Drucksache 18 / 15 948 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katrin Vogel (CDU) vom 06. August 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. August 2018) zum Thema: Wohnungslosen- bzw. Flüchtlingsunterbringung zu Lasten der Schwächsten? und Antwort vom 20. August 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Aug. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales Frau Abgeordnete Katrin Vogel (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/15948 vom 06. August 2018 über Wohnungslosen- bzw. Flüchtlingsunterbringung zu Lasten der Schwächsten? ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Entsprechen Medienberichte der Wahrheit, dass in Köpenick eine siebenköpfige Familie in einer 44 Quadratmeter-Wohnung untergebracht wurde? 2. Handelt es sich hierbei um eine wohnungslose Familie oder um eine Flüchtlingsfamilie? 3. Stehen im Bezirk Treptow-Köpenick keine anderen und besseren Unterbringungsmöglichkeiten für eine siebenköpfige Familie zur Verfügung? 4. Wie bewertet der Senat diese Unterbringung? Sind die entsprechenden Richtlinien des Senates dazu eingehalten? 6. Stimmen die Medienberichte in der Hinsicht, dass der Senat für eine 44 Quadratmeter große Wohnung, die mit 7 Personen belegt ist, im konkreten Fall an den privaten Vermieter Matthias Große 6.000 € pro Monat bezahlt? 8. Wenn die Angaben nicht stimmen sollten oder im konkreten Fall aus Datenschutzgründen dazu keine Angaben gemacht werden, wie viel würde für eine vergleichbare Wohnung mit Belegung von 7 Flüchtlingen bzw. Wohnungslosen bezahlt werden? 9. Wie viele Menschen sind in der Unterkunft, die durch Matthias Große betrieben wird, untergebracht (bitte aufgegliedert nach Wohnungslosen und Flüchtlingen)? Zu 1. bis 4., 6., 8. und 9.: Der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales liegen keine eigenen Erkenntnisse vor. Die Bezirksämter sind gemäß Nr. 19 2 Zuständigkeitskatalog des Allgemeinen Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin (ASOG Bln) verantwortlich für die Ordnungsaufgaben bei Obdachlosigkeit soweit keine Zuständigkeit für Asylbewerberinnen und Asylbewerber sowie Ausländerinnen und Ausländer beim Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) besteht. Die ordnungsrechtliche Aufgabe der Unterbringung in Notunterkünfte dient dem Schutz vor Selbstgefährdung des Lebens bzw. der Gesundheit der wohnungslosen Personen. Ferner ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die Belegung eine bezirksübergreifende Aufgabe darstellt. Die Bezirke weisen den wohnungslosen Personen im gesamten Stadtgebiet Einrichtungen oder Unterkünfte nach. Hierzu besteht eine Rahmenvereinbarung zwischen den Berliner Bezirken und der Berliner Unterbringungsleitstelle (BUL) des Landesamts für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) die zuletzt mit Wirkung zum 01.01.2014 gefasst worden ist. Die Aufgabe ist mit dem Errichtungsgesetz zum 01.08.2016 zum LAF übergegangen. Da die Fragestellerin Bezug auf eine Unterkunft in Treptow-Köpenick nimmt, wurde der Bezirk um Stellungnahme gebeten. Im Bezirk Treptow-Köpenick gibt es insgesamt zwölf bezirkliche, in der BUL gelistete Einrichtungen, vier dieser Einrichtungen gehören zur Unternehmensgruppe Matthias Große. Die Unternehmensgruppe stellt im Bezirk 300 Unterkunftsplätze zur Verfügung. Alle von Treptow-Köpenick in der BUL gelisteten Einrichtungen werden regelmäßig und im Beschwerdefall durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bezirksamtes begangen und erfüllen den vertraglich festgelegten Standard. Die Unterbringung erfolgt in allen bezirklichen Einrichtungen der BUL nach Tagessätzen pro Person zu einem mit dem Bezirk ausgehandelten Tagessatz. Im Rahmen der BUL werden die Plätze durch alle Bezirke belegt. Deswegen ist dem Bezirk nicht bekannt, ob bzw. welcher Bezirk dort eine siebenköpfige Familie untergebracht hat. 5. Was fordern die Standards und Richtlinien des Senates für die Unterbringung von Wohnungslosen und von Flüchtlingen? Was bezahlt der Senat pro Person und pro Tag für die Unterbringung (bitte Angaben für Wohnungslose und für Flüchtlinge)? Zu 5.: Die Frage wird bezogen auf die im Auftrag des LAF in Berlin betriebenen Aufnahmeeinrichtungen nach §§ 44 ff Asylgesetz (AsylG) und Gemeinschaftsunterkünfte nach § 53 AsylG wie folgt beantwortet: Gemäß der baulichen und funktionalen Qualitätsanforderungen an Unterkünfte des LAF beträgt die Mindestfläche für ein Ein-Bett-Zimmer 10 m² und für ein Zwei-Bett-Zimmer 15 m². Je weiterem Bett erhöht sich die Mindestzimmergröße um 6 m², gleiches gilt bei der Unterbringung eines Kindes unter 6 Jahren im Elternschlafzimmer. In der Regel sollen Zwei-Bett-Zimmer vorgehalten werden, Mehr-Bett-Zimmer sind die Ausnahme. Hinzu kommen bei einer Unterkunft mit Appartementstrukturen Bad und Küche als abgeschlossene Räume bzw. in Unterkünften ohne Appartementstrukturen gemeinschaftlich genutzte Sanitär-, Küchen- und Aufenthaltsräume. Die durchschnittlichen Kosten pro Person und Tag in Unterkünften des LAF betrugen im März 2018 25,08 €. Hierin sind die Miete, Nebenkosten, sonstige gebäudebezogene Kosten, Ausstattung, Beratung und Betreuung, Sicherheitsdienstleistungen und bei Aufnahmeeinrichtungen auch die Verpflegung enthalten. In den Unterkünften des LAF wohnen Asylbewerberinnen und Asylbewerber sowie Personen, deren Asylantrag bereits entschieden wurde, die jedoch bisher keine Wohnung finden konnten. 3 In Bezug auf die Unterkünfte für Wohnungslosigkeit in bezirklicher Zuständigkeit bestehen Mindeststandards, die in der Rahmenvereinbarung über Serviceleistungen der BUL geregelt sind. Die Rahmenvereinbarung umfasst u. a. Standards über die Mindestanforderungen zu Art der Räumlichkeiten, zu Belegungsdichte je Zimmer, zur Mindestfläche, zur Ausstattung der Zimmer, zur Küchenausstattung/Waschmöglichkeiten und zu den Sanitärräumen. Es ist darüber hinaus festzustellen, dass in den Bezirken nicht statistisch erfasst wird, zu welchem Tagessatz eine Person untergebracht wird. 7. Wie bewertet der Senat diese Tatsache? 10. Sieht der Senat Handlungsbedarf und wenn ja, welchen und wenn nein, warum nicht? Zu 7. und 10.: Die angespannte Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt und die Tatsache, dass aktuell nicht ausreichend Unterkünfte in der angestrebten Qualität zur Verfügung stehen, führen dazu, dass sowohl das LAF als auch die Bezirke einen stetigen Bedarf nach zusätzlichen Unterkünften decken müssen, was nachfrageseitig in eine Wettbewerbssituation mündet. Dies begünstigt wiederum die Verhandlungsposition der auf der Angebotsseite agierenden Betreiberinnen und Betreiber entsprechender Unterkünfte. Dieser Situation soll perspektivisch durch eine gesamtstädtische Kapazitäts- und Belegungssteuerung entgegengewirkt werden, indem die Zuständigkeit für die Kapazitätsplanung und Akquise neuer Unterkünfte landesweit bei einer Behörde zentralisiert werden. Dementsprechend hat der Senat am 17.07.2018 das Projekt zur Umsetzung der gesamtstädtischen Steuerung beschlossen. Mit diesem Projekt sollen Strukturen geschaffen werden, die ein gesamtstädtisches Handeln bei der qualitätsgesicherten und bedarfsgerechten Versorgung wohnungsloser oder von Wohnungslosigkeit bedrohter Menschen ermöglichen. Berlin, den 20. August 2018 In Vertretung Alexander F i s c h e r _____________________________ Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales