Drucksache 18 / 15 254 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Andreas Otto (GRÜNE) vom 07. Juni 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Juni 2018) zum Thema: Was passiert mit Sozialwohnungen nach Aufteilung in WEG, hier Rathenower Straße 5/6/7? und Antwort vom 26. Juni 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Juni 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Herrn Abgeordneten Andreas Otto (Grüne) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/15254 vom 7. Juni 2018 über Was passiert mit Sozialwohnungen nach Aufteilung in WEG, hier Rathenower Straße 5/6/7? Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht in eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Auch können diverse Fragen nicht mit beim Senat vorhandenen anonymisierten statistischen Informationen beantwortet werden. Um Ihnen ungeachtet dessen eine Antwort zukommen zu lassen, hat der Senat den für die hier tangierte Kontrolle und Durchsetzung gesetzlicher Belegungsbindungen im öffentlich geförderten Wohnungsbestand zuständigen Bezirk Mitte von Berlin/Bürgeramt/Wohnungsamt um ergänzende Stellungnahme gebeten. Die insoweit vom Bezirk übermittelten Angaben auf die Fragen dieser Schriftlichen Anfrage bilden die Grundlage für die folgenden Antworten. Frage 1: Trifft es zu, dass es sich bei den Wohnungen der Häuser Rathenower Straße 5/6/7 in 10559 Berlin um Sozialwohnungen mit der Eigenschaft „öffentlich gefördert“ handelt oder handelte? Frage 2: Wie viele Wohnungen befinden sich in den o.g. Häusern, wie viele davon haben oder hatten die Eigenschaft „öffentlich gefördert“? Frage 3: Wie stellt sich der zeitliche Verlauf der Förderung, der eventuellen Rückzahlung der Darlehen und ggf. einer Nachwirkungsfrist für die o.g. Häuser dar? Frage 4: Bis zu welchem Datum gilt oder galt für die Wohnungen der o.g. Häuser der Status „öffentlich gefördert“ und wie lange gelten oder galten vorhandene Belegungsbindungen des Landes Berlin? Welche Belegungsbindungen bestehen heute noch? 2 Frage 5: Zu welchen Zeitpunkten waren oder sind die Wohnungen in den o.g. Häusern ganz oder zeitweilig von Belegungsbindungen freigestellt? Sollte eine Freistellung erfolgt sein, für wie viele Wohnungen galt oder gilt diese? Frage 6: Trifft es zu, dass die o.g. Häuser in eine oder mehrere Gemeinschaften nach Wohnungseigentumsgesetz aufgeteilt wurden und die Wohnungen als Einzeleigentum im Grundbuch eingetragen sind? Zu welchem Stichtag ist die Aufteilung vollzogen worden? Frage 7: Erfolgte die Aufteilung vor oder nach Ende der Eigenschaft „öffentlich gefördert“? Falls sie vor dem Ende der Eigenschaft „öffentlich gefördert“ erfolgte, wurde zur Umwandlung der Sozialwohnungen in Einzeleigentum eine Genehmigung erteilt? Frage 8: Trifft es zu, dass die o.g. Grundstücke/Häuser oder einzelne Wohnungen jüngst veräußert wurden? Antwort zu 1. bis 8.: Bei dem in Rede stehenden Objekt Rathenower Straße 5/6/7 handelt es sich um 3 Häuser, in denen insgesamt 33 Wohnungen öffentlich gefördert wurden (9 Wohnungen in der Rathenower Str. 5, 12 Wohnungen in der Rathenower Str. 6 und 12 Wohnungen in der Rathenower Str. 7). Der Bewilligungsbescheid der WBK (jetzt IBB) zu den vorgenannten 33 Wohnungen datiert vom 23.11.1979. Die Wohnungen wurden als Neubau gemäß § 17 Abs. 1 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (Ausbau) gefördert. Im 1. Stockwerk liegende Wohnungen, eine Wohnung im 4. OG sowie die Wohnungen im Dachgeschoss besitzen keine Eigenschaft "öffentlich gefördert". Wie viele Wohnungen sich insgesamt im Objekt befinden, wird nicht erfasst. Erkenntnisse für Tatsachen, die ein vorzeitiges Ende der Eigenschaft „öffentlich gefördert“ der Wohnungen begründen könnten, liegen nicht vor. Eine Bestätigung über das Ende der Eigenschaft „öffentlich gefördert“ ist folglich nicht ergangen. Formal kann deshalb derzeit nur von einem Bindungsende gemäß § 15 Abs. 1 Buchstabe a WoBindG ausgegangen werden, d.h. die Eigenschaft öffentlich gefördert ist bis zum Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Darlehen (dann tatsächlich) vollständig zurückgezahlt werden bzw. worden sind, als gegeben anzusehen. In den vorgenannten öffentlich geförderten Wohnungen bestehen allgemeine Belegungsrechte (Überlassung gegen WBS); anzahlbezogen hälftig zusätzlich sog. Besetzungsrechte (Überlassung gegen WBS mit besonderem Wohnbedarf). In der Zeit vom 01.04.1998 - 31.12.2014 war das Objekt in eine generelle Gebietsfreistellung eingebunden (Überlassung ohne WBS). Parallel bestand im selben Zeitraum in Berlin eine generelle Freistellung vom Besetzungsrecht für alle öffentlich geförderten Wohnungen (Überlassung von Besetzungsrechtswohnungen gegen WBS ohne besonderen Wohnbedarf). Alle ursprünglich geförderten Wohnungen stehen nach Grundbuchangabe seit 1990 im Sondereigentum des Fördernehmers. Zu einer (Einzel)Veräußerung dieser Wohnungen liegen keine Erkenntnisse vor; allerdings wurde im April 2018 zum Objekt im Grundbuch eine Eigentumsübertragungsvormerkung eingetragen. 3 Frage 9: Was ändert sich an einem Mietverhältnis nach Sozialwohnungsmietrecht im Falle der Umwandlung der Wohnung in Einzeleigentum? a) Wie wird z.B. die Kostenmiete ermittelt? b) Ist auch ein Einzeleigentümer an die Pflichten aus der Eigenschaft „öffentlich gefördert“ gebunden? Antwort zu 9: Zu a): Gemäß § 8b Absatz 3 Satz 1 WoBindG kann die Bewilligungsstelle (Bewilligungsausschuss, IBB) zustimmen, dass eine Wirtschaftseinheit aufgeteilt wird. Gemäß § 8b Absatz 3 Satz 2 WoBindG ist für die einzelne Wohnung sodann eine neue Wirtschaftlichkeitsberechnung aufzustellen. Gemäß § 8b Absatz 2 Satz 3 WoBindG bedarf die sich hieraus ergebende neue Durchschnittsmiete (Kostenmiete) der Genehmigung der Bewilligungsstelle. Zu b): Ja. Frage 10: Trifft es zu, dass sich bei dem konkreten Fall Sozialwohnungsmietrecht (Eigenschaft „öffentlich gefördert“) und Mietrecht nach BGB (insbesondere §577 und §577a BGB) überlagern? Falls ja, Welche Auswirkungen hat das auf den einzelnen Mietvertrag und das Mietverhältnis? Antwort zu 10: Die Regelungen zum Vorkaufsrecht nach § 577 BGB gelten uneingeschränkt auch im öffentlich geförderten Wohnungsbau. Regelungen zur Kündigungsbeschränkung bei Wohnungsumwandlung nach § 577a Abs. 1 und 2 BGB bleiben unberührt (siehe auch in Antwort zu 13. und 14.). Frage 11: Wurden oder werden Sozialmieterhaushalte durch Stellen des Landes Berlin über das Ende der Eigenschaft „öffentlich gefördert“ informiert? Durch wen erfolgt diese Information und ist sie im Falle der o.g. Häuser bereits erfolgt? Antwort zu 11: Die zuständige Stelle (örtlich zuständiges Bezirksamt) hat der oder dem Verfügungsberechtigten und bei berechtigtem Interesse auch der Mieterin oder dem Mieter schriftlich zu bestätigen, von welchem Zeitpunkt an die Wohnung nicht mehr als öffentlich gefördert gilt. Eine „Information“ erfolgte bisher nicht (vgl. als Folge zu den Ausführungen in Antwort zu 1. bis 8.). Frage 12: Wurden oder werden Sozialmieterhaushalte durch Stellen des Landes Berlin über die Aufteilung der von ihnen bewohnten Häuser informiert? Durch wen erfolgt diese Information und ist sie im Falle der o.g. Häuser bereits erfolgt? Antwort zu 12: Eine Mieterinformation im Zuge der Aufteilung in Wohnungseigentum ist gesetzlich nicht vorgesehen. Frage 13: Für welche, bzw. wie viele Mietparteien in den o.g. Häusern gilt die Kündigungsbeschränkung (in Berlin 10 Jahre) nach §577a BGB? 4 Frage 14: Besteht die Möglichkeit, dass die Kündigungsbeschränkung nach §577a BGB für solche Mietparteien, die erst nach der Aufteilung in Einzeleigentum aber vor Ende der Eigenschaft „öffentlich gefördert“ ein Mietverhältnis durch Belegungsrecht mittels Wohnberechtigungsschein (WBS) begründet haben, quasi ausgehebelt ist und nicht zur Anwendung kommt? Antwort zu 13. und 14.: Es besteht ein aus § 32 Absatz 3 des Wohnraumförderungsgesetzes resultierender grundsätzlicher „Kündigungsausschluss“ der neuen Eigentümerin oder des neuen Eigentümers der Wohnung wegen Eigenbedarf nach § 573 Absatz 2 Nummer 2 BGB, wenn eine Sozialwohnung während der Mietzeit der Mieterin oder des Mieters in eine Eigentumswohnung umgewandelt wird. Entfällt die Eigenschaft öffentlich gefördert nach Umwandlung aber während der Mietzeit der Mieterin oder des Mieters, greift § 577a Absatz 2 BGB. In beiden Fällen bedingt der jeweilige gesetzliche „Schutzmechanismus“, dass die Umwandlung während der Mietzeit der Mieterin oder des Mieters erfolgt bzw. erfolgt ist. Dem Senat liegen keine Erkenntnisse darüber vor, welche Mieterinnen oder Mieter konkret von der zivilrechtlichen Regelung des § 577a Abs. 2 BGB betroffen sind. Frage 15: Für welche, bzw. wie viele Mietparteien in den o.g. Häusern gilt das Vorkaufsrecht nach §577 BGB? Frage 16: Besteht die Möglichkeit, dass das Vorkaufsrecht nach §577 BGB für solche Mietparteien, die erst nach der Aufteilung in Einzeleigentum aber vor Ende der Eigenschaft „öffentlich gefördert“ ein Mietverhältnis durch Belegungsrecht mittels Wohnberechtigungsschein (WBS) begründet haben, quasi ausgehebelt ist und nicht zur Anwendung kommt? Antwort zu 15. und 16.: Der Wortlaut des BGB ist eindeutig. Werden vermietete Wohnräume, an denen nach der Überlassung an die Mieterin oder den Mieter Wohnungseigentum begründet worden ist oder begründet werden soll, an einen Dritten verkauft, so ist die Mieterin oder der Mieter gemäß § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB zum Vorkauf berechtigt. Dem Senat liegen keine Erkenntnisse darüber vor, welche Mieterinnen oder Mieter konkret von dieser zivilrechtlichen Regelung betroffen sind. Berlin, den 26.06.2018 In Vertretung Sebastian Scheel ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen