Drucksache 18 / 15 600 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Gabriele Gottwald (LINKE) vom 11. Juli 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Juli 2018) zum Thema: Reglementierung von (Free-Floating-) Leihfahrrädern und Antwort vom 27. Juli 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Aug. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Frau Abgeordnete Gabriele Gottwald (Die Linke) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/15600 vom 11. Juli 2018 über Reglementierung von (Free-Floating-) Leihfahrrädern Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Leihfahrradanbieter gibt es in Berlin, wie viele Leihfahrräder bieten diese Anbieter jeweils in Berlin an, wo befindet sich ihr Geschäftsgebiet und welche Anbieter verfügen über festgelegte Abstellplätze? Antwort zu 1: Eine tabellarische Übersicht der gegenwärtig genehmigten Stationen mit der Anzahl an Ständereinheiten liegt nur für das öffentliche Fahrradverleihsystem „Deezer Nextbike “ vor. Insgesamt sind 182 Standorte für 2.280 Leihfahrräder in den Bezirken Charlottenburg-Wilmersdorf, Friedrichshain-Kreuzberg, Lichtenberg, Mitte, Neukölln, Pankow und Tempelhof-Schöneberg von Berlin verzeichnet. Daneben sind weitere Standorte aufgeführt, die sich derzeit noch im Erlaubnisverfahren befinden. Die Übersichten umfassen insgesamt zwölf Seiten und können bei der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz eingesehen oder als Datei zur Verfügung gestellt werden. Es gab nach hiesigen Informationen acht Anbieter (siehe Antwort zu Frage 2 und zu Frage 7 der Schriftlichen Anfrage 18/13328), wobei nach Pressemitteilungen die Firma „oBike“ zwischenzeitlich in Insolvenz gegangen sein soll und die Firma „ofo“ beabsichtigen soll, ihre Dienste nicht mehr im Land Berlin anzubieten. Da die Anbieter ihre Mieträder ohne Abstimmung mit den Bezirksämtern im öffentlichen Straßenland abstellen, können die tatsächliche Anzahl und die konkreten Standorte nicht benannt werden. Die Fahrradverleihsysteme werden bevorzugt im inneren S-Bahn-Ring angeboten . Frage 2: Welche Anbieter verfügen über Mitarbeiter (bitte unter Angabe der genauen Mitarbeiterzahl) zum Einsammeln der Leihfahrräder? Antwort zu 2: Gemäß Angaben aller Anbieter werden Mitarbeiter zum Einsammeln beziehungsweise Wartung der Leihfahrräder beschäftigt. Zur Anzahl der Beschäftigten liegen dem Senat keine konkreten Erkenntnisse vor. Frage 3: Welche Verbindlichkeiten zur Entsorgung der Räder gehen die Anbieter ein? Antwort zu 3: Abgestellte Leihfahrräder im öffentlichen Straßenland, die nicht mehr ausgeliehen werden können, zum Beispiel bei Einstellung der Leistung durch einen Anbieter, stellen eine unerlaubte Sondernutzung gemäß § 14 Absatz 1 Berliner Straßengesetz (BerlStrG) dar und sind vom Anbieter zu entfernen. Frage 4: Was passiert im Falle einer Pleite, wie jetzt bei OBIKE, wer garantiert dann die Entsorgung der Räder in der Stadt? Antwort zu 4: Wenn sich über die Insolvenzverwaltung keine Lösung ergibt, können die Bezirksämter von Berlin hinsichtlich auf öffentlichen Flächen abgestellter Räder ordnungsrechtlich tätig werden. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Frage 5: Welche Zahlungen leisten die Anbieter für die Nutzung des öffentlichen Raums, sei es über fixe Abstellplätze oder die freie Abstellung der Räder? Antwort zu 5: Die Anbieter von Leihfahrrädern haben Zahlungen für die Nutzung des öffentlichen Straßenlandes zu zahlen, wenn Sondernutzungen im Sinne des Berliner Straßengesetzes vorliegen. Eine Sondernutzung liegt beim Abstellen eines Fahrrades vor, wenn der Vorgang nicht als verkehrsüblich anzusehen ist. Sie bedarf dann einer Sondernutzungserlaubnis. Hierüber entscheiden die Bezirke im Rahmen einer Einzelfallprüfung . Für die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis entstehen Gebühren nach der Sondernutzungsgebührenverordnung (SNGebV). Der Senat geht davon aus, dass derzeit die Bezirke unter Berücksichtigung des Äquivalenzprinzips, der pauschalierenden Bemessungsgrundsätze und des besonderen öffentlichen Interesses zur Förde- rung des Radverkehrs als umweltfreundliches Verkehrsmittel einer stadt- und umweltfreundlichen Mobilität eine ermäßigte Sondernutzungsgebühr nach § 8a SNGebV in Höhe von drei Euro pro Monat und genutztem Quadratmeter für das Leihfahrradangebot an einer festen Station drei Euro pro Monat beziehungsweise drei Euro pro Monat und Leihfahrrad für das stationslose Leihfahrradgebot ansetzen. Frage 6: Mit welchen Anbietern hat der Senat Fördervereinbarungen oder andere Verträge geschlossen und was ist deren Inhalt? Antwort zu 6: Der Senat hat keine Fördervereinbarungen geschlossen. Über ein wettbewerbliches Verfahren hat der Senat ein öffentliches Leihfahrradsystem ausgeschrieben und einen Anbieter (nextbike) ausgewählt und vertraglich gebunden. Weitere vertragliche Beziehungen zu Leihfahrradanbietern bestehen nicht. Frage 7: Welche Genehmigungsverfahren bzw. Regelungen müssen die Anbieter mit welchen offiziellen Stellen treffen, um ihre Leihräder in Berlin zu platzieren? Antwort zu 7: Anbieter von Leihfahrrädern mit festen Stationen müssen bei Inanspruchnahme öffentlichen Straßenlandes im jeweiligen Bezirksamt eine Sondernutzungserlaubnis beantragen. Diese wird grundsätzlich erteilt, wenn Flächen für die beantragte Sondernutzung zur Verfügung gestellt werden können und keine überwiegenden, öffentlichen Interessen oder vorrangige Inanspruchnahmen der öffentlichen Straße entgegen stehen oder diesen Gesichtspunkten mit einer Nebenbestimmung entsprochen werden kann. Für stationslose Fahrradverleihsysteme hat die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz (SenUVK) einen Kriterienkatalog zu Hinweisen und Anforderungen für das Abstellen von stationslosen Fahrradverleihsystemen auf öffentlichen Straßen im Land Berlin erstellt und auf der Internetseite http://www.berlin.de/senuvk/verkehr/politik_planung/rad/verleih/ veröffentlicht. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. Frage 8: Hat es von Seiten der Bezirksämter Beschwerden über das sogenannte Free-Floating-Prinzip – nach dem die Räder überall in der Stadt geliehen und zurückgegeben werden können – gegeben und wenn ja, welche? Sind dem Senat Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern bekannt? Frage 9: Wie bewertet der Senat die Forderung nach einer strengeren Reglementierung der Leihfahrradanbieter und gibt es innerhalb des Senats eigene Vorstellungen für eine stärkere Regulierung? Antwort zu 8 und 9: Der Rat der Bürgermeister hat in seiner Sitzung am 19. Juli 2018 einen Prüfauftrag für den Senat zu weiteren Maßnahmen zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit und der Barrierefreiheit auf Gehwegen bei gleichzeitiger Förderung des Radverkehrs beschlossen. Reglementierungen beziehungsweise stärkere Regulierungen sind in diesen Maßnahmen enthalten. Eine Bewertung kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht erfolgen. Die Bezirksämter wurden wiederholt, zuletzt im April 2018, um Mitteilung gebeten, ob gehäuft oder störend abgestellte Leihfahrräder beobachtet wurden. Die Rückäußerungen zeigten ein überschaubares Ergebnis. Es wurden in den letzten sechs Monaten vereinzelte Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern an die für Verkehr zuständige Senatsverwaltung gerichtet. Diese betrafen allgemein den Zuwachs an stationslosen Fahrradverleihsystemen, einzelne auch das störende Abstellen von „Lidl-Bikes“ und „mobikes“. Frage 10: Wie bewertet der Senat den Vorschlag, von Leihfahrrad-Anbietern, die keine festen Abstellplätze offerieren , eine Sondernutzungsgebühr zu erheben, die sich an der Menge der Leihfahrräder bemisst, die im Stadtgebiet angeboten? Antwort zu 10: Dies ist eine der vom Rat der Bürgermeister vorgeschlagenen Maßnahmen, die nunmehr erneut geprüft wird. Frage 11: Wie bewertet der Senat den Vorschlag, mit den Einnahmen aus einer solchen Gebühr neue Abstellmöglichkeiten zu schaffen? Antwort zu 11: Dieser Ansatz ist haushaltsrechtlich nicht umsetzbar. Gebühreneinnahmen kommen dem Gesamthaushalt zugute, aus dem dann alle weiteren Ausgaben getätigt werden. Um die Sondernutzungsgebühren der Leihfahrradanbieter wie vorgeschlagen nutzen zu können, müsste dies im nächsten Haushaltsplan verankert werden. Frage 12: Wie bewertet der Senat die Einschätzung, dass der von der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz herausgegebene Leitfaden für die Bezirke zum Umgang mit Leihfahrrädern sich als nicht praxistauglich erwiesen hat? Antwort zu 12: Der Kriterienkatalog zu Hinweisen und Anforderungen für das Abstellen von stationslosen Fahrradverleihsystemen auf öffentlichen Straßen im Land Berlin wurde mit Einbeziehung der Bezirksämter im Februar 2018 erstellt und herausgegeben. Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz wird den Kriterienkatalog in Abstimmung mit den Bezirken optimieren, sobald ihr von den Bezirken mitgeteilt wird, welcher Anpassungsbedarf besteht. Dabei wird auch die Prüfung der Maßnahmen des Rats der Bürgermeister berücksichtigt. Frage 13: Welche Maßnahmen hat der Senat geplant, um den offensichtlichen Problemen im öffentlichen Raum, die mit dem Geschäftsmodell verbunden sind, entgegenzuwirken? Antwort zu 13: Auf die Antworten zu Frage 9 und 12 wird verwiesen. Frage 14: Liegen dem Senat Erkenntnisse darüber vor, ob die Anbieter Bewegungsprofile erheben, auswerten und veräußern, und liegt das primäre Geschäftsmodell der Anbieter vielmehr in der Datenerfassung als im unmittelbaren Zweck, Leihräder anzubieten? Antwort zu 14: Nein, dem Senat liegen keine Erkenntnisse vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 13 der Schriftlichen Anfrage 18/13328 verwiesen. Frage 15: Wie viele E-Roller werden in Berlin zum Verleih von wie vielen Firmen angeboten und wie viele Firmen bieten sowohl Fahrräder als auch E-Roller an? Antwort zu 15: Nach den vorliegenden Informationen gibt es zwei Unternehmen, die vergleichbar zum „free-floating bike-sharing“ E-Motorroller nach dem Sharing-Prinzip in Berlin anbieten . „Coup Mobility“ bietet nach eigenen Angaben zurzeit bis zu 1.000 Fahrzeuge COUP-Roller, die „Electric Mobility Concepts GmbH“ gemäß ihrer Homepage 350 Emmy-Roller (https://emmy-sharing.de/ueber-uns/company/ ) zur Vermietung an. Unternehmen, die sowohl E-Roller als auch Leihfahrräder anbieten, sind nicht bekannt . Berlin, den 27.07.2018 In Vertretung Stefan Tidow Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz