Drucksache 18 / 15 585 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) vom 10. Juli 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Juli 2018) zum Thema: Barrierefreie Informationen und Antwort vom 25. Juli 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Jul. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Der Regierende Bürgermeister von Berlin - Senatskanzlei - Herrn Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei – G Sen – A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/15 585 vom 10. Juli 2018 über Barrierefreie Informationen ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Abgeordneten: Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und die Barrierefreie Informationstechnikverordnung (BITV) definieren seit 2005 die Standards für die gesamte amtliche Kommunikation mit blinden bzw. sehbehinderten Menschen. Hinzu kommt eine Vielzahl von entsprechender Einzelgesetze bzw. Verordnungen. 1. Inwieweit entsprechen alle Internetauftritte der Senatsverwaltungen, der Bezirksämter und der landeseigenen Unternehmen den Anforderungen der BITV, sind also vollumfänglich barrierefrei ? Zu 1.: Die ausdrücklichen Anforderungen zum Thema Barrierefreiheit wurden bereits in der Konzeptionsphase des Stadtinformationssystems Berlin.de berücksichtigt. Schon innerhalb der in den Jahren 2013 und 2014 projektierten Relaunchs der Landesauftritte nahm die barrierefreie Bereitstellung eine zentrale Rolle ein. Zur Sicherstellung bedient sich der Dienstleister u.a. auch externer versierter Beratungsunternehmen. Für das Beschäftigtenportal (Intranet) gelten die Ausführungen entsprechend. Das Web-Angebot Berlin.de basiert auf dem Content-Management-System (CMS) Imperia. Das CMS Imperia ist ein Arbeitsmittel zur Erstellung von gut zugänglichen Webangeboten und hält die Anforderungen zur Barrierefreiheit ein. Das Thema Barrierefreiheit ist auch hier Bestandteil der Schulungsmaßnahmen zum CMS Imperia. Das CMS unterstützt die entsprechend geschulten Web-Redakteurinnen und - redakteure bei der Erstellung von sehr gut zugänglichen Webseiten. Darüber hinaus sind alle Webredaktionen des Landes Berlin sowie alle beauftragten Agenturen angehalten, ausschließlich barrierefreie Dokumente im Internet und im 2 Intranet zu veröffentlichen. Nicht-barrierefreie Dokumente werden entsprechend gekennzeichnet . Angemessene barrierefreie Gestaltung der Zugänge und Abläufe werden als Ziel und Auftrag festgelegt, medienbruchfreie elektronische Abwicklungen aller Verwaltungsvorgänge werden so weit wie möglich befördert. Die Berliner Verwaltung wird verpflichtet , alle Zugangswege mit vergleichbarer Servicequalität anzubieten. Im von der Landesredaktion Berlin.de herausgegebenen Redaktionshandbuch (https://support.berlin.de/wiki/Downloads#Redaktionshandbuch) ist die Vorgehensweise zur Erstellung von barrierefreien Webseiten und zur Veröffentlichung von Dokumenten beschrieben. In einem durch die Senatskanzlei (Landesredaktion Berlin.de) beauftragten Prüfbericht (BIK-Test für die offiziellen Seiten der Berliner Behörden unter Berlin.de) wurde am 20. Juni 2016 durch die BIK Beratungsstelle Hamburg den untersuchten Webseiten auf Berlin.de eine sehr gute Zugänglichkeit bescheinigt (96,25 von 100%). Zu den landeseigenen Unternehmen können keine Aussagen getroffen werden. Die Bedeutung von Barrierefreiheit hat der Senat auch im Berliner E-Government- Gesetz (EGovG Bln) festgehalten. Das EGovG Bln wurde am 30. Mai 2016 beschlossen – veröffentlicht am 09. Juni 2016 im Gesetz- und Verordnungsblatt. Einige Internetseiten auf Berlin.de sind bereits mit Informationen in Leichter Sprache ausgestattet. Seit Februar 2017 können Behörden zusammenfassende Informationstexte zu ihren Aufgaben über den Berliner Rahmenvertrag zur Leichten Sprache übersetzen lassen. Die Senatskanzlei finanziert und koordiniert das Vorhaben in zentraler Funktion. Zurzeit wird die Ausschreibung eines Rahmenvertrages zur Produktion von Gebärdensprachvideos in der Senatskanzlei vorbereitet. Geplant ist, ab dem ersten Quartal 2019 mit der Produktion zu beginnen. Jeder Behördenauftritt wird dann mit jeweils zwei Videos ausgestattet. 2. Welche Seiten entsprechenden Anforderungen derzeit noch nicht vollumfänglich und warum ? Welche Senatsverwaltungen, welche Bezirke, welche Ämter? Zu 2.: Die letzten Anmerkungen zur Verbesserung der Barrierefreiheit aus dem Gebrauchstauglichkeitsgutachten zum Beschäftigtenportal von 2016 (sehr gute Zugänglichkeit 97,5%), werden im vierten Quartal 2018 umgesetzt. Das ist Voraussetzung für den Echtbetrieb, der ab dem ersten Quartal 2019 angestrebt wird. Angebote in Leichter Sprache werden sukzessive umgesetzt, setzen aber das Engagement der einzelnen Behörden voraus. Sie entscheiden selbstständig, ob, wann und wie sie den Rahmenvertrag in Anspruch nehmen. Die Übersetzung solcher Texte dauert, je nach Auftragslage und Umfang, vier bis acht Wochen. Das heißt, die Anzahl von Übersetzungen pro Jahr, ist begrenzt. Gleiches wird für Gebärdensprachvideos gelten. Fachanwendungen, die nicht im CMS Imperia erstellt, sondern extern eingebunden werden, müssen eigenverantwortlich für Barrierefreiheit sorgen. Die Einbindung der Allris-Anwendung der BVV bspw. ist nicht barrierefrei. Der technische Dienstleister 3 BerlinOnline stellt nur sicher, dass das Seitenlayout und die Navigation barrierearm sind. Gleiches gilt für Kampagnen oder externe Webseiten. Auch hier ist die beauftragende Behörde in Zusammenarbeit mit der ausführenden Agentur in der Pflicht, siehe Ausführungen zu Frage 1, Verantwortung für IT-Fachverfahren. Abschließend ist anzumerken, dass eine hundertprozentige (vollumfängliche) Barrierefreiheit nie zu erreichen sein wird. 3. Bis wann werden ggf. noch fehlende Seiten jeweils entsprechend überarbeitet? Zu 3.: Siehe Ausführungen zu Frage 2. Auf Grund der Übersetzungs- und Produktionszeiten, wird die Laufzeit des Rahmenvertrages für Leichte Sprache voll ausgeschöpft werden. Es wurde eine Laufzeit von drei Jahren mit zweifacher Verlängerungsoption um jeweils ein Jahr vereinbart. Beabsichtigt ist, beim Rahmenvertrag für Gebärdensprachvideos ebenso zu verfahren. Einige Anforderungen, wie Vorlesefunktion oder Schriftvergrößern, werden nicht zentral für die Webseiten umgesetzt. Es ist einfacher, die Vergrößerungsoption über den Browser zu nutzen. Entsprechende Hinweise kann jeder Redakteur selbst einrichten . Eine Vorlesefunktion ist ebenfalls nicht geplant. Lokal installierte Screenreader für Seheingeschränkte sind sehr viel besser als zentral bereitgestellt Webanwendungen und können auch zusammenhangsbezogen Inhalte wiedergeben bzw. ausgewiesene Alternativtexte interpretieren. Zudem hat jedes Smartphone eine integrierte Vorlesefunktion , wodurch Inhalte leicht auffindbar sind. 4. Inwieweit gibt es zu allen amtlichen Schreiben im Land Berlin eine für blinde bzw. sehbehinderte Menschen barrierefreie Fassung? Beispielsweise Geburts- und Sterbeurkunden, Steuer- und Landespflegegeldbescheide, Gerichtsurteile nach Zugänglichmachungsverordnung usw. Zu 4.: Es findet keine zentrale Erfassung oder Berichterstattung zu den genannten Punkten statt. 5. Wie wird diese Barrierefreiheit im Allgemeinen jeweils gewährleistet; schriftlich / elektronisch / akustisch / mündlich / fernmündlich oder auf andere Weise? Zu 5.: Da hierzu keine Übersicht vorliegt, kann zum jetzigen Stand keine Aussage getroffen werden. Die einzelnen Behörden handhaben die Sicherstellung der Barrierefreiheit z.B. der veröffentlichten PDF-Dokumente im Internet im Moment sehr unterschiedlich. Die technische Voraussetzung zur Erstellung von barrierefreien PDFs soll mit dem Berlin PC und einer einheitlichen Software zur Erstellen von PDF Dokumenten voraussichtlich im 1. Halbjahr 2019 landesweit standardisiert werden. 4 6. Wo sind die Standards von BGG und BITV derzeit noch nicht vollständig umgesetzt und warum? Welche Senatsverwaltungen, welche Bezirke, welche Ämter? Zu 6.: Eine Übersicht ist derzeit nicht bekannt. Nach der neuen EU Richtlinie 2016/2102 werden die einzelnen Behörden verpflichtet, den Stand ihrer Barrierefreiheit in einer „Erklärung zur Barrierefreiheit“ zu dokumentieren . In dieser Erklärung soll auch beschrieben werden, falls und aus welchen Gründen Teilbereiche noch nicht barrierefrei sind. 7. Bis wann werden ggf. noch fehlende Bereiche jeweils einbezogen sein? Zu 7.: Die gesetzliche Grundlage liegt vor (EU-Richtlinie 2016/2102, BGG, EGovG Bln) und soll schnellstmöglich von allen Behörden umgesetzt werden. Bei der Senatsverwaltung für Inneres und Sport wurde in 2018 eine Kompetenzstelle für digitale Barrierefreiheit geschaffen, die sich derzeit im Aufbau befindet. Diese soll die Behörden für die gesetzlichen Grundlagen sensibilisieren und die digitale Barrierefreiheit fördern. In der EU Richtlinie 2016/2102 ist auch eine Monitoring-Stelle gefordert. Diese wird spätestens ab dem 2. Halbjahr 2021 stichprobenartig Prüfungen durchführen. Berlin, den 25. Juli 2018 Der Regierende Bürgermeister In Vertretung Dr. Frank Nägele Staatssekretär für den Chef der Senatskanzlei