Drucksache 18 / 15 768 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Franz Kerker (AfD) vom 26. Juli 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Juli 2018) zum Thema: Flaggen und Symbolpolitik und Antwort vom 07. August 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Aug. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 3 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Franz Kerker (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/15768 vom 26. Juli 2018 über Flaggen und Symbolpolitik ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Nicht nur Fahnen und Flaggen selber sind meistens politische Symbole; auch der Umgang mit ihnen, ihre Billigung, Duldung, Tolerierung oder das Verbot ihrer Zurschaustellung im öffentlichen Raum sind Teil der politischen Positionierung und Auseinandersetzung. Dies wirft Fragen nach den dafür gegebenen rechtlichen Rahmenbedingungen auf. I. Symbole der Bundesrepublik 1. Gibt es rechtliche Vorgaben für das Mitführen der Deutschlandfahne auf Demonstrationen? Zu 1.: Nein. Allerdings wird auf den Straftatbestand des § 90a Strafgesetzbuch (StGB) hingewiesen. II. Symbole ausländischer Staaten Anlässlich der Ankündigungen des US-Präsidenten, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, kam es bei Demonstrationen vor der Amerikanischen Botschaft zur Verbrennung israelischer Flaggen. Durch den Antrag „Bundesratsinitiative zur Änderung des Strafgesetzbuches zum Verbot des Verbrennens von Flaggen ausländischer Staaten [Drucksache 18/0747] schlägt die Fraktion der CDU vor, dass unter die Tatobjekte im Sinne des § 104 StGB § 104 „Verletzung von Flaggen und Hoheitszeichen ausländischer Staaten“ auch Symbole eines Staates fallen sollen, die religiöse Bedeutung haben oder die allgemein mit einer Religion oder einem Staat in Verbindung gebracht werden. 2. Erstreckt sich § 104 StGB § 104 ausschließlich auf Flaggen und Symbole, die von einer anerkannten Vertretung eines ausländischen Staates öffentlich angebracht worden sind oder gegebenenfalls auch solche, die von Demonstranten selber verfertigt und mitgeführt werden? Zu 2.: Die Vorschrift des § 104 StGB schützt ausschließlich Flaggen ausländischer Staaten, die entweder auf Grund von Rechtsvorschriften oder nach anerkanntem Brauch öffentlich gezeigt werden, oder fremde staatliche Hoheitszeichen, die von einer anerkannten Vertretung ihres Auslandstaates öffentlich angebracht sind gegen Seite 2 von 3 Entfernung, Zerstörung, Beschädigung oder Unkenntlichmachung sowie davor, dass beschimpfender Unfug daran verübt wird. Das islamische Glaubensbekenntnis, die šahāda ist wesentlicher Bestandteil der Flagge der Hamas- Organisation; deren Ähnlichkeit mit der Flagge des Königreiches Saudi-Arabien ist eklatant. In beiden Fällen hat der Schriftzug dieselbe religiöse Bedeutung. 3. Würde eine Ausweitung des Schutzes religiöser Symbole im Sinne des Antrages der CDU auch die Flagge der nichtstaatlichen Hamas-Organisation, sogar die des "Islamischen Staates" einbeziehen, da ja auch letztere ohne Zweifel mit einer Religion in Verbindung gebracht werden? Ist der Antrag also praktikabel? Zu 3.: Über die Praktikabilität eines Antrages einer Fraktion des Abgeordnetenhauses hat der Senat nicht zu befinden. III. Symbole inländischer nichtstaatlicher Organisationen Anläßlich des „Christopher Street Day“ wurde 2018 wie bereits seit einigen Jahren zuvor über dem Besuchereingang des Auswärtigen Amtes eine sogenannte Regenbogenflagge angebracht. 4. Wer ist berechtigt zu entscheiden, ob vor staatlichen Gebäuden außer staatlichen Hoheitssymbolen nichtstaatliche Symbole gezeigt werden dürfen? Zu 4.: Für das Land Berlin gilt Folgendes: Die für Inneres zuständige Senatsverwaltung ist gemäß § 6 Absatz 1 des Gesetzes über die Hoheitszeichen des Landes Berlin vom 22. Oktober 2007 ermächtigt, durch Rechtsverordnung Regelungen u. a. über die Beflaggung der öffentlichen Gebäude zu treffen. Gemäß § 5 der Verordnung über die Beflaggung öffentlicher Gebäude (Beflaggungsverordnung) vom 24. Februar 2003 können an Stelle einer hoheitlichen Beflaggung bei besonderen Anlässen oder Veranstaltungen mit Zustimmung der für Inneres zuständigen Senatsverwaltung nicht hoheitliche Flaggen gesetzt werden. Bei bezirklichen Anlässen kann mit Zustimmung des Bezirksamts entsprechend verfahren werden. Das Hissen einer nicht hoheitlichen Flagge kommt - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - nur an Stelle, nicht neben der hoheitlichen Beflaggung in Betracht. Die Beflaggung über dem Besuchereingang des Auswärtigen Amtes fällt in die Zuständigkeit des Bundes. IV. Symbole ausländischer nichtstaatlicher Organisationen Die Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Anne Helm, Niklas Schrader und Hakan Taş (LINKE) zum Thema: Al-Quds-Demonstration 2018 [Drucksache 18 / 15334] beantwortete der Senat u.a. wie folgt: „Zu 11.: Durch die Einsatzkräfte wurden ein Palästinensertuch, ein Transparent und ein Plakat sichergestellt.“ In einem Bericht vom 07.03.2018 über die Debatte um das Verbot des Zeigens von Symbolen der kurdischen Organisationen YPG und PYD zitiert der „Tagesspiegel“ den Innensenator Andreas Geisel: „Wir haben in Berlin zunehmend Proteste internationaler Gruppen, darauf muss die Polizei mit Augenmaß reagieren [..] und nur Symbole verfolgen, die tatsächlich strafrechtlich relevant sind.“ In diesem Fall wurde das Mitführen der Flaggen toleriert. Seite 3 von 3 5. Nach welchen Kriterien kann die Berliner Polizei entscheiden, in welchem Zusammenhang ein Palästinensertuch sicherzustellen, eine Flagge der YPG aber zu tolerieren ist? Allgemein: Auf welchem Wege kommen Entscheidungen über die strafrechtliche Relevanz von Flaggen und sonstigen Symbolen zustande? Zu 5.: Grundlage für die Entscheidung der Polizei Berlin, ob Gegenstände sicherzustellen sind, bilden die jeweiligen gesetzlichen Vorschriften. Einschlägig sind insbesondere die Vorschriften des Vereinsgesetzes (VereinsG). Soweit es sich um Gegenstände im Sinne von § 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 VereinsG und deren Verbreiten oder Verwenden handelt, hat die Polizei Berlin diese Straftaten zu verfolgen und die Gegenstände regelmäßig als Beweismittel sicherzustellen. Die Sicherstellung ist zudem auf gefahrenabwehrrechtlicher Grundlage zulässig, soweit sie erforderlich und verhältnismäßig ist, um eine (Fortsetzung der) Begehung von Straftaten zu verhindern. Dabei sind die jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheidend. In Bezug auf die Flaggen/Symbolik der YPG/PYD ist es insbesondere erheblich, inwieweit vor Ort eine Verwendung der Symbole als Ersatz für verbotene PKK- Symbole festgestellt werden kann. Die Sicherstellung des Palästinensertuches im Rahmen der Al-Quds-Demonstration am 09. Juni 2018 erfolgte allein aufgrund eines von den Einsatzkräften vor Ort verfolgten Verstoßes gegen das versammlungsrechtliche Vermummungsverbot (Straftat nach § 27 Abs. 2 Nr. 2 des Versammlungsgesetzes). Das Palästinensertuch wurde vor Ort als Beweismittel auf strafprozessualer Grundlage beschlagnahmt. Berlin, den 07. August 2018 In Vertretung Sabine Smentek Senatsverwaltung für Inneres und Sport