Drucksache 18 / 15 824 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Stefan Förster (FDP) vom 02. August 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. August 2018) zum Thema: Illegale und unwirksame Krebsmedikamente – Ist auch Berlin betroffen? und Antwort vom 20. August 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Aug. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Herrn Abgeordneten Stefan Förster (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/15 824 vom 2. August 2018 über Illegale und unwirksame Krebsmedikamente – Ist auch Berlin betroffen? ________________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Erkenntnisse hat der Senat darüber, ob die illegalen und offenbar unwirksamen Krebsmedikamente , die in Brandenburg für einen handfesten Skandal sorgten, auch in Berlin in Umlauf gewesen sind? 2. Ist es zutreffend, dass in Berlin mindestens zwei Apotheken von der umstrittenen Firma „Lunapharm“ beliefert worden sind und diese wiederum mindestens drei Berliner Arztpraxen belieferten? 3. Wie viele Patienten sind betroffen bzw. haben möglicherweise mit diesen Pseudo-Medikamenten Kontakt gehabt? Zu 1. - 3.: Nach derzeitiger Kenntnis wurden von der Firma Lunapharm Deutschland GmbH mit Sitz im Land Brandenburg drei Berliner Apotheken mit Arzneimitteln beliefert, die im Verdacht stehen, gestohlen worden und evtl. durch unsachgemäße Lagerung/Transport in ihrer Qualität gemindert zu sein. Apotheke gelieferte Arzneimittel Apotheke im Bezirk Marzahn-Hellersdorf Informationseingang in Berlin ab 17.07.2018 98 x Herceptin® 150 mg Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung 39 x MabThera® 500 mg Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung 8 x Velcade® 3,5 mg Pulver zur Herstellung einer Injektionslösung 100 x XGEVA® 120 mg Injektionslösung Apotheke im Bezirk Mitte Informationseingang in Berlin ab 24.07.2018 20 x MabThera® 500 mg Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung 40 x Velcade® 3,5 mg Pulver zur Herstellung einer Injektionslösung 50 x Herceptin® 150 mg Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung Apotheke im Bezirk 40 x Herceptin® 150 mg Pulver zur Herstellung einer Infu- - 2 - 2 Steglitz-Zehlendorf Informationseingang in Berlin ab 07.08.2018 sionslösung Von diesen Apotheken wurden verschiedene Arztpraxen und Krankenhäuser in Berlin und Brandenburg versorgt. Diese sowie die Anzahl und Namen der betroffenen Patientinnen und Patienten konnten von den Apotheken ermittelt werden. Apotheke Einrichtungen Anzahl der betroffenen Patienten Apotheke im Bezirk Marzahn-Hellersdorf 4 Arztpraxen in Berlin Herceptin®: 25 MabThera®: 15 Velcade®: 4 XGEVA®: 65 2 Arztpraxen in Brandenburg Herceptin®: 2 MabThera®: 12 Velcade®: 1 XGEVA®: 35 1 Rehaklinik in Brandenburg Herceptin®: 4 Apotheke im Bezirk Mitte 6 Arztpraxen in Berlin MabThera®: 4 Velcade®: 12 Herceptin®: 8 2 Arztpraxen in Brandenburg MabThera®: 6 Velcade®: 5 Herceptin®: 4 Apotheke im Bezirk Steglitz-Zehlendorf 4 Arztpraxen in Berlin Herceptin®: 18 Patienten insgesamt: 220 Die Firma Lunapharm, gegen die derzeit ermittelt wird wegen des Verdachts, unrechtmäßig mit Krebsmedikamenten gehandelt zu haben, hat ihren Sitz im Land Brandenburg. Zuständig für Ermittlungen und Aufsicht sind daher die Brandenburger Behörden. Berlin ist auf eine zeitnahe und umfassende Information in erster Linie durch Brandenburg, aber auch durch andere Bundesländer, in die die Firma Lunapharm geliefert hat, angewiesen. Auf diese notwendige Koordinierung durch das Land Brandenburg hat SenGPG in einem Schreiben auf Staatsekretärsebene hingewiesen. 4. Welche Maßnahmen unternimmt der Senat, um hier aufzuklären und die Betroffenen zu informieren? Zu 4.: Der Patientenschutz hat absoluten Vorrang. Daher hat Berlin in den bekannt gewordenen Fällen sehr schnell gehandelt. Die Apothekenaufsicht beim Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) wurde unverzüglich tätig, sobald in Berlin eine Information eintraf, dass eine Berliner Apotheke betroffen war. Das LAGeSo nahm dann unverzüglich eine anlassbezogene Kontrolle der Apotheke vor. - 3 - 3 Zur Gefahrenabwehr muss dies schnell geschehen, um möglichst noch vorhandene zurückgerufene Medikamente aus dem Verkehr zu ziehen. Dies war aber in allen drei Fällen bisher leider nicht mehr möglich. Die anlassbezogene Kontrolle begann mit einem Anruf der Apothekenaufsicht bei der betroffenen Apotheke, in dem geklärt wurde, ob noch Bestände der betroffenen Medikamente vorhanden sind. Falls dies zugetroffen hätte, wären diese sofort von der Apotheke quarantänisiert worden. Das heißt, die Medikamente wären separiert worden und hätten nicht mehr abgegeben oder für die Herstellung verwendet werden dürfen. In allen drei betroffenen Apotheken waren allerdings leider keine Medikamente mit den betroffenen Chargen mehr vorhanden. Die in Frage stehenden Arzneimittel sind sehr teuer und werden daher in der Regel nur auf individuelle Bestellung bezogen, schnell weiterverarbeitet und an Arzt oder Patienten abgegeben. In einem zweiten Schritt wurden die Apotheken persönlich aufgesucht. Bei dem Besuch wurde überprüft, ob die Apotheke die erforderlichen Standards einhält. Sie wurde weiter darum gebeten, sofern aus den Medikamenten anwendungsfertige Zytostatikazubereitungen hergestellt wurden, aus den Herstellungsdokumentationen die verabreichendenen Ärztinnen und Ärzte und die betroffenen Patientinnen und Patienten zu identifizieren. Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte wurden von den Apotheken in Kenntnis gesetzt und gleichzeitig gebeten, ihre Patientinnen und Patienten im Rahmen der Therapie zu informieren . Berlin, den 20. August 2018 In Vertretung Barbara König Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung