Drucksache 18 / 15 605 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Franz Kerker (AfD) vom 13. Juli 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Juli 2018) zum Thema: KigA und AKRAN: zwei Hörner eines Dilemmas und Antwort vom 22. Juli 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Juli 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Herrn Abgeordneten Franz Kerker (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/15605 vom 13. Juli 2018 über KigA und AKRAN – zwei Hörner eines Dilemmas ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Abgeordneten: Die Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Franz Kerker (AfD) Zielgruppenspezifische Bildungsarbeit gegen Judenfeindlichkeit [Drucksache 18/15246] beantwortet der Senat u.a. wie folgt: „Die Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus (KIgA) veranstaltet keine Workshops für Schülerinnen und Schüler mit muslimischem Hintergrund, sondern für die Migrationsgesellschaft. Dabei versteht die KIgA unter dem Begriff „Migrationsgesellschaft“ nicht spezifisch Menschen mit Migrationshintergrund, sondern die deutsche Gesamtgesellschaft. Grundsätzlich wird zwischen Schülerinnen und Schülern mit und ohne „muslimischem Hintergrund“ nicht unterschieden. Hierzu werden auch keine Daten erhoben.“ 1.) Die KIgA beschreibt den eigens als solchen benannten Gegenstand der Frage 2. b), das Projekt mit dem Titel „Akran – Peer to Peer gegen Vorurteile“ in eigenen Worten als ein „Qualifizierungsprogramm für muslimische Jugendliche“; dies ist der Webseite www.kiga-berlin.org zu entnehmen. a.) Wieso spricht die KIgA selber von „muslimischen Jugendlichen“, an die sich ihr Programm richte, der Senat hingegen von „deutscher Gesamtgesellschaft“? b.) Gibt es aus der Sicht des Senates dann auch eine „nichtdeutsche Teilgesellschaft“? Zu 1.) a und b): „Migrationsgesellschaft“ ist als soziologischer Begriff zu verstehen, als eine Gesellschaft, in der Migration stattfindet. Die Gesellschaft in Deutschland ist vielfältig, muslimische Jugendliche sind Teil der Gesellschaft. Mit „deutscher Gesamtgesellschaft“ ist die Gesellschaft aller in Deutschland lebenden Menschen 2 gemeint. Dazu kann also eine „nichtdeutsche Teilgesellschaft“ gerade nicht als Gegenbegriff gebildet werden. Das AKRAN Projekt als Ganzes ist nicht auf muslimische Jugendliche beschränkt, sondern richtet sich in der zweiten Phase an junge Menschen aller Glaubensrichtungen, gesellschaftlichen Schichten etc. Mit der Ausschreibung 2018 ist auch die erste Phase offen für nicht-muslimische Jugendliche. 2.) Der Senat antwortet u.a.: „Spezifische Gruppen von Schülerinnen und Schülern nach ihrer Religionszugehörigkeit zu sondern und spezifische Programme für Angehörige einer bestimmten Religion zu fördern in der Annahme, diese Gruppe von Schülerinnen und Schülern sei wegen ihrer Religionszugehörigkeit besonders judenfeindlich, widerspräche dem Grundgesetz.“ Der türkische Ausdruck „Akran“ ist aus dem Arabischen aḳrān, sing. ḳirn entlehnt; er nimmt Bezug auf ḳarn, das Gehörn eines Tieres, welches ja meist paarig ausgebildet ist und somit eine passende Metapher für „peer“ bzw. „(Alters)Genosse“ abgibt. Der Ausdruck qarīn d.h. „Gefährte, Geselle“ kommt sieben mal im Koran vor. a.) Wenn der Senat keine spezifischen Programme für Angehörige irgendeiner bestimmten Religion fördern will, wieso bedienen sich die von ihm geförderten Programme einer Sprache, die überwiegend von Angehörigen einer bestimmten Religion gesprochen wird? Zu 2.a): Die Programme der KIgA haben verschiedene Sprachansätze und unterstreichen die in Berlin gegebene Vielfalt der Sprachen, genauso wie die vom Berliner Senat konzipierte Kampagne „be Berlin“. So wurde seitens der KIgA z.B. eine Ausstellung über jüdisches Leben konzipiert, die „L’Chaim – Auf das Leben“ heißt. Hier wird der hebräische Ausdruck L’Chaim benutzt. Im AKRAN Programm wird neben dem Türkisch geprägten Wort AKRAN auch der englischsprachige Ausdruck „peer“ benutzt. Andere Programme heißen „Discover Diversity“ oder „Commitment without Borders“. Berlin ist eine vielfältige Stadt, mit internationalem Publikum, das verschiedene Sprachen spricht. Der Senat sieht sich aufgefordert, gegen Diskriminierung vorzugehen, ist dadurch aber genötigt, entweder selber zu diskriminieren oder aber zu behaupten, daß Diskriminierung sowohl von allen und jedem ausgehen, als auch alle und jeden treffen könne, also weder von bestimmten Gruppen ausgehe, noch sich auf bestimmte Gruppen beziehe und auch keine bestimmten Inhalte aufweise. b.) Wieso bedient sich der Senat in seiner Antwort auf Drucksache 18/15246 dann der Begriffe „Homophobie“ und „Ableismus“, die doch wohl die pauschale Ablehnung von Gruppen durch Gruppen bezeichnen sollen? Wieso führt er den Begriff des „antimuslimischen Rassismus“ ein, betont aber, daß es „muslimischen Antisemitismus“ nicht geben könne? Ist diese Zuschreibung bzw. Ableugnung eines bestimmten Denkens nicht ebenfalls diskriminierend? Zu 2.b): Die Begriffe „Homophobie“ und Ableismus“ beziehen sich auf die Ablehnung von Individuen durch Individuen, auch wenn durch die Fremdzuschreibung von Diskriminierenden Individuen als Teil einer Gruppe wahrgenommen werden. In diesem Sinne ist auch „antimuslimischer Rassismus“ zu verstehen, der durchaus Menschen treffen kann, die nach ihrem eigenen Verständnis keine Muslime sind. „Muslimischer Antisemitismus“ ist wiederum ein ganz anders gearteter Begriff, da er ein Kollektiv als diskriminierendes Subjekt, nicht als Objekt der Diskriminierung 3 unterstellt. Eine Zuschreibung bzw. Ableugnung eines bestimmten Denkens ist aus diesen begrifflichen Unterscheidungen nicht ersichtlich. 3.) In einer Pressemitteilung vom 03.04.2018 teilte das Presse- und Informationsamt des Landes Berlin mit, daß die Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und Internationales, Sawsan Chebli, Abschlusszertifikate an die erste Gruppe des AKRAN-Qualifizierungsprogramms der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus verliehen habe. Sie wolle damit, so wörtlich, „diesen Jugendlichen unsere Anerkennung für ihr Engagement schenken, denn sie sind wichtige Vorbilder.” Die hierdurch Geehrten wirken aber auf Bildern von der Veranstaltung wie Damen und Herren zwischen 25 und 30 Jahren. a.) Hat man für das Projekt keine richtigen Jugendlichen finden können? Zu 3. a): Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Ausbildungsrunde 2018 sind 16 - 25 Jahre alt. b.) Mit welchen Mitteln fördert der Senat das AKRAN-Qualifizierungsprogramm? Zu 3. b): In 2018 fördert der Berliner Senat das Programm „Akteure der Jugendbildung stärken, Jugendliche vor Radikalisierung schützen“ mit Mitteln der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung. Das AKRAN Programm ist in 2018 Teil dieses Programms. Berlin, den 22. Juli 2018 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie