Drucksache 18 / 15 899 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tommy Tabor (AfD) vom 07. August 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. August 2018) zum Thema: Spandau: Register Spandau III und Antwort vom 17. August 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Aug. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 8 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Tommy Tabor (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/15 899 vom 07. August 2018 über Spandau: Register Spandau III ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Abgeordneten: Zu den Antworten auf die schriftliche Anfrage 18/15643: 1. Zu der Antwort auf Frage 2: Welche der aufgelisteten Vorfälle sind hier benannt (z.T. mehrere Vorfälle an einem Tag und Ort)? (Bitte konkretisieren) 1.1. Welche dieser Vorfälle/Straftaten wurden als PMK-rechts, -links, -ausländische Ideologie, - religiöse Ideologie bzw. - nicht zuzuordnen eingestuft? (Bitte begründen und nach Täterhintergrund – mit oder ohne Migrationshintergrund, ggf. welcher Migrationshintergrundaufschlüsseln ) 1.2. Bei wie vielen der o.g. Vorfälle wurde Strafanzeige gestellt? (Bitte auflisten nach Straftatbestand) 1.3. Bei wie vielen der o.g. Vorfälle wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und bei wie vielen wurde ein Ermittlungsverfahren abgeschlossen bzw. eingestellt? Bitte begründen) Zu 1. bis 1.3.: Grundlage für die Beantwortung der Anfrage bildet der „Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen Politisch motivierter Kriminalität“ (KPMD-PMK). Dabei handelt es sich entgegen der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) um eine Eingangsstatistik. Die Fallzählung erfolgt tatzeitbezogen, unabhängig davon, wann das Ermittlungsverfahren eingeleitet oder an die Staatsanwaltschaft abgegeben wurde. Die folgenden Angaben müssen keine Einzelstraftaten der Politisch motivierten Kriminalität (PMK) darstellen. Bei der Darstellung handelt es sich um Fälle. Ein Fall bezeichnet jeweils einen Lebenssachverhalt in einem engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit identischer oder ähnlicher Motivlage, unabhängig von der Zahl der Tatverdächtigen, der Tathandlungen, der Anzahl der verletzten Rechtsnormen oder der eingeleiteten Ermittlungsverfahren. Die Fälle der PMK unterliegen bis zum Abschluss der Ermittlungen – gegebenenfalls bis zum rechtskräftigen Gerichtsurteil – einer Bewertung gemäß der angenommenen Tätermotivation. Darüber hinaus können Fälle der PMK erst nach dem Statistikschluss bekannt und entsprechend gezählt werden. Deshalb kommt es Seite 2 von 8 sowohl unter- als auch überjährig immer wieder zu Fallzahlenänderungen. Es werden nur die Fälle gezählt, die gemäß den bundesweit verbindlichen Verfahrensregeln zur Erhebung von Fallzahlen im Rahmen des KPMD-PMK für Berlin statistisch zu zählen sind. Da die in der Chronik des Registers Spandau aufgelisteten Vorfälle nicht nummeriert sind, ist eine konkrete Zuordnung und Benennung nur an Hand des Datums sowie der jeweiligen Überschrift des Chronik-Eintrags möglich. Aussagen zum Migrationshintergrund der in der nachfolgenden Tabelle erfassten tatverdächtigen Personen sind dem Senat nicht möglich, da dieses Kriterium nicht im KPMD-PMK erfasst wird. Die Begründung für die Zuordnung zum jeweiligen Phänomenbereich ergibt sich aus dessen Definition im Definitionssystem Politisch motivierte Kriminalität: Der Politisch motivierten Kriminalität - rechts (PMK - rechts) werden Straftaten zugeordnet , wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie nach verständiger Betrachtung einer rechten Orientierung zuzurechnen sind, ohne dass die Tat bereits die Außerkraftsetzung oder Abschaffung eines Elementes der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zum Ziel haben muss. Der wesentliche Kerngedanke einer rechten Ideologie ist die Annahme einer Ungleichheit/Ungleichwertigkeit der Menschen. Insbesondere sind Taten dazuzurechnen, wenn Bezüge zu völkischem Nationalismus, Rassismus, Sozialdarwinismus oder Nationalsozialismus ganz oder teilweise ursächlich für die Tatbegehung waren. Der Politisch motivierten Ausländerkriminalität (PMAK) werden Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat oder der Erkenntnisse über den Täter Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die durch eine nichtdeutsche Herkunft geprägte Einstellung des Täters entscheidend für die Tatbegehung war, insbesondere wenn sie darauf gerichtet ist, Verhältnisse und Entwicklungen im In- und Ausland oder aus dem Ausland Verhältnisse und Entwicklungen in der Bundesrepublik Deutschland zu beeinflussen. Diese Definition war bis zum 31. Dezember 2016 gültig und wurde mit Wirkung vom 01. Januar 2017 durch die Definition der Politisch motivierten Kriminalität - ausländische Ideologie (PMK – AI) ersetzt. Politisch motivierter Kriminalität - ausländische Ideologie (PMK - AI) werden Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine aus dem Ausland stammende nichtreligiöse Ideologie entscheidend für die Tatbegehung war, insbesondere wenn sie darauf gerichtet ist, Verhältnisse und Entwicklungen im Inund Ausland zu beeinflussen. Gleiches gilt, wenn aus dem Ausland heraus Verhältnisse und Entwicklungen in der Bundesrepublik Deutschland beeinflusst werden sollen. Die Staatsangehörigkeit des Täters ist hierbei unerheblich. Jeder Sachverhalt kann immer nur einem Phänomenbereich zugeordnet werden. Ist der Sachverhalt nicht unter den Phänomenbereichen PMK - rechts, PMK - links, PMK - ausländische Ideologie oder PMK - religiöse Ideologie subsumierbar, ist der Phänomenbereich Politisch motivierte Kriminalität - nicht zuzuordnen (PMK - NZ) zu wählen. Seite 3 von 8 Jedem der hier aufgelisteten Fälle aus dem Register Spandau, der Eingang in den KPMD-PMK fand, liegt eine Strafanzeige zu Grunde. Mit Fertigung der Strafanzeige geht auch die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens einher. Nach Abgabe an die Staatsanwaltschaft Berlin erfolgt dort die weitere Bearbeitung. Die hier zu Grunde liegenden Straftatbestände sowie die Verfahrensausgänge sind der nachfolgenden Auflistung zu entnehmen. Bieten die Ermittlungen dabei keinen genügenden Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erfolgt die Einstellung nach § 170 Absatz (Abs.) 2 Strafprozessordnung (StPO). Seite 4 von 8 Tatzeit Chronik Überschrift Straftatbestand gemäß Strafanzeige Phänomenbereich Tatverdächtige Person Verfahrensausgang 2015 10.10.2015 Rassistischer Angriff auf dem Markt § 224 Strafgesetzbuch (StGB) Gefährliche Körperverletzung PMK - rechts Keine tatverdächtige Person bekannt Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO 11.11.2015 Rassistischer Angriff vor Unterkunft § 224 StGB PMK - rechts Keine tatverdächtige Person bekannt Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO 04.12.2015 Rassistischer Angriff mit Hund § 224 StGB PMK - rechts Keine tatverdächtige Person bekannt Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO 25.12.2015 Mitarbeiter einer Unterkunft für Geflüchtete verletzt § 223 StGB Körperverletzung PMK - rechts Keine tatverdächtige Person bekannt Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO 2016 11.01.2016 Homophob beleidigt, geschlagen und verletzt § 223 StGB PMAK Eine tatverdächtige Person Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO 26.03.2016 Mann und Frau rassistisch beleidigt und mit Messer verletzt § 224 StGB PMK - rechts Keine tatverdächtige Person bekannt Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO 29.07.2016 Auf Havelradweg homophob angegriffen § 224 StGB PMK - NZ Keine tatverdächtige Person bekannt Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO 23.08.2016 Einschussloch an Flüchtlingsunterkunft § 303 StGB Sachbeschädigung PMK - rechts Keine tatverdächtige Person bekannt Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO 14.12.2016 Rassistisch beleidigt und geschlagen § 223 StGB PMK - rechts Ein Täter 50 Tagessätze (TS) Geldstrafe 24.12.2016 Rassistisch beleidigt und bespuckt § 223 StGB PMK - rechts Ein Täter 150 TS Geldstrafe 2017 Seite 5 von 8 Tatzeit Chronik Überschrift Straftatbestand gemäß Strafanzeige Phänomenbereich Tatverdächtige Person Verfahrensausgang 04.05.2017 Rassistische Schmierereien in Polizeiakademie Spandau § 86a StGB Verwenden von Kennzeichen verfassungswidrig er Organisationen PMK - rechts Keine tatverdächtige Person bekannt Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO 18.08.2017 Aufkleber für "Hess- Gedenkmarsch" in der Wilhelmstadt § 303 StGB PMK - rechts Keine tatverdächtige Person bekannt Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO 19.08.2017 Neonazi-Gedenkzeremonie für Rudolf Heß Neonazi-Gedenkmarsch zum Todestag von Rudolf Heß NPD-Aufkleber am Bahnhof Spandau Demonstrant bei "Hess-Gedenkmarsch" angegriffen Es kam am 19. August 2017 anlässlich des Aufzuges „Mord verjährt nie! Gebt die Akten frei! Recht statt Rache!" zu 41 Straftaten, die polizeilich erfasst wurden. Darunter befinden sich 26 Straftaten die dem Phänomenbereich der PMK – rechts zugeordnet werden können sowie 15 Straftaten des Phänomenbereich PMK – links. Eine konkrete Zuordnung der im Register Spandau für diesen Tag erfassten vier Vorfälle zu den 41 erfassten Straftaten sowie den im Rahmen des KPMD-PMK erfassten Fälle, ist aufgrund der unspezifischen Angaben in der Chronik des Registers Spandau nicht möglich. 20.08.2017 Neun Personen durch Reizgas verletzt § 224 StGB PMK - AI Keine tatverdächtige Person bekannt Offen (laufende Ermittlungen) 16.09.2017 Mann in der Carl- Schurz-Straße geschlagen § 223 StGB PMK - rechts Keine tatverdächtige Person bekannt Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO 22.09.2017 Hitlergruß vor dem Büro der Spandauer Integrationslots_innen § 86a StGB PMK - rechts Keine tatverdächtige Person bekannt Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO 28.10.2017 Mann im S-Bahnhof § 223 StGB PMK - rechts Eine tatverdächtige Offen (Anklageerhebung) Seite 6 von 8 Tatzeit Chronik Überschrift Straftatbestand gemäß Strafanzeige Phänomenbereich Tatverdächtige Person Verfahrensausgang Spandau verfolgt und angegriffen Person 28.10.2017 Zweiter Angriff § 223 StGB PMK - rechts Eine tatverdächtige Person Offen (Anklageerhebung) 11.11.2017 Frau in der Lynarstraße beleidigt und angegriffen. § 223 StGB PMK - AI Keine tatverdächtige Person bekannt Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO Tag der Erhebung: 8. August 2018 Seite 7 von 8 2. Zu wie vielen Straftaten kam es anlässlich des Aufzuges „Mord verjährt nie! Gebt die Akten frei! Recht statt Rache!“ am 19.08.2017? (Bitte aufschlüsseln nach: Straftatbestand, PMK-rechts und PMK-links) Zu 2.: Um die Fallzahlen übersichtlich und in Teilbereichen vergleichbar darzustellen, erfolgt die Unterteilung in die Deliktsarten Gewaltdelikte, Propagandadelikte und sonstige Delikte. Gewaltdelikte sind Tötungsdelikte, Körperverletzungen, Brand- und Sprengstoffdelikte, Landfriedensbrüche, gefährliche Eingriffe in den Schiffs-, Luft-, Bahn- und Straßenverkehr, Freiheitsberaubung, Raub, Erpressung und Widerstandssowie Sexualdelikte einschließlich der Versuche. Propagandadelikte sind Verstöße gegen § 86 StGB (Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen) und gegen § 86a StGB (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen). Die sonstigen Delikte beinhalten alle weiteren Strafrechtsnormen des Strafgesetzbuches sowie der Strafrechtsnebengesetze, zum Beispiel Beleidigung gemäß § 185 StGB, Sachbeschädigung gemäß § 303 StGB oder Verstöße gegen das Versammlungsgesetz (VersG). PMK - rechts PMK - links Körperverletzung 10 8 Landfriedensbruch 1 2 Widerstandsdelikte 0 1 Gewaltdelikte gesamt 11 11 Propagandadelikte 9 0 Nötigung/Bedrohung 0 1 Sachbeschädigung 1 0 Versammlungsgesetz 5 3 sonstige Delikte gesamt 6 4 Fallaufkommen insgesamt 26 15 Tag der Erhebung: 8. August 2018 Fallaufkommen im Zusammenhang mit der Demonstration am 19.08.2017 3. Wie hoch sind die finanziellen Zuwendungen seit 2010? (Bitte aufschlüsseln nach 2010 bis 2017 sowie Personal- und Projektbezogene Mittel) Zu 3.: Die Höhe der finanziellen Zuwendungen für das Projekt Registerstelle Spandau des Trägers Gesellschaft für Interkulturelles Zusammenleben (GIZ) eingetragener Verein stellt sich für die Jahre 2010 bis 2017 wie folgt dar: Seite 8 von 8 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Person alkosten / / / / 1.715,91 5.496,19 8.514,24 11.316,00 Sachkosten / / / / 5.832,88 2.053,64 3.533,14 3.958,60 Zuwend -ung Gesamt / / / / 7.548,79 7.549,83 12.047,38 15.274,60 Angaben in Euro Berlin, den 17. August 2018 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport