Drucksache 18 / 15 199 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Kristian Ronneburg (LINKE) vom 29. Mai 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Mai 2018) zum Thema: Mobilitätshubs und Antwort vom 11. Juni 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Juni 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Kristian Ronneburg (Die Linke) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/15199 vom 29. Mai 2018 über Mobilitätshubs Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft teilweise Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) zu Frage 1 und 7 um Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Sie ist nachfolgend wiedergegeben. Frage 1: Welches Konzept verbirgt sich hinter den von der BVG angekündigten „Mobilitätshubs“, die die Mobilitätsangebote in der Stadt weiterentwickeln sollen? Antwort zu 1: Vor dem Hintergrund der Entwicklung der Umweltfaktoren sowie der steigenden Nachfrage nach alternativen Mobilitätsangeboten und deren individueller Kombination in der Stadt, sieht die BVG die Herausforderung, und Chance zugleich, neue Mobilitätsangebote zu entwickeln sowie diese mit bestehenden und externen Mobilitätsdienstleistungen zu vernetzen. Die Mobilitätshubs der BVG sollen Kunden komfortable Wahlmöglichkeiten entsprechend ihrer individuellen Mobilitätsbedürfnisse sowie die Möglichkeit des einfachen Wechselns des Transportmittels, zum Beispiel von privaten Rädern oder Bike- und Carsharing zur Weiterfahrt mit dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), bieten. Somit leisten Mobilitätshubs einen entscheidenden Beitrag zur Stärkung des Umweltverbundes der Stadt Berlin sowie zur Verkehrs- und Stadtentwicklung. 2 Frage 2: Woraus bestehen „Mobilitätshubs“? Woraus bestehen die unterschiedlichen Varianten und welche Kosten sind damit jeweils verbunden? Antwort zu 2: Im Bereich der öffentlich zugänlichen Verkehrsmittel ist eine zunehmende Diversifizierung und Anbietervielfalt über den ÖPNV und den Taxiverkehr hinaus zu beobachten. Neben Fahrradverleihsystemen und Carsharingangeboten etablieren sich auch sog. Ridesharingangebote mehr und mehr am Markt. Die Herausforderung hierbei ist die tarifliche und räumliche Integration und die intermodale Verknüpfung. Neben der tariflichen Verknüpfung von ÖPNV und anderen Mobilitätsdienstleistern sowie der Entwicklung digitaler Mobilitätsplattformen bieten Mobilitätsstationen bzw. Mobilitätshubs die Möglichkeit, diese Angebote besser zu verknüpfen und räumlich zu erleichtern. Aufgrund der vorgenannten Anforderung geht die Gestaltung und Flächennutzung von Mobilitätsstationen bzw. Mobilitätshubs deutlich über die bisherigen Ansätze intermodaler Verknüpfung in Form von Park+Ride und Bike+Ride-Plätzen sowie Taxistellplätzen hinaus. Neben der Integration von Sharing-Angeboten steht auch die Einbeziehung von Angeboten der Elektromobilität, bspw. in Form von öffentlich nutzbarer Ladeinfrastruktur, im Fokus der Diskussion zu Mobilitätshubs. Eine detaillierte Kostenermittlung einzelner Ideen für Mobilitätshubs liegt noch nicht vor. Frage 3: Welcher Planungs- und Bauhorizont wird für die Realisierung der unterschiedlichen Varianten veranschlagt? Frage 4: Welche Flächen eignen sich grundsätzlich für die zusätzliche Realisierung von „Mobilitätshubs“? Frage 5: Wann und wo werden die ersten „Mobilitätshubs“ errichtet werden können? Frage 6: Inwiefern wird es eine Testphase und Evaluation geben? Antwort zu 3 bis 6: In Berlin sind bereits von verschiedenen Seiten entsprechende Vorschläge zur Entwicklung von Bahnhöfen und Knotenpunkten zu Mobilitätshubs gemacht worden. In der Laufzeit des Nahverkehrsplan Berlin 2019 - 2023 wird daher durch die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz geprüft werden, welche Anforderungen aus gesamtstädtischer Sicht an die Auswahl, Planung und Ausgestaltung von Mobilitätshubs zu stellen sind und an welchen