Drucksache 18 / 15 250 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Bettina Jarasch (GRÜNE) vom 06. Juni 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Juni 2018) zum Thema: Rechts- und Verfahrensberatung für Asylsuchende und Antwort vom 25. Juni 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Jun. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales Frau Abgeordnete Bettina Jarasch (Bündnis 90/Die Grünen) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/15250 vom 06.Juni 2018 über Rechts- und Verfahrensberatung für Asylsuchende ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Teil 1: Errichtung einer unabhängigen Asylverfahrensberatung 1. Wie ist der aktuelle Verfahrensstand für die Errichtung einer unabhängigen Asylverfahrensberatung und wann wird diese ihre Arbeit aufnehmen? Gibt es ein Konzept für die inhaltliche Arbeit? Wenn ja, bitte vorlegen. Inwieweit ist derzeit im Ankunftszentrum eine unabhängige Verfahrensberatung gewährleistet und wie wird sichergestellt, dass alle neuankommenden Geflüchteten dieses Angebot wahrnehmen können, wenn sie es wollen? 2. Mit wie vielen Personalstellen wird diese Verfahrensberatung ausgestattet sein? Sind Stellenausschreibungen bereits veröffentlicht und wenn ja, gab es bereits Vorstellungsgespräche bzw. sind solche geplant? Wie sind die geplanten Stellenprofile inhaltlich ausgestaltet? Zu 1. und 2.: Das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) bereitet derzeit in Abstimmung mit der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales ein öffentlichrechtliches Vergabeverfahren mit dem Ziel der Etablierung einer unabhängigen Asylverfahrensberatung im Berliner Ankunftszentrum vor. Angestrebt wird der Abschluss eines Dienstleistungsvertrags mit einer geeigneten Bieterin/ einem geeigneten Bieter, die/der gewährleisten soll, dass alle in Berlin aufgenommenen Asylbegehrenden rechtzeitig vor der Einleitung des Asylverfahrens beim zuständigen Bundesamt das für sie kostenlose Angebot erhalten, von einer nichtstaatlichen Stelle umfassend über das Asylverfahren und vorrangig über ihre diesbezüglichen Rechte und Pflichten informiert zu werden. Zu weiteren Einzelheiten - etwa zum konkreten Inhalt der Leistungsbeschreibung, der Ausgestaltung des Dienstleistungsvertrags, dem eingesetzten Personal oder der vereinbarten Vergütung – können vor der Veröffentlichung der Vergabeunterlagen nach Maßgabe der einschlägigen 2 vergaberechtlichen Vorschriften keine Angaben gemacht werden, um den Verlauf des Vergabeverfahrens nicht zu präjudizieren. 3. Wie viele Gelder sind bereits aus dem Titel 1170/Kapitel 54010 abgerufen worden? Bitte detailliert aufzeigen, welche Gelder für die Umsetzung der unabhängigen Asylverfahrensberatung aufgewendet wurden. Zu 3.: Für die Finanzierung der unabhängigen Asylverfahrensberatung sind im Kapitel 1170 (Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten - Leitung der Behörde und Service), Titel 54010 Mittel in Höhe von jeweils 200.000 Euro in den Haushaltsjahren 2018 und 2019 veranschlagt worden. Die tatsächliche Verausgabung soll nach Mittelumsetzung aus dem fachlich korrespondierenden Kapitel 1171 (Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten - Zentrale Aufnahmeeinrichtung und Leistungsstelle für Asylbewerberinnen/Asylbewerber -), Titel 54010 (Dienstleistungen) erfolgen. Ein Mittelabfluss aus diesem Teilansatz ist bisher - auf Grund des noch nicht abgeschlossenen Vergabeverfahrens - nicht zu verzeichnen. 4. Welchen Zeitraum zwischen Verfahrensberatung und Asylanhörung hält der Senat für angemessen und kann dieser Zeitraum im Ankunftszentrum unter den jetzigen Bedingungen gewährleistet werden? Zu 4.: Zielsetzung ist es, den neu eintreffenden Asylbegehrenden zu ermöglichen, nach Wahrnehmung der unabhängigen Asylverfahrensberatung, jedoch noch vor dem Anhörungstermin beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zusätzlich einen Rechtsbeistand zu konsultieren und sich dort ergänzend beraten zu lassen. Um diese Option zu gewährleisten, wird ein Zeitraum von zwei bis drei Werktagen zwischen dem Termin bei der unabhängigen Beratungsstelle und der Vorsprache im BAMF angestrebt. Da der Zeitraum, der im Ankunftszentrum für den Ablauf des Erstaufnahmeverfahrens – d. h. Ankunft, Registrierung, unabhängige Verfahrensberatung, Sozialberatung und Ankommen - zur Verfügung steht, bis zu sieben Tage beträgt, wird diese Planung als realistisch erachtet. 5. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vom 14. März 2018 ist die Einführung einer unabhängigen und flächendeckenden Asylverfahrensberatung vereinbart worden. a) Inwieweit gab bzw. gibt es dazu bereits Gespräche zwischen dem Land Berlin und der Bundesregierung? b) Existiert ein Konzept für die planerische und inhaltliche Umsetzung? Wenn ja, bitte vorlegen. Zu 5.: Im BAMF wurde in Kooperation mit der Diakonie Deutschland, dem Deutschen Caritasverband und dem Deutschen Roten Kreuz im Frühjahr 2017 ein Pilotprojekt zur Asylverfahrensberatung durchgeführt und zwischenzeitlich evaluiert. Über die Veröffentlichung des Evaluationsberichts entscheidet das Bundesministerium des Innern; bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist eine Übersendung des Evaluationsberichts an die Bundesländer seitens des Bundesministeriums nicht erfolgt. Teil 2: Förderprogramm Migrations- und Flüchtlingsberatung – Rechts- und Verfahrensberatung für Geflüchtete 1. Bitte listen Sie alle nichtstaatlichen und staatlichen Akteure auf, die eine Rechts- und Verfahrensberatung durchführen und vom Land Berlin gefördert werden. Bitte stellen Sie dar, welche Summe die einzelnen Akteure jeweils aus dem Titel 1120/Kapitel 68412 erhalten. Zu 1.: Im Rahmen des Förderprogramms Migrationsrechts- und Flüchtlingsberatung erhalten 10 nichtstaatliche Beratungsstellen eine Zuwendung aus dem Haushaltskapitel 1120/Titel 68412 Nr. 6a. Die Beratungsstellen lauten wie folgt: 3 AWO Kreisverband Berlin-Mitte e. V. Projekt: Asylverfahrensberatung (2018: 60.000 Euro) Caritasverband für das Erzbistum Berlin e. V. Projekt: CARI-Fair (2018: 61.000 Euro) Diakoniewerk Simeon gGmbH Projekt: Al Muntada Plus, Asyl- und Migrationsrechtsberatung für Flüchtlinge aus dem arabischen Raum (2018: 59.700 Euro) Diakonisches Werk Berlin Stadtmitte e. V. Projekt: Migrationsrechts- und Flüchtlingsberatung (2018: 61.000 Euro) KommMit – für Migranten und Flüchtlinge e. V. Projekt: Verfahrensberatung für Flüchtlinge (2018: 63.000 Euro) Kontakt- und Beratungsstelle für Flüchtlinge und Migrant_innen e. V. (KuB) Projekt: Verfahrensberatung für Flüchtlinge (2018: 70.000 Euro) Oase Berlin e. V. Projekt: Wege weisen – Wege finden (2018: 40.855 Euro) Schwulenberatung Berlin gGmbH Projekt: Migrationsrechts- und Verfahrensberatung für LSBTI* Geflüchtete (2018: 70.000 Euro) Verein der Eltern aus Kurdistan in Berlin – Yekmal e. V. Projekt: Asyl- und Verfahrensberatung „Geflüchtete beraten Geflüchtete“ (2018: 63.000 Euro) Xenion – Psychosoziale Hilfen für politisch Verfolgte e. V. Projekt: Mobile Verfahrensberatung für schutzbedürftige Frauen (2018: 47.000 Euro) 2. Wie viele Gelder sind bereits aus dem Titel 1120/Kapitel 68412 Nr. 6a abgerufen worden? Zu 2.: Für das Kapitel 1120/Titel 68412 Nr. 6a sind für das Haushaltsjahr 2018 Mittel in Höhe von 599.000 Euro vorgesehen. Bis zum 08.06.2018 wurden davon Mittel in Höhe von 254.109,62 Euro angewiesen. 3. Wie hoch ist die Nachfrage nach Rechts- und Verfahrensberatung? Wie viele Anfragen erhalten die einzelnen Beratungsangebote und wie viele Beratungen können durchgeführt werden? 4 Zu 3.: Die Nachfrage an Rechts- und Verfahrensberatung ist kontinuierlich vorhanden. Im ersten Quartal 2018 gab es insgesamt 1787 Beratungskontakte. Dies umfasst sowohl Erstberatungen am Telefon, die Beantwortung von Anfragen per E-Mail sowie persönliche Beratungsgespräche in den Räumlichkeiten der Beratungsstellen. Die Länge und Intensität der Beratungen ist abhängig von der Komplexität der Einzelfälle. Regelmäßig sind mehrere Beratungstermine erforderlich, um alle Fragestellungen der Ratsuchenden abschließend bearbeiten zu können. Insbesondere die spezialisierten Beratungsstellen, deren Schwerpunkt auf einer bestimmten Zielgruppe liegt, erhalten regelmäßig Anfragen von anderen Trägern und Institutionen, die auf die rechtliche Expertise der Rechts- und Verfahrensberatungen zurückgreifen. Aus Kapazitätsgründen arbeiten die geförderten Beratungsstellen eng zusammen. 4. Wie viele und welche dieser Beratungsangebote sind mehrsprachig? Welche Sprachen werden für welche Beratungsdienstleistung angeboten? Wie können mehrsprachige Angebote realisiert werden? Gibt es mehrsprachige Berater*innen oder arbeiten die Einrichtungen mit Sprachmittlungs- oder Übersetzungsdienstleistungen? Zu 4.: Alle geförderten Beratungsstellen halten ein mehrsprachiges Beratungsangebot vor. Dazu zählen vor allem die stark nachgefragten Sprachen (u. a. Arabisch, Farsi, Dari, Englisch, Französisch, Russisch). Dies entspricht auch den Vorgaben für die Rechts- und Verfahrensberatung für Geflüchtete, die ausdrücklich ein mehrsprachiges Beratungsangebot vorsehen. In der Regel wird dies durch Sprachmittlung gewährleistet. Hingegen können auch ein Großteil der Beraterinnen und Berater selbst mehrsprachige Beratungen anbieten. Bei selten nachgefragten Sprachen ermöglicht eine enge Kooperation der Beratungsstellen, dass häufig schnell Unterstützung geleistet werden kann. 5. Wie stellt der Senat sicher, dass neuangekommene Geflüchtete das Angebot einer externen, unabhängigen Verfahrens- und Rechtsberatung noch vor ihrer Asylanhörung wahrnehmen können? Zu 5.: Auf die Antwort zu Teil 1, Frage 4 wird verwiesen. Berlin, den 25. Juni 2018 In Vertretung Daniel T i e t z e _____________________________ Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales