Drucksache 18 / 15 279 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sebastian Czaja (FDP) vom 08. Juni 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Juni 2018) zum Thema: Städtebauliche Kriminalprävention – Chancen und Realitäten im Land Berlin und Antwort vom 27. Juni 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Jul. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 4 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Sebastian Czaja (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/15279 vom 08. Juni 2018 über Städtebauliche Kriminalprävention – Chancen und Realitäten im Land Berlin ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie wurde das Angebot der polizeilichen Beratung im Rahmen der Städtebaulichen Kriminalprävention in den vergangenen fünf Jahren durch a) Senatsverwaltungen und Bezirksämtern, b) Bauherren, c) Hausverwaltungen, d) Planungsbüros, e) Quartiersmanagements, f) Schulen und Kitas sowie e) Gewerbetreibenden genutzt? (bitte aufschlüsseln nach Jahr, Bezirk, Anlass der Beratung) Zu 1.: Über die Aktivitäten der Städtebaulichen Kriminalprävention (SKP) wird keine detaillierte Statistik geführt. Die Beratungen finden auf unterschiedlichsten Ebenen statt, z. B. mündlich in fortlaufenden Gremien, in Diskussionsveranstaltungen und Workshops, bei Beteiligungsverfahren, bei Ortsterminen, in Planungs- und Wettbewerbsverfahren sowie durch schriftliche Stellungnahmen u. a. im Rahmen der Bauleitplanung. Die Beratungen werden von den örtlichen Polizeidienststellen und von der Zentralstelle für Prävention beim Landeskriminalamt (LKA Präv) geleistet. In der Zentralstelle werden die eigenen Aktivitäten unter bestimmten Gesichtspunkten erfasst. Allein durch die für SKP zuständige Architektin erfolgten im Jahr 2017 zusätzlich zu fortlaufenden Projekten und Gremien 94 neue Kooperationen mit Externen. In den Direktionen liegt der proaktive Anteil der Beratungen bei mindestens 50%. Das bedeutet, dass die Polizei in mindestens der Hälfte aller Bauvorhaben nicht selbstverständlich eingebunden wird, sondern im Rahmen ihrer Möglichkeiten eigeninitiativ auf die Planungsverantwortlichen und Entscheidungsträger zugehen muss. Hierbei konzentriert sich die Polizei Berlin u.a. auf neue Wohnsiedlungen bzw. Wohngebiete. Einer der Schwerpunkte liegt hierbei in der Direktion 2 (z. B. Spandau). Die Aufteilung der die Beratung Anfordernden analog der Aufschlüsselung in Frage 1 spiegelt nicht die tatsächlichen Verfahrensabläufe wider, da meistens mehrere der Genannten zusammenwirken (z. B. Wohnungswirtschaft/Planer oder Bezirksverwaltung/ Quartiersmanagement). Besonders bei Verwaltungen als Seite 2 von 4 Bedarfsträger lässt sich meist keine Trennung im Sinne der Fragestellung feststellen, da Mitarbeitende von Quartiersmanagement, Bezirk und Schulen oft gemeinsam und zusätzlich mit Vertretern von Interessensgemeinschaften (Eltern, Anwohner, Gewerbetreibende) die Maßnahmenabstimmung initiieren. SKP basiert wesentlich auf Netzwerkarbeit. Die Bezirke nutzen in eigener Verantwortung und nach eigenem Ermessen die Angebote der Polizei Berlin zur Beratung für eine kriminalitätsvorbeugende Gestaltung bei der Konzeptentwicklung für Plätze und Grünanlagen, insbesondere an Kriminalitätsbrennpunkten wie zum Beispiel der Hasenheide, dem Kottbusser Tor, dem Skalitzer und Görlitzer Park oder dem Ottopark. Mit einigen Wohnungsbaugesellschaften gibt es enge Kooperationen. Bei Anfragen von Gewerbetreibenden handelt es sich überwiegend um Beratungen zur technischen Prävention (Einbruchschutz, Videoüberwachung, Alarmsysteme etc.). Allerdings gab es spätestens seit dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz vermehrt Anfragen von Verantwortlichen von großen Kaufhäusern und Einkaufszentren sowie von kulturellen Institutionen im Zusammenhang mit der Verbesserung von gebäudebezogenen Sicherheitskonzepten und Maßnahmen zur Verhinderung von Überfahrtaten. Letzteres gilt auch für Märkte (z. B. Weihnachtsmärkte). Auch bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen (SenStadtWohn) wird über die Inanspruchnahme der SKP keine Statistik geführt. 2. Bei welchen aktuellen Bauvorhaben im Land Berlin fließen die Beratungsleistungen der Berliner Polizei in die baulich-räumliche Gestaltung derzeit ein? Zu 2.: Eine detaillierte Auflistung der Vielzahl von Projekten, in denen die Polizei Berlin SKP-Beratungen durchführt, ist nicht möglich, da fortlaufend in zahlreichen Gremien sowie bei allen Neu- und Umgestaltungen von Grünanlagen und öffentlichen Plätzen sowie städtebaulichen Förder- und Sanierungsgebieten beraten wird (z. B. Freiraum am Schäfersee, Friedrich-Wilhelm-Platz, Stuttgarter Platz, Koeltzepark, touristische Umgestaltung Museumsinsel, Mehringplatz, Engelpfuhl-Park/Jonny K. Park, Müllerstraße mit der Umgestaltung des Rathausvorplatzes Wedding und Max-Josef- Metzger Platz sowie Luisenstadt mit der Umgestaltung Skalitzer Park etc.). Dazu kommt die Beratung bei der Errichtung von Unterkünften/Wohngebäuden für Geflüchtete. Problemträchtige Orte wie z. B. der Alexanderplatz und sein Umfeld sowie Bahnhöfe erfordern fortlaufende Begleitung auch im Sinn von Nachbesserungen durch SKP-Maßnahmen. Insbesondere das Vorgehen gegen Ordnungsstörungen ist ein wichtiger Beitrag zur Stärkung objektiver und subjektiver Sicherheit. 3. Welche Notwendigkeit im Land Berlin sieht der Senat zur Ausweitung der Städtebaulichen Kriminalprävention a) derzeit sowie b) für die künftige baulich-räumliche Gestaltung? Zu 3.: Die SKP ist eine Option, die urbane Sicherheit insbesondere an Örtlichkeiten mit einer höheren Kriminalitätsbelastung sowie in Anbetracht der anhaltend hohen Terrorgefährdungslage präventiv zu verbessern, da repressive Polizeiarbeit allein nicht ausreicht. Prävention ist das Mittel der Wahl, um Kriminalität möglichst erst gar Seite 3 von 4 nicht entstehen zu lassen oder zumindest Tatgelegenheitsstrukturen einzudämmen. Werden kriminalpräventive Aspekte beim Städtebau bereits im Planungsverfahren berücksichtigt, wirken sie von vornherein kriminalitätsmindernd mit der Folge, spätere Probleme, Nutzungskonflikte, Ordnungsstörungen, Straftaten und diesbezüglich aufwändige Nachbesserungen zu vermeiden bzw. zu mindern. Um die derzeitige unverbindliche Rechtsstellung der Polizei Berlin in baurechtlichen Verfahren zu beenden und ihre verbindliche Einbeziehung in alle Bauvorhaben sicher zu stellen, wird derzeit die Wiederaufnahme der Behörde „Der Polizeipräsident in Berlin“ in die bei der SenStadtWohn geführten Liste der Träger öffentlicher Belange geprüft. 4. Wie viele Beamte bzw. Mitarbeiter bzw. Architekten führen derzeit die Beratungen zur Städtebaulichen Kriminalprävention bei der Berliner Polizei durch? Zu 4.: Im LKA Präv, dem die Richtlinienkompetenz für die SKP obliegt, wird das Arbeitsgebiet durch eine Architektin betreut. In jeder Direktion und in jedem Polizeiabschnitt gibt es jeweils eine Dienstkraft als themenverantwortliche Ansprechperson, wobei die SKP dort als Zugleichaufgabe wahrgenommen wird. 5. Welche Pläne verfolgt das Land Berlin zur Ausweitung von Beratungen zur Städtebaulichen Kriminalprävention? Zu 5.: Siehe Antwort zu Frage 3. 6. Welche Notwendigkeit sieht der Senat, dass Städtebauliche Kriminalprävention künftig bereits Bestandteil von Wettbewerben zu Bau- und Projektentwicklungen wird? Zu 6.: Bereits jetzt wird die für die SKP zuständige Architektin seitens der SenStadtWohn in zahlreiche städtebauliche und landschaftsplanerische Wettbewerbe als Sachverständige einbezogen (aktuell z. B. anlässlich der Umgestaltung des Platzes der Luftbrücke). In den Wettbewerbsauslobungen ist das Kapitel Sicherheit bzw. SKP bei der Beschreibung der Aufgabenstellung inzwischen fester Bestandteil. Bei den von den Bezirken ausgelobten Wettbewerben und Verfahren ist die polizeiliche Einbindung jedoch noch nicht selbstverständlich. 7. Wie werden Direktionen vorab in die Umsetzung von Großprojekten (z.B. neue Einkaufszentren oder Wohnquartiere) eingebunden? Zu 7.: Die Einbindung geschieht sehr unterschiedlich, siehe hierzu auch Antwort zu Frage 1. 8. Inwieweit werden die Ergebnisse der Beratungen zur Städtebaulichen Kriminalprävention sowie aktuelle Bauvorhaben (z.B. neue Einkaufszentren oder Wohnquartiere) derzeit bei der Besetzung bzw. personellen Aufstockung der zuständigen Direktionen bzw. Abschnitte berücksichtigt? Zu 8.: Um den seit 2012 stetig gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden, wird eine Aufstockung der personellen Ressourcen für die SKP und die Sicherheitsberatungen für dringend notwendig erachtet. Die Bewilligung einer zweiten Architektenstelle bei LKA Präv im Rahmen des Doppelhaushalts 2019/2020 und ihre Besetzung noch in Seite 4 von 4 diesem Jahr ist diesbezüglich ein erster Schritt. Um dem breit gefächerten und sich stetig erweiternden Themenspektrum der SKP gerecht zu werden und insbesondere das angestrebte Aufgabenspektrum der Polizei Berlin als Träger öffentlicher Belange zu erfüllen, wird zu erörtern sein, zusätzliche Stellen in die Haushaltsplanstellung einzubringen. Berlin, den 27. Juni 2018 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport