Drucksache 18 / 15 361 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Stefan Ziller (GRÜNE) vom 18. Juni 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Juni 2018) zum Thema: Abhängigkeiten bei Lizenzkosten oder mehr Open-Source wagen? und Antwort vom 06. Juli 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Jul. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Herrn Abgeordneten Stefan Ziller (Grüne) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/15361 vom 18.06.2018 über Abhängigkeiten bei Lizenzkosten oder mehr Open-Source wagen? Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Welcher Abhängigkeiten stecken hinter den in der Roten Nummer 0829/V auf Seite 32 aufgeführten Lizenzen (Datenbanksoftware Oracle 165.000 € | YADE-GIS 50.000 € | CAD- SW (AutoCAD, ArchiCAD) 25.000 € | Speicherungs-, Datensicherungssoftware 100.000 € | ArcGIS 42.000 € | VMware 20.000 € | Geodaten-SW 20.000 € | Bilddatenbank-SW 10.000 | € Anteilige Kosten durch Berliner Beitritt (Infosys Chem, KOSISDUVA, SIKURS) 30.000 €) (Bitte Art der Lizenz, ggf. Dauer der Gültigkeit angeben)? Frage 2: Für welche der entsprechenden Softwareprodukte ist mit der Lizenz ein Einblick in den Quellcode vertraglich sichergestellt? Frage 3: Für welche der entsprechenden Softwareprodukte ist der Quellcode öffentlich (Open-Source)? Antwort zu 1-3: Bei den Lizenzen zur Datenbanksoftware Oracle, YADE-GIS, AutoCAD, ArchiCAD), zur Datensicherungssoftware, ArcGIS, VMware, weiterer Geodatensoftware und zur Bilddatenbank handelt es sich um kommerzielle Software. Die Lizenzverträge werden mit jährlicher Gültigkeit abgeschlossen. Für YADE-GIS besteht eine Vereinbarung zur Quellcodehinterlegung. Bei InfosysChem handelt es sich um den von den Umweltministerien des Bundes und der Länder betriebenen Gemeinsamen zentralen Stoffdatenpool von Bund und Ländern 2 (GSBL). Für den Betrieb des zentralen Datenpools ist das Umweltbundesamt zuständig, der Zugriff durch die nutzenden Stellen erfolgt browserbasiert. Die Zusammenarbeit erfolgt auf Grundlage einer Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern. Der Bund und die Länder tragen demnach die Kosten für Datenerschließung und Datenerwerb. Die Beträge der Länder ergeben sich aus dem so genannten „Königsteiner Schlüssel“ in der jeweils geltenden Fassung und werden jährlich bereitgestellt. Der Bund trägt die sonstigen Kosten für den Betrieb der Koordinierungsstelle (Verwaltungskosten, Ausstattung mit Hard- und Software). Bei KOSISDUVA und SIKURS handelt es um Gemeinschaftsprojekte des Kommunalen Statistischen Informationssystem KOSIS, eines vom Deutschen Städtetag unterstützten kommunalen Selbsthilfeverbandes. In den Projekten KOSISDUVA und SIKURS werden gemeinsam Systeme zur Städtestatistik bzw. Bevölkerungsprognosen entwickelt. Die jeweiligen Lenkungsgruppen verfügen über den Quellcode ihrer Anwendungen. Frage 4: Für welche der entsprechenden Softwareprodukte ist mit dem Anbieter über das Thema Open Source gesprochen worden, welche Probleme wurden ggf. geltend gemacht und was tut der Senat um sein Ziel Open-Source-Software zu fördern in diesen Zusammenhang konkret umzusetzen? Frage 5: Welche Maßnahmen ergreift der Senat vor einer Verlängerung einer Nicht-Open-Source-Software, um zu prüfen ob eine vergleichbare OpenSource am Markt existiert? Antwort zu 4 und 5: Das E-Government Gesetz Berlin strebt die Verringerung von IT-Komplexitäten durch Standardisierung, Vereinheitlichung und Reduzierung von Schnittstellen an. Dies führt zwangsläufig auch dazu, dass die bestehende Produktvielfalt durch konkrete Festlegungen der einzusetzenden Softwareprodukte reduziert wird. Dazu prüft das IKT- Architekturboard Berlin bei der Festlegung von IKT*-Standards im Rahmen der geltenden Vorgaben regelmäßig auch den Einsatz freier Software. Entscheidend für die Festlegungen des Architekturboards bei der Auswahl von Komponenten-Typen und Komponenten für die IKT-Architekturliste ist es, ob die geforderten Fähigkeiten im Gesamtzusammenhang erreicht werden können. Dabei werden auch die Kriterien Funktionalität, Interoperabilität, Sicherheit, der Realisierungs-, Pflege- und Ausbildungsaufwand, die Verfügbarkeit von und Lauffähigkeit mit Fachanwendungen sowie die Benutzbarkeit berücksichtigt. Zudem ist für bestimmte Komponenten die Nutzung professionell unterstützter Produkte zwingend erforderlich, weil nur auf dieser Basis Service Level im professionellen Betrieb eingehalten und Supportleistungen des Herstellers bedarfsgerecht abgerufen werden können. ______________ IKT= Informations- und Kommunikationstechnik 3 Wegen der hohen Verbreitung bei Bürger/innen und Wirtschaft, sowie aus Kompatibilitätsund Akzeptanzgründen, werden im Clientumfeld Microsoftprodukte eingesetzt. Die Verbreitung der Microsoftprodukte ist besonders stark im Clientumfeld, der Bürokommunikation und Nutzerverwaltung. Der Anteil der Microsoftprodukte gemäß Standardisierungskatalog des Landes beträgt knapp ein Viertel der Gesamtheit aller eingesetzten Produkte. Ein weiteres Viertel wird durch Open Source Produkte abgedeckt. Abhängigkeiten zu Herstellern sind nicht prinzipiell zu vermeiden und nicht per Definition schlecht. Betriebskosten werden nicht nur durch Lizenzkosten verursacht. Wesentliche Potenziale zum wirtschaftlichen Einsatz von IT-Infrastruktur liegen in der Senkung von Betriebs-, Schulungs- und Bereitstellungskosten. Einsparungen lassen sich durch Standardisierung von IT Produkten aber auch der Arbeits- und Betriebsprozesse realisieren. Betriebssicherheit bedarf einer planbaren Produktsicherheit. Hierzu gehören u.a. der Produkt-Lifecycle, das Release- und Patchmanagement. Die „Entweder-oder-Diskussion“ bei der Frage „Open-Source oder proprietäre Software“ ist nicht sachgerecht und muss abgelöst werden durch Ansätze, die nach Möglichkeit von einer Koexistenz und Zusammenarbeit unterschiedlicher Produkte zur Erfüllung verschiedener Aufgaben ausgehen. Frage 6: In welchen Abständen und in welcher Form werden die Nutzer*innen (Mitarbeiter*innen der Berliner Verwaltung / Beschäftigtenvertretung) in die Entscheidung über zukünftige Software und einen möglichen Lizenzerwerb eingebun-den? Antwort zu 6: Inwieweit Mitarbeiter/innen der Berliner Verwaltung als Nutzer/innen direkt in Entscheidungen über zukünftig von ihnen zu nutzende Software eingebunden werden, wird in den einsetzenden Behörden unterschiedlich gehandhabt. Feste Zeitpunkte oder Fristen, nach denen Mitarbeiter/innen zu eingesetzter Software befragt werden, gibt es nicht. Grundsätzlich werden die Interessen der betroffenen Mitarbeiter/innen von den von ihnen gewählten Personalvertretungen (Personalräte/innen, Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Personen und Frauenvertreterinnen) wahrgenommen. Personalräte/innen sind gemäß Personalvertretungsgesetz Berlin insbesondere im Rahmen der Mitbestimmung vor Einführung neuer Informations- und Kommunikationstechniken oder deren Änderungen, die einer Einführung gleichkommen, zu beteiligen. Die Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Personen sind gemäß SGB IX immer vor Einführung oder wesentlicher Änderung von Informations- und Kommunikationstechnik zu beteiligen, da schwerebehinderte Mitarbeiter/innen immer auch betroffen sind oder zukünftig betroffen sein können. Die Frauenvertreterinnen sind entsprechend gemäß Landesgleichstellungsgesetz zu beteiligen, um diskriminierungsfreien Einsatz der IKT zu sichern. Die Beteiligungen werden nach den gesetzlichen Anforderungen von den jeweils zuständigen Behördenleitungen schriftlich durchgeführt und je nach Bedarf und Nachfragen in Beteiligungsgesprächen, Präsentationen oder Dokumenten in schriftlicher oder elektronischer Form ergänzt. Darüberhinausgehende Beteiligungen zur Auswahl von Softwareprodukten, also vor einem konkret beabsichtigtem Einsatz, erfolgen durch die jeweils zuständigen Behördenleitungen im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit in unterschiedlicher Form und Intensität. Mit dem Hauptpersonalrat der Behörden, Gerichte und nichtselbständigen 4 Anstalten des Landes Berlin werden zurzeit Gespräche über eine Dienstvereinbarung zum Verfahren der Beteiligung zu E-Government-Maßnahmen geführt. Frage 7: Welche Anforderungen gelten ggf. bei der Verlängerung einer Lizenz bzgl. Barrierefreiheit? Antwort zu 7: Das Land Berlin ist verpflichtet, den Nutzer/innen eine barrierefreie IKT zur Verfügung zu stellen. Rechtliche Grundlagen sind Art. 9 Abs. 1 der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), Art. 11 der Verfassung von Berlin (VvB), das § 4a Landesgleichberechtigungsgesetz (LGBG), das E-Government-Gesetz Berlin (EGovG Bln) und die Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (BITV 2.0). Darüber hinaus erarbeitet die Senatsverwaltung für Inneres und Sport derzeit einen Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/2102 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2016. Der zuständigen Staatsekretärin sind durch § 21 Abs. 2 Nrn. 3 und 5 EGovG Bln die Aufgaben übertragen, auf die barrierefreie Nutzbarkeit der IKT-Systeme hinzuwirken und bei der Festsetzung der Standards die Anforderungen der Barrierefreiheit zu berücksichtigen. Hierzu wurde in 2018 das Arbeitsgebiet „digitale Barrierefreiheit“ bei der Senatsverwaltung für Inneres und Sport eingerichtet. Berlin, den 6. Juli 2018 In Vertretung Sebastian Scheel ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen