Drucksache 18 / 15 201 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katalin Gennburg und Kristian Ronneburg (LINKE) vom 29. Mai 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Mai 2018) zum Thema: Werbung im öffentlichen Verkehrsraum und Antwort vom 08. Juni 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Jun. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Frau Abgeordnete Katalin Gennburg (Die Linke) Herrn Abgeordneten Kristian Ronneburg (Die Linke) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/15201 vom 29. Mai 2018 über Werbung im öffentlichen Verkehrsraum Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Bezirksämter von Berlin um Zuarbeit gebeten. Frage 1: Wie viele Anlagen der Außenwerbung sind im öffentlichen Verkehrsraum von Berlin installiert? (Bitte aufschlüsseln nach Anlagen auf öffentlichem Straßenland und auf privaten Grundstücken - mit Ausnahme der Werbeanlagen an der Stätte der Leistung - analog/digital.) Antwort zu 1: Für die Beantwortung dieser Frage wird auf die umfangreichen Antworten auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/11997 zu Frage 1 und 3 von Frau Abgeordnete Katalin Gennburg (Die Linke) vom 07.08.2017 sowie auf die Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/14792 zu Frage 1 von Herrn Abgeordneten Sebastian Walter (Bündnis 90/Die Grünen) und Herrn Abgeordneten Harald Moritz (Bündnis 90/Die Grünen) vom 19.04.2018 verwiesen. Frage 2: Wie viele die Digitalisierung von Werbeanlagen im öffentlichen Verkehrsraum betreffende Genehmigungsverfahren sind derzeit anhängig? (Bitte aufschlüsseln nach Standort und Größe der Werbefläche.) 2 Antwort zu 2: Die entsprechenden Genehmigungsverfahren fallen in die Zuständigkeit der Bezirksämter. Die Bezirksämter haben auf entsprechende Nachfrage Folgendes mitgeteilt: Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg: Kolonnenbrücke, stadtauswärts, Errichtung einer Digitalen Großwerbevitrine (ca. 18/1 Format) Hauptstraße 20, Austausch der vorhandenen Großwerbe-Wandanlage durch eine Digital-Board Wandanlage (ca. 18/1 Format) Blumenthalstraße 10, Austausch der vorhandenen Großwerbe-Wandanlage durch eine Digital-Board Anlage (ca. 18/1 Format) Manteuffelstraße 71, Austausch einer vorhandenen Großwerbevitrine durch eine Digital-Board-Anlage (ca. 18/1 Format) Attilastraße 68, Austausch der vorhandenen Großwerbe-Wandanlage durch eine Digital-Board Anlage (ca. 18/1 Format) Kolonnenbrücke, stadteinwärts, Errichtung von einer Werbeanlage Digital-Board Portrait 4x7 auf Sonderfuß doppelseitig Bezirksamt Mitte: Es wird bei der Bauaufsicht bei der Eingangserfassung nicht erfasst, ob es sich bei Anträgen um eine Digitalisierung handelt. Die Frage kann somit nicht beantwortet werden, ohne alle laufenden Anträge einzeln zu sichten (zzt. 236 laufende Vorgänge für Werbeanlagen). Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf: Schloßstr. 70 -73, Austausch der vorhandenen Großwerbe-Wandanlage durch eine Digital-Board Anlage (3895 mm x 2784 mm) Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg: Gneisenaustraße 2, Austausch der vorhandenen Großwerbe-Wandanlage durch eine Digital-Board-Wandanlage, Größe 4,39 m x 7,56 m, Ansichtsfläche 29 m² Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf: Alt-Kaulsdorf 59, Errichtung einer digitalen Werbeanlage (24 m²) Bezirksamt Pankow: Im Bezirk Pankow sind auf privaten Grundstücken und im gewählten Betrachtungszeitraum neun Vorhaben im Sinne der Fragestellung anhängig. 3 Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf: - Kurfürstendammbrücke stadtauswärts, Errichtung einer digitalen Großwerbeanlage (10 m²) - Kurfürstendammbrücke stadteinwärts, Errichtung einer digitalen Großwerbeanlage (10 m²) - Heerstraßenbrücke, stadtauswärts, Errichtung einer digitalen Großwerbeanlage (10 m²) - Heerstraße 37, stadteinwärts, Errichtung einer digitalen Großwerbeanlage (10 m²) - Heerstraße, stadteinwärts, Errichtung einer digitalen Großwerbeanlage (10 m²) - Heerstraße, stadtauswärts, Errichtung einer digitalen Großwerbeanlage (10 m²) - Kurfürstendamm, stadteinwärts, Errichtung einer digitalen Großwerbeanlage (10 m²) - Kurfürstendamm, stadtauswärts, Errichtung einer digitalen Großwerbeanlage (10 m²) Bezirksamt Treptow-Köpenick: Im Straßen- und Grünflächenamt des Bezirks Treptow-Köpenick sind derzeit keine die Digitalisierung von Werbeanlagen im öffentlichen Verkehrsraum betreffende Genehmigungsverfahren anhängig. Frage 3: Werden Beteiligungsverfahren der angrenzenden Anwohnerinnen und Anwohner bei der Genehmigung von Werbeanlagen durchgeführt? a. Wenn ja: Welche? b. Wenn nein: Warum nicht? Antwort zu 3: a. Nein. b. Weder bauaufsichtsrechtlich noch straßenrechtlich sind entsprechende Beteiligungen im Rahmen des Genehmigungs- bzw. Erlaubnisverfahrens vorgesehen. Frage 4: Werden die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger auf negative Meinungs- und Informationsfreiheit (Schutz vor unzumutbarer Konfrontation mit fremden Meinungen und Informationen) bei der Genehmigung von Werbeanlagen im öffentlichen Verkehrsraum berücksichtigt? a. Wenn ja: Wie? b. Wenn nein: Warum nicht? Antwort zu 4: a. Nein. b. Inwieweit das aus dem Grundrecht des Artikel 5 des Grundgesetzes (GG) ableitbare Recht auf negative Meinungs- und Informationsfreiheit auch ein Recht beinhaltet, vor (optischer) Werbung über Werbeanlagen im öffentlichen Raum verschont zu bleiben, ist im Einzelnen noch weitgehend ungeklärt. Allein die bloße Konfrontation mit einer fremden Meinung ist für sich genommen noch nicht vom Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 5 4 GG erfasst. Im öffentlichen Raum, in dem der Einzelne der Werbung in zumutbarer Weise ausweichen kann und im Übrigen auch mit ortsüblicher Werbung rechnen muss, tritt das Recht, von den Einwirkungen durch Werbung verschont zu bleiben, hinter das (positive) Recht anderer Nutzerinnen und Nutzer des öffentlichen Raums zurück, ihre Meinung oder Informationen kund zu tun (etwa auch durch politische Parteien im Vorfeld zu allgemeinen Wahlen). Soweit im Einzelfall die Zumutbarkeitsschwelle für einen Betroffenen überschritten sein sollte, ist dem insbesondere im Rahmen des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots Rechnung zu tragen. Frage 5: Welche Auswirkungen haben Anlagen der Außenwerbung auf die architektonische und städtebauliche Gestaltung der Stadt und den öffentlichen Raum als Ort des gesellschaftlichen Lebens? Frage 6: Was haben der Senat und die Bezirke bislang unternommen, um die im Koalitionsvertrag angekündigte Begrenzung großflächiger Werbung im öffentlichen Raum zu erreichen? (Bitte auflisten nach Maßnahme, Dienststelle, ggf. Verordnung.) Antwort zu 5 und zu 6: Die insbesondere seit den 1990er Jahren erfolgte Konzentration von Werbeanlagen an stark frequentierten Standorten, die Zunahme großformatiger Werbung und auch die steigende Rolle von Licht und Bewegung durch den Einsatz moderner Technologien führten an vielen Orten in Berlin zu einer Dominanz von Werbung, die hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die architektonische und städtebauliche Gestaltung der Stadt überprüft und neu bewertet werden musste. Aus diesem Grund hat der Senat von Berlin im Jahr 2014 ein mit den Vertretern der Berliner Bezirksverwaltungen abgestimmtes Werbekonzept erarbeitet. Das Werbekonzept legt Grundsätze zum Umgang mit Werbung im Stadtraum von Berlin fest, es unterscheidet die Berliner Raum- und Gebäudetypen in vier Klassen einer unterschiedlichen Sensibilität gegenüber Werbung und beurteilt die häufigsten Werbeanlagen auf ihre Eignung zur Aufstellung in den unterschiedlichen Stadträumen. Eine vertiefte Untersuchung der zunehmenden Digitalisierung von Werbung im Stadtraum führte zur Entwicklung von Vorgaben zur Blendungsbegrenzung von Werbeanlagen, die in das Werbekonzept aufgenommen wurden. Mit der Vorlage des Werbekonzepts hat der Senat von Berlin eine Richtschnur zur Genehmigung von Werbeanlagen auf den Berliner Straßen entwickelt, die Einfluss auf den Erhalt des Berliner Stadtbildes hat. Das Werbekonzept ist im Internetauftritt der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung veröffentlicht. Im Vorfeld der Neuvergabe der Werberechte auf öffentlichem Straßenland ab 2019 wurden die vielfältigen Werbeverträge, die sowohl der Senat als auch die Bezirke zur Kompensation öffentlicher Leistungen in den vergangenen Jahren abgeschlossen hatten, beendet. Dadurch wurde die Möglichkeit eröffnet, alle vorhandenen Standorte anhand des Werbekonzepts im Hinblick auf verkehrliche, stadtgestalterische, denkmalpflegerische und ordnungsrechtliche Aspekte zu überprüfen. Im Ergebnis dieser Überprüfung wird die Anzahl der Werbeanlagen nunmehr erheblich reduziert, in Bezug auf die Großwerbeflächen (City-Light-Boards bzw. Mega-Lights) erfolgt etwa eine Reduzierung 5 der Zahl der Anlagen um ca. 30 Prozent ab 2019. In die bereits geschlossenen Verträge sind die entsprechenden Vorgaben bereits eingeflossen. Besonderen Einfluss auf das Stadtbild haben darüber hinaus großflächige Werbeposter an Baugerüsten. Zur Begrenzung dieser Werbeelemente erfolgte bereits mit der Änderung der Bauordnung im Jahr 2010 eine zeitliche Begrenzung auf sechs Monate. Im Übrigen unterliegen auch diese Anlagen den Beurteilungskriterien des Werbekonzepts. Berlin, den 08.06.2018 In Vertretung Jens-Holger Kirchner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz