Drucksache 18 / 15 452 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Kristian Ronneburg und Tobias Schulze (LINKE) vom 27. Juni 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Juni 2018) zum Thema: Nutzung von Busspuren durch Radfahrende und PKW und Antwort vom 10. Juli 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Jul. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Kristian Ronneburg (Die Linke) und Herrn Abgeordneten Tobias Schulze (Die Linke) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/15452 vom 27. Juni 2018 über Nutzung von Busspuren durch Radfahrende und PKW Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nur teilweise aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher das Bezirksamt Tempelhof- Schöneberg von Berlin um Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Frage 1: Ist es zutreffend, dass die BVG für Busspuren bezahlen muss? Wenn ja, wie hoch ist dieser Betrag und wie wird er mit den Zuwendungen an die BVG berechnet? Antwort zu 1: Busspuren werden von der Verkehrslenkung Berlin (VLB) kostenfrei straßenverkehrsrechtlich angeordnet. Ob die Anordnung aufgrund eigener Erkenntnisse durch die VLB oder aber auf Vorschlag oder Antrag, z.B. der BVG, erteilt wird, ist dabei unerheblich. Die bauliche Realisierung (Schilder, Markierungen etc.) erfolgt durch den jeweils zuständigen Straßenbaulastträger aus den ihm dafür zugewiesenen Finanzmitteln. Frage 2: Wie bewertet es der Senat, dass es Busspuren gibt, die praktisch seit Bestehen nicht benutzbar sind – als Beispiel sei hier die Hauptstraße in Tiergarten bzw. Schöneberg genannt, die seit Jahren zugeparkt wird? 2 Frage 5: Wie bewertet der Senat die Überwachungsmöglichkeit der Busspur durch Polizei und Ordnungsämter auf Benutzbarkeit durch Busse und weitere Verkehrsteilnehmende, denen die Benutzung der Busspur erlaubt ist? Antwort zu 2 und zu 5: Die Fragen 2 und 5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Eine Behinderung des Verkehrs durch parkende Fahrzeuge liegt unstrittig vor. Durch das Ordnungsamt erfolgen auf der Busspur der Hauptstraße gezielte Kontrollen (auch mit Polizei und BVG) unter Ahndung der Verstöße bzw. der Umsetzung abgestellter Fahrzeuge nach Maßgabe verfügbaren Personals. Immer wieder gibt es auch darüber hinaus Sonderaktionen mit der Polizei, der BVG und dem Ordnungsamt. Die gleichzeitige Kontrolle des gesamten Streckenabschnitts ist aufgrund der Länge dieses Sonderfahrstreifens nicht möglich. Nur mit ständiger Überwachung und ganz erheblichem Personalaufwand ist der mangelnden Verkehrsdisziplin zu begegnen. Im Bezirk Tempelhof-Schöneberg ist das Personal des Außendienstes (vier bis fünf Zweier- Teams pro Schicht) für mehr als 400 Kilometer Straßenland mit einer Vielzahl von Aufgaben zuständig. Frage 3: Ist dem Senat bekannt, dass in der genannten Busspur von der täglichen Geltungsdauer (7 bis 18 Uhr) fünf Stunden die Busspur zweckentfremdend benutzt werden darf (9 bis 14 Uhr Be- und Entladen, Ein- und Aussteigen frei)? Antwort zu 3: Entsprechend dem ÖPNV-Beschleunigungsprogramms wurde im Jahre 1989 in der Hauptstraße zwischen Innsbrucker Platz und Dominicusstraße beidseitig ein Bussonderfahrstreifen (BSF) angeordnet. Diese sind in der Zeit von Montag bis Freitag, 7 bis 18 Uhr, dem Linienverkehr, Taxis, Krankenfahrzeugen, Bussen im Gelegenheitsverkehr und seit 2008 auch den Radfahrern vorbehalten. Ein Ladefenster von 9-14 Uhr lässt hier das Beliefern der anliegenden Gewerbe zu. Frage 4: Wieso wird auf einer Busspur das Ein- und Aussteigen erlaubt, wo im Normalfall sogar Taxis untersagt ist, zu diesem Zweck auf Busspuren zu halten? Antwort zu 4: Die Rahmenbedingungen in der Hauptstraße sind für geordnete Verkehrsverhältnisse äußerst kompliziert. Die Hauptstraße hat in diesem Bereich auch eine Zubringerfunktion zur Stadtautobahn mit entsprechender Verkehrsbelastung, soll gleichzeitig aber den Charakter einer belebten Einkaufsstraße behalten. In den Nebenstraßen wurde mit Anordnung der BSF Parkscheibenzonen eingerichtet, damit die Kunden der anliegenden Geschäfte in der Hauptstraße kurzfristig einen Stellplatz finden können. Das von 9 bis 14 Uhr vorhandene Ladefenster liegt außerhalb der allgemeinen verkehrlichen Spitzenzeiten und wurde insbesondere zur Stärkung des Wirtschaftsverkehrs eingeführt, damit ein Beund Entladen vor den Geschäften möglich ist. 3 Frage 6: Wie bewertet der Senat die Gefährdungslage für Radfahrende durch das Fehlen eines Radwegs und das erhebliche Aufkommen an Fahrzeugen, die auf der für Radverkehr erlaubten Busspur halten sowie ein- und ausparken, die nicht bestünde, wenn die Busspur frei befahrbar wäre? Antwort zu 6: Die Auswertung der in der Unfalldatei der Polizei registrierten Verkehrsunfälle bestätigt, dass keine auffällige Erhöhung der Verkehrsunfälle mit Beteiligung von Radfahrenden in dem Bereich der Hauptstraße besteht. Die Freigabe des BSF für Radfahrende ist an dieser Stelle aus nachfolgenden Gründen auch alternativlos. Aus Verkehrssicherheitsgründen ist es nicht zulässig, die Radfahrenden im linken Fahrstreifen neben der Busspur zu führen. Die teilweise vorhandenen Radwege in der Hauptstraße entsprechen nicht den baulichen Anforderungen, daher kann eine Radwegebenutzungspflicht nicht wieder eingeführt werden. Erfahrungsgemäß werden aber vorhandene bauliche Radwege auch weiterhin genutzt. Mit dem zeitnah in Kraft tretenden Berliner Mobilitätsgesetz wird die BVG die Berechtigung erhalten, die BSF eigenständig zu beräumen. Frei zu befahrende BSF tragen zur objektiven und subjektiven Sicherheit von Radfahrenden bei. Frage 7: In Anbetracht der Tatsache, dass in der Hauptstraße wie auch in anderen Straßen mit Busspur, aber ohne eigenen Radweg, die Busspur eine sicherheitsverbessernde Fahrspur für Radfahrende darstellt: Sollte aus Sicht des Senats eine Busspur nicht gänzlich diesen berechtigten Fahrzeugen dienen, d.h., sollte Ein- und Aussteigen ganz untersagt sein und sollten die Zeiten, in denen Ladetätigkeiten erlaubt sind, auf ein Minimum reduziert werden bzw. möglichst auch in Seitenstraßen verlagert werden? Antwort zu 7: Aufgrund des Platzmangels für alle Nutzergruppen musste der heute vorhandene Kompromiss, bestehend aus einem normalen BSF einerseits in den Spitzenstunden und einem zugelassenen Laden und Liefern in den Nebenverkehrszeiten sowie Parken abends, nachts und am Wochenende andererseits, umgesetzt werden. Hiermit werden alle Ansprüche in gewissem Maße bedient. Bei der Einrichtung des BSF wurden die Ladezonenmöglichkeiten vor Ort geprüft und aufgrund der Dichte der Gewerbe auf langen Abschnitten der Hauptstraße nicht in Seitenstraßen gelegt. Die Verkehrssituation in der Hauptstraße wurde in den letzten Jahren immer wieder einer Prüfung unterzogen. Dabei wurde festgestellt, dass der BSF in seiner jetzigen Form bestehen bleiben soll. Frage 8: Welche Möglichkeit sieht die Verkehrslenkung Berlin (VLB), kurzfristig eine Verbesserung für den ÖPNV wie auch den Radverkehr durch eine Veränderung der Beschilderung herbeizuführen? 4 Antwort zu 8: Eine Veränderung der Beschilderung des BSF, z.B. eine Einschränkung der Be- und Entladezeiten, ist nicht vorgesehen, da der Bedarf für Ladezeiten vorhanden ist und nicht anderweitig gedeckt werden kann. Ergänzend werden durch die VLB alternative Führungen des Bus- und Radverkehrs, insbesondere deren Vereinbarkeit mit der Verkehrsbelastung, geprüft werden (Auswirkung einer einspurigen Führung für den motorisierten Individualverkehr auf die angrenzenden, bereits belasteten Knotenpunkte, Führung der Radfahrenden, Bedürfnisse des Lieferverkehrs etc.). Die Prüfung alternativer Führungen wird während der Untersuchung in der Hauptstraße als Teststrecke für den NOx-Modellversuch erfolgen. Berlin, den 10.07.2018 In Vertretung Stefan Tidow Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz