Drucksache 18 / 15 882 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Andreas Otto (GRÜNE) vom 03. August 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. August 2018) zum Thema: Ökobaubilanz 2021, hier Humboldt-Universität und Antwort vom 20. August 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Aug. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei - Wissenschaft und Forschung - Herrn Abgeordneten Andreas Otto (GRÜNE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/15882 vom 3. August 2018 über Ökobaubilanz 2021, hier Humboldt-Universität ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht ohne Beiziehung der Humboldt- Universität zu Berlin (HU) beantworten kann. Die HU wurde um Stellungnahme gebeten. 1. Welche Schritte hat die Humboldt-Universität in den Jahren 2017 und 2018 unternommen, um Ihre Neubau - und Sanierungsprojekte unter Umweltaspekten noch nachhaltiger zu gestalten? Zu 1.: Die HU berücksichtigt grundsätzlich alle gesetzlichen und durch das Land Berlin vorgegebenen Regelungen zum nachhaltigen Bauen bei den Baumaßnahmen, die in ihre Zuständigkeit fallen. Über der Wertgrenze von 5 Mio. Euro ist die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen für den Hochschulbau zuständig. Ein Schwerpunkt der baulichen Aktivitäten der HU liegt in der Grundsanierung ihres Baubestands . Dazu zählen beispielsweise Dach-, Fassaden- und Fenstersanierungen mit Verbesserung des sommerlichen und winterlichen Wärmeschutzes. Da der Baubestand der HU eine überdurchschnittlich große Zahl historischer Gebäude aufweist, die unter Denkmalschutz gestellt sind, sind oftmals nicht alle im Sinne der Nachhaltigkeit und hinsichtlich der Energieeinsparung wünschenswerten Maßnahmen umsetzbar. - - 2 2. Welcher über die Anforderungen der EnEV hinausgehende Energiestandard (z.B. Plusenergiestandard) wurde a) bei Bestandsmodernisierungen und b) bei Neubauvorhaben regelmäßig erreicht? Zu 2.: Bei allen bautechnischen Lösungen ist die Wirtschaftlichkeit zu beachten. Aktivitäten über die gesetzlichen Nachhaltigkeits- und Klimaschutzziele hinaus werden an der HU bei einzelnen Pilotprojekten realisiert, so im Falle der Erweiterung des Magazin- und Archivgebäudes in Adlershof, Wagner-Regeny-Straße. Hier werden die von der Energieeinsparverordnung (EnEV) geforderten Werte deutlich unterschritten. Eine Besonderheit stellt eine in die Fassade integrierte Photovoltaikanlage dar, die im Rahmen eines Forschungsprojektes errichtet wird, sobald die Förderzusage vom Bund vorliegt. Als Beispiel für die Umsetzung einer wirtschaftlichen Planung unter Einhaltung aller Vorgaben (Nutzung und Haushalt) und Übererfüllung von Zielwerten beim Wärmeverbrauch ist die durch die HU errichtete Sportforschungshalle auf dem Campus Nord zu nennen. Diese entspricht dem Standard eines Passivhauses (Baujahr 2011). 3. Wieviel Quadratmeter Photovoltaik wurden bei Bestandsgebäuden in den Jahren 2017 und 2018 montiert und in Betrieb genommen? Wie viel Prozent der Dachflächen der Humboldt-Universität sind mittlerweile mit Photovoltaikanlagen bestückt? Zu 3.: Im Bestand der durch die HU genutzten Gebäude werden gegenwärtig zwei Photovoltaik- Anlagen (PV-Anlagen) betrieben. In den Jahren 2017 und 2018 wurden keine weiteren Anlagen montiert. Im Rahmen der Umsetzung der Verpflichtungen aus den Hochschulverträgen (Verpflichtung der Hochschulen zur nachhaltigen Nutzung der Gebäude) sind sämtliche Dachflächen in diesen beiden Jahren hinsichtlich der Eignung zur Installation von PV-Anlagen überprüft worden. Hierbei sind zahlreiche geeignete Standorte identifiziert worden, die in den kommenden Jahren nach und nach bestückt werden sollen. Ausschlaggebend für den jeweiligen Beginn ist der Abschluss vorheriger Sanierungs- und konstruktiver Ertüchtigungsmaßnahmen an den Dachflächen. 4. Wieviel Quadratmeter Photovoltaik sollen bei Bestandsgebäuden noch bis einschließlich 2021 montiert und in Betrieb genommen werden? Wie viel Prozent der Dachflächen der Humboldt-Universität sollen bis einschließlich 2021 mit Photovoltaikanlagen bestückt sein? Zu 4.: Dachflächen, die sich im Ergebnis der durchgeführten Untersuchungen als grundsätzlich geeignet herausgestellt haben (Dachstatik geeignet, Stromverbrauchsprofil gestattet Eigenverbrauch, Anforderungen Denkmalschutz lösbar), werden systematisch weiter untersucht. Hierbei steht dann die wirtschaftliche Umsetzbarkeit im Vordergrund. Dabei lässt sich bei den gegenwärtigen Strompreisen bisher keine Wirtschaftlichkeit nachweisen. Unter Einbeziehung von beantragten Fördermitteln befindet sich gegenwärtig nur eine PV-Anlage in der konkreten Planung. Hierbei handelt es sich um eine Fassadenanlage mit organischer Photovoltaik (siehe Antwort 1). Die gegenwärtig aus wirtschaftlichen Gründen nicht umsetzbaren Planungen werden ständig evaluiert, sodass bei einer entsprechenden Entwicklung des Strompreises mit der Umsetzung begonnen werden kann. Dabei ist mit einem Zuwachs von zwei Anlagen pro Jahr mit einer Größe zwischen 200 und 1000 m² zu rechnen. Insgesamt beträgt die geeignete Dachfläche ca. 10.000 m². - - 3 5. Ist bei der Humboldt-Universität gewährleistet, dass bei Neubauten alle geeigneten Dachflächen mit Photovoltaik ausgestattet werden? (Bitte durch Senat beantworten.) Zu 5.: Soweit die Planungen von Gebäuden durch die HU vorgenommen werden – zukünftig auch bei Bauvorhaben > 5 Mio. Euro – wird die erhöhte Dachlast durch PV-Anlagen bei der Statik der Dächer berücksichtigt. 6. Welche konkreten Anforderungen aus dem Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm 2030 (BEK 2030) sind der Humboldt-Universität für den Umsetzungszeitraum 2017 bis 2021, welche für den Zeitraum bis 2030 durch den Senat angetragen worden und wie werden diese umgesetzt? (Bitte durch Senat beantworten.) Zu 6.: Nach Verabschiedung des Berliner Energie- und Klimaschutzprogramms 2030 (BEK 2030) durch das Abgeordnetenhaus im Januar 2018 hat die HU keine über die EnEV hinausgehenden Anforderungen erreicht. Bisher gibt es mit der HU noch keine Absprachen über ihren Beitrag zur Umsetzung des BEK 2030. Der Senat wird aber zu diesem Zweck auf die HU zugehen, ebenso wie auf andere wesentliche Akteurinnen und Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. 7. Welche Sanierungsquoten für die energetische Sanierung des Gebäudebestandes sind auf der Basis des BEK 2030 mit der Humboldt-Universität verabredet worden? Welche Sanierungsquoten sind bis 2021, welche bis 2030 vorgesehen? (Bitte durch Senat beantworten.) Zu 7.: Siehe Antwort 6. Eine derartige Verabredung gibt es bisher nicht. Gebäudesanierung und Sanierungsquoten sind aktuell aber ein Schwerpunkt der Arbeit des Klimaschutzrates. 8. Welche nachwachsenden Baustoffe wurden bei Modernisierungs- und insbesondere Neubauvorhaben 2017 und 2018 vermehrt durch die Humboldt-Universität eingesetzt? (z.B. natürliche Dämmstoffe, Holz, Lehm etc.) Zu 8.: Die HU hat beim Ausbau des Dachgeschosses des Hauses 9 auf dem Campus Nord in Abstimmung mit dem Denkmalschutz eine Brettstapeldecke und einen hölzernen Dachstuhl eingebaut. Die Dämmung der Dachflächen erfolgte mittels Holzfaserdämmstoffen. Letzteres Material wird auch beim zweistöckigen Dachgeschossausbau der Dorotheenstraße 28 zum Einsatz kommen. Bei Bodenbelagsarbeiten setzt die HU nach Möglichkeit Linoleum ein. - - 4 9. Welche Erfahrungen hat die Humboldt-Universität bereits mit dem konstruktiven Holzbau gesammelt? Zu 9.: Siehe Antwort 8. 10. Welche Vorhaben der Humboldt-Universität sollen bis 2021, welche bis 2030 in Holzbauweise umgesetzt werden? Zu 10.: Die HU plant zurzeit am Standort Adlershof einen Sporthallenneubau mit angeschlossenen Sport- und Seminarräumen für die Lehrkräfteausbildung überwiegend in Holzbauweise auszuführen. 11. Wie schätzt die Humboldt-Universität die Chancen der Umsetzung der Klimaziele des Landes Berlin bis 2030 für den Gebäudebereich und insbesondere für die Gebäude der Humboldt-Universität ein? Welche zusätzlichen Anstrengungen sind ggf. notwendig? Zu 11.: Für den Bereich der Wärmeversorgung ergibt sich aus den Anforderungen des BEK 2030 ein Zielwert für die Nutzung von Endenergie (witterungsbereinigt) von 28.400 MWh (Einsparziel 20%). Die HU hatte im Jahr 2016 einen witterungsbereinigten Wärmeverbrauch von 35.300 MWh. Dieser Wert ist seit 2010 trotz Inbetriebnahme zusätzlicher Anlagen und Ausweitung der genutzten Flächen nahezu konstant. Die HU geht davon aus, dass eine Zielerfüllung und Erhöhung der Einsparungen folgende zusätzlichen Maßnahmen erforderlich macht: 1. Optimierung des baulichen Wärmeschutzes bei allen Sanierungsmaßnahmen, insbesondere auch bei Gebäuden die unter Denkmalschutz stehen. 2. Bereitstellung von Mitteln zur Optimierung der Heizungsanlagen (Regelungstechnik). Hier auch die Möglichkeit des vorzeitigen Austauschs von Wärmeerzeugern. 3. Sanierung von Lüftungsanlagen zur Rückgewinnung von Wärme aus Abluft soweit noch nicht vorhanden. Im Bereich Strom müsste die HU im Jahr 2030 einen Zielverbrauch von 29.800 MWh erreichen. Gegenwärtig hat die HU einen Stromverbrauch (2016) von 37.600 MWh. Dieser Wert ist seit 2010 trotz Inbetriebnahme zusätzlicher Anlagen und Ausweitung der genutzten Flächen nahezu konstant geblieben. Die Schwerpunkte des Stromverbrauchs sind in der Gebäudeinfrastruktur und der Gebäudenutzung (z.B. Rechentechnik) zu sehen. Eine signifikante Absenkung ist auch bei Nutzung modernster Technologien im Rahmen von Bauvorhaben nicht zu erwarten, da gleichzeitig eine Vermehrung der stromverbrauchenden Anlagen und Geräte festzustellen ist. Insbesondere sind Großgeräte der Forschung und die gesamte Informationstechnologie (IT) in Zusammenhang mit dem Anstieg des Energieverbrauchs (einschließlich Kälte) zu nennen. Eine Kompensation der Einsparziele im Bereich Strom durch eine Übererfüllung im Bereich Wärmeenergie ist nur teilweise zu erwarten. - - 5 Für den Bereich Strom könnte folgende Maßnahmen zur einer Senkung bzw. Stabilisierung des Verbrauchs führen: 1. Bereitstellung von Finanzmitteln zur ständigen Optimierung / Erneuerung der verwendeten Geräte (insbesondere der IT) auch vor Ablauf der wirtschaftlichen Lebensdauer; 2. Sonderprogramm zur flächendeckenden Einführung energiesparender Beleuchtung (LED) in allen Gebäuden; 3. Austausch von Antrieben in Lüftungsanlagen und Kälteanlagen vor Ablauf der wirtschaftlichen Lebensdauer. Berlin, den 20. August 2018 In Vertretung Steffen Krach Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei - Wissenschaft und Forschung -