Drucksache 18 / 15 351 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katrin Seidel, Niklas Schrader und Hakan Taş (LINKE) vom 15. Juni 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Juni 2018) zum Thema: Polizeieinsatz in Jugendwohngruppe für unbegleitete minderjährige Geflüchtete am 9. Mai 2018 und Antwort vom 28. Juni 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Juli 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 4 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Frau Abgeordnete Katrin Seidel (LINKE), Herrn Abgeordneten Niklas Schrader (LINKE) und Herrn Abgeordneten Hakan Taş (LINKE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/15 351 vom 15. Juni 2018 über Polizeieinsatz in Jugendwohngruppe für unbegleitete minderjährige Geflüchtete am 9. Mai 2018 ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Polizeidienstkräfte welcher genauen Untergliederungseinheiten waren am Polizeieinsatz im Zusammenhang mit einer Durchsuchung von Räumlichkeiten einer sozialpädagogischen Jugendwohngruppe für minderjährige unbegleitete Geflüchtete am 9. Mai 2018 in Berlin beteiligt? Welche Untergliederung ist für die Ermittlungen in dem zugrundeliegenden Verfahren zuständig? Zu 1.: An dem Polizeieinsatz waren drei Dienstkräfte aus der Direktion 5 sowie zehn Dienstkräfte aus der Direktion 6 beteiligt. Die Ermittlungsführung oblag dem zuständigen Kriminalkommissariat für Jugendgruppengewalt und Raubtaten der Direktion 5. 2. Welches Gericht ordnete die Durchsuchung der unter 1. genannten Räumlichkeiten mit welcher Begründung und auf Antrag welcher Strafverfolgungsbehörde an? Gegen wie viele Beschuldigte richtete sich dieser Beschluss? Zu 2.: Die in Rede stehende Durchsuchung wurde durch das Amtsgericht Tiergarten auf Antrag der Staatsanwaltschaft Berlin wegen des Verdachts des gemeinschaftlichen schweren Raubes sowie der gemeinschaftlichen gefährlichen Körperverletzung angeordnet. Der Beschluss richtete sich gegen einen Beschuldigten. Die Durchsuchung sollte zum Auffinden von Beweismitteln führen. Seite 2 von 4 3. Welche Räumlichkeiten der Jugendwohngruppe waren von dem Durchsuchungsbeschluss umfasst? Zu 3.: Das Gericht ordnete die Durchsuchung der Wohn-, Geschäfts- und Nebenräume des Beschuldigten an. 4. Wie stellt die Polizei Berlin sicher, dass bei Durchsuchungen von Gemeinschaftswohnungen oder anderen von mehreren Personen genutzten Räumlichkeiten nur die jeweils vom Durchsuchungsbeschluss abgedeckten Räumlichkeiten durchsucht werden? Gibt es zu dem Thema Durchsuchung von Wohnräumen dienstliche Anweisungen, Richtlinien oder sonstige Weisungen? Falls ja, bitte anfügen. Wenn nein, warum nicht? Zu 4.: Bereits im Vorfeld von Durchsuchungsmaßnahmen wird versucht, die genaue Lage der zu durchsuchenden Räumlichkeiten zu ermitteln. Grundsätzliche Regelungen zum Thema enthalten die vom Landeskriminalamt Berlin verfassten Qualitätsstandards für Durchsuchung, Beschlagnahme und Sicherstellung. Diese sind ausschließlich für den Dienstgebrauch der Polizei bestimmt. Die Schreiben können bei der Polizei eingesehen werden. 5. Gegen wie viele Personen wurde als Folge des Polizeieinsatzes jeweils ein Ermittlungsverfahren wegen welcher Deliktsvorwürfe eingeleitet? Zu 5.: Im Rahmen des Polizeieinsatzes wurde gegen die von der Durchsuchungsmaßnahme betroffene Person ein Verfahren wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetz eingeleitet. Darüber hinaus ist ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung im Amt und Sachbeschädigung eingeleitet worden. Dieses befindet sich beim für Amtsdelikte zuständigen Landeskriminalamt zur Prüfung. 6. Wie viele in der Jugendwohngruppe untergebrachte Personen wurden bei dem Polizeieinsatz verletzt? Zu 6.: Es wurden drei in der Jugendwohngruppe untergebrachte Personen verletzt. 7. Hat die Polizei im Vorfeld des unter 1. genannten Einsatzes Kontakt zu den jeweiligen Personen oder Stellen aufgenommen: a. der Senatsverwaltung für Jugend b. dem Jugendhilfeträger, c. den Betreuer*innen, d. dem Vormund, e. den Bezugsbetreuer*innen der jeweiligen Personen? Wenn ja, welche Stellen wurden wann genau, aus welchen Gründen und mit welchen Gesprächsinhalten kontaktiert? Wenn nein, warum jeweils nicht? Zu 7.: Es wurden die Vormundschaft und die Bezugsbetreuerin des Beschuldigten am 19. April 2018 darüber informiert, dass gegen diese Person polizeiliche Ermittlungen geführt werden und ein Durchsuchungsbeschluss ergangen ist. Seite 3 von 4 8. Stand die Polizei während des unter 1. genannten Einsatzes in Kontakt mit den jeweiligen Personen oder Stellen: a. der Senatsverwaltung für Jugend, b. dem Jugendhilfeträger, c. den Betreuer*innen, d. dem Vormund, e. den Bezugsbetreuer*innen der jeweiligen Personen? Wenn ja, mit welchen Stellen oder Personen wurde wann genau, aus welchen Gründen und mit welchen Gesprächsinhalten Kontakt aufgenommen? Wenn nein, warum jeweils nicht? Zu 8.: Die Vormundschaft des Beschuldigten und die Bereichsleitung der Jugendhilfeeinrichtung wurden unmittelbar nach der Durchsuchung über den Einsatz informiert, um die Nachsorge sicherzustellen. Einer der Bewohner kontaktierte selbstständig seinen Betreuer. 9. Welche Räumlichkeiten in der Jugendwohngruppe, die nicht von dem Durchsuchungsbeschluss umfasst waren, hat die Polizei bei dem unter 1. genannten Einsatz aus welchen jeweiligen Anlässen, aus welchen jeweiligen Gründen und auf welcher Rechtsgrundlage betreten und welche Maßnahmen wurden dort jeweils durchgeführt? Zu 9.: Die Ermittlungen zur Vorbereitung der Durchsuchung hatten nicht zur eindeutigen Klärung der aktuellen Wohnsituation innerhalb der Gemeinschaftswohnung geführt. Zudem konnte im Vorfeld nicht geklärt werden, wie viele Personen sich tatsächlich in der Wohnung aufhalten würden. Zur Sicherung der Durchsuchungsmaßnahme und aus Gründen der Eigensicherung der Polizeidienstkräfte wurden daher alle Räume der Wohnung betreten. Aufgrund der Entwicklung der Lage vor Ort wurden aus den gleichen Gründen zunächst alle in der Wohnung aufhältlichen Personen kurzzeitig in Gewahrsam genommen. Diese Maßnahmen erfolgten auf Grundlage des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes Berlin (ASOG) und des Gesetzes über die Anwendung unmittelbaren Zwanges (UZwG). 10. Existieren dienstliche Anweisungen, Richtlinien, Weisungen oder Verwaltungsvereinbarungen für Polizeieinsätze in Einrichtungen der Jugendhilfe, in denen Jugendliche oder junge Erwachsene untergebracht sind? Wenn ja, bitte anfügen. Wenn nein, warum nicht? Zu 10.: Das Vorgehen bei Durchsuchungs- und sonstigen Maßnahmen der Polizei in Jugendhilfeeinrichtungen richtet sich nach den Bestimmungen der bundesweit gültigen Polizeidienstvorschrift (PDV) 382 über die Bearbeitung von Jugendsachen. Wegen der möglichen emotionalen und seelischen Beeinträchtigung aller in der Einrichtung untergebrachten Jugendlichen und Heranwachsenden erfolgt regelmäßig eine unmittelbare Nachsorge durch ausgebildetes Betreuungspersonal. Die Erreichbarkeit einer Betreuungsperson wird im Vorfeld der jeweiligen Maßnahme geklärt. Soweit möglich, nimmt die Polizei bereits vor Beginn des polizeilichen Einsatzes Kontakt auf. Zu dieser Weisungslage wurde am 15. September 2017 ein Schreiben an alle Polizeidienststellen der Polizei Berlin versandt. Am 15. Februar 2018 wurde auf die Geltung der Weisungslage für Einsätze in Amtshilfe für die Ausländerbehörde bei Abschiebungen aus Jugendeinrichtungen hingewiesen. Seite 4 von 4 Die PDV 382 und die beiden genannten Schreiben sind ausschließlich für den Dienstgebrauch der Polizei bestimmt. Die Schreiben können bei der Polizei eingesehen werden. 11. Wie viele Durchsuchungen hat die Polizei in Einrichtungen, die im Rahmen der Jugendhilfe für die Unterbringung von Jugendlichen oder jungen Erwachsenen sorgen, in Berlin in den Jahren seit 2013 wann und wo jeweils durchgeführt? Zu 11.: Eine Aussage dazu ist nicht möglich, da keine statistische Erfassung im Sinne der Fragestellung erfolgt. 12. Inwiefern findet eine Nachbereitung dieses Einsatzes etwa durch Abstimmung zwischen den zuständigen Senatsverwaltungen bzw. der Polizei oder durch Gespräche mit beteiligten Akteuren wie den betroffenen Jugendlichen oder dem Jugendhilfeträger statt? Zu 12.: Aufgrund der laufenden Ermittlungsverfahren sind Gespräche mit dem Beschuldigten oder den anderen direkt betroffenen Personen lediglich im Rahmen der Strafprozessordnung möglich. Zwischen der Senatsverwaltung für Inneres und Sport und der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie bestehen in der Angelegenheit Kontakte. 13. In welcher Form erfolgt die Kommunikation zwischen ermittelnden und vollstreckenden Polizeieinheiten in dem Fall, dass Beschlüsse nicht durch die ermittelnde Einheit selbst vollstreckt werden? Wie wird sichergestellt, dass durchsuchungsrelevante Informationen zu den Besonderheiten eines Objekts bei den durchführenden Beamt*innen vorhanden sind? Gibt es hierzu dienstliche Anweisungen, Richtlinien oder sonstige Weisungen? Falls ja, bitte anfügen. Wenn nein, warum nicht? Zu 13.: Die Kommunikation erfolgt direkt in persönlichen Gesprächen im Rahmen der Einsatzvorbereitung und in Einsatzbesprechungen. Das Erfordernis zum Informationsaustausch zwischen allen Beteiligten ergibt sich auch aus den in der Antwort zu Frage 4 genannten Qualitätsstandards. An der in Rede stehenden Durchsuchung waren Dienstkräfte der ermittlungsführenden Dienststelle beteiligt. Berlin, den 28. Juni 2018 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport