Drucksache 18 / 15 280 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sebastian Czaja (FDP) vom 08. Juni 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Juni 2018) zum Thema: Verdachts- und anlassunabhängige Kontrollen im Land Berlin und Antwort vom 22. Juni 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Juni 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 5 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Sebastian Czaja (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/15280 vom 08. Juni 2018 über Verdachts- und anlassunabhängige Kontrollen im Land Berlin ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Zu der in der Schriftlichen Anfrage verwendeten Formulierung „verdachts- und anlassunabhängige Kontrollen“ existiert keine Legaldefinition. Aufgrund der fehlenden Eingrenzung zu Kontrollbehörden und Maßnahmen, auf welche die Anfrage abzielt, erfolgt die Beantwortung primär bezogen auf die Zuständigkeiten der Senatsverwaltung für Inneres und Sport. 1. Aus welchen Gründen dürfen im Land Berlin verdachts- und anlassunabhängige Kontrollen bei a) Personen sowie b) Gewerbebetrieben durchgeführt werden? Zu 1.: a) Die Polizei Berlin kann Personen verdachts- und anlassunabhängig auf Grundlage des § 21 Absatz 2 Nummer 1 a und b des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes für Berlin (ASOG Berlin) kontrollieren, um ihre Identität festzustellen, wenn sich diese an einem Ort aufhalten, von dem Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dort Personen Straftaten von erheblicher Bedeutung verabreden, vorbereiten oder verüben, sich dort Personen treffen, die gegen aufenthaltsrechtliche Strafvorschriften verstoßen, sich dort gesuchte Straftäter verbergen oder an dem Personen der Prostitution nachgehen. Zur Feststellung der Identität kann die Polizei gemäß § 21 Absatz 3 ASOG Berlin alle erforderlichen Maßnahmen treffen. b) Kontrollen bei Gewerbebetrieben sind auf Grundlage einer Vielzahl von Rechtsgrundlagen möglich und obliegen der Zuständigkeit verschiedener Behörden. Neben der Gewerbeordnung (GewO) enthalten beispielsweise auch das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung Seite 2 von 5 (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz), das Gaststättengesetz oder das Arbeitsschutzgesetz entsprechende Regelungen. Kontrollbefugnisse haben zum Beispiel die Gesundheits-, Veterinär- und Bauämter, Zoll- und Finanzbehörden und die Polizei Berlin. Soweit nicht die Zuständigkeiten des Landesamtes für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin, des Landesamtes für Bergbau, Geologie und Rohstoffe oder des Landesamtes für Gesundheit und Soziales Berlin betroffen sind, obliegt die Überwachung von Gewerbebetrieben in Berlin gemäß § 2 Absatz 4 Satz 1 ASOG Berlin in Verbindung mit Nummer 23 Absatz 6 Zuständigkeitskatalog Ordnungsaufgaben (ZustKatOrd) dem Polizeipräsidenten in Berlin. Einzelne ordnungsbehördliche Maßnahmen der Überwachung von Gewerbebetrieben wurden gemäß dem Zweiten Erlass über den Vollzug der Reform der Organisationsstruktur der Berliner Polizei des Senators für Inneres vom 11. September 1974 dem Gewerbeaußendienst (GAD) im Landeskriminalamt (LKA 33) übertragen. Der GAD des LKA 33 führt verdachts- und anlassunabhängige Kontrollen bei Gewerbetreibenden auf Grundlage von § 29 Gewerbeordnung (Auskunft und Nachschau) durch. Ferner ist er gemäß § 22 des Gaststättengesetzes in Verbindung mit den Berliner Ausführungsvorschriften zum Gaststättengesetz für die Überwachung von Gaststätten im Sinne des Gaststättengesetzes zuständig. Neben dem GAD des LKA 33 betreiben auch die sechs Polizeidirektionen selbstständig verdachts- und anlassunabhängige Kontrollen von Gewerbebetrieben, zum Beispiel zum Jugendschutz. 