Bahnhöfen und Haltestellen des ÖPNV geeignete Anknüpfungspunkte für die Entwicklung von Mobilitätshubs bestehen. Dabei ist auch zu klären, welche Mobilitätsangebote sinnvoll sind - auch aus verkehrspolitischer Sicht - und in die jeweiligen Standorte einbezogen werden können. Generell sind dabei zwei Randbedingungen erforderlich: 3 Grundsätzlich müssen entsprechende Flächen an den jeweiligen ÖPNV-Zugangsstellen verfügbar und nutzbar sein, ohne dass dies zu Lasten der bereits vorhandenen Angebote und Infrastrukturanforderungen des Umweltverbunds geht. Die jeweiligen Mobilitätsangebote an öffentlich zugänglichen Verkehrsmitteln müssen in den jeweiligen Stadträumen geeignet sein, die verkehrspolitischen Zielsetzungen Berlins, insbesondere gemäß §§ 4, 5 und 7 bis 9 des geplanten Mobilitätsgesetzes (MobG), zu unterstützen. Quintessenz ist, dass Mobilitätshubs und die dort jeweils sinnvollen Angebote den stadträumlichen Gegebenheiten angepasst werden müssen. Dies bedeutet bspw., dass privilegierte Pkw-Angebote, etwa Stellplätze für stationsungebundene Carsharing- Angebote (sogenanntes Free floating) im Innenstadtbereich in der Regel verkehrspolitisch nicht sinnvoll sind, da sie dort vor allem in Konkurrenz zum ÖPNV stehen, ohne diesem gegenüber verkehrliche und ökologische Vorteile zu bieten. Dagegen können solche Angebote an Mobilitätshubs im Vorortbereich durchaus im Sinne der verkehrspolitischen Zielerreichung sein. Aus Sicht des ÖPNV sind im Rahmen dieser Prüfung und der Auswahl potenziell geeigneter Standorte vor allem folgende Aspekte wichtig, die überwiegend die angesichts der aktuellen Entwicklungen in Berlin als wachsender Stadt oftmals zu erwartende Flächenkonkurrenz im Bereich potenzieller Mobilitätshubs betreffen: Die jeweiligen ÖPNV-Verknüpfungspunkte müssen entsprechende Flächenreserven bieten, um zusätzliche Angebote - einschließlich der dadurch indizierten zusätzlichen Nachfrage - bewältigen zu können. Der ÖPNV muss weiter in der Lage sein, die wachsende Nachfrage an den jeweiligen Verknüpfungspunkten zu bewältigen, er benötigt daher ausreichend dimensionierte Haltestellen und Verkehrsflächen einschließlich der jeweils betrieblich erforderlichen Infrastruktur (Betriebshaltestellen, Reserven für Spitzenlast und zusätzliche Verkehre). Diese Flächen dürfen nicht zugunsten anderer Angebote eingeschränkt werden. Die zusätzlichen Mobilitätsangebote sollen keine Konkurrenz, sondern eine Ergänzung des Umweltverbunds und damit des ÖPNV sein, sie sollen nicht zu Fahrgastverlusten und Verlagerungseffekten weg vom Fahrrad und dem ÖPNV führen. Es sind vor allem solche ergänzenden Angebote sinnvoll, die auch tariflich in die bereits vorhandenen Angebote eingebunden werden können und durch digitale Mobilitätsplattformen mit dem ÖPNV und den öffentlichen Radverkehrsangeboten verknüpft sind. Mobilitätshubs müssen grundsätzlich anbieteroffen sein, sowohl hinsichtlich der Mitnutzung durch die im Einzugsbereich jeweils aktiven ÖPNV-Unternehmen als auch der verschiedenen Anbieter von Sharing-Angeboten. Im Rahmen der Untersuchung sind zudem auch mögliche institutionelle Strukturen sowie Anbieter- und Vertragsformen zu betrachten. Frage 7: Welche Standorte werden als potentiell geeignet eingestuft? Welche Gespräche fanden mit den Bezirksämtern diesbzgl. statt und welche Rückmeldungen gab es? 4 Antwort zu 7: Aufgrund der positiven Zusammenarbeit mit den Bezirken steht der BVG eine Reihe an potentiellen Standorten zur Verfügung, welche es auf Einflussfaktoren, wie zum Beispiel die Einfachheit der Umsetzung, zu untersuchen gilt. Aufgrund der noch laufenden Abstimmungen können zum derzeitigen Zeitpunkt noch keine finalen Standorte benannt werden. Die BVG achtet hierbei darauf, stadtweit Realisierungsflächen zu prüfen und zu berücksichtigen. Berlin, den 11.06.2018 In Vertretung Jens-Holger Kirchner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz