Drucksache 18 / 15 607 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE) vom 05. Juli 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Juli 2018) zum Thema: Intensivpflegebedürftige Kinder – Wie funktioniert das Übergangsmanagement? und Antwort vom 30. Juli 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Aug. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Frau Abgeordnete Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/15607 vom 05. Juli 2018 über Intensivpflegebedürftige Kinder – Wie funktioniert das Übergangsmanagement ? _______________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Der SenGPG liegen zu diesen Fragen keine eigenen Erkenntnisse vor. Deshalb wurde zur Beantwortung dieser Schriftlichen Anfrage eine Umfrage unter den Berliner Krankenhäusern mit pädiatrischer Abteilung gestartet, an der sich in der vorgegebenen Zeit 7 von 10 Abteilungen beteiligten (darunter eine Fehlmeldung). 1. Wie ist der Übergang von intensivpflegedürftigen Kindern aus der stationären Einrichtung in das häusliche Umfeld organisiert? Zu 1.: Die Charité – Universitätsmedizin Berlin hat ein multidisziplinäres Entlassungsmanagement der Kliniken in enger Zusammenarbeit mit dem Sozialdienst, der sozialmedizinischen Nachsorge oder unter Einsatz des stationären/ambulanten Palliativ Care Teams (SAPV) der Charité. Einmal wöchentlich gibt es multidisziplinäre Sozialvisiten. Dabei wird der ambulante Betreuungsbedarf erfasst. Die aktuelle ambulante Versorgungssituation wird durch eine/n Sozialarbeiter/in oder Kollegen/in des stationären/ambulanten Palliative Care Teams (SAPV-Team) sowie Stationsärzten/innen geklärt. Nach Feststellung des Bedarfes wird geprüft, welche ambulante Versorgung notwendig ist, z.B. Anbindung an das SPZ, Sozialmedizinische Nachsorge, SAPV, Pflegedienste, Einbindung von Kinderbeauftragten der Pflegestützpunkte, vom ambulanten Kinderhospizdienst , einer Intensivwohngruppe oder des stationären Kinderhospizes. Es erfolgt eine Kontaktaufnahme mit der jeweiligen Institution. - 2 - 2 Oft gibt es einen Übergang in die häusliche Umgebung über eine Rehabilitationseinrichtung . Dann wird dies entsprechend über den Sozialdienst bzw. die weiter behandelnden Ärzte der Reha-Einrichtung organisiert. Beim Deutschen Herzzentrum Berlin (DHZB) klärt ebenfalls der Sozialdienst zusammen mit den Eltern und den Ärzten den konkreten Bedarf in der Häuslichkeit und ob dies umsetzbar ist. Der Hilfsbedarf wird vom Sozialdienst organsiert (Pflegedienste, Hilfsmittel, etc.) und beim Kostenträger beantragt. Das Evangelische Waldkrankenhaus (EWK) organisiert die Überleitung durch eine einmal wöchentliche Sozialvisite und durch eine präpartal bis zur Entlassung stattfindende Betreuung durch den Psychosozialen Dienst. Die Koordination und Nachsorge wird dabei vom Verein Traglinge e.V. (Verein für Sozialmedizinische Nachsorge nach den Vorgaben des „Bunten Kreises“) übernommen. Bei Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH organisieren alle am Übergangsmanagement beteiligten internen und externen Berufsgruppen (ärztlicher Dienst, Pflegedienst , Sozialdienst, Therapeuten, Leistungserbringer, Kostenträger) gemeinsam mit einem Pflegedienst den Übergang individuell so, dass für intensivpflegebedürftige Kinder die Unterbringung im häuslichen Umfeld gesichert ist. Bei einem fehlenden externen Pflegedienst ist eine Unterbringung im häuslichen Umfeld nicht möglich. 2. Von welchen (Fach-)stellen bekommen die Eltern Unterstützung bei diesem Übergang? Zu 2.: Die sich beteiligenden Krankenhäuser (6 von 10 Abteilungen) meldeten, dass Eltern neben den pädiatrischen Krankenhausabteilungen von folgenden Bereichen unterstützt werden : Sozialdienst / Psychosozialen Dienst der Krankenhäuser dem stationären Palliative Care Team (KinderPaCT Berlin) Ambulanten Strukturen (SPZ, Nachsorge, VK KiJu, SAPV) Pflegestützpunkten Medizintechnischen Versorgern Therapeuten (z.B. Physiotherapeuten, Atemtherapeuten) Ernährungsberatern Verein Traglinge e.V. 3. Welche Beratungsleistungen für die Eltern finden statt? Zu 3.: In der Regel informieren und beraten die Sozialdienste/psychosoziale Dienste der Krankenhäuser und/oder behandelnde Ärzte die Eltern nach festgelegten Standards über mögliche und sinnvolle ambulante und/oder rehabilitative Angebote sowie über zu beantragende Leistungen. Diese Beratung erfolgt individuell, während des Krankenhausaufenthalts, aber auch poststationär. 4. Wer sind die Träger, die eine Verlegung eines intensivpflegebedürftigen Kindes aus der stationären Einrichtung in das häusliche Umfeld unterstützen? - 3 - 3 Zu 4.: Unterstützende Träger sind: Ambulante Pflegedienste (Kinderintensivpflegedienste), medizinische Wohngruppen (Beatmungs-WGs) Sozialmedizinische Nachsorge (Kindergesundheitshaus, Traglinge, Björn Schulz Stiftung ) VK KiJu (Versorgungskoordination für Familien mit versorgungsintensiven Kindern und Jugendlichen, Prinzip Case Management, Träger: Kindergesundheitshaus, Traglinge, Björn Schulz Stiftung) KinderPaCT Berlin (Kooperation von Björn Schulz Stiftung und Charité) 5. Wie ist die Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern – Trägern – Kostenträgern und Eltern organisiert? Zu 5.: Die Zusammenarbeit wird in Abhängigkeit von Bedarf, Leistungserbringern sowie Kostenträgern organisiert. Es erfolgen eine (telefonische) Kontaktaufnahme und persönliche Absprachen überwiegend über den Sozialdienst der Kliniken. Der Sozialdienst stellt Kontakt zu den Trägern und den Eltern her (Besuch der Träger ggf. bereits im Klinikum). Zum Kostenträger erfolgt der Kontakt über den Sozialdienst per Telefon oder Fax, um die Eltern dabei zu entlasten. 6. Wie werden die Hilfsleistungen für Familien mit versorgungsintensiven Kindern derzeit koordiniert? Zu 6.: Die Koordination beginnt früh während des stationären Aufenthalts, z.T. unter Einbeziehung spezieller Case-Manager. Es erfolgen enge Absprachen zwischen Sozialdienst/ Kinder PaCT Berlin und ambulanten Versorgern. 7. Ist dem Senat bekannt, dass die Krankenkassen für die Verlegung von intensiv pflegebedürftigen Kindern häufig nicht zahlen, und so eine Verlegung unmöglich machen? Zu 7.: Der Senat hat Kenntnis von einem aktuellen Fall. 8. Ist dem Senat bekannt, dass Kinder dann häufig anstelle im häuslichen Umfeld und in der Familie zu sein, in Erwachsenenheime oder Altenpflegeheime verlegt werden? Zu 8.: Den antwortenden Krankenhäusern ist hiervon nichts bekannt. Die Charité versucht, Betreuungen bzw. Verlegungen in Erwachsenenheime oder Altenpflegeheime zu vermeiden. - 4 - 4 Die Heime dürfen in der Regel aufgrund bestehender Rahmenvereinbarungen auch keine Kinder versorgen. Beteiligte Pflegedienste müssen die „Zertifizierung für Kinder“ bzw. „Zertifizierung für Betreuung beatmeter Kinder“ besitzen. Dem Senat ist kein Fall bekannt, in dem ein Kind (unter 18 Jahre) dauerhaft in einer vollstationären Pflegeeinrichtung (Pflegeheim) in Berlin aufgenommen wurde. 9. Gibt es seitens des Senats im Rahmen der Care Management-Stelle ein Konzept für eine Erleichterung des Übergangsmanagements für die Kinder und deren Familien? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, bis wann wird es erstellt? Welche Stellen sind an dessen Erarbeitung beteiligt? Zu 9.: Als Unterstützungsangebot zum Übergangsmanagement wird von der Senatsverwaltung Gesundheit, Pflege und Gleichstellung seit März 2018 die Versorgungskoordination für Familien mit versorgungsintensiven Kindern und Jugendlichen (VK KiJu) als Case Management mit folgenden Trägern modellhaft erprobt: der Björn Schulz-Stiftung, dem Kindergesundheitshaus e.V. und dem Traglinge e.V.. Die Care Management Fachstelle „Menschenkind“ begleitet fachlich federführend das Modellprojekt VK KiJu. Der im Juni 2018 neu gegründete Fachbeirat Care Management widmet sich unter anderem der Versorgungssituation von Familien mit intensivpflichtigen Kindern und wird das Übergangsmanagement für die betroffenen Familien als ein Schwerpunktthema bearbeiten . Ergänzend zu 1. bis 9.insgesamt: Gemäß § 53 Nr. 1 AG KJHG sind die Jugendämter der Bezirke für Kinder und Jugendliche zuständig, die Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII erhalten. Junge Volljährige verbleiben gemäß § 53 Nr. 1 und Nr. 2 AG KJHG in der Zuständigkeit des Jugendamts, sofern Sie außerdem Leistungen nach § 41 SGB VIII erhalten oder § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII. Im Rahmen der Teilhabe- bzw. Gesamtplanung nach §§ 141 ff. SGB XII i. V. m. §§ 19 ff. SGB IX obliegt den Jugendämtern eine koordinierende Rolle für eine umfassende Bedarfsdeckung durch Sozialleistungen von Sozialleistungsträgern (§ 4 SGB IX), aber auch darüber hinaus von anderen öffentlichen Stellen (§ 22 SGB IX). Wo die Koordination der Unterstützung angesiedelt ist, obliegt der Bezirksverantwortung und ist unterschiedlich ausgestaltet. Mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) wird das SGB IX neu gestaltet, was mit der Herausführung der Eingliederungshilfe aus der Sozialhilfe zu einem grundlegenden Systemwechsel führt. In diesem Zusammenhang können gleichzeitig auch Strukturfragen des Trägers der Eingliederungshilfe optimiert und sinnvoll weiterentwickelt werden. Ein wesentlicher Aspekt, der im Rahmen der Aufstellung des Trägers der Eingliederungshilfe ab 2020 geprüft wird, ist, ob und inwieweit das Wissen um Leistungen der Rehabilitation und Teilhabe und deren Koordination nach § 53 AG KJHG beibehalten werden kann oder im Zuge der Umsetzung der Eingliederungshilfe-Reform verwaltungsinterne Optimierungspotenziale im Land Berlin, sowie Optimierungspotenziale in der Kooperation der - 5 - 5 Berliner Landesverwaltung mit den strategischen Kooperationspartnern der Eingliederungshilfe (insbes. Leistungserbringer und andere Leistungs- und Rehabilitationsträger) vorzunehmen sind. Berlin, den 30. Juli 2018 In Vertretung Barbara König Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung