Drucksache 18 / 15 290 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) vom 07. Juni 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Juni 2018) zum Thema: Polizei Berlin - Ist die Berliner Landesbeihilfeverordnung noch zeitgemäß? und Antwort vom 25. Juni 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Jul. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Finanzen Herrn Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage 18 / 15 290 vom 7. Juni 2018 über Polizei Berlin - Ist die Berliner Landesbeihilfeverordnung noch zeitgemäß? ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Aus welchen konkreten Gründen sind Beamtinnen und Beamte von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht befreit und können stattdessen Beihilfeansprüche geltend machen? Zu 1.: Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) – Gesetzliche Krankenversicherung – sind Beamtinnen und Beamte in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungsfrei. Die Gesetzgebungskompetenz , welcher Personenkreis in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungsfrei bzw. versicherungspflichtig ist, obliegt allein dem Bundesgesetzgeber (vgl. dazu §§ 5 ff. SGB V). Eine Entschließung des Berliner Senats, die Bundesregierung aufzufordern, zeitnah einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem u.a. Beamtinnen und Beamte einen freiwilligen, bezahlbaren Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung erhalten, wurde vom Bundesrat nicht angenommen. 2. Welche originären Aufgaben kommen dem Landesverwaltungsamt Berlin insgesamt zu? Zu 2.: Das Landesverwaltungsamt Berlin erledigt als zentraler Dienstleister des Landes Berlin Verwaltungsaufgaben , die ihm übertragen oder durch Gesetz oder Rechtsverordnung zugewiesen werden. Es kann mit Zustimmung der Senatsverwaltungen für Finanzen Dienstleistungen für andere Behörden des Landes Berlin erbringen. Das Landesverwaltungsamt kann auch für juristische Personen des privaten Rechts, die Berlin oder dem Bund zuzuordnen sind, Angelegenheiten der Personalverwaltung erledigen. Zur Beihilfe: In der zentralen Beihilfestelle des Landes Berlin werden Leistungen nach den Beihilfevorschriften für alle Landesbediensteten (Aktive und Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger) berechnet und angewiesen. Jährlich werden rd. 500.000 Anträge (Tendenz: steigend) bearbeitet. Seite 2 von 7 3. Welchen personellen Stellenwert nimmt die Beihilfestelle (Referat VB B) im Vergleich zu den anderen Referaten des Landesverwaltungsamtes ein? (Vergleichende Aufstellung nach Referaten und Vollzeitäquivalenten erbeten.) Zu 3.: 4. Wie viele Personalstellen sind derzeit bei der Beihilfestelle (Referat VB B) besetzt und wie viele sind unbesetzt ? Zu 4.: Von 154,63 Stellen sind derzeit 12,00 (Sachbearbeitung, Widerspruch, Prüferin bzw. Prüfer, sowie die Mitarbeit Widerspruch) unbesetzt. Zum 01.09.2018 erfolgt die Einstellung von 7 neuen Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern. Im Bereich der Prüfung der Beihilfe erfolgt die Auswahl von 2 Dienstkräften noch im Juni 2018. Die Nachbesetzung im Bereich der Widerspruchsbearbeitung ist in der Vorbereitung. Darüber hinaus betreibt die Beihilfestelle seit Jahren ein sehr erfolgreiches Nachwuchskräfteprogramm, das auch in den nächsten Jahren zur zeitnahen Neubesetzung freiwerdender Stellen kontinuierlich intensiv fortgeführt wird. 5. Welche Überlegungen gibt es, weitere Stellen im Bereich der Beihilfestelle (Referat VB B) zu schaffen? Zu 5.: Im Rahmen der regelmäßigen Dienstkräfteanmeldung (DKA) wird auf Basis der steigenden Antragszahlen eine eingangszahlenbezogene Fortschreibung der benötigten Vollzeitäquivalenten (VZÄ) in der Beihilfestelle vorgenommen. Seite 3 von 7 6. Welche Personalkosten entfallen jährlich auf die Beihilfestelle (Referat VB B)? (Aufstellung der letzten fünf Jahre erbeten.) Zu 6.: Jahr Betrag 2013 6.092.152,17 € 2014 6.569.831,48 € 2015 6.779.459,46 € 2016 6.582.404,45 € 2017 6.813.038,47 € 7. Wie hoch fällt das jährliche Zahlungsvolumen aller Beihilfeerstattungen aus? (Aufstellung der letzten fünf Jahre erbeten.) Zu 7.: Ausgaben in Tausend Euro 2013 2014 2015 2016 2017 Aktive Dienstkräfte 148.474 153.573 147.775 152.178 147.901 (darunter Dienstkräfte erstattungspflichtiger Einrichtungen) 6.506 6.624 6.197 6.501 6.309 Versorgungsempfängerinnen bzw. Versorgungsempfänger (VE) 222.227 242.087 255.174 276.588 296.374 (darunter VE erstattungspflichtiger Einrichtungen ) 16.245 18.081 18.295 20.220 21.060 Gesamt 370.701 395.660 402.949 428.766 444.275 8. Entstehen der Beihilfestelle jährlich weitere Kosten, z.B. durch Ausschreibungen oder sonstige Aufwendungen , und wenn ja, welche und in welcher Höhe? (Aufstellung erbeten.) Zu 8.: Sachkosten für die Beihilfestelle im Haushaltsjahr 2017 Geschäftsbedarf 16.340,33 € Literatur 6.608,54 € Carrier Gebühren Beihilfe 2.999,28 € Ausstattung / Möbel 17.857,31 € Aus- und Fortbildung 8.199,10 € Gerichts- und ähnliche Kosten 51.760,85 € Dienstreisen 3.965,10 € Repräsentation 466,60 € Teamentwicklung 2.516,85 € Dienstleistung verfahrensunabhängige IT (ITDZ ITIS) 326.823,98 € verschiedene Ausgaben 1.021,62 € ABDA - Artikelstamm 29.488,20 € Betrugssoftware 70.272,88 € Call Center Beihilfe (ITDZ) 6.865,50 € Seite 4 von 7 Daten Verschlüsselung 88,68 € Druckstraße (ITDZ) 272.889,25 € Massendigitalisierung (ITDZ) 451.403,75 € Snag IT 100,00 € Verfahrensbetrieb BABSY (ITDZ) 557.989,58 € Zeit-Management-System (ITDZ) 594,00 € Projekt Beihilfeantrag Online 468.871,50 € Projekt Digitalisierung 165.711,72 € 2.462.834,62 € In dieser Summe sind die anteiligen Miet- und Nebenkosten für den Bereich VB B - Beihilfe nicht enthalten . 9. Wie viele Beihilfeanträge gehen jährlich bei der Beihilfestelle ein? (Aufstellung über die letzten fünf Jahre erbeten.) Zu 9.: Bearbeitete Anträge 2013 2014 2015 2016 2017 Aktive Dienstkräfte 251.547 294.219 237.189 242.642 233.477 (darunter Dienstkräfte erstattungs - pflichtiger Einrichtungen) 6.425 7.831 6.125 6.355 6.403 Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger (V) 219.098 266.679 236.916 259.879 274.520 (darunter VE erstattungspflichtiger Einrichtungen) 11.968 14.662 12.656 14.240 14.711 Gesamt 470.645 560.898* 474.105 502.521 507.997 * Im Jahr 2014 erfolgte in mehreren 10.000 Fällen die maschinelle Rückzahlung der in 2013 einbehaltenen Praxispauschale. Diese Fälle können mit vertretbarem Aufwand nicht mehr konkret aus der Gesamtantragszahl von 560.898 Anträgen im Kalenderjahr 2014 herausgerechnet werden. 10. Worin sieht der Senat den Aufwärtstrend hinsichtlich der steigenden Antragszahlen begründet? Zu 10.: Die steigenden Antragszahlen in der Beihilfestelle spiegeln die demografische Entwicklung der Gesellschaft wieder. Insbesondere die älterwerdende Gesellschaft und damit zunehmend pflegebedürftige Menschen haben hier eine signifikante Auswirkung auf die steigenden Antragszahlen (die in dieser Form keine Berliner Eigenart darstellen, sondern auch bundesweit in allen Beihilfestellen seit Jahren zu verzeichnen sind). 11. Gibt es über das Kalenderjahr hinweg Zeiträume, in denen vermehrt Anträge gestellt werden? (Wenn ja, wie kommt es zu diesen Antragswellen und wie bewältigt die Beihilfestelle die Mehrbelastung zu diesen Stoßzeiten ?) Zu 11.: Alle Beihilfestellen verzeichnen die gleichen unterjährigen Antragswellen. Diese Erhöhungen der Antragseingänge treten regelmäßig zum Jahreswechsel und zu den Schulferien (Ostern, Sommer, Herbst) auf. Seite 5 von 7 Die Antragswelle zum Jahreswechsel war bislang u.a. darin begründet, dass Antragsteller die Kostendämpfungspauschale in der Beihilfe für ein Kalenderjahr vermeiden konnten, wenn im Vorjahr kein Antrag gestellt wurde. Vor diesem Hintergrund stiegen die Eingangszahlen Anfang Januar regelmäßig sprunghaft an. Ob die Streichung der Kostendämpfungspauschale aus dem Landesbeamtengesetz hier einen positiven Effekt auf das Antragsverhalten auslöst, wird erst zum Jahreswechsel 2019/20 erkennbar sein. Zudem scheinen die Beihilfeanträge regelmäßig in den im privaten Bereich kostenintensiven Zeiträumen (Weihnachten, Urlaubszeiten) eingereicht zu werden, um möglichst schnell den finanziellen Ausgleich für krankheitsbedingte Kosten herbeizuführen. Die Antragswellen stellen regelmäßig eine Herausforderung für die Beihilfestelle dar. In den vergangenen Jahren kam es zur Bewältigung der Antragswellen immer wieder zu unvermeidbaren Aussetzungen der Servicezeiten (Telefon und ServicePunkt). Mittlerweile wird über ein strukturiertes internes Risikomanagement in der Beihilfesachbearbeitung den regelm. Antragswellen entgegengewirkt, um Einschränkungen der Servicezeiten zu vermeiden. 12. Wie lange dauert durchschnittlich die Bearbeitung eines Beihilfeantrages vom Antragseingang bis zur Beihilfeerstattung und mit welcher Bearbeitungsdauer ist während der Antragswellen zu rechnen? Zu 12.: Im laufenden Kalenderjahr beträgt die durchschnittliche Bearbeitungszeit eines Beihilfeantrags bislang 17,92 Arbeitstage . Aktuell beträgt die Bearbeitungszeit der Beihilfestelle 12-13 Arbeitstage. Zu Zeiten der Antragswellen kann es zu einem Anstieg der Bearbeitungszeit auf bis zu 20 Arbeitstage bzw. – für kurze Zeiträume – darüber hinaus kommen. 13. Gibt es Überlegungen dazu, die Beihilfeverordnung zu ändern bzw. die Beihilfestelle aufzulösen und durch andere Modelle der beamtenrechtlichen Krankenfürsorge zu ersetzen? (Wenn ja, welche? Wenn nein, wieso wird am Status Quo festgehalten?) Zu 13.: Es gibt keine Überlegungen, die Beihilfestelle aufzulösen. Die Landesbeihilfeverordnung (LBhVO) wird regelmäßig geändert, wenn dies erforderlich ist. Derzeit befindet sich die Dritte Verordnung zur Änderung der LBhVO in der Verwaltungsbeteiligung. Mit diesen Änderungen sollen die beihilferechtlichen Regelungen des Bundes in-haltsgleich in das Landesbeihilferecht übertragen werden. Sie dient der Beibehaltung der sozialen Symmetrie zwischen den Mitgliedern der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung und den beihilfeberechtigten Personen insbesondere durch die wirkungsgleiche Übernahme der Regelungen des Zweiten Pflegestärkungsgesetzes (PSG II). Gleichzeitig wird dem Änderungsbedarf Rechnung getragen, der sich aus der praktischen Anwendung der Landesbeihilfeverordnung ergibt. Im Senat wird die Übernahme des „Hamburger Modells“ für die beihilfeberechtigten Personen des Landes Berlin diskutiert. Mit der Änderung des Hamburgischen Beamtengesetzes (HmbBG) soll zum 1. August 2018 eine zusätzliche Form der Gewährung der Beihilfe durch eine Pauschale zur Deckung der Kosten einer Krankenvollversicherung geschaffen werden. Sie soll das bisher im Hamburgischen Beihilferecht ausgestaltete System der Zahlung individueller Beihilfen für einzelne Aufwendungen ergänzen, die zu der aus der gewährten Besoldung zu bestreitenden Eigenvorsorge hinzutritt. Mit der Einführung der Pauschale verbunden ist eine klare Trennung dieser Formen der Beihilfe. Beamtinnen und Beamte haben dann durch die Schaffung dieser neuen Form der Beihilfe insbesondere am Anfang ihrer Beamtenlaufbahn die Wahl, sich hinsichtlich ihrer eigenen Aufwendungen und der Aufwendungen ihrer berücksichtigungsfähigen Angehörigen für eine Pauschale zu entscheiden und Seite 6 von 7 diese zusammen mit der aus der Besoldung zu bestreitenden Eigenvorsorge für den Abschluss einer ausreichenden Krankenvollversicherung zu nutzen. Es besteht weiterhin auch die Möglichkeit, sich für das althergebrachte System der Inanspruchnahme ergänzender, individuell berechneter Beihilfen nach § 80 Absatz 1 HmbBG zu entscheiden und diese mit einer ergänzenden Teilversicherung in der privaten Krankenversicherung (PKV) zu verbinden. Vor dem Hintergrund der Versicherungsneutralität des Dienstherrn soll die Pauschale unabhängig davon geleistet werden, ob eine Krankenvollversicherung in der gesetzlichen- oder privaten Krankenversicherung abgeschlossen wird. Beamtinnen und Beamte erhalten nach dem Gesetzentwurf die Möglichkeit, in der wichtigen Entscheidungsphase zu Anfang der Beamtenlaufbahn frei zwischen gesetzlicher Krankenversicherung (GKV) und PKV zu entscheiden. Der Berliner Senat wird dieses „Hamburger Modell“ im Jahr 2018 einer genauen Prüfung unterziehen . Diese Prüfung wird jedoch einige Zeit in Anspruch nehmen, da hierbei eine Vielzahl von Konsequenzen zu bedenken und abzuwägen sind und gewonnene Erfahrungen begutachtet werden sollen. 14. Inwieweit wird mit der aktuell geltenden Landesbeihilfeverordnung auf die dienstlichen Belastungen der Beamtinnen und Beamten, z.B. bei Polizei und Feuerwehr, eingegangen? Zu 14.: Nach der geltenden Rechtslage erfüllen die Dienstherren in Bund und Ländern ihre Fürsorgepflicht gegenüber den Beamtinnen, Beamten, Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfängern in Krankheits-, Geburts- und Pflegefällen durch die Gewährung von Beihilfen; sie sollen die Beihilfeberechtigten von den durch die Besoldung und Versorgung nicht gedeckten notwendigen Aufwendungen in angemessenem Umfang freistellen. Die Beihilfevorschriften konkretisieren die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht des Dienstherrn in diesen Fällen. Durch die Gewährung von Beihilfen - anstelle des bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern üblichen Arbeitgeberzuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag - beteiligt sich der Dienstherr in angemessenem Umfang an den der jeweiligen beamteten Dienstkraft entstehenden Krankheitskosten, die nicht durch den freiwilligen Abschluss einer Krankenversicherung gedeckt sind. Da es sich um Leistungen bei individuellen Krankheiten handelt, die jeweils die Situation der Dienstkraft berücksichtigt, ist eine etwaige Berücksichtigung spezieller dienstlicher Belastungen bestimmter Personengruppen wegen der anderen Zielrichtung des Regelungsgehalts der Beihilfevorschriften weder angezeigt noch erforderlich. Bisher hat sich dieses Verfahren bewährt. 15. Wie kann die Attraktivität einer Beamtenlaufbahn hinsichtlich der Krankenfürsorge gesteigert werden und welche konkreten Pläne und Vorhaben gibt es hierzu seitens des Senates? Zu 15.: Ob sich die Attraktivität durch die Einführung einer Pauschale (vgl. Antwort zu Frage 13) steigern würde, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht abgeschätzt werden. 16. Wie will der Berliner Senat auf konkurrierende Modelle der beamtenrechtlichen Krankenfürsorge in Bund und anderen Ländern, z.B. durch Heilfürsorge, reagieren? Zu 16.: Derzeit haben im Land Berlin nur Polizeivollzugskräfte des mittleren Dienstes der Schutzpolizei für die Dauer des Vorbereitungsdienstes oder des Ausbildungsdienstes Anspruch auf freie Heilfürsorge. Diesen Anspruch haben alle Polizeivollzugskräfte für die Dauer einer besonderen Verwendung oder Bereitstellung . Eine Ausweitung auf andere Personengruppen ist nicht konkret geplant. Seite 7 von 7 Berlin, den 25. Juni 2018 In Vertretung Dr. Margaretha Sudhof Senatsverwaltung für Finanzen