Drucksache 18 / 15 599 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Michail Nelken (LINKE) vom 10. Juli 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Juli 2018) zum Thema: IBA-Wohnanlage am Lützowufer – ohne Schutz vor Bodenspekulation und Antwort vom 25. Juli 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Juli 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Herrn Abgeordneten Dr. Michail Nelken (Linke) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. S18 / 15 599 vom 10. Juli 2018 über IBA - Wohnanlage am Lützowufer - ohne Schutz vor Bodenspekulation Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Warum wurde das Gebäudeensemble Lützowufer 1 – 5, obgleich im Rahmen der IBA 1984 von fünf namhaften Architekten als Modellhäuser für energieeffizientes Bauen errichtet, trotz seiner baugeschichtlichen Bedeutung nicht unter Denkmalschutz gestellt? Antwort zu 1: Im Jahre 2017 hat das Landesdenkmalamt eine Denkmalerfassung zu Bauten der IBA in Reinickendorf (Tegel), Wilmersdorf (Prager Platz) und Tiergarten (Lützowplatz und Umgebung, Rauchstraße und weitere Einzelbauten) durchgeführt. Dabei wurden auch die Energiesparhäuser am Lützowufer erforscht. Das Prüf- und Eintragungsverfahren für diese umfangreichen Gebiete ist noch nicht abgeschlossen. Frage 2: Hält der Senat die Hofanlage, die über alle fünf genannten Grundstücke im Rahmen des IBA-Verfahrens als gärtnerische Gesamtanlage von einer Berliner Landschaftsarchitektin geplant und gestaltet wurde, für schutzwürdig? Wenn nein, warum nicht? Antwort zu 2: Die rückwärtige Grünanlage ist von der Gartenarchitektin Hannelore Kossel entworfen worden. Nach einer Besichtigung durch die Gartendenkmalpflege hat das zuständige Landesdenkmalamt Berlin entschieden, dass die Grünanlage für sich genommen nicht als Gartendenkmal ausgewiesen werden kann. Die sehr konventionelle Hofanlage bietet weder gartenkünstlerische Besonderheiten noch für die Verbindung der einzelnen Funktionsräume herausragende Lösungen. 2 Das Landesdenkmalamt würde, falls die Prüfung des Denkmalwerts der Häuser positiv ausfällt, nur die Gebäudereihe mit den Vorgärten als Denkmalbereich (Gesamtanlage) in die Denkmalliste eintragen. Das Landesdenkmalamt kann noch nicht absehen, wann die Prüfung abgeschlossen ist. Frage 3: Trifft es zu, dass der neue Eigentümer der Grundstücke, die Firma E., plant, in der Gartenanlage ein bis zu 6 Geschosse hohes, fast 100 m langes Wohngebäude zu errichten und somit die Gartenanlage der IBA- Wohnanlage völlig zu zerstören? Antwort zu 3: Die Zuständigkeit für eine Genehmigung des geplanten Bauvorhabens liegt beim Bezirk. Im Antrag auf Bauvorbescheid des Eigentümers wurde eine Geschossfläche von 7074,68 qm oberirdisch abgefragt. Das entspricht inkl. Bestandsbauten einer GRZ von 0,5 und einer GFZ von 2,63. Das Bezirksamt Mitte hat einen Bauvorbescheid zum Planungsrecht für eine Bebauung in zweiter Reihe erteilt. Auf dieser Grundlage finden derzeit Abstimmungsgespräche mit dem Investor statt. Frage 4: Ist es zutreffend, dass die fünf Grundstücke extra für das IBA-Verfahren mit den fünf Modellhäusern erst im Jahre 1983 gebildet wurden? Antwort zu 4: Das Bezirksamt Mitte hat bestätigt, dass die Grundstücksbildung tatsächlich 1983 im Zusammenhang mit dem IBA Verfahren erfolgte. Frage 5: Betrachtet der Senat die Wohnanlage insgesamt – mit den im Rahmen der IBA geschaffenen Grundstücken, Gebäuden und der grundstücksübergreifenden Hofgestaltung – als ein schützenswertes städtebauliches Ensemble (bitte die Gründe der Einschätzung darlegen)? Antwort zu 5: Der Senat sieht die im Rahmen der IBA geschaffene Wohnanlage am Lützowufer als ein bedeutendes städtebauliches Ensemble. Dies betrifft weitgehend alle Standorte der IBA 87, die die Stadt durch eine damals neue Auffassung von Urbanität und Dichte bis heute geprägt haben. Die Häuser am Lützowufer weisen in mehrerer Hinsicht eine Besonderheit auf. Als freistehende Baukörper prägen sie einen neuen Typus der Stadtvilla als Mietshaus. Experimentell bemerkenswert für die Zeit ist das Energieeinsparungskonzept in Bezug auf aktive und passive Maßnahmen. Frage 6: Hat das Land Berlin als Fördergeber der Teilung der fünf Grundstücke zugestimmt, um die abgetrennten Teile der Grundstücke zu einem neuen 100 m langen Neubaugrundstück zu vereinigen? Wenn ja, warum? Antwort zu 6: Dem Bezirksamt Mitte liegt derzeit noch kein Antrag auf Grundstücksteilung vor. Eine Teilung ist daher bisher nicht erfolgt. 3 Frage 7: Was unternimmt das Land Berlin, um diese IBA-Wohnanlage als baugeschichtlich bedeutsames Dokument vor der Destruktion zu bewahren? Antwort zu 7: „Weiterbauen und Verdichten“ ist aus Sicht des Senates an dieser Stelle möglich, allerdings muss bei der Konzeption einer Neubebauung das Gesamtensemble gestalterisch und städtebaulich hochwertig entwickelt werden. Hierbei ist die maximal mögliche Ausnutzung des Grundstücks als zweitrangig zu betrachten. Sollte das Grundstück mit den IBA 84/87-Bauten als Denkmal in die Berliner Denkmalliste aufgenommen werden, gehen die Denkmalbehörden davon aus, dass durch die angefragte Neubebauung keine unmittelbaren Denkmalbelange betroffen sind bzw. im Falle einer Aufnahme der IBA-Bauten in die Denkmalliste zum Zeitpunkt des Bauantrages lediglich Belange des Umgebungsschutzes nach den §§ 10 Abs. 1 und 11 Abs. 2 DSchG Bln geltend gemacht werden. Berlin, den 25.07.2018 Katrin Lompscher ................................ Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen