Drucksache 18 / 15 467 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Daniela Billig (GRÜNE) vom 26. Juni 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Juni 2018) zum Thema: Verstetigung der Quartiersmanagement-Gebiete und Antwort vom 12. Juli 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Jul. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Frau Abgeordnete Daniela Billig (Grüne) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/15467 vom 26.06.2018 über Verstetigung der Quartiersmanagement-Gebiete Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Bei welchen Quartiersmanagement-Gebieten ist die anstehende Verstetigung mit den Bezirken strittig? Antwort zu 1: Nach Information über die Entscheidung zur Verstetigung Ende April hatten die zuständigen Bezirksstadträte Bedenken bei folgenden Quatiersmanagement (QM)- Gebieten angemeldet: Richardplatz-Süd (Neukölln), Ackerstraße und Beusselstraße (Mitte), Bülowstraße (Tempelhof-Schöneberg). Für die QM-Gebiete Richardplatz-Süd und Beusselstraße konnten mittlerweile einvernehmliche Lösungen gefunden werden. Frage 2: Welche Argumente sprechen nach Ansicht des Senats jeweils für die Verstetigung der strittigen Gebiete? Bitte einzeln für die Quartiersmanagement-Gebiete aufzählen. Antwort zu 2: Im QM Bülowstraße sind nach fast 20jähriger Förderung die durch die Soziale Stadt geplanten Maßnahmen weitestgehend umgesetzt worden. Die Fortschritte sind im Integrierten Handlungs- und Entwicklungskonzept 2017 dokumentiert, in dessen Erstellung der Quartiersrat und die bezirklichen Fachämter einbezogen waren und das vom Bezirksamt so beschlossen wurde. Die Argumente für eine Verstetigung lauten: Selbstständig und professionell arbeitender Quartiersrat, Vorhandensein stabiler und vom QM unabhängig arbeitender Netzwerke und Gremien, stabile Strukturen des bürgerschaftlichen Engagements, verlässliche Einbindung zweier großer Wohnungsunternehmen in die Gebietsentwicklung, fast flächendeckende Überholung von Grün-, Spiel- und Freiflächen (darunter zwei Neuschaffungen), breite und professionelle Trägerlandschaft, gute soziale Infrastruktur (mehrere Nachbarschaftszentren, Jugendfreizeiteinrichtungen, 1 Berliner Familienzentrum, 1 Stadtteilbibliothek). 2 Im QM Ackerstraße hat sich die soziale Situation verbessert, viele der vom QM vorgesehenen Konzeptionen sind umgesetzt worden. Wichtige Projekte konnten verstetigt werden. Das Gebiet weist zwar nur wenige Netzwerke und Ankerpunkte auf, sie agieren aber in großen Teilen auch schon jetzt unabhängig von der Förderung der Sozialen Stadt. Mit der Umsetzung der sozialraumorientieren Planungskoordination ist das Bezirksamt Mitte Vorreiter verwaltungsseitig unterstützter Verstetigungsbemühungen. Mit dem Familienzentrum in der Wattstraße besitzt das Gebiet einen zentralen Ankerpunkt. Dieser wird nach Fertigstellung ergänzt durch die Angebote im Viki Sport- und Begegnungszentrum. Darüber hinaus gelang die Stärkung der Gustav-Falke-Schule. Frage 3: Welche Gegenargumente führt jeweils der betroffene Bezirk bei den strittigen Gebieten an und wie beurteilt der Senat diese Argumente bzw. welche Konsequenzen ergeben sich daraus? Bitte einzeln für die Quartiersmanagement-Gebiete aufzählen. Antwort zu 3: Argumente des Bezirks Tempelhof-Schöneberg gegen die Verstetigung des QM Bülowstraße: - Im Hinblick auf die Sozialdaten liege das Gebiet mit fast allen Indikatoren leicht bis mittel über dem Durchschnitt der untersuchten QM-Gebiete. - Im Pallasseum sei zwar vieles erreicht worden, die soziale Situation sei aber weiterhin schwierig, die Zukunft ungewiss. - In den Bereichen Gewaltprävention, Nachbarschaft, Bildung, Gesundheit und Zusammenleben der Kulturen gäbe es weiterhin akuten Handlungsbedarf. - Die Realisierung des Ankerprojektes CAMPUS der Generationen bedürfe bis zu seiner Fertigstellung einer fachlichen und fördertechnischen Begleitung durch das Programm Soziale Stadt. -Es bestehe weiterhin Förderbedarf für etliche soziale Infrastruktureinrichtungen. Beurteilung des Senats Es gibt unbestreitbar weiterhin soziale Problemlagen und Herausforderungen im QM- Gebiet. Ausschlaggebend ist jedoch, ob hier realistischerweise durch das Programm Soziale Stadt noch Verbesserungen erzielt werden können. Die Arbeit eines QM-Teams ist eine wertvolle Unterstützung für den Schöneberger Norden; die langfristige Betreuung des Schöneberger Nordens muss jedoch im Rahmen der bezirklichen Sozialraumorientierung erfolgen, der eine Stadtteilkoordination einrichten könnte. Abgesehen davon, dass das Gebiet schon seit längerem (Monitoring Soziale Stadtentwicklung 2013, 2015, 2017) kein „Gebiet mit besonderem Aufmerksamkeitsbedarf“ ist, spielen die Sozialdaten eine untergeordnete Rolle für die Verstetigungsentscheidung, da sie durch das Programm Soziale Stadt nicht beeinflusst werden können. Das Programm kann durch den Aufbau von Netzwerken, die Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements und nachbarschaftlichen Miteinanders sowie die Ertüchtigung der sozialen Infrastruktur das Quartier jedoch bestmöglich für den Umgang mit den sozialen Problemlagen vor Ort stärken und so negative Verstärkungen verhindern. Für den CAMPUS der Generationen hat die Senatsverwaltung Fördermittel aus dem Baufonds und bei entsprechender Antragstellung auch aus dem Projektfonds bis Ende 2024 zugesagt. Argumente des Bezirks Mitte gegen die Verstetigung des QM Ackerstraße: - Es gäbe nur wenige aktive Anwohner. 3 - Das Projekt Brunnenkiezmütter sei de facto nicht vorhanden. - Die Neugestaltung des Abenteuerspielplatzes steht noch aus. - Der Bildungsverbund sei aktuell nicht vorhanden. -Das Projekt "Kompetenznetzwerk Digitale Medien" bedürfe einer Begleitung über 2020 hinaus. - Der Kitaverbund sei ein reiner Trägerverbund und beinhalte keine Elternarbeit. - Durch die anstehende Sanierung konnte die Ernst-Reuter-Oberschule bislang nicht über Soziale Stadt - Mittel qualifiziert werden. - Die Kooperation der Schulen könnte noch intensiviert werden. - Es gäbe derzeit keinen Akteur, der die übergreifende Rolle des QM übernehmen könnte. Weder das Familienzentrum Wattstraße noch das Viki Sport- und Begegnungszentrum seien dazu in der Lage. Beurteilung des Senats Bezüglich der Campus-Bildung der Ernst-Reuter-Oberschule mit der Gustav-Falke- Grundschule wird die Prozessbegleitung durch die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie sichergestellt. Das QM-Team wird bis zur Verstetigung die MINT-Profilbildung sowie die Campusentwicklung der beiden Schulen unterstützen. Darüber hinausgehender Unterstützungsbedarf kann noch bis Ende 2024 aus dem Projektfonds bedient werden. Gleiches gilt analog für den Baufonds für die Qualifizierung des öffentlichen Raums. Der lange Vorlauf für das große Sanierungsvorhaben der Ernst-Reuter-Oberschule kann kein Kriterium für eine Weiterführung des QM-Gebietes sein. Mit der im Rahmen der bezirklichen Sozialraumorientierung eingerichteten Stadtteilkoordination Brunnenstraße-Nord besteht bereits eine Nachfolgestruktur für das Quartiersmanagement. Das Familienzentrum Wattstraße bietet zusätzlich einen Ort der Begegnung sowie soziale Angebote für Familien und Nachbarn. Frage 4: Auf welcher rechtlichen Grundlage oder sonstigen Festlegungen beruht der Verstetigungszeitraum von nur 2 Jahren und welche diesbezüglichen Erkenntnisse ergeben sich aus den in der Vergangenheit verstetigten Gebieten, die die Sinnhaftigkeit dieses Zeitraums begründen oder in Frage stellen? Antwort zu 4: Die zuletzt durchgeführte Verstetigung von vier QM-Gebieten in den Jahren 2015 und 2016 wurde durch ein Gutachten ausgewertet und die Verfahrensbeteiligten nach ihren Erfahrungen gefragt. Daraus wurden Handlungsempfehlungen abgeleitet. Eine dieser Empfehlungen ist eine mind. zweijährige Überleitungsphase. Dies wird bei der aktuellen Verstetigungsstrategie berücksichtigt. Überdies wurden alle QM-Teams und beteiligten Bezirksämter auf dem QM-Jour Fixe im Mai 2017 sowie durch Rundschreiben vom Juli 2016 mit Hinweisen zur Berücksichtigung des Themas Verstetigung im Integrierten Handlungs- und Entwicklungskonzept bereits zur Hinarbeit auf das Ende des QM- Verfahrens angehalten. Überdies enden die aktuellen QM-Verträge regulär am 31.12.2020. Mit dem Gutachten zur Verstetigung wurde lediglich entschieden, welche QM-Verfahren davon abweichend verlängert werden sollen. 4 Frage 5: Auf welcher rechtlichen oder sonstigen Grundlage beruht eine Obergrenze für die Anzahl von Quartiersmanagement-Gebieten und wie hoch ist diese nach Ansicht des Senates? Inwieweit hat sich diese Obergrenze in den zurückliegenden Jahren verändert? Antwort zu 5: Es gab und gibt keine Obergrenze für die Zahl der Quartiersmanagement-Gebiete. Die Entscheidung zur Ausweisung von QM-Verfahren erfolgt nach fachlichen Gesichtspunkten (einerseits Bedarf und andererseits Passgenauigkeit des Programms Soziale Stadt). Die Begrenzung des Programms ergibt sich einerseits aus den finanziellen und personellen Ressourcen und andererseits aus der Anforderung des konzentrierten Mitteleinsatzes (siehe § 171 e (1) BauGB "zügige Durchführung"). In 1999 wurde das Programm mit 15 Gebieten begonnen. Diese wurden dann sukzessive bis 2009 auf 34 erhöht. Frage 6 Kann die Obergrenze für die Anzahl von Quartiersmanagement-Gebieten nach Ansicht des Senats dazu führen, dass einzelne Quartiersmanagement-Gebiete zu früh aus dem Programm entlassen werden, damit neue QM-Gebiete aufgenommen werden können? Antwort zu 6: Nein (siehe hierzu auch Antwort zu Frage 5). Zwar werden erst durch die Entlassung von QM-Verfahren wieder Ressourcen für neue QM-Verfahren frei, allerdings werden QM- Gebiete erst entlassen, wenn die im Integrierten Handlungs- und Entwicklungskonzept (IHEK) benannten Maßnahmen umgesetzt bzw. die damit verbundenen Ziele erreicht wurden, unabhängig vom Bedarf zur Aufnahme neuer QM-Gebiete. Berlin, den 12.07.2018 In Vertretung Sebastian Scheel ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen