Drucksache 18 / 15 721 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Daniel Wesener (GRÜNE) vom 24. Juli 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Juli 2018) zum Thema: Neuer Berliner Verlagspreis: Kultur- oder Wirtschaftsförderung? und Antwort vom 08. August 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. August 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe Herrn Abgeordneten Daniel Wesener (Bündnis 90/Die Grünen) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/15721 vom 25. Juli 2018 über „Neuer Berliner Verlagspreis: Kultur- oder Wirtschaftsförderung?“ ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Ziele verfolgt der Senat mit der Auslobung des Berliner Verlagspreises? Handelt es sich dabei primär um eine kulturpolitische Zielsetzung oder um eine Maßnahme der Wirtschaftsförderung? 2. Falls eine kulturpolitische Zielsetzung verfolgt wird: Warum erfolgt die Preisvergabe nicht in Eigenregie durch die Senatsverwaltung für Kultur und Europa, sondern in Kooperation mit der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe? Und warum wurde bei der Konzeption des Preises nicht der Dialog mit Berlins vielfältiger (freier) Literaturszene gesucht? Zu 1. und 2.: Berlin ist gemessen an der Zahl der in Berlin beheimateten Verlage und der Anzahl der von ihnen veröffentlichten jährlichen Neuerscheinungen mit Abstand die größte Verlagsstadt in Deutschland. Insofern nehmen die Berliner Verlage innerhalb der Kreativwirtschaft in der Stadt eine herausragende Rolle ein. Bücher sind jedoch Wirtschafts- und Kulturgut gleichermaßen. Publikums- und Wissenschaftsverlage , Kinder- und Schulbuchverlage, Regional- und Lyrikverlage jeglicher Größenordnung prägen das Gesicht der Berliner Verlagslandschaft und die ästhetischen, wissenschaftlichen und politischen Diskurse, die sie mit ihren Büchern anfeuern und befördern. Es sind aber insbesondere die kleinen und unabhängigen Unternehmen, die nicht nur die Mehrzahl der Berliner Verlage stellen, sondern vor allem oftmals als Initiatoren von ästhetischen, thematischen und herstellerischen Innovationen von sich reden machen. Der Berliner Verlagspreis, der 2018 zum ersten Mal vergeben wird, zeichnet deshalb Verlage aus, die sich diesen Ansprüchen verpflichtet fühlen, um sie bei ihrer Arbeit zu fördern. 2 Mit dem Berliner Verlagspreis werden also kleine und unabhängige Verlage in Berlin ausgezeichnet, die sich durch herausragende Programme und besonderer Buchgestaltung vom Mainstream großer Verlage absetzen. Damit soll die Vielfalt der Berliner Verlagsbranche sowie das Buch gleichermaßen als Wirtschafts- und Kulturgut gestärkt werden. Der Senat strebt also sowohl eine künstlerische als auch eine kulturwirtschaftliche Zielsetzung des Preises an. Um diese Doppelfunktion zu unterstreichen wird der Preis gemeinsam von den Senatsverwaltungen für Kultur und Europa sowie Wirtschaft, Energie und Betriebe verliehen. Die Senatsverwaltung für Kultur und Europa ist im regelmäßigen, institutionalisierten Dialog mit dem „Netzwerk Freie Literaturszene“. In Bezug auf das in Rede stehende Vorhaben, hat der Vorstand des Netzwerks Freie Literaturszene im Juli 2017 in einer E-Mail an die Hausleitung der Senatsverwaltung für Kultur und Europa deutlich gemacht , dass er an einer ausschließlich nach künstlerischen Kriterien ausgerichteten Verlags- und Publikationsförderung interessiert sei. Der damaligen Bitte der Hausleitung der Senatsverwaltung für Kultur und Europa, ein entsprechendes Ideenpapier zu formulieren, ist das Netzwerk nicht nachgekommen. Um eine zügige Initiierung der Preisauslobung zu gewährleisten, wurde deswegen die ursprüngliche Planung einer wie oben skizzierten Zielsetzung fortgesetzt. Die Senatsverwaltung für Kultur und Europa hat zudem beim regelmäßigen Jour Fixe mit dem Netzwerk Freie Literaturszene Berlin im Januar 2018 angeregt, dass die bisherige Projektförderung Literatur im Rahmen der Haushaltsaufstellung 2020/2021 auf eine Publikationsförderung, auch für Literaturzeitschriften, ausgeweitet werden könnte. Das Netzwerk wurde gebeten , entsprechende Überlegungen zu verschriftlichen. Das Netzwerk hat bislang kein entsprechendes Konzept vorgelegt, lediglich in dem „Offenen Brief an den Kultursenator Dr. Lederer“ vom 24. Mai 2018 wurden auch erste Überlegungen formuliert . 3. Wo im Doppelhaushalt 2018/19 ist der neue Berliner Verlagspreis etatisiert (bitte Einzelplan, Kapitel , Titel angeben)? Sind diese Mittel mit der Gesamtdotierung - 35.000 Euro für den Hauptpreis und jeweils 15.000 Euro für zwei Förderpreise - identisch oder fließen weitere öffentliche Gelder (etwa für das Projektmanagement). Falls ja, in welcher Höhe und an wen? Zu 3.: Neben den Preisgeldern von insgesamt 65.000 € fließen 25.000 € an den Börsenverein des Deutschen Buchhandels Landesverband Berlin-Brandenburg e.V. (im Folgenden: Börsenverein), der mit der Organisation und Abwicklung des Wettbewerbs und der Preisverleihung beauftragt wurde, und aus diesem Betrag alle für die Preisvergabe notwendigen Kosten wie Homepageerstellung, grafische Dienstleistungen sowie die Kosten für die Preisverleihung im Deutschen Theater einschließlich der Moderationskosten usw. bestreitet. Die Mittel sind folgendermaßen etatisiert: Kapitel Titel Betrag Senatsverwaltung für Kultur und Europa 0810 54010 12.500,00 Organisation und Abwicklung (Börsenverein) 0810 68123 32.500,00 Preisgelder Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe 1350 54696 12.500,00 Organisation und Abwicklung (Börsenverein) 1350 68396 32.500,00 Preisgelder 3 4. Wie begründet der Senat seine Entscheidung, den Börsenverein des Deutschen Buchhandels Landesverband Berlin-Brandenburg e.V. - als Interessenvertretung von Verlagen und Buchhandel im Sinne wirtschaftlicher Unternehmungen - mit der Trägerschaft des Preises beauftragt zu haben? Zu 4.: Träger des Preises sind die beiden beteiligten Senatsverwaltungen, nicht der Börsenverein. Der Verband wurde mit der Organisation und Abwicklung des Wettbewerbs und der Preisverleihung beauftragt, weil er die Mehrheit der Berliner Verlage vertritt und über Fachkenntnisse und Branchenkontakte verfügt, die für die Projektabwicklung unerlässlich sind. Außerdem versteht sich der Börsenverein nicht nur als Vertretung wirtschaftlicher sondern auch kultureller Interessen und hat bereits mehrfach seine Fähigkeit bewiesen, große Veranstaltungen in den Bereichen Lese- und Schreibförderung sowie Literaturvermittlung zu organisieren. 5. Wie wird gewährleistet, dass auch Literaturmagazine und kleine, nicht an der Marktlogik ausgerichtete Independent-Verlage, ohne Mitgliedschaft im Börsenverein Berlin-Brandenburg, potentielle Träger des Preises sind bzw. auch ihre Bedarfe und Perspektiven bei dessen Vergabe berücksichtigt werden ? Zu 5.: Das Ziel des Berliner Verlagspreis ist es explizit kleine und unabhängige Verlage in Berlin auszuzeichnen, die sich durch herausragende Programme und besonderer Buchgestaltung vom Mainstream großer Verlage absetzen. Bewerben können sich entsprechend alle kleinen unabhängigen Verlage mit Sitz in Berlin. Eine Mitgliedschaft im Börsenverein ist nicht notwendig. Mit der Festlegung einer Umsatzgrenze von jährlich max. 1 Mio. € (für die Förderpreise) bzw. max. 2 Mio. € (Hauptpreis ) werden gerade auch Independent-Verlage angesprochen. Die Berücksichtigung von Independent-Verlagen bei der Preisvergabe wird durch eine unabhängige Jury gewährleistet, die alle Einsendungen nach einheitlichen Kriterien bewertet. Im Übrigen zählen sich mehr als die Hälfte der Verlage, die im Börsenverein Mitglied sind, zu den Independent-Verlagen. Zum heutigen Zeitpunkt sind mehr als die Hälfte der eingegangenen Bewerbungen von Nichtmitgliedern des Börsenvereins eingereicht worden. 6. Wie werden im Zuge der Preisvergabe die jeweiligen künstlerischen und ökonomischen Aspekte (vgl. die zehn benannten Kriterien unter https://berlinerverlagspreis.de) gewichtet? Und wie wird sichergestellt , dass dabei die künstlerische Qualität nicht zu einem Randaspekt von Erlös-, Marketingund Vertriebsstrategien gerät? Zu 6.: Die zehn Kriterien für die Preisvergabe beziehen sich vorrangig auf Qualität und Inhalt des Verlagsprogramms. Das Urteil der Jury berücksichtigt u. a. folgende Kriterien: Künstlerische sowie herstellerische Qualität der publizierten Titel, Förderung junger Autorinnen und Autoren, Herausgabe vergessener Autorinnen und Autoren, gesellschaftliche Relevanz des Programms sowie innovative Vertriebs-, Marketing- oder Digitalisierungsmodelle. Die genannten Kriterien dienen den einreichenden Verlagen als Orientierung und der Jury als Leitfaden. Nicht alle Punkte müssen zwingend erfüllt sein. 4 7. Wer zeichnet für die Auswahl und Zusammenstellung der Jury verantwortlich? Inwiefern wurde dabei der Tatsache Rechnung getragen, dass sich die Berliner Independent-Verlagsszene durch ein hohes Maß an (sprachlicher) Diversität auszeichnet bzw. immer stärker transnational ausgerichtet ist? Zu 7.: Die Jury setzt sich entsprechend der Kriterien für die Preisvergabe aus den Fachbereichen Buchhandel, Journalismus, Verlage, Bibliotheken und Buchherstellung zusammen. Die Jury wird zukünftig in jedem Jahr der Preisvergabe neu berufen, um möglichst viele unterschiedliche Sichtweisen in die Preisvergaben einzubeziehen. Die von den den Preis tragenden Senatsverwaltungen benannte Jury ist in diesem Jahr mit herausragenden Persönlichkeiten besetzt. Dieses Gremium ist in der Lage, die wachsende sprachliche Diversität in Berlin zu berücksichtigen. 8. Wann beginnt die von der Senatsverwaltung für Kultur und Europa angekündigte Evaluation des Preises (vgl. die Aussagen des Pressesprechers in der Tageszeitung vom 11. Juni 2018)? Wann wird diese voraussichtlich abgeschlossen sein und ein erstes Ergebnis vorliegen? Erfolgt die Evaluation intern seitens der Kulturverwaltung, der Wirtschaftsverwaltung oder durch unabhängige Externe? Zu 8.: Es gibt bei dieser erstmaligen Ausschreibung noch keinen Termin- und Ablaufplan für die Evaluation des Preises. Nach Abschluss der ersten Preisverleihung werden die beteiligten Senatsverwaltungen als Trägerinnen und der Börsenverein als Beauftragter für die Organisation und Durchführung des Preises erörtern, welche Fragen und Probleme möglicherweise im Prozess aufgetreten sind und welche Veränderungen für zukünftige Ausschreibungen erfolgen sollen. , Eine Beteiligung der interessierten Öffentlichkeit sollte ermöglicht werden. Berlin, den 08. August 2018 In Vertretung Henner B u n d e ......................................................... Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe