Drucksache 18 / 15 714 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Peter Trapp (CDU) vom 20. Juli 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Juli 2018) zum Thema: Geldwäsche in Berlin – Nachfrage zur Anfrage Drs 18/15086 und Antwort vom 07. August 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. August 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe Herrn Abgeordneten Peter Trapp (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/15714 vom 20.07.2018 über Geldwäsche in Berlin – Nachfrage zur Anfrage Drs 18/15086 --------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Behörde führt in Berlin die Vor-Ort-Kontrollen sowie die Überprüfungen von Risikoanalysen der Verpflichteten nach dem Geldwäschegesetz durch, wie dies in der Antwort zu Frage 11 der Drs. 18/15086 genannt wurde? Zu 1.: Die Vor-Ort-Kontrollen (§ 51 Abs. 3 Satz 1 Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten - GwG) und die Überprüfung der Risikoanalyse (§ 5 Abs. 2 Nr. 3 GwG) werden grundsätzlich durch die jeweils zuständige Aufsichtsbehörde durchgeführt. Senatsverwaltung für Finanzen: Nach § 2 Abs. 1 Nr. 12 –GwG sind Steuerberater und Steuerbevollmächtigte – soweit sie in Ausübung ihres Berufes handeln – Verpflichtete nach dem Geldwäschegesetz. Die Aufsicht über die Durchführung des Geldwäschegesetzes durch Steuerberater obliegt gemäß § 50 Nr. 7 GwG i. V. m. § 76 Steuerberatungsgesetz (StBerG) der örtlich zuständigen Steuerberaterkammer. Diese kann gemäß § 51 Abs. 3 GwG bei den Verpflichteten Prüfungen zur Einhaltung der Anforderungen nach dem GwG durchführen. Die Überprüfung der Risikoanalyse der Verpflichteten nach dem Geldwäschegesetz erfolgt durch die Steuerberaterkammer Berlin im Rahmen einer zufallsbasierten Stichprobe ohne besonderen Anlass (sog. anlassunabhängige Aufsicht). Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung: Im Zuständigkeitsbereich der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung sind die zuständigen Aufsichtsbehörden: 2 a) Für den Bereich der Notarinnen und Notare (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG) die Präsidentin des Landgerichts Berlin gemäß § 50 Nr. 5 GwG; b) Für den Bereich der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG) die Rechtsanwaltskammer Berlin gemäß § 50 Nr. 3 GwG; c) Für den Bereich der Rechtsbeistände und registrierten Rechtsdienstleistenden nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (§ 2 Abs. 1 Nr. 11 GwG) der Präsident des Kammergerichts (§ 50 Nr. 9 in Verbindung mit § 1 der Verordnung zur Übertragung von Zuständigkeiten nach § 19 des Rechtsdienstleistungsgesetzes in der Fassung vom 8. Juli 2010 (Gesetz- und Verordnungsblatt S. 404)). Senatsverwaltung für Inneres und Sport: Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport ist die zuständige Aufsichtsbehörde für die Spielbank Berlin und die Wettvermittlungsstellen für Sportwetten mit Sitz im Land Berlin (Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten). Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe: Im Zuständigkeitsbereich der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe sind es Finanzunternehmen (gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 GwG), Versicherungsvermittler (gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5 GwG), Dienstleister für Gesellschaften und Treuhandvermögen oder Treuhänder (gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 9 GwG), Immobilienmakler (gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG) sowie Personen, die mit gewerblichen Gütern handeln (gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 13 GwG). 2. Wie viele Vor-Ort-Kontrollen und wie viele Überprüfungen von Risikoanalysen von Verpflichteten sind seit dem 26.06.2017 in Berlin wo, durch wie viele Mitarbeiter und mit welchem Ergebnis durchgeführt worden (erbitte gesonderte Darstellung)? Zu 2.: Senatsverwaltung für Finanzen: Die Steuerberaterkammer Berlin hat im Jahr 2017 die personellen und organisatorischen Voraussetzungen zur Umsetzung der anlassunabhängigen Aufsicht geschaffen. Zum Stichtag 1. Juli 2017 sind 2 Personen mit der Aufsicht über die Verpflichteten nach § 2 Abs. 1 GwG betraut worden. In der ersten Jahreshälfte 2018 erfolgten planmäßig anlassunabhängige Prüfungen. Aktuell werden 30 Überprüfungen im Rahmen der Aufsichtsverfahren durchgeführt, die derzeit noch nicht abgeschlossen sind. Im Jahr 2018 sind weitere 20 Überprüfungen vorgesehen. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung: a) Bereich der Notarinnen und Notare (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG): Der Präsidentin des Landgerichts obliegt unabhängig von der Aufsicht nach § 50 Nr. 5 GwG über die in § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG genannten Tätigkeitsbereiche die Aufsicht über die notariellen Tätigkeiten insgesamt, §§ 92ff. Bundesnotarordnung (BNotO). Diese Aufsichtstätigkeit umfasst die Durchführung anlassloser Prüfungen der Amtsgeschäfte der Berliner Notarinnen und Notare gemäß § 93 BNotO (Notarrevisionen). Für die Prüfungen sind insgesamt fünf Vorsitzende Richterinnen und Richter am Landgericht zu Prüfungsbeauftragten bestellt. Diese haben seit dem 26. Juni 2017 insgesamt 172 Notarrevisionen durchgeführt. 3 Im Zuge der ohnehin stattfindenden Notarrevisionen nimmt die Präsidentin des Landgerichts auch die ihr zugewiesene Aufsichtstätigkeit nach dem GwG wahr. Eine über die Dokumentation der Notarrevision hinausgehende Dokumentation der Überprüfung von Risikoanalysen erfolgt aus Effizienzgründen nicht. Bislang gingen bei der Präsidentin des Landgerichts auch keine Hinweise im Sinne von § 53 GwG ein. Auch im Rahmen der durchgeführten Notarrevisionen ergab sich kein Anlass zur Einleitung eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens. b) Bereich der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG): Die Rechtsanwaltskammer Berlin hat die Pflichten nach dem GwG inzwischen intern einer bestimmten Abteilung zugewiesen. Ihre Mitglieder wurden mit gesondertem Schreiben über die Funktion der Rechtsanwaltskammer als Aufsichtsbehörde und allgemein über ihre Pflichten nach dem GwG informiert. Für den Bereich der Aufsicht über die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ergibt sich das besondere Erfordernis, den Kreis der nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG „Verpflichteten“ zu bestimmen. Nicht alle Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte führen die in dieser Norm genannten Kataloggeschäfte durch. Um den Verpflichtetenkreis nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG zu bestimmen, wurde ein Fragebogen und ein elektronisches Tool für die Beantwortung zur Verfügung gestellt. Zudem wurde eine zufällig ausgewählte Stichprobe von 3.000 Kammermitgliedern postalisch zur Beantwortung spezifischer Fragen zur Befassung mit Kataloggeschäften nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG aufgefordert. Der Rücklauf liegt derzeit bei 90%. Die Rechtsanwaltskammer Berlin plant, noch in diesem Jahr bei den ermittelten Verpflichteten mit Vor-Ort-Kontrollen zu beginnen. Auch die Überprüfung der Dokumentation der Risikoanalyse setzt voraus, dass der Verpflichtetenkreis bestimmt worden ist. c) Bereich der Rechtsbeistände und registrierten Rechtsdienstleistenden nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (§ 2 Abs. 1 Nr. 11 GwG): Fehlanzeige. Senatsverwaltung für Inneres und Sport: Fehlanzeige. Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe: Das neue GwG hat sowohl den Kreis der Verpflichteten als auch die Pflichten erheblich erweitert. Daher hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe seit Mitte 2017 insbesondere über die neuen Pflichten aufgeklärt. Dazu wurden Anwendungshinweise und Merkblätter erstellt und veröffentlicht, die Homepage vollständig überarbeitet und Beratungsleistungen angeboten. Seit 01.03.2018 ist eine eigene Arbeitsgruppe Geldwäscheaufsicht mit zwei Stelleninhabern geschaffen worden. Bis Ende des Jahres soll die Arbeitsgruppe auf bis zu sechs Stellen wachsen. Derzeit laufen hierzu Stellenausschreibungsverfahren. Bis Ende dieses Jahres ist vorgesehen, die Einhaltung der neuen Verpflichtungen insbesondere im schriftlichen Verfahren zu prüfen. Daneben sollen anlasslose und anlassbezogene Vor-Ort-Kontrollen erfolgen, insbesondere bei konkreten 4 Verdachtsfällen, zum Beispiel durch Informationen des Landeskriminalamtes oder auch mittelbar durch die Financial Intelligence Unit (FIU). 3. Wie viele Ordnungswidrigkeitenverfahren sind seit dem 26.06.2017 wegen welcher konkreten Verstöße gegen das Geldwäschegesetz eingeleitet worden (erbitte gesonderte Darstellung)? 4. Wie viele Bußgeldbescheide wurden wegen der unter Frage 3.) genannten Verstöße erlassen und wie hoch waren die jeweils festgesetzten Geldbußen (erbitte gesonderte Darstellung)? 5. Wie viele der unter Frage 3.) genannten Verfahren sind mit jeweils welcher Begründung eingestellt worden (erbitte gesonderte Darstellung)? 6. Gegen wie viele der unter Frage 4. genannten Bußgeldbescheide wurde Einspruch eingelegt? 7. In welcher Höhe konnten die unter Frage 4.) festgesetzten Geldbußen realisiert bzw. beigetrieben werden und welchem übergeordneten Haushalt werden diese Mittel zugeführt (erbitte gesonderte Darstellung)? Zu 3 bis 7.: Senatsverwaltung für Finanzen: Die Berliner Steuerberaterkammer hat bislang keine Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet. Bußgeldbescheide sind nicht erlassen worden. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung: Im abgefragten Zeitraum haben die in Frage 1 genannten Aufsichtsbehörden keine Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Demzufolge ist auch in Bezug auf die Fragen 4 bis 7 Fehlanzeige zu melden. Senatsverwaltung für Inneres und Sport: Fehlanzeige Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe: Im Rahmen von Hinweisen gemäß § 55 Absatz 1 GwG sind vier Ordnungswidrigkeitenverfahren durch die Senatsverwaltung für Wirtschaft eingeleitet worden, die aber inzwischen eingestellt worden sind. 8. Warum erfolgt bei der Bearbeitung von Geldwäscheverdachtsmeldungen keine Kategorisierung, insbesondere nicht nach Immobilienkäufen? Zu 8.: Eine statistische Kategorisierung im Sinne der Fragestellung ist nicht sinnvoll. Gegenstand von Geldwäscheverdachtsmeldungen sind Transaktionen unterschiedlichster Art, die auf der Grundlage der verschiedenen Monitoringsysteme der Finanzinstitute zustande kommen und im weitesten Sinne Auffälligkeiten dokumentieren. Die Verdachtsmeldungen haben keinerlei Aussagewert im Hinblick auf das Vorliegen strafbarer Handlungen oder eine inkriminierte Herkunft der Gelder und sonstigen Vermögenswerte. Die Klärung dieser Aspekte ist Aufgabe des sogenannten „Clearingverfahrens“ beim Landeskriminalamt Berlin, welches seine Ergebnisse nach Abschluss der Prüfung der Staatsanwaltschaft Berlin übersendet. Diese entscheidet über die Einleitung eines Geldwäscheverfahrens und die weiteren strafprozessualen Maßnahmen. 5 9. Wie werden bei Immobilienkäufen oder -verkäufen, bei denen das Land Berlin beteiligt ist, die Einhaltung der Vor-gaben des Geldwäschegesetzes, insbesondere die Sorgfaltspflichten in Bezug auf den Kunden („Know your customer“) überprüft und sichergestellt? Zu 9: Aktuell werden Bonitätsprüfungen und bei Bedarf vertiefte Prüfungen bei Auffälligkeiten durchgeführt. Das neue Geldwäschegesetz hat die mit Grundstücksgeschäften beauftragte BIM GmbH zum Anlass genommen, sich intensiv unter externer Begleitung mit dem Thema Geschäftspartner-Compliance auseinanderzusetzen. Die operative Umsetzung der Ergebnisse des Projekts ist noch für 2018 vorgesehen. 10. Gab es bei Immobiliengeschäften, bei denen das Land Berlin beteiligt ist, Geldwäscheverdachtsmeldungen? Wenn ja, bei welchen? Zu 10: Es gab keine Geldwäscheverdachtsmeldungen. 11. Wie wird bei Zahlungsvorgängen gegenüber dem Land Berlin, die unter das Geldwäschegesetz fallen, dessen Einhaltung überprüft und sichergestellt? Zu 11: In Bezug auf Immobilien wird auf die Beantwortung zu 9. verwiesen. 12. Inwiefern wird und durch wen bei Verfügungen über Grundstücke, an denen dem Land Berlin ein Vorkaufsrecht eingeräumt ist, überprüft, ob die Vorgaben des Geldwäschegesetztes eingehalten werden? Zu 12: Sofern ein Vorkaufsrecht nicht ausgeübt wird, besteht keine gesetzliche Verpflichtung, die Einhaltung der Vorgaben des Geldwäschegesetzes zu überprüfen. Bei Ausübung, werden bei Bedarf vertiefte Prüfungen bei Auffälligkeiten durchgeführt. Auf die Antwort zu Frage 9 wird verwiesen. 13. Welche Ansicht vertritt der Senat in Bezug auf die Diskussion, bei Vermögen unklarer Herkunft eine Beweislastumkehr einzuführen? Zu 13.: Straftaten dürfen sich finanziell nicht lohnen. Deshalb bedarf es – im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben - einer wirksamen strafrechtlichen Vermögensabschöpfung. Der Bundesgesetzgeber hat durch das am 1. Juli 2017 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung (BGBl I 2017, 872ff.) mit den §§ 73a und 76a Strafgesetzbuch bereits Regelungen geschaffen, die die Einziehung von Vermögen unklarer (deliktischer) Herkunft unter bestimmten Voraussetzungen ermöglichen, ohne dass eine konkrete Straftat nachgewiesen werden muss. Prozessual ergänzt werden diese Vorschriften durch die Regelung des § 437 Strafprozessordnung, wonach das Gericht seine Überzeugung, dass ein Gegenstand aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, insbesondere auf ein grobes Missverhältnis zwischen dem Wert des Gegenstandes und den rechtmäßigen Einkünften des Betroffenen stützen kann, wobei es das Ergebnis der Ermittlungen zur Anlasstat, die Umstände, unter denen der Gegenstand aufgefunden oder sichergestellt wurde sowie die sonstigen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen zu berücksichtigen hat. Auch wenn mit dieser Regelung keine Beweislastumkehr verbunden ist, führt sie faktisch zu einer Art 6 „Anscheinsbeweis“, bei der das Gericht aber weiter alle Möglichkeiten einer legalen Herkunft des Vermögens prüfen muss. Berlin, den 07. August 2018 In Vertretung Henner B u n d e ......................................................... Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe