Drucksache 18 / 15 809 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Georg P. Kössler (GRÜNE) vom 30. Juli 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. August 2018) zum Thema: Berliner Wasser V - Das Wasser ist für alle da! und Antwort vom 17. August 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Aug. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Georg P. Kössler (Bündnis 90/Die Grünen) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/15809 vom 30. Juli 2018 über Berliner Wasser V - Das Wasser ist für alle da! Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Verwaltung: Die Schriftliche Anfrage betrifft in den Fragen 1 bis 4 Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher das Wasserstraßenund Schifffahrtsamt Berlin als zuständige örtliche Bundesbehörde um Antwort gebeten. Sie wird nachfolgend entsprechend gekennzeichnet wiedergegeben. Vorbemerkung des Abgeordneten: Das Berliner Wassergesetz (BWG) sieht in § 28 (1) grundsätzlich eine Freiheit auf der Spree und den Berliner Kanälen vor, denn „Schiffbare Gewässer darf jeder zur Schiff- und Floßfahrt benutzen.“ Einschränkungen im Sinne von „zeitliche[n] und örtliche[n] Beschränkungen der Schiff- und Floßfahrt“ können durch die zuständige Senatsverwaltung erfolgen. Damit herrscht auch bei steigender Nutzung der Berliner Gewässer durch private und nicht-kommerzielle Akteure keine Gleichberechtigung. Frage 1: Welche Einschränkungen der Schiff- und Floßfahrt auf Berliner Gewässern gemäß § 28 BWG (3) existieren nach Kenntnis des Senats und wie begründet er diese Einschränkungen? (Bitte einzeln nach Ort und eingeschränkter Gruppe, falls danach differenziert wird, aufführen.) Antwort zu 1: Das Berliner Wassergesetz bezieht sich ausschließlich auf Berliner Landeswasserstraßen - siehe § 28 Abs. 4 Berliner Wassergesetz (BWG). Die Spree ist, ebenso wie die Dahme, die Havel, der Landwehrkanal und andere größere Kanäle in Berlin, Bundeswasserstraße (entsprechend Zuordnung der Wasserstraßen zum Bund oder zum Land durch Anlage 1 zu § 2 BWG). Für die Schifffahrtsaufsicht auf den Bundeswasserstraßen ist ausschließlich die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes zuständig, örtlich das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Berlin. Eine nachgeordenete Zuständigkeit des Landes gibt es in diesem Rechtsbereich grundsätzlich nicht. 2 Das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Berlin teilt hierzu mit: "Verkehrsregelungen und Sonderbestimmungen für die Schifffahrt und Kleinfahrzeuge sind in den Kapiteln 21, 22 und 23 der Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung (BinSchStrO)aufgeführt." Frage 2: Warum wurde nach Kenntnis des Senats für Fahrzeuge mit einer größten nichtüberschreitbaren Nutzleistung ab 3,69 kW die Bergfahrt (in Richtung Osten) auf dem Landwehrkanal durch § 21.27 Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung (BinSchStrO) untersagt und wird sich der Senat im Rahmen anstehender Novellen der BinSchStrO für eine Anhebung dieses Grenzwertes einsetzen um z.B. kleineren Floßen und Booten eine gesetzestreue Bergfahrt auf dem Landwehrkanal zu ermöglichen? Antwort zu 2: Das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Berlin teilt hierzu mit: "§ 21.27 Nr. 2 der BinSchStrO: Das Befahren des Landwehrkanals in der Bergfahrt ist verboten. Satz 1 gilt nicht für ein Fahrzeug ohne Antriebsmaschine und für ein Fahrzeug mit einer in Tätigkeit gesetzten Antriebsmaschine, deren größte nicht überschreitbare Nutzleistung weniger als 3,69 beträgt. Grund: Schutz der Ufer des Landwehrkanals." Frage 3: Wann gedenkt der Senat die Spree auch im Innenstadtbereich entsprechend der Vorgabe nach § 28 BWG (1) für jegliche Schiff- und Floßfahrt zu öffnen? Antwort zu 3: Eine konkrete Befahrensregelung obliegt dem Bund und entzieht sich der Zuständigkeit des Senats. Auf § 28 Abs. 4 BWG wird verwiesen. Das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Berlin teilt hierzu mit: "§ 21.24 Sonderbestimmungen für Kleinfahrzeuge nach der BinSchStrO: Auf der Spree-Oder-Wasserstraße vom Kanzleramtssteg (km 14,10) bis zur Oberbaumbrücke (km 20,70) - einschließlich Spreekanal - ist a. der Verkehr von Kleinfahrzeugen, aa. die ohne Maschinenantrieb fahren oder mit einer Antriebsmaschine, deren größte Nutzleistung weniger als 3,69 kW beträgt, ausgestattet sind, bb. die Sportfahrzeuge sind und nach der Sportbootführerscheinverordnung-Binnen vom 22. März 1989 (BGBl. I Seite 536), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 2. Oktober 2012 (BGBl. I Seite 2102) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung ohne Fahrerlaubnis geführt werden dürfen, verboten. Grund: Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs" 3 Frage 4: Wie begründet der Senat den Mangel an Gleichstellung von privater und gewerblicher Schifffahrt in Berlin und gedenkt er dies zu ändern? Wenn ja, wie? Wenn nein, wieso nicht? Antwort zu 4: Bei den ihm gemäß Anlage 1 zu § 2 BWG zugeordneten Wasserstraßen sieht der Senat keinen Mangel an Gleichstellung von privater und gewerblicher Schifffahrt und gedenkt dies auch nicht zu ändern. Im Hinblick auf Bundeswasserstraßen ist es für den Senat grundsätzlich nachvollziehbar, dass bei engen und zugleich viel befahrenen Wasserstraßen Regelungen getroffen werden müssen. Die konkrete Ausgestaltung entzieht sich seinem Einfluss. Frage 5: Welche Nutzung sieht der Senat für das Grundstück und das Gebäude der Schleuse Neukölln vor, welche nach der Automatisierung eben jener nun ungenutzt sind, bzw. welche Pläne sind ihm hierzu bekannt? Antwort zu 5: Weder das Grundstück noch das Gebäude der Schleuse Neukölln sind derzeit ungenutzt. Das Grundstück wird zur Lagerung der Notverschlüsse zur Trockenlegung der Häupter und als Lagerfläche für die Reparaturarbeiten an der Schleuse benötigt. Weiterhin wird das Gelände als Liegestelle für die Spezialschiffe des Landes Berlin (Belüftungsschiff Rudolf Kloos und Bauwerksprüfschiff Argusauge) benötigt. Die Freiflächen dienen hierbei als Lager für Reparaturen und als Kranaufstellfläche zum Betanken des Belüftungsschiffes. Das Gebäude der Schleuse Neukölln enthält die gesamte maschinenund elektotechnische Steuerung für die Schleuse, die unabhängige Stromversorgung für Notfälle, die Eisfreihalteanlagen, das Archiv für Betriebsanweisungen und Bestand sowie das Lager für Ersatzteile zum Betrieb der Schleuse. Eine anderweitig geplante Nutzung des Schleusengeländes ist dem Senat nicht bekannt. Frage 6: Welcher Anteil des Spreeufers ist nach Kenntnis des Senats in privater Hand bzw. in öffentlicher Hand und wie hat sich dieses Verhältnis seit 1990, 2000 und 2010 entwickelt? Antwort zu 6: Eine Antwort setzt eine berlinweite Recherche voraus, die im Rahmen einer Schriftlichen Anfrage nicht geleistet werden kann. Eine Übersicht kann über das Berliner Landesgrundvermögen im FIS-Broker eingesehen werden: http://fbintra.senstadt.verwaltberlin .de/fb/index.jsp. Frage 7: Wie sehen die anstehenden Planungen des Spreeweges als elementaren Teil der 20 grünen Hauptwege unserer Stadt aus und wird dieser wieder durchgehend öffentlich an der Spree entlanggehen? 4 Antwort zu 7: Das im Mai 2016 vom Abgeordnetenhaus verabschiedete aktualisierte Landschaftsprogramm ist die Basis der 20 grünen Hauptwege; es ist behördenverbindlich und bei allen Vorhaben des Landes Berlin zu beachten. Ziel ist die durchgehende Verbindung entlang der Spree, um die innerstädtischen Wohnquartiere mit den großen Naherholungsgebieten zu verknüpfen. Die Erlebbarkeit der Gewässerufer ist ein wichtiges Anliegen für die Weiterentwicklung der Grünen Infrastruktur Berlins. Mit der wachsenden Bevölkerung Berlins wächst gleichermaßen der Bedarf an verfügbaren Erholungsmöglichkeiten, u.a. an den Gewässern. Die visuelle Erlebbarkeit der Spree, als auch deren klimatische und akustische Entlastungswirkung sind wichtige Aspekte städtischer Lebensqualität. Das Landschaftsprogramm transportiert dieses Ziel in alle laufenden Planungen und Projekte, um kontinuierlich die Qualifizierung städtischer Landschaft zu befördern, einschließlich der Schließung noch vorhandener Lücken im Grünen Hauptwegenetz. Frage 8: Wie geht der Senat mit potenzielle Nutzungskonflikte beim Ausbau des Spreeweges um, insbesondere wenn es um den Fortbestand von z.B. Kultureinrichtungen geht? Antwort zu 8: Nutzungskonflikte, insbesondere hinsichtlich des Fortbestandes von Kultureinrichtungen sind dem Senat nicht bekannt und ergeben sich durch Planungen von Grünverbindungen bzw. zu den 20 Grünen Hauptwegen bisher nicht. Frage 9: Ab welchem Jahr wird der Senat das Badeverbot in Innenstadtlagen aufheben können und von welchen Investitionen, z.B. in die Modernisierung der Mischkanalisation und die Schwammstadt, geht er bis dahin aus? Antwort zu 9: Eine raumspezifische Kostenschätzung für erforderliche Maßnahmen im Mischsystem bzw. für Maßnahmen der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung zur Sicherung der Badewasserqualität liegt nicht vor. Trotz vielfältiger und intensivierter Anstrengungen des Senats, im Bereich der Mischkanalisation Überläufe zu mindern, ist angesichts des nach wie vor erheblichen Investititonsbedarfs keine seriöse Abschätzung möglich, ab welchem Jahr das Badeverbot in Innenstadtlagen aufgehoben werden könnte. Der Senat unterstützt die „Initiative Flussbad“, weist aber darauf hin, dass im Vorfeld einer etwaigen Umsetzung eine Vielzahl offener Fragen zu klären und gegenwärtig in Bearbeitung sind. Frage 10: Welche zusätzlichen Badestellen könnten nach Kenntnis des Senats in Berlin bis 2021 realisiert werden? (Bitte auch potenzielle oder nicht genehmigte Badestellen, mit Begründung, auflisten.) 5 Antwort zu 10: Dazu liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor. Frage 11: Was tut der Senat darüber hinaus, um mehr gesellschaftliche Teilhabe an und auf innerstädtischen Wasserlagen gerade im Hinblick auf die Erholungs- und Freizeitnutzung, Kunst und Kultur, sowie die öffentliche Zugänglichkeit des Wassers über die Uferbereiche hinaus zu ermöglichen? Antwort zu 11: Nach Willen des Senats sollen die Ufer der Berliner Gewässer grundsätzlich öffentlich zugänglich sein. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe im Hinblick auf innerstädtische Wasserlagen. Anlagen an oder auf dem Wasser werden meist von Privatpersonen oder privaten Unternehmen geplant. Die Antragsteller planen ihre individuellen Anlagen für ihre Zwecke jeweils an einem konkreten Standort, die sie zur Genehmigung bei der zuständigen Behörde einreichen. Die zuständige Behörde prüft auf der Rechtsgrundlage von §§ 62 ff. des Berliner Wassergesetzes (BWG) die Genehmigungsfähigkeit einzelfallbezogen. Dabei dürfen nach § 62 Abs. 4 Satz 3 BWG Gewässerflächen nur in Anspruch genommen werden, soweit dies unbedingt erforderlich ist. Die wasserbehördliche Genehmigung von Anlagen in Gewässern darf gemäß § 62a Abs. 1 Satz 1 BWG nur erteilt werden, wenn von dem beabsichtigten Unternehmen weder eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, noch erhebliche Nachteile für Rechte oder Befugnisse anderer zu erwarten ist. Berlin, den 17.08.2018 In Vertretung Stefan Tidow Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz