Drucksache 18 / 15 725 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) vom 25. Juli 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Juli 2018) zum Thema: Sicherung von Beweismitteln an Berliner Schießständen III und Antwort vom 07. August 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Aug. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 2 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/15725 vom 25. Juli 2018 über Sicherung von Beweismitteln an Berliner Schießständen III ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Die Nichtbeantwortung meiner Frage aus der Drucksache 18/15 479 stellt nach hiesiger Auffassung eine Verletzung der Rechte als Abgeordneter dar. Das parlamentarische Informationsrecht darf auch im konkreten Fall während der Dauer von strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens nicht in Gänze zurücktreten. Hier bedarf es im Einzelfall stets einer Abwägung der schutzwürdigen öffentlichen Interessen mit dem Informationsinteresse des Abgeordneten. Diese Einzelfallprüfung ist im Rahmen der Beantwortung der Frage aus der Drucksache 18/15 479 nicht dargelegt. Zudem haben wurde offenbar nicht die Möglichkeit einer Anwendung der Geheimschutzordnung berücksichtigt. Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass es zudem nicht sein kann, dass sich die Exekutive durch eigenes Handeln - der weisungsgebundenen Staatsanwaltschaft als Teil der Exekutive - der demokratisch erforderlichen Kontrolle durch das Parlament selbst entziehen kann. Etwas anderes mag durchaus gelten, wenn es bereits ein gerichtliches Verfahren gibt, das in der Sphäre der Judikative liegt. Das ist aber vorliegend betreffend den Sachverhalt zur Drucksache 18/15 479 offensichtlich nicht der Fall. Dabei wird schon zu diesem Zeitpunkt unter besonderer Beachtung der Konfrontationsobliegenheit im Sinne der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung darauf hingewiesen, für den Fall einer weiterhin nicht gegebenen faktischen Beantwortung der Frage aus der Drucksache 18/ 15 479 eine klageweise Prüfung vor dem Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin vornehmen zu wollen. Vor diesem Hintergrund wird erneut die Beantwortung – gegebenenfalls unter Anwendung der GSO – zur nachstehenden Frage(n) erbeten: a) Welcher "Experte" hat im Februar 2005 alle Schießanlagen wegen einer erhöhten Schadstoffbelastung auf ihren baulich-technischen Zustand überprüft? b) Wer hat das entsprechende Gutachten nach dem 07.02.2005 eingesehen? c) Ist dieses Gutachten als vertraulich eingestuft worden? Falls ja, aus welchem Grund? Falls nein, welchen Inhalt (Wortlaut) hat das Gutachten? d) Oder ist ein solches Gutachten nie erstellt worden? Zu 1.: Die mit der Schriftlichen Anfrage aufgeworfenen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Fragen sind bereits Gegenstand eines anhängigen Seite 2 von 2 Organstreitverfahrens unter Ihrer Beteiligung beim Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin. Im Übrigen wird auf die Antwort zur Schriftlichen Anfrage Drucksache 16/15479 verwiesen: Das parlamentarische Informationsrecht unterliegt verfassungsrechtlichen Grenzen. Eine solche Grenze ist die aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Pflicht des Staates zur ordnungsgemäßen Durchführung eines Strafverfahrens. Das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung das Interesse der Allgemeinheit an der Gewährleistung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege hervorgehoben. Die Durchführung des Strafverfahrens würde gefährdet, wenn Auskunft zu bisherigen Ermittlungen erteilt würde, da dadurch weitere Ermittlungen erschwert oder vereitelt werden könnten. Da die Ermittlungen im bei der Staatsanwaltschaft Berlin unter dem Aktenzeichen 242 Js 730/17 anhängigen Verfahren andauern, können die erbetenen Auskünfte zu dem in Rede stehenden Gutachten derzeit nicht erteilt werden. Denn hierdurch könnten die Ermittlungen gefährdet werden. Gerade weil das in Rede stehende Gutachten vor der Einleitung des Ermittlungsverfahrens erstellt worden sein soll, sind die daran mitwirkenden Personen, insbesondere der/die Sachverständige selbst, zwangsläufig Aussagepersonen zum Zustandekommen des Gutachtenauftrages und zu etwaigen Begleitumständen des Gutachtenauftrages sowie etwaigen weiteren mündlichen Erörterungen mit Polizeiverantwortlichen. Daher ist nicht auszuschließen, dass die Bekanntgabe dazu führen würde, dass Dritte an den/die Sachverständige herantreten und damit die Möglichkeit einer unbefangenen Aussage zumindest verringert wird. Auch die Beantwortung der Fragen, wer das in Rede stehende Gutachten nach dem 07.02.2005 eingesehen hat, ob dies als vertraulich eingestuft worden ist und falls nein, welchen Inhalt das Gutachten hat oder ob es nie erstellt wurde, könnte die laufenden Ermittlungen gefährden, weil derzeit nicht ausgeschlossen werden kann, dass durch die Antworten jedenfalls mittelbar Rückschlüsse auf Verantwortlichkeiten möglich sind, die gerade Gegenstand der fortdauernden staatsanwaltlichen Ermittlungen sind. Vor diesem Hintergrund tritt das parlamentarische Informationsrecht im konkreten Fall insoweit während der Dauer des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens zurück. Dies umfasst hier auch die in Fällen gesteigerter Geheimhaltungsbedürftigkeit grundsätzlich in Betracht zu ziehende Befriedigung des parlamentarischen Informationsinteresses in vertraulicher Weise, einschließlich der dafür vorgesehenen Verfahren der Geheimschutzordnung des Abgeordnetenhauses. Dieses Abwägungsergebnis ergibt sich im vorliegenden Fall daraus, dass aufgrund der Vergleichbarkeit des hiesigen Sachverhalts mit dem im oben genannten anhängigen Organstreitverfahren hier nichts anderes gelten kann. Denn der Gegenstand des Erkenntnisinteresses bezieht sich in beiden Fällen auf Umstände, die in dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren potentiell für die Wahrheitsfindung von Bedeutung sein können. Berlin, den 07. August 2018 In Vertretung Sabine Smentek Senatsverwaltung für Inneres und Sport