2. Wie viele verdachts- und anlassunabhängige Kontrollen wurden seit 2014 bei a) Personen sowie b) Gewerbebetrieben im Land Berlin durchgeführt? (bitte auflisten nach Abschnitt) 3. Wie viele dieser Kontrollen bei a) Personen sowie b) Gewerbebetrieben führten schließlich zu weiterführenden Ermittlungsverfahren? (bitte auflisten nach Abschnitt) Zu 2. und 3.: a) Verdachts- und anlassunabhängige Personenüberprüfungen der Polizei Berlin auf Grundlage des § 21 Abs. 2 Nr. 1 a und b ASOG Berlin werden statistisch nicht erfasst. b) Bezugnehmend auf die Antwort zu 1b erfolgt die Beantwortung der Frage im Hinblick auf die Überwachung von Gewerbebetrieben durch die Polizei Berlin. Zu den stadtweit durch den GAD des LKA 33 durchgeführten Kontrollen findet erst seit 2016 eine statistische Erfassung statt. Kontrollmaßnahmen durch die Direktionen fließen in die Überwachungsstatistik nicht ein. Die Kontrollzahlen des LKA 33 für die Jahre 2016, 2017 und 2018 (Stand 31. Mai 2018) sind den nachfolgenden Tabellen zu entnehmen: 2016 Polizeiabschnitt (A) Anzahl verdachts- und anlassunabhängiger Kontrollen Anzahl der Kontrollen mit weiterführenden Ermittlungsverfahren A 11 70 44 A 12 68 28 A 13 35 26 A 14 42 27 Seite 3 von 5 A 15 174 128 A 16 114 68 A 21 101 49 A 22 82 36 A 23 70 17 A 24 243 154 A 25 154 91 A 26 98 49 A 31 10 1 A 32 9 2 A 33 59 29 A 34 98 46 A 35 55 26 A 36 60 33 A 41 123 44 A 42 24 12 A 43 21 8 A 44 46 13 A 45 32 10 A 46 51 18 A 47 17 10 A 51 125 57 A 52 166 61 A 53 159 56 A 54 213 87 A 55 74 26 A 56 38 3 A 61 22 8 A 62 28 11 A 63 49 27 A 64 79 29 A 65 77 28 A 66 40 11 (Quelle: Überwachungsstatistiken des LKA 33, Stand 31. Dezember 2016) 2017 Abschnitt Anzahl verdachts- und anlassunabhängiger Kontrollen Anzahl der Kontrollen mit weiterführenden Ermittlungsverfahren A 11 42 11 A 12 76 44 A 13 46 36 A 14 42 32 A 15 74 69 A 16 33 27 A 21 164 63 A 22 62 25 A 23 83 30 A 24 202 153 Seite 4 von 5 A 25 69 48 A 26 62 57 A 31 54 14 A 32 69 21 A 33 48 27 A 34 85 14 A 35 41 25 A 36 55 24 A 41 82 48 A 42 24 12 A 43 31 5 A 44 8 1 A 45 65 21 A 46 9 3 A 47 3 0 A 51 51 23 A 52 210 62 A 53 105 45 A 54 113 35 A 55 86 40 A 56 41 20 A 61 16 8 A 62 40 18 A 63 19 10 A 64 97 36 A 65 65 29 A 66 37 9 (Quelle: Überwachungsstatistiken des LKA 33, Stand 31. Dezember 2017) 2018 Abschnitt Anzahl verdachts- und anlassunabhängiger Kontrollen Anzahl der Kontrollen mit weiterführenden Ermittlungsverfahren A 11 15 4 A 12 20 12 A 13 4 3 A 14 15 9 A 15 6 5 A 16 14 6 A 21 8 5 A 22 24 6 A 23 7 4 A 24 20 13 A 25 39 26 A 26 13 7 A 31 1 0 A 32 3 2 A 33 2 1 A 34 1 0 Seite 5 von 5 A 35 11 8 A 36 10 8 A 41 55 32 A 42 15 4 A 43 8 1 A 44 23 13 A 45 6 0 A 46 14 5 A 47 8 0 A 51 25 12 A 52 92 8 A 53 19 7 A 54 31 10 A 55 21 11 A 56 23 6 A 61 2 1 A 62 7 0 A 63 3 3 A 64 16 7 A 65 27 7 A 66 11 3 (Quelle Überwachungsstatistiken des LKA 33, Stand 31. Mai 2018) 4. Welche Notwendigkeit sieht der Senat in der Ausführung von verdachts- und anlassunabhängigen Kontrollen für die Wahrnehmung rechtsstaatlicher Aufgaben? Zu 4.: Zur Gewährleistung der rechtsstaatlichen Schutzpflichten im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Sicherheit bedarf es nicht nur der Schaffung gesetzlicher Regelungen, sondern gleichzeitig unabdingbar auch deren Durchsetzung im Rahmen der geltenden Rechtsordnung. Diese kann ihre Schutzwirkung nur dann entfalten, wenn die rechtlichen Vorgaben eingehalten werden. Staatliche Kontrollmaßnahmen, auch verdachts- und anlassunabhängige, sind mit der Ausrichtung auf dieses Ziel unverzichtbarer Bestandteil rechtsstaatlichen Handels. Berlin, den 22. Juni 2018 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport