Drucksache 18 / 15 508 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tommy Tabor (AfD) vom 03. Juli 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Juli 2018) zum Thema: Berlin: Wie viele Berliner müssen zu Tafel & Co. gehen? und Antwort vom 18. Juli 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Jul. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales Herrn Abgeordneten Tommy Tabor (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/15508 vom 03. Juli 2018 über Berlin: Wie viele Berliner müssen zu Tafel & Co gehen ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Berliner sind aktuell in Berlin hilfsbedürftig, also Leistungsbezieher nach dem SGB XII (Sozialhilfe), dem SGB II (Arbeitslosengeld II, umgangssprachlich auch „Hartz IV“) oder dem Bundesausbildungsförderungsgesetz? Zu 1.: Mit Stand März 2018 beziehen in Berlin 539.538 Personen Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld nach dem SGB II, 82.773 Personen Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung außerhalb von Einrichtungen nach dem SGB XII sowie 33.174 Zahlungsempfängerinnen und -empfänger Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). 2. Wie hoch ist für diese Personenkreise das durchschnittliche zur Verfügung stehende Geld, um sich Lebensmittel zu kaufen? Zu 2.: Die Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II sowie dem SGB XII werden in Form von Regelbedarfen erbracht, welche in beiden Leistungssystemen identisch sind. Ein Bestandteil dieser Regelbedarfe sind die in Abteilung 1 rechnerisch berücksichtigten Verbrauchsausgaben für Nahrungsmittel und Getränke. Dieser Anteil in den einzelnen Regelbedarfsstufen sieht ab 01. Januar 2018 wie folgt aus: 2 Regelbedarfsstufe 1 (jede erwachsene Person, die in einer Wohnung lebt und für die nicht RBS 2 gilt ) 145,04 Euro Regelbedarfsstufe 2 (jede erwachsene Person, die als Ehegatten, Lebenspartner oder in ehe- oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft in einer Wohnung zusammen lebt) 130,39 Euro Regelbedarfsstufe 3 (Erwachsene, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nach § 27b SGB XII bestimmt (Unterbringung in einer Einrichtung)). 115,75 Euro Regelbedarfsstufe 4 (Jugendliche vom Beginn des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres) 148,73 Euro Regelbedarfsstufe 5 (Kinder vom Beginn des 7. bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres) 119,57 Euro Regelbedarfsstufe 6 (Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres) 84,13 Euro Lebensmittelkosten werden im BAföG nicht als eigenständiger Leistungspunkt geführt, diese Kosten sind im Grundbedarf in Höhe von 399,00 Euro pro Monat enthalten (§ 13 Absatz 1 Nr. 2 BAföG). Gemäß der letzten regionalen Sozialerhebung für Berlin geben Berliner „Standard-Studierende“ (ledig, Erststudium) 190,00 Euro im Monat für Lebensmittel aus (Bundesdurchschnitt: 168,00 Euro). Bei diesen Angaben handelt es sich nur um Anhaltspunkte, weil die Höhe der stark variierenden Einzelwerte auch vom Zuverdienst und anderen Faktoren abhängig ist. Daten zum Ausgabeverhalten der geförderten Schülerinnen und Schüler, von denen rd. 60 % noch bei den Eltern leben, liegen nicht vor. 3. Wie viele Berliner gehen nach Erkenntnissen des Senats regelmäßig zu Tafel oder vergleichbaren Einrichtungen? 4. Falls der Senat keine Erkenntnisse darüber besitzt, warum nicht? Zu 3. und 4.: Dem Senat liegen keine Erkenntnisse dazu vor, wie viele Berlinerinnen und Berliner regelmäßig zur Tafel oder zu anderen vergleichbaren Einrichtungen gehen. Die Berliner Tafel ist als Verein organisiert und hat nach eigenen Angaben von Anfang an auf staatliche Zuschüsse verzichtet. Nach deren Angaben beliefert sie ca. 3000 soziale Einrichtungen sowie Kinder- und Jugendprojekte mit Lebensmittelspenden. 3 Damit unterstützt sie ca. 75.000 Menschen. Darüber hinaus verteilt sie Lebensmittel über Ausgabestellen in den Bezirken an Privathaushalte mit geringem oder keinem Einkommen. In den 45 LAIB und SEELE-Ausgabestellen in Berlin werden auf diese Weise rund 50.000 Menschen im Monat versorgt. Im Übrigen teilt der Berliner Senat den Ansatz der Berliner Tafel. Für die Berliner Tafel gibt es keine Bedürftigen erster oder zweiter Klasse. Sie orientiert ihr Handeln an der Mitmenschlichkeit und spielt die Bedürftigkeit vieler Menschen – unabhängig von deren Herkunft – in Berlin nicht gegeneinander aus. Es wird insoweit auf die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage 18/13749 verwiesen. 5. Ist es nicht wichtig genau zu wissen, wie viele Berliner zur Tafel & Co gehen, um daraus schlussfolgern zu können, welche Maßnahmen in Zukunft ergriffen werden sollten und müssen, um diesen Zustand für tausende Berliner zu verbessern? Zu 5.: Die Bekämpfung von Armut ist dem Berliner Senat ein wichtiges Anliegen. Nach dem Regionalen Sozialbericht 2017 ist der Anteil der armutsgefährdeten Bevölkerung in Berlin auf 16,6 Prozent gestiegen. Insbesondere für Alleinerziehende und Familien mit Kindern ist das Armutsrisiko noch höher. Einkommen aus Erwerbstätigkeit reicht oftmals nicht aus, um den Lebensunterhalt zu decken. Hohe Mieten sind ein zusätzlicher Indikator, um von Armut betroffen zu sein. Der Senat ergreift umfangreiche Maßnahmen, um Armut in Berlin entgegenzuwirken und gesellschaftliche Teilhabe für alle - egal welcher Herkunft - zu ermöglichen. Es wurde eine ressortübergreifende Landeskommission zur Bekämpfung von Kinderarmut eingerichtet, die derzeit einen umfangreichen Maßnahmenkatalog entwickelt. Ab dem 1. August 2018 können Kinder aus einkommensschwachen Familien den Öffentlichen Personennahverkehr kostenlos nutzen. Zudem wurde der Preis des Sozialtickets bereits im letzten Jahr von 36 Euro auf 27,50 Euro abgesenkt und der Kreis der Ticketberechtigten auf Wohngeldbeziehende, NS-Opfer und SED-Opfer ausgeweitet. Leitlinien zur Bekämpfung von Wohnungslosigkeit werden erarbeitet. Mit Hilfe von zahlreichen Initiativen wurden mehr Notübernachtungsplätze in der Kältehilfe geschaffen. Mit den neuen Ausführungsvorschriften zur Gewährung von Leistungen gemäß § 22 SGB II und §§ 35 und 36 SGB XII (AV Wohnen) wird dafür Sorge getragen, dass auch Leistungsbeziehende nach dem SGB II, SGB XII und dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in ihren Wohnungen verbleiben können und ihre Mieten übernommen werden. Der Mindestlohn in Berlin wurde erhöht. Mit zahlreichen Maßnahmen wird dafür Sorge getragen, dass die rasante Mietenentwicklung in Berlin gebremst wird. Beispielhaft wird insoweit auf die Erhöhung des Mietzuschusses für Sozialmieterinnen und -mieter sowie auf die Kooperationsvereinbarung mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften verwiesen, 4 wonach Mieterhöhungen auf zwei Prozent jährlich und die Modernisierungsumlage auf sechs Prozent begrenzt werden. Berlin, den 18. Juli 2018 In Vertretung Daniel T i e t z e _____________________________ Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales