Drucksache 18 / 15 655 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tommy Tabor (AfD) vom 17. Juli 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Juli 2018) zum Thema: Berlin: Radwege vor Naturschutz – das grüne Stadtbild in Gefahr? und Antwort vom 01. August 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Aug. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Tommy Tabor (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/15655 vom 17. Juli 2018 über Berlin: Radwege vor Naturschutz – das grüne Stadtbild in Gefahr? Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die bezirklichen Straßenund Grünflächenämter um Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurden. Frage 1: Wie viele Bäume wurden in den letzten 5 Jahren wegen Radwegesanierungen, Radwegverbreiterungen oder neuen Radverkehrsanlagen gefällt? (Bitte nach Baumzustand – gesund oder nicht -, Jahr und Bezirksregion aufschlüsseln) Antwort zu 1: Charlottenburg-Wilmersdorf: Im Haushaltsjahr 2016 wurden 3 Bäume im Rahmen der Baumaßnahme "Spree-Radweg", Abschnitt zwischen Caprivibrücke und Schlossbrücke gefällt mit der Begründung der Herstellung einer barrierefreien Wegeverbindung an der Dampfer-Anlagestelle. Friedrichshain-Kreuzberg: Grundsätzlich trifft die Antwort aus Spandau auch für Friedrichshain-Kreuzberg zu. Lichtenberg: Circa 75 Bäume - Zustand: gesund. 2 Im Detail: 2017 Landsberger Allee 38 Bäume (Alt Hohenschönhausen) 2018 Landsberger Allee 7 Bäume (Alt Hohenschönhausen) 2018 Hegemeister Weg 30 Bäume (Karlshorst) Mitte: Folgende Fällungen wurden im Verantwortungsbereich des Bezirksamts Mitte durchgeführt: Jahr Anzahl der Bäume 2013 7 2014 18 2015 22 2016 54 2017 21 Alle Bäume waren in einem verkehrssicheren Zustand. Neukölln: Im Rahmen der Instandsetzung baulich angelegter Radwege (Radwegesanierungen) erfolgte in den letzten 5 Jahren nur in einem einzigen Fall eine Fällung. Dies geschah im Zusammenhang mit der Einrichtung von Radfahrstreifen im Kölner Damm, Baum Nr. 83 im Ortsteil Gropiusstadt. Bei allen anderen Radweginstandsetzungen konnte mit baulichen Mitteln auf den Baumbestand Rücksicht genommen werden. Pankow: Im Straßen- und Grünflächenamt Pankow werden im Zusammenhang mit Radwegsanierungen, Radwegverbreiterungen oder auch dem Bau neuer Radverkehrsanlagen keine Baumfällstatistiken geführt. Bei den teilweise auch sehr komplexen Baumaßnahmen wäre die eindeutige Zuordnung eines Fällgrundes zu bestimmten Straßenumbaumaßnahmen nur bedingt möglich. Reinickendorf: Im Zuge der Radwegsanierung des Radweges entlang der Bundesautobahn (BAB) 111 zwischen Holzhauser Straße und Flohrstraße wurden im Bereich der Böschung der BAB 11 Bäume gefällt. Spandau: Es werden keine Baumfällstatistiken geführt im Zusammenhang mit Radwegen. In Baumaßnahmen an Radwegen werden häufig begleitende Bauarbeiten wie behindertengerechter Umbau von Bushaltestellen, Gehwegsanierungen o. ä. integriert oder Radwegbaumaßnahme werden im Zuge von Ausbaumaßnahmen an der gesamten Straße ausgeführt, so dass eine eindeutige Zuordnung des Fällgrundes nur bedingt möglich wäre. Steglitz-Zehlendorf: Hierüber wurden in der Vergangenheit keine Aufzeichnungen geführt. Wenn überhaupt, kann es sich höchstens um vereinzelte Bäume gehandelt haben. 3 Tempelhof-Schöneberg: Im Bezirk Tempelhof-Schöneberg wurden keine Bäume für Maßnahmen von Radwegverkehrsanlagen gefällt und in der Zukunft ist dies noch nicht bekannt. Frage 2: Wie viele Bäume werden in den kommenden Jahren wegen Radwegesanierungen, Radwegverbreiterungen oder neuen Radverkehrsanlagen gefällt werden müssen? Antwort zu 2: Der Wert des Straßengrüns, insbesondere der Straßenbäume geht weit über die Funktion als Zubehör einer Straße hinaus. Insbesondere die Altbäume erfüllen viele Wohlfahrtswirkungen und sind daher besonders wertvoll. Sie können dem Klimawandel besser widerstehen als neugepflanzte junge Bäume, da diese sich erst mit Hilfe eines neu zu bildenden Wurzelbereichs sowohl Wasser als auch Nährstoffe erschließen müssen. Jeder alte Baum, der verloren geht, ist daher ein Verlust für unsere Stadt. Das Berliner Mobilitätsgesetz vom 5. Juli 2018 hat vor diesem Hintergrund folgende Regelungen in § 8 ‚Klima und Umweltschutz‘ aufgenommen: „(2) Verkehr und Verkehrsinfrastruktur sollen ressourcenschonend und stadtökologisch nachhaltig gestaltet werden. (3) Bei Maßnahmen innerhalb des öffentlichen Straßenlands soll der Erhalt und die Ausweitung des Bestandes von Bäumen, Sträuchern, Grün- und Blühstreifen sowie nicht versiegelter Flächen angestrebt werden.“ Daher dürfen Baumfällungen im Zusammenhang mit dem Radwegebau nur in Ausnahmefällen erfolgen. Zunächst sind sämtliche Alternativen mit dem Ziel zu prüfen, den vorhandenen Baumbestand zu erhalten. Charlottenburg-Wilmersdorf: Bei der Neuplanung von Radwegen werden Lösungen gesucht, die den Baumbestand so weit wie möglich erhalten und nur im Ausnahmefall Fällungen kranker und nicht geschützter Bäume vorsehen. Friedrichshain-Kreuzberg: Bei der Neuplanung von Radwegen werden Lösungen gesucht, die den Baumbestand erhalten, so dass nur im Ausnahmefall kranke und nicht geschützte Bäume gefällt werden müssen. Lichtenberg: Aktuell 5 Bäume - keine umfassende Aussage möglich. Mitte: Da die Planungen zu den verschiedenen Radverkehrsprojekten der nächsten Jahre noch nicht so weit fortgeschritten sind, können an dieser Stelle noch keine konkreten Aussagen gemacht werden. Nur zu dem Projekt Radwegverbreiterung in der Stromstraße zwischen Lessingbrücke und Alt-Moabit, das 2019 umgesetzt wird, sind Daten vorhanden: hier müssen 3 Bäume gefällt werden. 4 Neukölln: Bei den künftig anstehenden Maßnahmen zum Ausbau der Radinfrastruktur handelt es sich ausschließlich um Baumaßnahmen im Fahrbahnbereich. Nach dem derzeitigen Planungsstand werden bei diesen Maßnahmen keine Baumfällungen vorgenommen. Pankow: Nach den bisherigen Planungen sind bei zwei Baumaßnahmen von Radverkehrsanlagen Fällungen von voraussichtlich 9 Straßenbäumen vorgesehen. Zu laufenden Planungen können vor Abschluss dieser keine weitergehenden Aussagen getroffen werden. Reinickendorf: Zur Zeit nicht bekannt. Spandau: Da die Planungen noch nicht abgeschlossen sind, kann keine Aussage getroffen werden. Steglitz-Zehlendorf: Hierüber kann zurzeit keine Aussage getroffen werden. Tempelhof-Schöneberg: Fehlanzeige. Frage 3: Wie viele der in den letzten 5 Jahren gefällten und noch zu fällenden Bäume sind aktuell als Naturdenkmäler ausgewiesen? Antwort zu 3: In der Anlage zur aktuell gültigen Verordnung zum Schutz von Naturdenkmalen in Berlin sind 605 Bäume als Naturdenkmale aufgeführt. Bei der Überprüfung der Naturdenkmale in den Jahren 2015 und 2016 wurden im Vergleich zu der im Jahre 2001 festgesetzten Anlage insgesamt 79 Bäume weniger registriert. Es ist davon auszugehen, dass es sich hierbei um Fällungen zur Herstellung der Verkehrssicherheit oder um natürliche Abgänge handelt. Friedrichshain-Kreuzberg: Grundsätzlich trifft die Antwort aus Spandau auch für Friedrichshain-Kreuzberg zu. Lichtenberg: Keine. Mitte: Es wurden in den letzten 5 Jahren keine als Naturdenkmal unter Schutz stehende Bäume wegen Radwegesanierungen, Radwegverbreiterungen oder neuen Radverkehrsanlagen gefällt. In jedem Fall ist zur Fällung eines Naturdenkmals eine Befreiung der Unteren Naturschutzbehörde erforderlich. Eine solche Befreiung ist aufgrund des hohen Schutzstatus eines Naturdenkmals auch nicht wahrscheinlich. Neukölln: Keine. 5 Pankow: Siehe Antwort zu Frage 1. Reinickendorf: Fehlanzeige. Spandau: Von den in den letzten 5 Jahren durchgeführten straßenbaubedingten Fällungen sind keine Naturdenkmale betroffen gewesen. Steglitz-Zehlendorf: Bezüglich Fällungen im Zusammenhang mit Radwegen: Fehlanzeige. Tempelhof-Schöneberg: Fehlanzeige. Frage 4: Wie viele der in den letzten 5 Jahren gefällten und noch zu fällenden Bäume wurden auf ihre Naturdenkmalschutz-würdigkeit untersucht? Antwort zu 4: Friedrichshain-Kreuzberg: Grundsätzlich trifft die Antwort aus Spandau auch für Friedrichshain-Kreuzberg zu. Lichtenberg: Keine. Mitte: Dem Umwelt- und Naturschutzamt Mitte sind aktuell keine potenziell naturdenkmalwürdigen Bäume bekannt, die mit Radwegeplanungen oder anderen Bauvorhaben kollidieren könnten. Die Voraussetzungen für die Unterschutzstellung von Bäumen als Naturdenkmale sind relativ streng. Neukölln: Keine. Pankow: Siehe Antwort zu Frage 1. Reinickendorf: Fehlanzeige. Spandau: Teil 1 der Frage ist in Antwort zu Frage 3 beantwortet. Derzeit sind keine Fällungen von Naturdenkmalen geplant. Tempelhof-Schöneberg: Fehlanzeige. 6 Frage 5: Wie viele Bäume wurden davon zur Neuausweisung als Naturdenkmäler vorgeschlagen? Antwort zu 5: Friedrichshain-Kreuzberg: Grundsätzlich trifft die Antwort aus Spandau auch für Friedrichshain-Kreuzberg zu. Lichtenberg: Keine. Mitte: Siehe Antwort zu Frage 4. Neukölln: Keine. Pankow: Fehlanzeige. Reinickendorf: Keine Antwort. Spandau: Fehlanzeige. Tempelhof-Schöneberg: Fehlanzeige. Frage 6: Wie viele der gefällten Bäume insgesamt wurden durch Neupflanzungen bereits ersetzt und wie viele sind bis 2025 noch geplant? Antwort zu 6: Baumfällungen im Zuge von Radverkehrs-Planungen sollen vermieden und nur unter gewissen Umständen durchgeführt werden. So wurden z.B. für die Schaffung von Radverkehrsanlagen entlang der Heerstraße beidseitig Baumfällungen in Abstimmung mit dem Bezirksamt Spandau beschlossen und unter der Beachtung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen genehmigt. Es werden 92 Ersatzbäume entlang des Grünzugs am Bullengraben neu gepflanzt. Friedrichshain-Kreuzberg: Grundsätzlich trifft die Antwort aus Spandau auch für Friedrichshain-Kreuzberg zu. Lichtenberg: Die durch den Radwegneubau gefällten Bäume werden zu 80 % auf öffentlichen Flächen ersetzt. 7 10 Bäume wurden bereits gepflanzt. Die restlichen Neupflanzungen werden derzeit noch zeitlich eingeplant und werden entweder im Herbst 2018 oder im Jahr 2019 realisiert. Für den Zeitraum 2019 – 2025 können zur Zeit keine Angaben gemacht werden. Mitte: Es konnten aus fachlichen Gründen nur ca. 40 % ersetzt werden, die restlichen Bäume sind in diesen Bereichen wegen des Neu- oder Umbaus unwiederbringlich verloren. Neukölln: Keine. Reinickendorf: Inwieweit durch die Bundesfernstraßenverwaltung Ersatzpflanzungen erfolgten ist hier nicht bekannt. Spandau: Sämtliche gefällte Straßenbäume werden durch Neupflanzungen im Bezirk ersetzt. Da häufig nicht unmittelbar am selben Ort nachgepflanzt werden kann, werden Ersatzpflanzungen andernorts durchgeführt. Der Zeitpunkt der Ersatzpflanzungen erfolgt in der Regel in den nachfolgenden Monaten während der Vegetationsruhe bei frostfreier Witterung. Steglitz-Zehlendorf: Wenn Bäume wegen des Baus von Radwegen gefällt werden müssten, wird eine Ersatzpflanzung – ggf. an anderem Ort – angestrebt. Tempelhof-Schöneberg: Fehlanzeige. Frage 7: Wie hoch sind dafür die bisherigen Kosten und die geplanten Kosten, für den Kauf, erhöhter Pflegeaufwand für neue junge Bäume? Antwort zu 7: Friedrichshain-Kreuzberg: Grundsätzlich trifft die Antwort aus Spandau auch für Friedrichshain-Kreuzberg zu. Lichtenberg: Im Durchschnitt für Berlin 1.800 – 2.000 € pro Baum (Kauf, Pflanzung, Fertigstellungs- und Entwicklungspflege) Mitte: Die Kosten belaufen sich auf ca. 147.000 €. Neukölln: Unabhängig vom Grund der Fällung kann man einen Betrag von durchschnittlich 1.800 bis 2.000 € pro neu gepflanztem Straßenbaum (Kosten beinhalten Kauf, Pflanzung und Fertigstellungspflege) rechnen. 8 Reinickendorf: Entfällt. Spandau: Hierüber werden keine Statistiken geführt. Ersatzpflanzungen sind von Anfang an in den Baukosten hinzukalkuliert. Der Pflegaufwand für neue junge Bäume kompensiert sich mit den höheren Pflegekosten von Altbäumen. Tempelhof-Schöneberg: Fehlanzeige. Frage 8: Wo sollen die Ausgleichsmaßnahmen der neuen Bäume stattfinden? (Bitte aufschlüsseln nach Bezirken und eventuell nach anderen Bundesländern) Antwort zu 8: Lichtenberg: Je nach Bedarf und vorhandenen Pflanzstellen auf öffentlichen Flächen (Straße, Parkanlage, Schulen, Sportanlagen, Spielplätzen etc.) im Stadtbezirk Lichtenberg. Mitte: Weitere Ausgleichmaßnahmen sind nicht geplant, Sie wären gerade in der Innenstadt auch nur in den Bereichen sinnvoll wo die Bäume entnommen wurden. Neukölln: Grundsätzlich verfolgt Neukölln die Strategie, den Ausgleich an gefällten Bäumen in quantitativer Hinsicht möglichst ortsnah zum Eingriff durchzuführen. Ersatzmaßnahmen im Land Brandenburg oder in anderen Bezirken erfolgen nicht. Reinickendorf: Entfällt. Steglitz-Zehlendorf: Wenn erforderlich, sollen Ausgleichsmaßnahmen in der Nähe des Eingriffs, auf jeden Fall aber im eigenen Bezirk stattfinden. Tempelhof-Schöneberg: Fehlanzeige. Berlin, den 1. August 2018 In Vertretung Stefan Tidow Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz