Drucksache 18 / 15 672 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Kristin Brinker (AfD) vom 12. Juli 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Juli 2018) zum Thema: Gesamter Erhaltungs- und Erweiterungs-Investitionsbedarf im Öffentlichen Bereich Berlins und dessen Bedeutung für die einzelnen Ebenen der öffentlichen Finanzwirtschaft (gemäß dem Schalenkonzept) – Allgemein – Teil 1 und Antwort vom 01. August 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Aug. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Finanzen Frau Abgeordnete Dr. Kristin Brinker (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/ 15672 vom 12. Juli 2018 über Gesamter Erhaltungs- und Erweiterungs-Investitionsbedarf im Öffentlichen Bereich Berlins und dessen Bedeutung für die einzelnen Ebene der öffentlichen Finanzwirtschaft (gemäß dem Schalenkonzept) – Allgemein – Teil 1 ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Abgeordneten: Am 1. März 2017 kam es auf Bitte der AfD zur Besprechung des „Gesamte[n] Erhaltungs- und Erweiterungs -Investitionsbedarf im Öffentlichen Bereich Berlins und dessen Bedeutung für die einzelnen Ebenen der öffentlichen Finanzwirtschaft (gemäß dem Schalenkonzept)“.1 Es ging darum, die Nachhaltigkeit und Angemessenheit des Haushalts sowie der Finanz- und Investitionsplanung bewerten zu können, denn „[u]m realistisch wünschenswerte Zukunftspfade, hinsichtlich des größten Wohls aller Berliner, herbeiführen zu können, brauchen wir eine vollumfängliche Bestandsaufnahme der gegenwärtigen Situation.“2 In Folge der Besprechung wurde auf Bitten der AfD und SPD vom Hauptausschuss der Berichtsauftrag „Gesamter Erhaltungs- und Erweiterungs-Investitionsbedarf im Öffentlichen Bereich Berlins und dessen Bedeutung für die einzelnen Ebenen der öffentlichen Finanzwirtschaft (gemäß dem Schalenkonzept )“ bis Ende August 2017 erteilt.3 Am 25.08.2017 bat SenFin mit folgender Begründung um Fristverlängerung bis 15.10.2017: „Aufgrund des umfangreichen Zahlenwerkes des Investitionsprogrammes und der vorzunehmenden Analysen und Interpretationen, sowohl in retrograder und perspektivischer Hinsicht, differenziert nach Politikfeldern, bitte ich um Fristverlängerung für die Erstellung des Berichts bis zum 15.10.2017.“4 Mit RN 266 C5 und 266 B6 wurde dann zu Ende des Jahres geliefert. 1 RN 266, Besprechung gemäß § 21 Abs. 3 GO Abghs, Gesamter Erhaltungs- und Erweiterungs-Investitionsbedarf im Öffentlichen Bereich Berlins und dessen Bedeutung für die einzelnen Ebenen der öffentlichen Finanzwirtschaft (gemäß dem Schalenkonzept) (auf Antrag der Fraktion der AfD); https://www.parlamentberlin .de/adosservice/18/Haupt/vorgang/h18-0266-v.pdf 2 Ebenda, Begründung des Besprechungspunktes. 3 S.12, Beschlussprotokoll, https://www.parlament-berlin.de/adosservice/18/Haupt/protokoll/h18-004-bp.pdf 4 RN 266 A, https://www.parlament-berlin.de/adosservice/18/Haupt/vorgang/h18-0266.A-v.pdf 5 RN 266 C, https://www.parlament-berlin.de/adosservice/18/Haupt/vorgang/h18-0266.C-v.pdf 6 RN 266 B, https://www.parlament-berlin.de/adosservice/18/Haupt/vorgang/h18-0266.B-v.pdf Laut der Verwaltungsakademie von Berlin sind „Baumaßnahmen“ begrifflich von „Unterhaltungsmaßnahmen “ zu trennen, denn: „Unterhaltungsmaßnahmen sind Maßnahmen, die dazu dienen, bauliche Anlagen einschließlich der Installation, der zentralen Betriebstechnik, der betrieblichen Einbauten und der Außenanlagen in gutem Zustand zu erhalten oder in guten Zustand zu setzen oder die Benutzbarkeit oder Leistungsfähigkeit dieser Anlagen auf Dauer zu sichern oder zu verbessern, ohne dass die bauliche Substanz wesentlich vermehrt oder verändert wird (Nr. 1.1.5 AV § 24 LHO). Unterhaltungsmaßnahmen sind bei der Hauptgruppe 5 zu veranschlagen.“7 1. Welche Auswirkungen haben erhöhte Investitionen auf die Höhe der baulichen Unterhaltung in den Folgejahren? Zu 1.: Es werden bauwerterhöhende Investitionen und nicht bauwerterhöhende Investitionen unterschieden. Sofern sich Investitionen erhöhend auf den Bauwert des Gebäudes auswirken, erhöhen sich die Ausgaben der baulichen Unterhaltung. Grund dafür ist, dass sich die Bauunterhaltung am Wiederbeschaffungswert orientiert . Neubauten (Ersatzinvestitionen) sind immer bauwerterhöhende Investitionen. 2. Sind Maßnahmen baulicher Unterhaltung als strukturelle Ausgaben zu klassifizieren? Zu 2.: Ja, Maßnahmen baulicher Unterhaltung sind als strukturelle Ausgaben zu klassifizieren. 3. Wie legt der Senat die Höhe der baulichen Unterhaltung fest? Zu 3.: Der Senat orientiert sich bei der Festlegung der Höhe der baulichen Unterhaltung an den Empfehlungen der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt). Derzeit beträgt die Höhe bei normalem Fachvermögen 1,2 % des Wiederbeschaffungswertes, bei Schulen ist es zurzeit ein erhöhter Wert von 1,32% des Wiederbeschaffungswertes. 4. Wie misst der Senat den Werteverzehr bzw. - ökonomisch gesprochen – den Ressourcenverbrauch seines Vermögens? Zu 4.: Die Vermögensbestände (Mobilien und Immobilien) werden in der Anlagenbuchhaltung mit ihrem Anschaffungswert eingetragen und gemäß Abschreibungstabelle für allgemein verwendbare Anlagegüter (AfA-Tabelle AV) abgeschrieben. Die kalkulatorische Abschreibung verfolgt den Zweck, den tatsächlichen Werteverzehr der Anlagegüter zu erfassen, um diesen dann als Kosten in die Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) einfließen zu lassen. Grundlage der kalkulatorischen Abschreibung sind dabei im Gegensatz zur bilanziellen Abschreibung nicht die Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten, sondern vielmehr die Wiederbeschaffungskosten zum Zeitpunkt der (Ersatz)Investition. 5. Welche Regeln schreibt der Staat Unternehmen vor, den Ressourcenverbrauch ihres Vermögens zu messen? Welchen ökonomischen Zweck verfolgt der Staat mit der Aufstellung dieser Regeln? Zu 5.: Der Staat legt über das Handelsgesetzbuch (HGB) die kaufmännische externe Rechnungslegung und über das Steuerrecht die für Zwecke der Besteuerung erforderliche Rechnungslegung fest. Zwischen beiden Systemen besteht ein enger Zusammenhang , der beispielsweise in der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz zum Ausdruck kommt. 7 Lehrbrief Haushalt, S.70. Mit der handelsrechtlichen Rechnungslegung (= Finanzbuchhaltung) will der Staat ermöglichen, dass sich (potenzielle) Geschäftspartner und Investoren ein objektives Bild über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage von Unternehmen machen können . Das deutsche Bilanzrecht ist dabei hinsichtlich der Vermögensbewertung und der Ertragsentstehung vom sog. Vorsichtsprinzip gekennzeichnet. Der Staat macht den Unternehmen jedoch keine Vorgaben dahingehend, wie der aus betriebswirtschaftlicher Sicht tatsächlich anfallende Ressourcenverbrauch zu erfassen ist. Dies ist vielmehr Gegenstand des rein internen Rechnungswesens der Unternehmen, der sog. Kosten- und Leistungsrechnung (= Betriebsbuchhaltung). 6. Was ist der Unterschied zwischen den Begriffspaaren „Einzahlung und Auszahlung“, „Einnahme und Ausgabe“, „Ertrag und Aufwand“ sowie „Erlös und Kosten“? Zu 6.: Bei den vorgenannten Begriffen handelt es sich um sog. betriebswirtschaftliche "Stromgrößen", d.h. um periodenbezogene Zahlungs- bzw. Leistungsvorgänge. Die verschiedenen Arten von Finanzströmen führen jeweils zu einer Veränderung von verschiedenen "Bestandsgrößen", wobei eine positive Veränderung zu einer Bestandserhöhung und eine negative Veränderung zu einer Bestandsverminderung führen. Im Einzelnen: Einzahlungen bzw. Auszahlungen liegen vor, wenn sich der Zahlungsmittelbestand (bestehend aus Bargeld und Sichtguthaben) verändert. Ein kameraler Haushalt basiert auf Einzahlungen und Auszahlungen. Eine Einzahlung liegt beispielsweise vor, wenn das Land Berlin ein gebrauchtes Kraftfahrzeug gegen Barzahlung verkauft. Eine Auszahlung liegt beispielsweise vor, wenn das Land Berlin ein Kraftfahrzeug gegen Banküberweisung erwirbt. Einnahmen bzw. Ausgaben liegen vor, wenn sich das Geldvermögen verändert. Das Geldvermögen ergibt sich als Summe aus Zahlungsmittelbestand und Forderungen abzüglich Schulden. Eine Einnahme liegt beispielsweise vor, wenn das Land Berlin ein gebrauchtes Kraftfahrzeug in bar oder auf Kredit an eine gemeinnützige Einrichtung verkauft. Eine Ausgabe liegt beispielsweise vor, wenn das Land Berlin ein Kraftfahrzeug gegen Banküberweisung oder auf Ratenzahlungsbasis erwirbt. Erträge bzw. Aufwendungen liegen vor, wenn sich das Gesamtvermögen verändert. Das Gesamtvermögen ergibt sich als Summe aus Geldvermögen und Sachvermögen . Ein Ertrag liegt beispielsweise vor, wenn das Land Berlin ein Grundstück erbt oder eine Steuer durch Eingang auf dem Konto bei der Landeshauptkasse erhebt. Letzteres wäre gleichzeitig auch eine Einzahlung und Einnahme. Ein Aufwand liegt beispielsweise vor, wenn Landesimmobilien in der Anlagenbuchhaltung abgeschrieben werden. Gehaltszahlungen führen gleichzeitig zu Auszahlungen, Ausgaben und Aufwand. Leistungen bzw. Kosten liegen vor, wenn sich das kalkulatorische Vermögen verändert . Das kalkulatorische Vermögen ergibt sich aus dem um fiktive Korrekturfaktoren korrigierten Gesamtvermögen. Solche Korrekturfaktoren sind beispielsweise die Differenz zwischen Abschreibungen vom Wiederbeschaffungswert und planmäßigen Abschreiben (sog. Zusatzkosten). Oder auch die Differenz zwischen dem Wert eines Grundstücks lt. Anlagenbuchhaltung und Marktwert. Ein von Mitarbeitern des Landes selbst erstelltes Computerprogramm könnte als Korrekturfaktor das kalkulatorische Vermögen erhöhen. Nachfolgende Tabelle verdeutlicht die Zusammenhänge zwischen Strom- und Bestandsgrößen : Kalkulatorisches Vermögen Gesamtvermögen +/- fiktive Korrekturfaktoren Leistungen Kosten Nachfolgendes Schaubild verdeutlicht Abgrenzungen und Schnittmengen von Auszahlungen , Ausgaben, Aufwand und Kosten. Berlin, den 1. August 2018 In Vertretung Klaus Feiler Senatsverwaltung für Finanzen