Drucksache 18 / 15 307 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Jürn Jakob Schultze-Berndt (CDU) vom 11. Juni 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Juni 2018) zum Thema: „Asyl für einen falschen Islamisten“? und Antwort vom 27. Juni 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. Jun. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales Herrn Abgeordneten Jürn Jakob Schultze-Berndt (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/15307 vom 11.06.2018 über „Asyl für einen falschen Islamisten“? ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. In einem in der „WELT“ am 15. Februar 2018 erschienen Artikel „Asyl für einen falschen Islamisten“ ist die Rede davon, dass ein israelischer Journalist mit einem falschen/gefälschten Pass in Berlin als syrischer Staatsbürger Asyl erhalten haben soll. Ist dem Senat dieser Fall bekannt und treffen diese Aussagen in dem Bericht zu? Zu 1.: Presseberichte werden vom Senat grundsätzlich nicht kommentiert. Gleichwohl ist der hier in Rede stehende Sachverhalt – im Ergebnis einer nach Veröffentlichung des zitierten Berichts im Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) vorgenommenen Überprüfung – dahingehend richtigzustellen, dass der besagte israelische Journalist sich lediglich am 03.07.2017 in der Unterkunft des Ankunftszentrums unter Vorlage eines gefälschten syrischen Reisepasses gemeldet und dort mutmaßlich für eine Übernachtung untergebracht war; jedoch ist nach Aktenlage davon auszugehen, dass weder eine amtliche Registrierung beim LAF noch die Einleitung eines Asylverfahrens beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erfolgt ist. Aus diesen Feststellungen ergibt sich insbesondere die Schlussfolgerung, dass nach Kenntnis des Senats der betroffene Journalist weder als Asylberechtigter nach Art. 16a Grundgesetz anerkannt noch ihm die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Asylgesetz (AsylG) oder subsidiärer Schutz nach § 4 AsylG zuerkannt worden ist. Vor diesem Hintergrund war seinerzeit unverzüglich durch den Pressesprecher des LAF eine Korrektur der Berichterstattung in der „WELT“ veranlasst worden, die in der Ausgabe vom 02.03.2018 erschienen ist. Eine (kostenpflichtige) online-Veröffentlichung dieses Artikels ist unter der Internet-Adresse 2 http://www.genios.de/presse-archiv/artikel/WELT/20180302/-der-eigentlicheaufnahmeprozess -be/156076129.html abrufbar. 2. Handelt es sich um einen Einzelfall oder sind dem Senat ähnliche Fälle bekannt (bitte Auflistung von Personen mit falscher Identität in den letzten zwei Jahren)? Zu 2.: Aus der Verwaltungspraxis des LAF sind Vorfälle mit gefälschten Identitätsnachweisen im Zusammenhang mit einem Asylgesuch bekannt, die jedoch dort nicht statistisch dokumentiert werden. Im LAF bekannt gewordene Fälle werden über die im Haus tätige Polizeidienststelle zur Anzeige gebracht. Nach Mitteilung der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung liegen dort ebenfalls keine statistischen Erkenntnisse über die Anzahl der Personen vor, die in Berlin in den zurückliegenden zwei Jahren bei der Registrierung als Asylsuchende gefälschte Identitätsnachweise vorlegten. 3. Was hat der Senat unternommen und welche Vorkehrungen trifft der Senat in Zukunft, um derartige Fälle zu verhindern? 4. Wie erfolgt die Identitätsfeststellung von Menschen, die in Berlin Asyl beantragen? Zu 3. und 4.: Da es sich beim Asylverfahren gemäß §§ 5 ff AsylG um ein Verwaltungsverfahren in der Zuständigkeit des Bundes handelt, müssen auch die Vorkehrungen gegen eine fehlerhafte Registrierung – im Vorfeld des Asylverfahrens – bundesweit einheitlich getroffen werden. Aus diesem Grund wurden mit dem am 04.02.2016 in Kraft getretenen Datenaustauschverbesserungsgesetz zunächst die rechtlichen Voraussetzungen für die bundesweit einheitliche Neugestaltung des Registrierungsprozesses geschaffen. Vorrangige Zielsetzung war dabei die Verhinderung einer unerkannten Mehrfachregistrierung. Kernbestandteil der Neuregelung des Registrierungsverfahrens ist eine bundeseinheitliche Erstregistrierung mit Identitätsprüfung einschließlich Aufnahme und Speicherung der Personal- und biometrischen Daten sowie der Ausstellung eines Ankunftsnachweises (ANKUNA) an Stelle der zuvor ausgehändigten Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender (BüMA). Die für die Umsetzung des neuen Verfahrens erforderliche Hardware wurde von der Bundesdruckerei als Auftragnehmerin für das Gesamtverfahren bestellt und an die Bundesländer unter der Bezeichnung „Personalisierungsinfrastrukturkomponente – PIK“ verteilt. In Berlin findet das neue Verfahren seit dem 19.02.2016 Anwendung. Das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) informiert darüber auf seiner Onlineplattform unter der Internetadresse https://www.berlin.de/fluechtlinge/infos-fuer-fluechtlinge/registrierung/. Ab Juli 2016 werden von allen Bundesländern alle neu zu registrierenden Personen ausschließlich im Verfahren ANKUNA registriert. Das neue Verfahren ermöglicht es, bereits registrierte Personen zu erkennen und eine Doppelregistrierung von schon erfassten Personen mit einem sehr hohen Grad an Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Bereits vor Abschluss der Registrierung erfolgt mit dem Ausdruck des Ankunftsnachweises (für Personen, die in Berlin bleiben) oder der Anlaufbescheinigung 3 (für Personen, die in andere Bundesländer weitergeleitet werden) die Speicherung der Daten im Ausländerzentralregister - AZR, so dass sie ab diesem Zeitpunkt bundesweit verfügbar und abrufbar sind. Das dargestellte Verfahren dient nicht nur der Vermeidung von Mehrfachregistrierungen unter Nutzung von Aliaspersonalien, vielmehr geht damit in gleicher Weise auch eine stringentere Identitätsprüfung einher: So erfolgt eine Dokumentenprüfung/Übernahme der Personalien vom Personaldokument per Dokumentenprüfgerät. Hier werden bereits bei der Personalieneingabe grobe Auffälligkeiten erkannt und angezeigt sowie Übertragungsfehler vermieden. Zusätzlich werden alle vorgelegten Ausweise / Pässe durch das zuständige Bundesamt (BAMF) und die Polizei auf Echtheit geprüft und im Rahmen des vom BAMF durchgeführten Asylverfahrens erfolgt eine Identitätsfeststellung bzw. -überprüfung. Der Senat verweist insoweit auf die vom BAMF auf seiner Onlineplattform unter der Internetadresse http://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/AblaufAsylv/PersoenlicheAntragstellung/pers oenliche-antragstellung-node.html vermittelten Informationen. Sofern keine amtlichen Dokumente zur Personalienfeststellung vorgelegt werden, wird seit Herbst 2017 ein Software-Tool des BAMF zur Prüfung/Vereinheitlichung der Schreibweise der arabischen Schrift eingesetzt. Dies verhindert Missverstände bei der phonetischen Übertragung gleich zu Beginn der Aufnahme der Personalien. 5. Ist dem Senat bekannt, mit welcher Technologie das UNHCR, das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, Flüchtlinge registriert und identifiziert? Zu 5.: Der Senat verfügt hierzu über keine eigenen Erkenntnisse. Daher wurde durch die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales eine Anfrage an die UNHCR- Vertretung in Deutschland gerichtet. In Beantwortung dieser Anfrage teilte UNHCR Deutschland Folgendes mit: „UNHCR verwendet seit 2002 biometrische Erkennungssysteme zur Registrierung und Verifizierung von Personen und Identitäten, zur Betrugsprävention und zur Effizienzsteigerung von Arbeitsprozessen. UNHCR benutzt hauptsächlich zwei biometrische Systeme: BIMS (Biometric Identity Management System) und IrisGuard. BIMS ist die UNHCR-eigene Software zur biometrischen Identitätsverwaltung, welche 2015 eingeführt wurde. Der Vorgänger IrisGuard wird ebenfalls noch verwendet. 51 Operationen benutzen entweder BIMS oder IrisGuard. Insgesamt sind ca. 5,3 Millionen Personen biometrisch erfasst. 46 Operation benutzen BIMS mit ca. 2,8 Millionen registrierten Personen. 5 Operation benutzen IrisGuard mit ca. 2.5 Millionen registrierten Personen. Wie funktioniert BIMS? BIMS ist ein vielseitiges System, das sowohl Fingerabdrücke als auch die Iris der Augen erfasst; Es verwendet eine zentrale Datenbank, die eine globale, eindeutige Identität ermöglicht; 4 Es ist in verschiedensten Umgebungen einsatzfähig und funktioniert sowohl im Online- als auch Offlinemodus, was vor allem in Regionen, in denen keine Internetverbindung besteht, wichtig ist.“ Berlin, den 27. Juni 2018 In Vertretung Daniel T i e t z e _____________________________ Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales