur Religionszugehörigkeit zum Islam. Es gibt diverse Studien und Erhebungen, die der Annäherung dienen können, darunter auch die in der Antwort auf die genannte Schriftliche Anfrage aufgeführten. Berlin, den 7. Juni 2018 In Vertretung Steffen Krach Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei - Wissenschaft und Forschung -