Drucksache 18 / 15 792 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Benedikt Lux (GRÜNE) vom 26. Juli 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Juli 2018) zum Thema: Besserer Schutz für Opfer und Hinterbliebene (II): Menschenhandel und Antwort vom 13. August 2018 (Eingang beim Abgeordntenhaus am 16. Aug. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 20 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Benedikt Lux (GRÜNE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/15 792 vom 26. Juli 2018 über Besserer Schutz für Opfer und Hinterbliebene (II): Menschenhandel ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Fälle von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung gab es seit 2008 bis heute in Berlin? In wie vielen Fällen waren die Opfer Kinder? In wie vielen Fällen wurde das Opfer körperlich schwer misshandelt oder durch die Tat in die Gefahr des Todes gebracht? Wie viele Taten waren vollendet, wie viele versucht, wie war die entsprechende Aufklärungsquote? Bitte die einzelnen Taten nach Art des Delikts, Ort und Zeit der Tatbegehung auflisten. Zu 1.: Die Anzahl der Fälle von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung ist den nachfolgenden Tabellen zu entnehmen, die auf einer Auswertung der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) basieren. Die Daten für das Jahr 2017 werden separat ausgewiesen, weil aufgrund von Gesetzesänderungen zur Verbesserung der Bekämpfung des Menschenhandels für das Jahr 2017 eine bundesweite Änderung der PKS- Erfassungsschlüssel erfolgt ist. Für das laufende Jahr 2018 können keine Angaben gemacht werden, weil nach bundesweit verbindlichen Absprachen PKS- Daten unterjährig nicht veröffentlicht werden. Seite 2 von 20 Jahr 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 97 74 45 37 29 45 32 60 65 davon Versuche 5 1 1 5 3 7 5 6 11 Aufklärungsquote (AQ) in % 80,4 82,4 75,6 70,3 62,1 53,3 56,3 71,7 60,0 Menschenhandel z. Nachteil v. Kindern zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 12 36 6 14 10 7 10 6 15 davon Versuche 2 1 0 0 2 2 3 1 0 AQ in % 91,7 91,7 66,7 78,6 60,0 71,4 40,0 66,7 60,0 Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung mit schwerer körperlicher Misshandlung/ Todesgefahr 1 davon Versuche 0 AQ in % 100 Gewerbs- oder bandenmäßiger Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 9 11 1 4 6 10 6 9 13 davon Versuche 0 0 0 0 0 0 0 0 0 AQ in % 88,9 90,9 100 75,0 83,3 80,0 66,7 88,9 92,3 Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung (durch Anwendung von Gewalt, Drohung, List oder Bemächtigen) 10 18 14 17 20 23 22 12 17 davon Versuche 0 0 3 0 3 1 1 3 4 AQ in % 80,0 55,6 57,1 76,5 85,0 73,9 86,4 75,0 88,2 Förderung des Menschenhandels i.V.m. Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 2 1 2 1 2 davon Versuche 0 0 0 0 0 AQ in % 50,0 0,0 100 100 100 Förderung des Menschenhandels gemäß § 233a (2) Strafgesetzbuch(StGB) i.V.m. Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 2 2 1 2 davon Versuche 0 0 0 0 AQ in % 100 100 100 50,0 Seite 3 von 20 Jahr 2017 Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung bei der Ausübung der Prostitution, der Vornahme sexueller Handlungen 55 davon Versuche 2 AQ in % 98,2 Veranlassen zur Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution oder zu sexuellen Handlungen, durch die eine Person ausgebeutet wird 49 (davon 3 Kinder) davon Versuche 4 AQ in % 85,7 Im Bereich des Menschenhandels werden die Opfer in die Altersgruppen Erwachsene (über 18 Jahre) und Minderjährige (unter 18 Jahre) eingeteilt. Strafrechtlich werden Kinder als Personen unter 14 Jahren bezeichnet. Eine statistische Erhebung zur Anzahl von Fällen, in denen das Opfer körperlich schwer misshandelt oder durch die Taten in die Gefahr des Todes gebracht wurde, erfolgt durch die Polizei Berlin nicht. Die Differenzierung der Taten nach Ort und Zeit der Tatbegehung ist nicht automatisiert recherchierbar. 2. Wie viele Fälle von Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft gab es seit 2008 bis heute in Berlin? Wie viele Taten waren vollendet, wie viele versucht, wie war die entsprechende Aufklärungsquote? Bitte die einzelnen Taten nach Art des Delikts, Ort und Zeit der Tatbegehung auflisten. Zu 2.: Die Anzahl der Fälle von Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft ist den nachfolgenden Tabellen zu entnehmen. Seite 4 von 20 Jahr 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft 7 3 1 4 1 3 7 3 2 davon Versuche 1 0 0 0 0 0 0 0 0 AQ in % 42,9 100 100 100 100 33,3 57,1 33,3 100 Menschenhandel z.N.v. Kindern zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft 1 davon Versuche 0 AQ in % 0 Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft (durch Anwendung von Gewalt, Drohung, List oder Bemächtigen) 1 1 1 1 davon Versuche 1 0 0 0 AQ 100 100 100 0,0 Jahr 2017 Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung durch eine Beschäftigung 2 davon Versuche 0 AQ in % 0,0 Veranlassen zur Aufnahme einer ausbeuterischen Beschäftigung 2 davon Versuche 0 AQ in % 50,0 Veranlassen, sich in Sklaverei, Leibeigenschaft, Schuldknechtschaft o.ä. zu begeben 1 davon Versuche 0 AQ in % 100 Bezüglich einer Auflistung der Taten nach Ort und Zeit der Tatbegehung verweise ich auf die Antwort zu Frage 1. Seite 5 von 20 3. In wie vielen Fällen haben sich die Opfer selbst an die Polizei gewandt und Anzeige erstattet? In wie vielen Fällen hat die Polizei von Amts wegen ermittelt? In wie vielen Fällen ist die Polizei auf die Fälle von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung bzw. von Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft durch NGO´s oder andere aufmerksam gemacht worden? Bitte aufschlüsseln nach den jeweiligen Delikten. Zu 3.: Eine statistische Erhebung im Sinne der Fragestellung erfolgt durch die Polizei Berlin nicht. 4. Welche NGO´s sind in diesen Bereichen aktiv? Gibt es eine Zusammenarbeit/ Kooperation zwischen den NGO´s und den Ermittlungsbehörden? Wenn ja, wie läuft diese ab? Es wird um Mitteilung eines Musters einer Kooperationsvereinbarung wird gebeten. Zu 4.: In der Bekämpfung des Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung sind deutschlandweit diverse Organisationen aktiv. Da für eine effektive Bekämpfung des Deliktes Menschenhandel ein multidisziplinärer Arbeitsansatz erforderlich ist, wurde in Berlin im Jahr 2002 die bereits Jahre zuvor gepflegte vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Landeskriminalamt (LKA) Berlin und nichtstaatlichen Beratungsstellen in einer Kooperationsvereinbarung institutionalisiert, welche im Jahr 2008 nochmals angepasst und um den Straftatbestand des Menschenhandels zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft ergänzt wurde. Die geltende Vereinbarung ist der Antwort auf diese Schriftliche Anfrage beigefügt. Derzeit kooperiert das LKA Berlin mit folgenden Nicht-Regierungs-Organisationen (NGO): Ban Ying, HYDRA e.V., ONA e.V., IN VIA e.V., Beratungsstelle für sexuell übertragbare Krankheiten, Süd-Ost-Europa-Kultur e.V., Servicestelle gegen Arbeitsausbeutung, Zwangsarbeit & Menschenhandel, Ausländerberatung des Deutschen Gewerkschaftsbundes und SUB/WAY Berlin e.V., Wildwasser e.V. Darüber hinaus sind in Berlin folgende NGO mit der Thematik des Menschenhandels zur sexuellen Ausbeutung sowie zur Ausbeutung der Arbeitskraft befasst, ohne dass sie der Kooperationsvereinbarung mit der Polizei angehören: - SOLWODI, - BEMA (Berliner Beratungszentrum für Migration und Gute Arbeit), - Faire Mobilität, - Frauentreff Olga. Die Kooperationspartner stellen eine intensive Beratung durch Fachkräfte sicher, um Opfer bestmöglich in allen Belangen zu versorgen, nachdem diese einen Ausweg aus der Abhängigkeit gefunden haben. Sie übernehmen die Opferbetreuung in dem von den Opfern jeweils gewünschten Umfang. Von der Abholung der Opfer von Polizeidienststellen über die Beratung zu Wesen und Konsequenzen der Rolle als Zeugin bzw. Zeuge, psychosoziale Betreuung, Unterbringung in Schutzwohnungen, Seite 6 von 20 Vermittlung rechtsanwaltschaftlicher Beratung und Nebenklage, Begleitung bei Behördengängen und zu polizeilichen Vernehmungen, Organisation einer freiwilligen Ausreise bis hin zur psychosozialen Prozessbegleitung stellen die Kooperationspartner ein umfangreiches Hilfenetz für Opfer zur Verfügung. In der Praxis funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Strafverfolgungsbehörden und den bislang noch nicht in der Vereinbarung aufgeführten Berliner Fachberatungsstellen aufgrund der guten Vernetzung der Akteure in Berlin schon jetzt gut. 5. Wie viele Opfer waren männlich, wie viele weiblich? Welches Alter hatten die, Opfer; wie hoch war der Anteil der nichtdeutschen Opfer in den letzten acht Jahren gewesen? Bitte aufschlüsseln nach den jeweiligen Delikten. Zu 5.: Bei den Angaben zum Geschlecht der Opfer wird aufgrund statistischer Vorgaben das Geschlecht unbekannter Opfer standardmäßig auf „männlich“ gesetzt. In dem Deliktsfeld „Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung“, welches überwiegend zum Nachteil weiblicher Opfer begangen wird, kann dieser Umstand zu Verzerrungen führen. Angaben zur Staatsangehörigkeit und damit zum Anteil der nichtdeutschen Opfer werden erst seit dem Jahr 2013 in der PKS erfasst. Seite 7 von 20 Die in den Tabellen (Quelle jeweils PKS) dargestellten Altersgruppen untergliedern sich wie folgt: Kinder - bis 14 Jahre Jugendliche - 14 bis 18 Jahre Heranwachsende - 18 bis 21 Jahre Erwachsene - ab 21 Jahre Jahr 2008 - Opfer Delikt Kinder Jugendliche Heranwachsende Erwachsene Gesamt Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft 67 31 12 110 männlich 26 7 3 36 weiblich 41 24 9 74 Menschenhandel z. N. v. Kindern zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 16 16 männlich 16 16 Gewerbs- oder bandenmäßiger Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 12 3 1 16 männlich 11 2 13 weiblich 1 1 1 3 Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung (durch Anwendung von Gewalt, Drohung, List oder Bemächtigen) 2 2 6 10 männlich 1 1 weiblich 2 1 6 9 Seite 8 von 20 Förderung des Menschenhandels i.V.m. Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 2 1 1 4 männlich 2 1 1 4 Förderung des Menschenhandels gem. § 233a (2) StGB i.V.m. Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 1 1 2 männlich 1 1 2 Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft 1 6 7 männlich 1 1 2 weiblich 5 5 Jahr 2009 - Opfer Delikt Kinder Jugendliche Heranwachsende Erwachsene Gesamt Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft 46 21 89 männlich 28 2 3 33 weiblich 18 19 19 56 Menschenhandel z. N. v. Kindern zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 45 45 männlich 43 43 weiblich 2 2 Gewerbs- oder bandenmäßiger Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 6 3 2 11 männlich 4 2 6 weiblich 2 1 2 5 Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung (durch Anwendung von Gewalt, Drohung, List oder Bemächtigen) 5 6 8 19 männlich 1 1 2 weiblich 5 5 7 17 Förderung des Menschenhandels i.V.m. Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 1 1 weiblich 1 1 Seite 9 von 20 Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft 3 3 männlich 1 1 weiblich 2 2 Jahr 2010 - Opfer Delikt Kinder Jugendliche Heranwachsende Erwachsene Gesamt Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft 17 16 23 56 männlich 7 2 9 weiblich 10 14 23 47 Menschenhandel z. N. v. Kindern zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 7 7 männlich 6 6 weiblich 1 1 Gewerbs- oder bandenmäßiger Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 3 10 13 weiblich 3 10 13 Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung (durch Anwendung von Gewalt, Drohung, List oder Bemächtigen) 4 3 7 14 männlich 1 1 weiblich 4 3 6 13 Förderung des Menschenhandels i.V.m. Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 2 2 weiblich 2 2 Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft 1 1 weiblich 1 1 Jahr 2011 - Opfer Delikt Kinder Jugendliche Heranwachsende Erwachsene Gesamt Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft 15 15 9 39 männlich 9 4 1 14 Seite 10 von 20 weiblich 6 11 8 25 Menschenhandel z. N. v. Kindern zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 17 17 männlich 13 13 weiblich 4 4 Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung mit schwerer körperlicher Misshandlung/Todesgefahr 1 1 weiblich 1 1 Gewerbs- oder bandenmäßiger Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 1 2 2 5 männlich 1 1 2 weiblich 2 1 3 Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung (durch Anwendung von Gewalt, Drohung, List oder Bemächtigen) 3 7 7 17 männlich 2 2 weiblich 3 5 7 15 Förderung des Menschenhandels i.V.m. Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 1 1 weiblich 1 1 Förderung des Menschenhandels gem. § 233a (2) StGB i.V.m. Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 1 1 2 weiblich 1 1 2 Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft 4 4 männlich 2 2 weiblich 2 2 Menschenhandel z.N.v. Kindern zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft 1 1 weiblich 1 1 Jahr 2012 - Opfer Delikt Kinder Jugendliche Heranwachsende Erwachsene Gesamt Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft 14 6 11 31 Seite 11 von 20 männlich 7 3 3 13 weiblich 7 3 8 18 Menschenhandel z. N. v. Kindern zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 11 11 männlich 6 6 weiblich 5 5 Gewerbs- oder bandenmäßiger Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 1 1 4 6 weiblich 1 1 4 6 Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung (durch Anwendung von Gewalt, Drohung, List oder Bemächtigen) 1 10 11 22 männlich 2 2 weiblich 1 8 11 20 Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft 2 2 weiblich 2 2 Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft (durch Anwendung von Gewalt, Drohung, List oder Bemächtigen) 1 1 männlich 1 1 Seite 12 von 20 Jahr 2013 - Opfer Delikt Kinder Jugendliche Heranwachsende Erwachsene Gesamt Anteil Nichtdeutscher Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft 12 7 27 46 73,9% männlich 6 1 5 12 weiblich 6 6 22 34 Menschenhandel z. N. v. Kindern zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 8 8 100% männlich 8 8 Gewerbs- oder bandenmäßiger Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 1 5 4 10 100% männlich 1 1 weiblich 1 5 3 9 Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung (durch Anwendung von Gewalt, Drohung, List oder Bemächtigen) 7 6 12 25 80,0% männlich 2 1 2 5 weiblich 5 5 10 20 Förderung des Menschenhandels i.V.m. Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 2 2 100% männlich 1 1 weiblich 1 1 Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft 1 1 2 4 100% männlich 2 2 weiblich 1 1 2 Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft (durch Anwendung von Gewalt, Drohung, List oder Bemächtigen) 2 2 0% weiblich 2 2 Jahr 2014 - Opfer Delikt Kinder Jugendliche Heranwachsende Erwachsene Gesamt Anteil Nicht- Seite 13 von 20 deutscher Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft 10 13 16 39 87,2% männlich 4 2 2 8 weiblich 6 11 14 31 Menschenhandel z. N. v. Kindern zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 10 10 80,0% männlich 9 9 weiblich 1 1 Gewerbs- oder bandenmäßiger Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 3 2 1 6 83,3% männlich 1 1 2 weiblich 2 1 1 4 Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung (durch Anwendung von Gewalt, Drohung, List oder Bemächtigen) 5 4 13 22 63,6% männlich 1 1 2 weiblich 4 4 12 20 Förderung des Menschenhandels gem. § 233a (2) StGB i.V.m. Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 1 1 100% männlich 1 1 Seite 14 von 20 Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft 8 8 100% männlich 5 5 weiblich 3 3 Jahr 2015 - Opfer Delikt Kinder Jugendliche Heranwachsende Erwachsene Gesamtergebnis Anteil Nichtdeutscher Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft 18 18 24 60 88,3% männlich 5 2 5 12 weiblich 13 16 19 48 Menschenhandel z. N. v. Kindern zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 7 7 57,1% männlich 7 7 Gewerbs- oder bandenmäßiger Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 3 3 3 9 88,9% männlich 1 1 2 weiblich 2 2 3 7 Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung (durch Anwendung von Gewalt, Drohung, List oder Bemächtigen) 1 1 12 14 85,7% männlich 1 1 weiblich 1 1 11 13 Förderung des Menschenhandels gem. § 233a (2) StGB i.V.m. Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 1 1 2 50,0% männlich 1 1 weiblich 1 1 Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft 1 12 13 100% männlich 1 12 13 Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft (durch Anwendung von Gewalt, Drohung, List oder Bemächtigen) 1 1 100% männlich 1 1 Seite 15 von 20 Jahr 2016 - Opfer Delikt Kinder Jugendliche Heranwachsende Erwachsene Gesamtergebnis Anteil Nichtdeutscher Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft 22 15 31 68 82,4% männlich 6 4 7 17 weiblich 16 11 24 51 Menschenhandel z. N. v. Kindern zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 16 16 81,3% männlich 14 14 weiblich 2 2 Gewerbs- oder bandenmäßiger Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 3 2 8 13 46,2% weiblich 3 2 8 13 Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung (durch Anwendung von Gewalt, Drohung, List oder Bemächtigen) 4 14 18 88,9% männlich 1 1 weiblich 4 13 17 Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft 2 2 100% männlich 1 1 weiblich 1 1 Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft (durch Anwendung von Gewalt, Drohung, List oder Bemächtigen) 1 1 100% männlich 1 1 Jahr 2017 - Opfer Delikt Kinder Jugendliche Heranwachsende Erwachsene Gesamtergebnis Anteil Nichtdeutscher Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung bei der Ausübung der Prostitution, der Vornahme sexueller 2 27 45 74 95,5% Seite 16 von 20 Handlungen männlich 5 5 weiblich 2 27 40 69 Veranlassen zur Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution oder zu sexuellen Handlungen, durch die eine Person ausgebeutet wird 3 5 12 31 51 82,4% männlich 15 15 weiblich 3 5 12 16 36 Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung durch eine Beschäftigung 2 2 100% männlich 1 1 weiblich 1 1 Veranlassen zur Aufnahme einer ausbeuterischen Beschäftigung 2 2 50,0% männlich 1 1 weiblich 1 1 Veranlassen, sich in Sklaverei, Leibeigenschaft, Schuldknechtschaft o.ä. zu begeben 1 1 100% männlich 1 1 Seite 17 von 20 6. In wie vielen Fällen kam es zu Verurteilungen? Wie hoch war/ist das Strafmaß? Zu 6.: Die folgende Übersicht bildet die Anzahl rechtskräftig verurteilter Personen aus Jugendstrafverfahren mit der Eintragung § 232 StGB (Menschenhandel) sowie die ausgeurteilte Strafe für den Zeitraum 1. Januar 2013 bis 31. Juli 2018 ab: Rechtskräftige Verurteilung Anzahl Verurteilte Erlass – Jugendstrafe mit Bewährung 1 Freiheitsstrafe mit Bewährung 22 Freiheitsstrafe ohne Bewährung 22 Geldstrafe 14 Jugendarrest 1 Jugendarrest – Aussetzung vorbehalten (§ 57 Jugendgerichtsgesetz) 2 Jugendstrafe mit Bewährung 2 Jugendstrafe mit Bewährung – Vollstreckung Staatsanwaltschaft 1 Jugendstrafe ohne Bewährung 3 Verbüßung - Jugendarrest 1 In Verfahren mit der Eintragung § 233 StGB (Ausbeutung der Arbeitskraft) wurden im o.g. Zeitraum zwei Personen zu Geldstrafen verurteilt. Eine automatisierte statistische Auswertung der konkreten Strafhöhen ist nicht möglich. 7. Wie viele offene Haftbefehle gibt es derzeit und warum können diese nicht vollstreckt werden? Zu 7.: Es gibt derzeit keine offenen Haftbefehle zu den vorstehend aufgeführten Deliktsfeldern. 8. In wie vielen Fällen hat das Opfer aus Angst vor Repressalien der Täter von einer Aussage abgesehen? Welche Maßnahme zum Schutz der Person werden von den Ermittlungsbehörden ergriffen, um eine Aussage möglich zu machen? Zu 8.: Es ist feststellbar, dass Vernehmungen Widersprüche oder Lücken enthalten, die auch durch die Angst der Opfer zu erklären sein können, wobei valide Daten im Sinne der Fragestellung nicht vorliegen. In derartigen Fällen werden Aufklärungsgespräche geführt, die die Schutzmöglichkeiten fallabhängig darstellen. Maßnahmen zum Schutz der Opfer sowohl auf Täter- als auch auf Opferseite werden auch von der Zentralstelle Individualgefährdung des LKA Berlin unterstützt und je nach Gefährdungslage angepasst. Sollte eine Zeugin oder ein Zeuge konkreten Repressalien oder Drohungen ausgesetzt sein, werden Zeugenschutzmaßnahmen erwogen. Dazu zählen die Nichtnennung der Adressen der Zeugen in der Ermittlungsakte gemäß § 68 Abs. 3 Strafprozessordnung (StPO), die Begleitung der Zeugen durch die Polizei zum Hauptverhandlungstermin, die Betreuung der Zeugen in einem Zeugenschutzraum im Gerichtsgebäude bis hin zu einem Zeugenschutzprogramm. Seite 18 von 20 9. In einigen Fällen müssen sich die Opfer bei der Aussage selbst einer Straftat bezichtigen, die sie aus Zwang oder anderen Gründen begangen haben, sodass ein Anfangsverdacht für ein Ermittlungsverfahren entsteht. Wie ist die Praxis der Ermittlungsbehörden in solchen Fällen? Zu 9.: Die Opfer werden vor ihrer zeugenschaftlichen Vernehmung stets über die Inhalte des § 55 StPO (Auskunftsverweigerungsrecht) belehrt. Sollte es dennoch dazu kommen, dass die Opfer sich selbst einer Straftat bezichtigen, wird gemäß dem Legalitätsprinzip eine Strafanzeige durch die Polizei gefertigt. Sollte sich durch die Selbstbelastung ein entsprechender Anfangsverdacht ergeben, wird auch ein Verfahren gegen die Geschädigten des Menschenhandels eingeleitet. Diese Verfahren werden separat bearbeitet, vornehmlich jedoch durch dieselbe Dezernentin bzw. denselben Dezernenten der Staatsanwaltschaft, die auch das Hauptverfahren führt. Die Verfahren gegen die Geschädigten werden zeitnah abgeschlossen, so dass sich die Geschädigten in der Hauptverhandlung gegen die Täter bzw. Angeklagten des Menschenhandels nicht mehr weiterhin selbst belasten können. Im Falle von Straftaten nach dem Aufenthaltsgesetz werden diese in der Regel aus Opportunitätsgründen eingestellt. 10. Welche Hilfsangebote gibt es für die Opfer von Menschenhandel? Welche Bleibeperspektiven haben Opfer aus Drittstaaten? Gibt hierzu Regelungen in der VAB bzw. ist angedacht, dies in der VAB zu regeln? Zu 10.: Da der Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung bereits in den 1990-er Jahren ein wichtiges Thema der Berliner Landespolitik wurde, existiert insbesondere für betroffene Frauen ein gut ausgebautes Netz an Fachberatungsstellen und sicheren Unterbringungsmöglichkeiten. Neben spezialisierten Fachberatungsstellen bieten u.a. auch die bezirklichen Zentren für sexuelle Gesundheit und Familienplanung sowie Beratungsstellen für Prostituierte Hilfe und Unterstützung an. Seitdem der Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung, von dem auch Männer in großem Maße betroffen sind, in der Öffentlichkeit stärker wahrgenommen wird, wird diesem Phänomen vor allem in den Beratungsangeboten der Gewerkschaften wie insbesondere dem Berliner Beratungszentrum für Migration und Gute Arbeit (BEMA) besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Folgende Einrichtungen bieten Beratung und Unterstützung: Beratungs- und Unterbringungsangebote für von Menschenhandel betroffene Frauen Ban Ying (Beratungsstelle und Zufluchtswohnung für Frauen; www.ban-ying.de) IN VIA (Beratungsstelle für Frauen; http://www.invia-berlin.de/beratungsstellen-fuerfrauen -2.html) ONA (Zufluchtswohnung für Frauen; www.ona-berlin.org) SOLWODI (Beratungsstelle für Frauen; https://www.solwodi-berlin.de/). Beratungsangebote zu (Menschenhandel zum Zweck der) Arbeitsausbeutung Berliner Beratungszentrum für Migration und Gute Arbeit (Arbeit und Leben e.V., http://www.berlin.arbeitundleben.de/migration-und-gute-arbeit/berlinerberatungszentrum -fuer-migration-und-gute-arbeit-beb-bemi.html; das Beratungszentrum führt ab 2018 das bislang bestehende Beratungs- und Unterstützungsangebot der vom Berliner Senat seit 1970 bzw. 2011 geförderten Seite 19 von 20 Ausländerberatungsstelle (seit 2008: Beratungsstelle für Migrantinnen und Migranten – BeMi) bzw. der Beratungsstelle für entsandte Beschäftigte, freizügigkeitsberechtigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Personen mit unklarem Arbeitsstatus (BEB) bedarfsgerecht fort und baut dabei speziell die Unterstützungsangebote für von Arbeitsausbeutung Betroffene inhaltlich aus. Faire Mobilität (http://www.faire-mobilitaet.de/beratungsstellen) Anlaufstelle für europäische Wanderarbeiterinnen und Wanderarbeiter sowie Roma c/o südost Europa Kultur e.V. (http://www.suedost-ev.de/mobile_anlaufstelle/ mobile_anlaufstelle.php). Beratungsangebote für Menschen in der Prostitution Hydra (Beratungsstelle für Prostituierte; ) Frauentreff Olga (Anlauf- und Beratungsstelle für Frauen in der Prostitution; www.drogennotdienst.de/nur-fuer-frauen/frauentreff-olga/) Subway (Unterstützung für Jungen und Männer, die anschaffen; http://www.hilfefuerjungs.de/?cat=47). Die Beratungsstellen beraten und unterstützen die Betroffenen hinsichtlich ihrer Rechte, bieten Begleitung zu Aussagen bei den Strafverfolgungsbehörden bzw. in Gerichtsverfahren sowie zu sonstigen Behördenvorsprachen an, vermitteln psychologische oder medizinische Unterstützung und helfen bei der Klärung der weiteren Perspektive. Die Unterstützungsleistungen bestehen unabhängig von der Bereitschaft der Betroffenen, bei den strafrechtlichen Ermittlungen, der strafrechtlichen Verfolgung oder dem Gerichtsverfahren zu kooperieren. Von den oben genannten Nichtregierungsorganisationen werden zwei Zufluchtswohnungen mit anonymer Adresse mit insgesamt 16 Plätzen für Frauen, die von Menschenhandel betroffen sind, angeboten. Für kurzfristige Aufnahmen (bsp. am Wochenende) stehen bei freien Kapazitäten notfalls Berliner Frauenhäuser zur Verfügung. Minderjährige können im Mädchen- bzw. Jugendnotdienst untergebracht werden, bis eine geeignete Unterbringung in einer Jugendhilfeeinrichtung gewährleistet ist. Für betroffene Männer gibt es derzeit noch keine spezialisierte Unterbringungseinrichtung. Im Land Berlin ist das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) u.a. zuständig für die Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG sowie für die Durchführung von Maßnahmen zur Vermeidung von Obdachlosigkeit im Hinblick auf Opfer der in § 25 Absatz 4a und 4b AufenthG genannten Straftaten, und zwar während der Ausreisefrist nach § 59 Absatz 7 AufenthG bis zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Im Rahmen dieser Zuständigkeitszuweisung organisiert das LAF im akuten Bedarfsfall insbesondere Unterbringungsmöglichkeiten für männliche Opfer von Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung bzw. für männliche Opfer extremer Arbeitsausbeutung. Bei zur Ausreise Verpflichteten, bei denen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie Opfer einer der in § 25 Abs. 4a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) genannten Straftaten wurden und die sich noch nicht als Zeuginnen oder Zeugen zur Verfügung gestellt haben, wird eine angemessene Ausreisefrist von mindestens sechs Monaten als Bedenkzeit gesetzt. Sodann ist zwischen Ausländerbehörde, Polizei und Staatsanwaltschaft festgelegt, dass bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4a AufenthG erteilt werden kann. Das Verfahren ist in den im Internet veröffentlichten Verfahrenshinweisen der Berliner Seite 20 von 20 Ausländerbehörde (VAB) unter A. 25 und A. 59.7. veröffentlicht. Da nicht sämtliche denkbaren Fallkonstellationen im Zusammenhang mit Opfern von Menschenhandel gesetzlich abgebildet werden können, hat es sich bei Vorliegen dringender humanitärer oder persönlicher Gründe bewährt, hier eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23a AufenthG vorzusehen, falls § 25 Abs. 4a AufenthG nicht zum Tragen kommen kann (vgl. Antwort des Senats auf die Schriftliche Anfrage Drucksache 18/14894 zu Frage 4). Berlin, den 13. August 2018 In Vertretung Sabine Smentek Senatsverwaltung für Inneres und Sport