Drucksache 18 / 15 146 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Emine Demirbüken-Wegner (CDU) vom 23. Mai 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Mai 2018) zum Thema: „Abkommen für die Jugend“ – Verfallsdatum schon längst überschritten oder immer noch gültig? und Antwort vom 11. Juni 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Juni 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Frau Abgeordnete Emine Demibürken-Wegner (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 /15146 vom 23. Mai 2018 über „Abkommen für die Jugend“ – Verfallsdatum schon längst überschritten oder immer noch gültig? ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Gründe führten zum „Abkommen für die Jugend“ vom 17. September 2009 zwischen dem Land Berlin und dem Landesjugendring Berlin e. V.? Zu 1.: Grundlage war die Kampagne des Landesjugendrings Berlin e.V.(LJR) „Jugend wählt Berlin - Berlin wählt Jugend“ aus dem Jahr 2007. Die im Zusammenhang mit der Kampagne erarbeiteten Forderungen von jungen Menschen waren Gegenstand der weiteren Verhandlungen zwischen der damaligen Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung und dem LJR zur Schaffung eines „Abkommens für die Jugend“. Dieses wurde anlässlich der 60-Jahrfeier des Landesjugendrings gemeinsam von den Vertragspartnern unterzeichnet. Das Abkommen unterstreicht die Notwendigkeit, die Interessen von Kindern und Jugendlichen in allen Politikfeldern zu berücksichtigen. Zudem sollen politische Beteiligungsmöglichkeiten junger Menschen ausgeweitet werden. 2. Wurde – wie unter den Vertragspartnern verabredet – ein Runder Tisch Jugend eingerichtet? Wenn ja, wie oft tagte dieser Runde Tisch und welche Beschlüsse wurden bisher gemeinsam umgesetzt? Wenn nein, warum kam diese Vereinbarung nicht zustande? Zu 2.: Der „Runde Tisch Jugend“ wurde, wie verabredet, eingerichtet. Ziel des „Runden Tisches“ war es, kinder- und jugendrelevante Themen in allen Politikbereichen zu stärken. Dabei spielten Fragen der Verbesserung der Lebenssituation und der Partizipationsmöglichkeiten der in Berlin lebenden Kinder und Jugendlichen eine herausragende Rolle. Am „Runden Tisch Jugend“ nahmen auf Seiten des Landes 2 Berlin der für Jugend zuständige Senator bzw. Senatorin sowie je nach Tagesordnung weitere Mitglieder des Senats teil. Der Landesjugendring wurde durch seinen jeweiligen Vorsitzenden vertreten. Weiterhin vertreten waren die jugendpolitischen Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen im Abgeordnetenhaus, die Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung, die Drehscheibe Kinder- und Jugendpolitik (Stiftung SPI), die LIGA der freien Wohlfahrtsverbände, ein für den Bereich Jugend zuständige Bezirksstadträtin bzw. zuständiger Bezirksstadtrat, die Industrie- und Handelskammer Berlin, die Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg e.V. sowie der Deutsche Gewerkschaftsbund. Je nach Thema werden unterschiedliche Expertinnen und Experten eingeladen. Die Geschäftsstelle wurde beim LJR eingerichtet. Die Konstituierung des „Runden Tisches Jugend“ erfolgte am 10. Juni 2010. Insgesamt fanden vier Sitzungen statt, letztmalig am 31. Januar 2014. Es wurden jeweils konkrete Vorhaben verabredet, die sukzessive von den anwesenden Teilnehmenden umgesetzt bzw. als Selbstverpflichtung akzeptiert wurden. Folgende Themen wurden jeweils diskutiert: 1. „Runder Tisch Jugend“ am 10. Juni 2010 zur Förderung des Engagements Jugendlicher 2. „Runder Tisch Jugend“ am 22. Juni 2011zur Förderung des ehrenamtlichen Engagements Jugendlicher mit Migrationshintergrund 3. „Runder Tisch Jugend“ am 18. Januar 2013 zur Verbesserung von Mitbestimmungsmöglichkeiten junger Menschen 4. „Runder Tisch Jugend“ am 31. Januar 2014 zu den Ergebnissen des vom Runden Tisch initiierten Projektes „Runder Tisch Jugend im Dialog“ Die Ergebnisse wurden jeweils dokumentiert und sind unter folgendem Link abrufbar: https://ljrberlin.de/themen/Runder%20Tisch%20Jugend 3. Gilt dieses Abkommen noch und wurde entsprechend der Vereinbarung der Vertragspartner in 2014 eine gemeinsame Einschätzung zur Umsetzung des Abkommens vorgenommen? Wenn nein, warum nicht? 4. Falls die Einschätzung vorgenommen wurde, wie stellen sich die Ergebnisse von 2014 insbesondere zu folgenden Punkten dar: a. Selbstorganisation und Engagement junger Menschen (Weiterentwicklung von beteiligungsrechten, Anerkennung und Würdigung ehrenamtlicher Arbeit)? b. Integration (Zusammenarbeit mit Migrantenorganisationen, Arbeit mit interkulturellen Teams, Erprobung neuer Methoden zur Integration von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund)? c. Bildung (Kooperationen zwischen Schulen und Landesjugendring einschließlich eines dafür zu entwickelnden Rundschreibens des Senats zur Nutzung des schulischen Personalbudgets, Entwicklung von Jugendfreizeitstätten zu Bildungsorten)? d. Arbeit und Ausbildung (stärkere Verankerung der Berufsorientierung an allen weiterführenden Schulen, genügend Ausbildungsplätze, Förderung ausbildungsrelevanter Schlüsselkompetenzen)? e. Soziale Sicherheit (Stärkung der Jugendverbände, damit diese mehr sozial benachteiligte Jugendliche betreuen können)? f. Kultur (Zusammenarbeit mit Kultureinrichtungen und Künstlern, Projektfonds kulturelle Bildung, Einbeziehung des Landesjugendrings in das Rahmenkonzept kulturelle Bildung)? g. Stadtentwicklung (Erhalt von Freiräumen und Spielflächen, Öffnung von Schulhöfen, Sporthallen und Übungsräumen, Lärmschutzregelungen für Kinder- und Jugendspielplätze, entgeltfreie Überlassung von Räumen)? 5. Wenn keine Einschätzung aus 2014 vorliegt, wie würde der Senat die Fragen unter 4. bezogen auf die heutige Situation beantworten? 3 Zu 3. bis 5.: Das Abkommen hat keine direkte Zeitbegrenzung und weist in der Umsetzung über das Jahr 2014 hinaus, auch wenn in 2014 keine dezidierte Evaluation vorgenommen wurde, da ein Großteil der Forderungen sukzessive berücksichtigt wurden. Die Vertragspartner aber auch die Teilnehmenden am „Runden Tisch Jugend“ haben die vereinbarten Themen gemeinsam bearbeitet und stehen zu den inhaltlichen Aussagen und zur Umsetzung der Themen in kontinuierlichen und konstruktiven Austausch. Zu nennen sind hier beispielsweise die Einrichtung des Jugend- Demokratiefonds im Land Berlin im Jahr 2011, die Implementierung der Jugendberufsagentur in Berlin in 2015, die Einrichtung der Landeskommission zur Prävention von Kinder- und Familienarmut und die Erarbeitung eines Jugendfördergesetzes. Darüber hinaus wurden zwei gesonderte Projekte zur Unterstützung der Arbeit der Migrantenjugendselbstorganisationen (MJSO) gefördert und zwar das Projekt „Partizipation - Bildung - Integration“ in den Jahren 2013-2016 unter anderem durch die seinerzeitige Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen und das Projekt „Jugendmigrationsbeirat“ durch die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales und der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie (aus Mitteln des Jugend-Demokratiefonds) in den Jahren 2016 - 2019. 6. Wie und in welcher Höhe ist der Senat seinen Versprechen aus 2009 zur besseren finanziellen Absicherung der Jugendverbände durch längerfristige Fördervereinbarungen nachgekommen (bitte anhand konkreter Zahlen nachweisen)? Zu 6.: Zur Verbesserung der finanziellen Situation der Jugendverbandsarbeit hat der Senat in den letzten Jahren folgende zusätzliche Mittel bereitgestellt: Ab dem Doppelhaushalt 2010/2011 zur Finanzierung von Projekten der Jugendverbandsarbeit in Kooperation mit Schulen zusätzliche Mittel in Höhe von 150.000 Euro. Die Jugendverbände und die Jugendbildungsstätten hatten sich damals geeinigt, dass die Mittel für die außerschulische Jugendbildungsarbeit anteilig zu jeweils 50 % den Trägern der Jugendverbandsarbeit und den der Jugendbildungsstätten zur Verfügung gestellt werden sollte. Ab dem Jahr 2016 weitere Mittel in Höhe von 75.000 Euro für die Unterstützung der Arbeit der Migrantenjugendselbstorganisation Ab 2012 erhielten die Jugendverbände zusätzliche Mittel für Tarifanpassungen. Im Doppelhaushalt 2018/2019 ist durch das Abgeordnetenhaus eine weitere Erhöhung der Mittel für die Jugendverbandsarbeit um 200.000 Euro (50.000 Euro in 2018 und weitere 150.000 Euro in 2019) beschlossen worden. . Insgesamt hat sich die Zuwendungssumme für die Jugendverbände einschließlich der Tarifanpassungen seit 2010 von 1.813.167 Euro zzgl. 75.000 Euro für die Kooperation mit Schulen auf insgesamt 2.157.718 Euro (darin Tarifanpassung 294.553 Euro und 50.000 Euro Erhöhung Förderung), zzgl. 76.410 Euro für Koop mit Schule, zzgl. 76.410 Euro für MJSO in 2018 erhöht. 4 7. Wie schätzt der Senat aus heutiger Sicht das „Abkommen für die Jugend“ ein? Ist er bereit, ein weiteres Abkommen abzuschließen? Wenn ja, welche zeitlichen Vorstellungen hat der Senat und welche Schwerpunkte möchte er dabei in den Mittelpunkt des Abkommens stellen? Zu 7.: Entstanden aus einem bestimmten zeitlichen Kontext, bestärkt und bekräftigt das „Abkommen für die Jugend“ die damals wie heute gültige Haltung des Senats Jugendpolitik als Querschnittsaufgabe zu betrachten und vor diesem Hintergrund gemeinsam mit den Akteuren innovative jugendpolitische Prozesse und Reformvorhaben anzustreben und umzusetzen. Die kooperative Zusammenarbeit wird im Land Berlin an einer Vielzahl von kooperativen Vorhaben mit dem Landesjugendring und seinen Mitgliedsverbänden deutlich. Auch durch die EU-Jugendstrategie 2010 - 2018 und die Diskussion um eine eigenständige Jugendpolitik in Deutschland, welche sich unter anderem auch im 15. Kinder- und Jugendbericht mit dem Titel „Bericht über die Lebenssituation junger Menschen und die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland – Zwischen Freiräumen, Familie, Ganztagsschule und virtuellen Welten - Persönlichkeitsentwicklung und Bildungsanspruch im Jugendalter“ widerspiegelt, haben dazu geführt, dass Jugendpolitik als Querschnittsaufgabe an Bedeutung gewonnen hat. Der Auftrag zur Erarbeitung eines Jugendfördergesetzes in Berlin dient ebenfalls der Stärkung und Sicherung der in der o.g. Vereinbarung genannten selbstverpflichtenden Förderung junger Menschen. Berlin, den 11. Juni 2018 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie