Drucksache 18 / 15 675 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Gabriele Gottwald (LINKE) vom 17. Juli 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Juli 2018) zum Thema: Umwandlungen in Milieuschutzgebieten und Antwort vom 30. Juli 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. August 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Frau Abgeordnete Gabriele Gottwald (Linke) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/15675 vom 17. Juli 2018 über Umwandlungen in Milieuschutzgebieten Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Umwandlungen und Anträge auf Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen gab es seit 01.07.2017 (bitte aufschlüsseln nach Jahren und Bezirken)? Frage 2: Wie viele davon waren in sozialen Erhaltungsgebieten? Wie viele Anträge wurden auf welcher Grundlage abgelehnt (bitte aufschlüsseln nach Bezirken und Erhaltungsgebieten und Nennung der Bewilligungs- bzw. Ablehnungsgründe)? Antwort zu 1 und 2: Angaben zu vollzogenen Umwandlungen über Grundbuchumschreibungen sind in der Automatisierten Kaufpreissammlung (AKS) des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in Berlin systematisch erfasst und auswertbar. Gegliedert nach Halbjahren sind in der folgenden Tabelle 1 die Auswertungen der AKS nach Bezirken dargestellt. Demnach gab es im Zeitraum 01.07.2017 bis 30.06.2018 Umwandlungen von insgesamt 14.053 Wohnungen. Im Bezirksvergleich wurden in Friedrichshain-Kreuzberg die meisten Wohnungen umgewandelt (3.281 WE), gefolgt von Charlottenburg- Wilmersdorf (2.790 WE). Zu beachten ist, dass die Auswertung nur eine Momentaufnahme ist, da in der AKS nach Klärung von Sachinformationen weitere Umwandlungsfälle - insbesondere für das erste Halbjahr 2018 - aufgenommen werden. Für Auswertungen in öffentlichen Berichten - wie den Immobilienmarktbericht Berlin oder den Jahresbericht zum Monitoring zur Anwendung der Umwandlungsverordnung - liegen ca. sechs Monate zwischen Auswertungsstichtag (31.12.) und Tag des Datenabrufs AKS, um möglichst viele Nachträge zu erfassen. 2 Tabelle 1: vollzogene Umwandlungen (Anzahl Wohnungen) Bezirk 01.07. bis 31.12.2017 01.01. bis 30.06.2018 Mitte 1.443 971 Friedrichshain-Kreuzberg 1.834 1.447 Pankow 266 413 Charlottenburg-Wilmersdorf 1.302 1.488 Spandau 268 67 Steglitz-Zehlendorf 381 297 Tempelhof-Schöneberg 508 399 Neukölln 1.131 724 Treptow-Köpenick 114 146 Marzahn-Hellersdorf 2 - Lichtenberg 346 255 Reinickendorf 127 124 Gesamt 7.722 6.331 Eine Auswertung der vollzogenen Umwandlungen für die sozialen Erhaltungsgebiete liegt derzeit nicht vor. Sie wird für das Kalenderjahr 2017 im Jahresbericht 2017 zum Monitoring zur Anwendung der Umwandlungsverordnung im Herbst 2018 veröffentlicht. In der folgenden Tabelle 2 sind die beantragten Umwandlungen sowie Untersagungen gegliedert nach Halbjahren, nach sozialen Erhaltungsgebieten und zusammengefasst nach Bezirken dargestellt. Die Angaben wurden von den Bezirken im Rahmen des Monitorings zur Anwendung der Umwandlungsverordnung zum Stichtag 31.12.2017 und 30.06.2018 bereitgestellt. Die Zuarbeit eines Bezirkes zum 30.06.2018 steht derzeit noch aus. Im Vergleich der Angaben ist zu beachten, dass sich im ersten Halbjahr 2018 die Kulisse der soziale Erhaltungsgebiete erweiterte um drei neue Gebiete im Bezirk Tempelhof-Schöneberg und ein neues Gebiet im Bezirk Lichtenberg. Im Zeitraum 01.07.2017 bis 30.06.2018 wurden Umwandlungsanträge für insgesamt 3.640 Wohnungen gestellt. Mit Abstand wurden die meisten Anträge im Bezirk Neukölln (1.494 WE) gestellt, wo es derzeit sieben soziale Erhaltungsgebiete gibt. Untersagt wurden in diesem Zeitraum lediglich zwei Umwandlungsanträge für insgesamt 31 Wohnungen. Bei einem Antrag waren die Voraussetzungen für eine Genehmigung nach § 172 Abs. 4 S. 3 Nr. 2 Baugesetzbuch (BauGB) nicht erfüllt. Der Tatbestand bezieht sich darauf, dass ein Grundstück zu einem Nachlass gehört und Wohnungseigentum oder Teileigentum zugunsten von Mieter/innen oder Vermächtnisnehmer/innen begründet werden soll. Die zweite Versagung bezieht sich auf nicht bestehende Voraussetzungen für eine Genehmigung nach § 172 Abs. 4 S. 3 Nr. 6 BauGB. Bei diesem Tatbestand hat sich der Eigentümer zu verpflichten, innerhalb von sieben Jahren ab der Begründung von Wohnungseigentum Wohnungen nur an die Mieter/innen zu veräußern. Dass es nahezu keine Versagungen gibt, ist darauf zurückzuführen, dass sich die Eigentümer/innen fast ausschließlich bei der Antragsbegründung auf den Genehmigungsanspruch des Tatbestandes im § 172 Abs. 4 S. 3 Nr. 6 BauGB beziehen. Liegt die Verpflichtung der Eigentümer/innen vor, muss der Bezirk den Antrag genehmigen. 3 Tabelle 2: beantragte und untersagte Umwandlungen (Anzahl Wohnungen) Bezirk 01.07. bis 31.12.2017 01.01. bis 30.06.2018 soziales Erhaltungsgebiet beantragt untersagt beantragt untersagt Mitte 443 - 222 - Sparrplatz 75 - 58 - Leopoldplatz 33 - 58 - Waldstraße 67 - 54 - Birkenstraße 186 - 52 - Seestraße 82 - - - Friedrichshain-Kreuzberg 312 - 330 13 Graefestraße - - - - Luisenstadt 93 - 97 - Bergmannstraße Nord 31 - 70 - Hornstraße 35 - - - Chamissoplatz - - 19 - Boxhagener Platz 9 - 109 13 Petersburger Straße 144 - 35 - Weberwiese - - - - Kreuzberg-Nord - - - - Pankow 309 18 177 - Falkplatz - - - Arnimplatz 77 - - - Humannplatz 82 - 29 - Ostseestraße/Grellstraße - - - - Pankow Zentrum - - - - Teutoburger Platz 6 - 25 - Kollwitzplatz 27 - - - Helmholtzplatz 45 - 48 - Bötzowstraße - - - - Winsstraße 72 18 48 - Pankow Süd - - 9 - Langhansstraße - - 10 - Komponistenviertel - - 8 - Tempelhof-Schöneberg 141 - 162 - Barbarossaplatz/Bayrischer Platz - - 48 - Bautzener Straße - - 34 - Kaiser-Wilhelm-Platz 78 - - - Schöneberger Insel 63 - 30 - Schöneberger Norden 16 - Schöneberger Süden 8 - Tempelhof 26 - Neukölln 682 - 812 - Schillerpromenade 100 - 299 - Reuterplatz 88 - 74 - Flughafenstraße/Donaustraße 233 - 93 - Rixdorf 130 - 80 - Körnerpark 37 - - - Silbersteinstraße/Glasower Straße 6 - 252 - Hertzbergplatz/Treptower Straße 88 - 14 - Treptow-Köpenick - - 35 - Alt-Treptow - - - - Niederschöneweide - - - - Oberschöneweide - - 35 - Lichtenberg 34 - k.A. Kaskelstraße 34 - Weitlingstraße Gesamt 1.902 18 1.738 13 4 Frage 3: Wie ist die Entwicklung der Eigentumsquote seit 2017 und welchen Anteil daran haben Mieter, die das 7- jährige Vorkaufsrecht bei Umwandlung genutzt haben (falls möglich, bitte differenziert nach selbstgenutztem und vermietetem Wohneigentum)? Antwort zu 3: Für das Jahr 2017 lag die Eigentumsquote gesamtstädtisch bei 25,5%. Für das Jahr 2018 liegen noch keine entsprechenden Grundlagendaten vor, um eine Eigentumsquote bilden zu können. Dieser Anteil der vermieteten Eigentumswohnungen an der Eigentumsquote liegt bei 40%, der Anteil der von Eigentümer/innen selbstgenutzten Eigentumswohnungen bei 60%. Bezogen auf den Gesamtwohnungsbestand beträgt die Quote an vermieteten Eigentumswohnungen 10,3% und an selbstgenutzten Eigentumswohnungen 15,2 %. Im Zeitraum seit Inkrafttreten der Umwandlungsverordnung am 14.03.2015 bis zum 30.06.2018 wurde in den Bezirken mit sozialen Erhaltungsgebieten in 19 Fällen der Verkauf von umgewandelten Wohnungen an Mieter/innen genehmigt. Diese geringe Fallzahl beeinflusst die Größe der gesamtstädtischen Eigentumsquote nicht und ist auch nicht anteilig sachgerecht darstellbar. Frage 4: Sieht der Senat jenseits der Bundesratsinitiative von 2017 weitere Möglichkeiten zur Streichung oder Änderung des in §172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 6 BauGB definierten Ausnahmetatbestands (Selbstverpflichtung des Eigentümers bei Kauf des Mieters)? Antwort zu 4: Das BauGB unterliegt der Gesetzgebung des Bundes. Gesetzesvorlagen zur Änderung des BauGB dürfen durch die Bundesregierung, aus der Mitte des Deutschen Bundestags und durch den Bundesrat eingebracht werden. Soweit das Land Berlin als Mitglied des Bundesrates bei Gesetzesvorlagen zur Änderungen des BauGB und speziell zu Verbesserungen des § 172 BauGB Stellung nehmen kann, wurde und wird dies offensiv genutzt. Über diesen Weg konnte in enger Kooperation mit der Freien und Hansestadt Hamburg bei der Novellierung des BauGB im Jahr 2017 eine Erweiterung der Kündigungsschutzfrist sowie die Einführung einer Mieter/inneninformation (§ 173 Abs. 3 S. 3 BauGB) erzielt werden, wenn eine Umwandlung gem. §172 Abs. 4 S. 3 Nr. 6 BauGB genehmigt wird. Wenn absehbar keine Möglichkeiten bestehen, um auf Gesetzesvorlagen von Verfassungsorganen zu reagieren, kann das Land Berlin seinen Änderungsantrag für § 172 BauGB aus dem Jahr 2017 über eine Gesetzesinitiative erneut im Bundesrat einbringen. Frage 5: Hält es der Senat es für sinnvoll, die Kulisse der jetzigen 45 Erhaltungsgebiete kurzfristig zu erweitern mit dem Ziel, in Berlin als angespanntem Wohnungsmarkt die Umwandlungsverordnung uneingeschränkt anzuwenden? Wenn ja, welche Handlungsoption hätte der Senat für eine Ausweitung des Anwendungsbereichs der Verordnung? 5 Antwort zu 5: In Berlin gibt es derzeit 46 festgelegte soziale Erhaltungsgebiete. Ende des Jahres 2016 waren es noch 34 Gebiete. Daneben gibt es acht Aufstellungsbeschlüsse der Bezirksämter zum Erlass neuer sozialer Erhaltungsverordnungen bzw. zur Erweiterung bestehender Gebiete sowie weitere Vorbereitungen für neue Gebiete und Erweiterungen. Diese Zahlen verdeutlichen, dass der Schutz der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung in Berlin große Bedeutung hat und anhaltend neue Gebiete identifiziert und festgelegt werden. Gemäß § 172 Abs. 1 S. 4 BauGB sind die Landesregierungen ermächtigt, für die Grundstücke in Gebieten einer Verordnung nach S. 1 Nr. 2 durch Rechtsverordnung mit einer Geltungsdauer von höchstens fünf Jahren zu bestimmen, dass die Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum (§ 1 des Wohnungseigentumsgesetzes) an Gebäuden, die ganz oder teilweise Wohnzwecken zu dienen bestimmt sind, nicht ohne Genehmigung erfolgen darf. Von dieser Ermächtigung hat das Land Berlin im Jahr 2015 Gebrauch gemacht und die Umwandlungsverordnung erlassen, die - wie gesetzlich vorgeschrieben - nur für in sozialen Erhaltungsgebieten gelegene Grundstücke gilt. Berlin, den 30.07.2018 Katrin Lompscher ................................ Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen