Drucksache 18 / 15 988 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Hanno Bachmann (AfD) vom 14. August 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. August 2018) zum Thema: Berlin ist die Hauptstadt der Organisierten Kriminalität – was unternimmt der Senat? und Antwort vom 29. August 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Sep. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 7 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Hanno Bachmann (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/15988 vom 14. August 2018 über Berlin ist die Hauptstadt der Organisierten Kriminalität – was unternimmt der Senat? ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Ausweislich des Bundeslagebildes OK für 2017 ist Berlin die Hauptstadt der OK. In keinem Bundesland gibt es in Relation zur Bevölkerungszahl mehr Ermittlungskomplexe aus dem Bereich der OK als hier. Gegenüber 2016 war ein weiterer Anstieg der Ermittlungskomplexe um über 10 % zu verzeichnen. Welche Ursachen sieht der Senat für die überproportionale Präsenz der OK in Berlin (auch im Vergleich zu anderen Stadtstaaten) und welche Gegenmaßnahmen struktureller Art gedenkt er deswegen zu ergreifen? Zu 1.: Die Anzahl der Ermittlungskomplexe, die der Organisierten Kriminalität (OK) zugerechnet werden, bewegt sich ausweislich des Bundeslagebildes OK sowohl im Bundesgebiet als auch in Berlin auf gleichbleibendem Niveau. Auch die Zahlen des Jahres 2017 bewegen sich innerhalb dieser statistischen Schwankungsbreite. Zur Verdeutlichung werden die entsprechenden Vergleichszahlen nachfolgend aufgeführt: 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Bund 579 606 589 568 580 571 566 563 572 Berlin 81 78 68 48 62 57 53 61 68 Quellen: Bundeslagebild OK 2009-2017 OK ist in der Regel von ihrer überregionalen, zumeist sogar internationalen Ausrichtung geprägt und lässt sich weder vom Handlungsraum noch von der Tatverdächtigenstruktur her regional begrenzen. Die Zahlen des Bundeslagebildes in Bezug auf die geführten Ermittlungskomplexe treffen zunächst lediglich eine Aussage darüber, in welchem Bundesland die Ermittlungen geführt wurden und spiegeln nicht das Ausmaß der tatsächlichen regionalen Betroffenheit durch OK wider. Aussagen über Umstände für die Entstehung bzw. regionale Konzentration von OK wären aufgrund der unüberschaubaren Anzahl der Einflussfaktoren und fehlender Forschungsergebnisse höchst spekulativ und werden vom Senat daher nicht Seite 2 von 7 getroffen. Anzumerken ist jedoch, dass das Lagebild OK ausschließlich Aussagen über das sogenannte Hellfeld, das heißt bekannt gewordene Straftaten durch kriminelle Strukturen, treffen kann. Da OK der sogenannten Kontrollkriminalität zuzuordnen ist und somit nur dort statistisch erfasst werden kann, wo polizeiliche Ermittlungshandlungen aktiv eingeleitet werden, ist das Fallzahlenniveau vor allem dort besonders hoch, wo eine Schwerpunktsetzung mit entsprechendem Ressourceneinsatz vorgenommen wurde. Die Bekämpfung der OK stellt seit Jahren einen Schwerpunkt für die Polizei Berlin dar und wurde bereits im Rahmen der Neustruktur des Landeskriminalamtes Berlin zum 1. Januar 2015 besonders berücksichtigt. Sie erfolgt durch die Polizei Berlin in enger Abstimmung mit den Bundesbehörden, den Behörden der allgemeinen Verwaltung und vor allem mit der Staatsanwaltschaft Berlin. Die Bündelung von Kompetenzen sowie ein regelmäßiger Informationsaustausch und Wissenstransfer sind wichtige Erfolgsfaktoren bei der Bekämpfung der OK. Auch bei der Staatsanwaltschaft Berlin ist zur Bekämpfung der OK eine organisatorische Schwerpunktsetzung erfolgt. Weitere Ausführungen dazu sind der Schriftlichen Anfrage Drucksache Nr. 18/10028 zu entnehmen. 2. Wie verteilen sich die 68 im Bereich OK in Berlin geführten Ermittlungskomplexe auf die einzelnen Kriminalitätsbereiche? Zu 2.: Die Verteilung der 68 in Berlin geführten OK-Ermittlungskomplexe im Jahr 2017 auf die jeweiligen Kriminalitätsbereiche ist nachfolgender Tabelle zu entnehmen: Kriminalitätsbereich Anzahl Komplexe Anteil in Prozent (%) Eigentumskriminalität 20 29,4 Rauschgifthandel und –schmuggel 15 22,1 Kriminalität im Zusammenhang mit dem „Nachtleben“ 11 16,2 Fälschungskriminalität 6 8,8 Gewaltkriminalität 6 8,8 Zoll-/ Steuerdelikte 6 8,8 Schleuserkriminalität 2 2,9 Kriminalität im Zusammenhang mit dem Wirtschaftsleben 1 1,5 Cybercrime 1 1,5 Quelle: LageWebApplikation (LaWA) 3 Wie viele der 2017 im Bereich Organisierte Kriminalität in Berlin geführten Ermittlungskomplexe richteten sich gegen von einer bestimmten Nationalität / Herkunftsregion dominierte Gruppierung, und um welche Nationalität / Herkunftsregion handelt es sich jeweils? Wie viele Gruppierungen sind von deutschstämmigen Straftätern dominiert und wie viele von ausländischen Straftätern bzw. solchen mit Migrationshintergrund? Zu 3.: In der jährlichen Erfassung und Auswertung der OK-Komplexe wird unterschieden in die dominierende Nationalität/Staatsangehörigkeit einer Gruppierung sowie die Nationalitäten der beteiligten Tatverdächtigen. Als Auswertekriterium wird dabei ausschließlich die Staatsangehörigkeit herangezogen. Der Migrationshintergrund wird nicht erhoben. Die dominierende Nationalität der OK-Gruppierungen der durch die Polizei Berlin Seite 3 von 7 geführten Ermittlungskomplexe ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen: dominierende Nationalität Anzahl der Ermittlungskomplexe Deutschland 14 Bulgarien 8 Türkei 6 GUS*-Bürger/Russische Föderation 5 Ungeklärt 5 Polen 4 Ukraine 3 Rumänien 3 Serbien 3 *Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (Verbindung von elf souveränen Staaten, die früher Teil der UdSSR waren) Ungeachtet der tatsächlichen Staatsangehörigkeit erfolgte eine gesonderte Auswertung zu zwei dominierenden Herkunftsethnien für die Berliner Ermittlungskomplexe der OK für das Berichtsjahr 2017. Dabei handelte es sich um russisch-eurasische sowie arabischstämmige Tatverdächtige. Zu russischeurasischen Gruppierungen wurden 17 Ermittlungskomplexe geführt, zu arabischstämmig dominierten Gruppierungen 13 Komplexe. 4. Gegen wie viele Tatverdächtige wurde in Berlin im Jahr 2017 im Bereich OK ermittelt und welche Nationalität haben diese Personen (bitte auflisten)? Wie viele der deutschen Tatverdächtigen haben dabei einen Migrationshintergrund oder, falls hierzu keine Informationen vorliegen, wie viele haben eine abweichende Geburtsstaatsangehörigkeit? Zu 4.: In Berlin wurden insgesamt 552 Tatverdächtige ermittelt, deren Nationalität sich zum Zeitpunkt der Ermittlungen wie nachfolgend aufschlüsselt: Nationalität Anzahl der Tatverdächtigen Anteil in % Deutschland 141 25.5 Polen 55 10.0 Bulgarien 53 9.6 Türkei 51 9.2 Litauen 48 8.7 Ukraine 34 6.2 Russische Föderation 21 3.8 Ungeklärt 19 3.4 Serbien 14 2.5 Georgien 11 2.0 Rumänien 11 2.0 Nigeria 10 1.8 Libanon 9 1.6 Armenien 8 1.4 Lettland 8 1.4 Syrien 8 1.4 Irak 7 1.3 Staatenlos 6 1.1 Ungarn 4 0.7 Seite 4 von 7 Albanien 3 0.5 Frankreich 3 0.5 Iran 3 0.5 Japan 3 0.5 Kasachstan 3 0.5 Vereinigte Arabische Emirate 3 0.5 Bosnien und Herzegowina 2 0.4 Libyen 2 0.4 Aserbaidschan 1 0.2 Bangladesch 1 0.2 Dänemark 1 0.2 Gambia 1 0.2 Großbritannien 1 0.2 Italien 1 0.2 Kolumbien 1 0.2 Marokko 1 0.2 Niederlande 1 0.2 Pakistan 1 0.2 Portugal 1 0.2 USA 1 0.2 Quelle: LageWebApplikation (LaWA) Die Erfassung eines Migrationshintergrundes erfolgt nicht, jedoch verfügen insgesamt 19 deutsche Tatverdächtige über die nachfolgenden abweichenden Geburtsstaatsangehörigkeiten: Russische Föderation (sieben Tatverdächtige), Türkei (fünf Tatverdächtige), Libanon (zwei Tatverdächtige), Ukraine (zwei Tatverdächtige), Montenegro, Albanien und Bosnien-Herzegowina (je ein Tatverdächtiger). 5. Ausweislich seiner Antworten auf die Anfrage 18/13851 hat der Senat keinerlei Kenntnis über die Umsätze, das Immobilienvermögen und die Höhe von Investitionen in legale Wirtschaftsbereiche von OK-Gruppierungen, die aus kriminellen Mitgliedern von Großfamilien ethnisch abgeschotteter Subkulturen bestehen. Ebenso wenig hat er Kenntnis über die von diesen Gruppen verübte Einschüchterungen und Bedrohungen von u.a. Staatsbediensteten und Zeugen. Sieht der Senat sich angesichts der eingestandenen Unkenntnis wesentlicher Fakten veranlasst, ein Lagebild Clan- Kriminalität in Auftrag zu geben (wie inzwischen seitens der Landesregierung NRW und des Bundes geschehen)? Falls nein, weshalb hält der Senat ein solches spezielles Lagebild für entbehrlich? Zu 5.: Die Beantwortung der Drucksache 18/13581 über Arabische Mafia-Clans in Berlin erfolgte gemäß der in der Anfrage verwendeten Begriffe „arabisch organisierte Kriminalität (AOK) und „Mafiakriminalität“, welche mangels bundesweit einheitlicher Definition polizeilich keine Verwendung finden. Auch zu den Begriffen „Großfamilie“ und „Clan“ sowie „Clankriminalität“ existieren bundesweit keine einheitlichen Definitionen. Sie werden mangels inhaltlicher Bestimmtheit daher nicht durch die Polizei Berlin verwendet. Unter Mitwirkung der Polizei Berlin wird derzeit jedoch an einer bundeseinheitlichen Definition für den Begriff „Clankriminalität“ im Zusammenhang mit OK gearbeitet. Ermittelt wird grundsätzlich gegen einzelne Straftäter oder Gruppierungen unabhängig von einer etwaigen Familienzugehörigkeit. Familienstrukturen werden durch die Polizei Berlin statistisch nicht erfasst. Seite 5 von 7 Die Erstellung von Lagebildern ist nur ein mögliches Instrument für zielgerichtetes polizeiliches Handeln. Lagebilder haben sich aufgrund eines hohen Bearbeitungsaufwandes und des damit einhergehenden zeitlichen Verzuges nicht in jedem Phänomenbereich der Kriminalität als aussagekräftig erwiesen. Für den Bereich der OK hat sich gezeigt, dass vor allem die ständige Auswertung bedeutender Kriminalitätsphänomene hinsichtlich ihrer OK-Relevanz unterhalb der Schwelle eines formalisierten Lagebildes besser geeignet ist, um Schwerpunkte und potentiell zukünftige Brennpunkte zu erkennen und daran ausgerichtet angemessene Maßnahmen durchzuführen. 6. Gibt es Aussteigerprogramme für – kriminelle wie nicht-kriminelle – Angehörige der in Frage Nr. 5 genannten Großfamilien? Gibt es insbesondere solche Aussteigerprogramme für die weiblichen Angehörigen dieser Familien? Falls ja, in welchem Umfang wurden diese Programme seit 01.01.2010 in Anspruch genommen? Zu 6.: Institutionalisierte behördliche Ausstiegsprogramme für derartige Fälle existieren nicht. Im Bedarfsfall können einzelfallbezogene, individuelle Hilfsangebote nichtstaatlicher Organisationen vermittelt werden. Eine statistische Erfassung erfolgt dazu nicht. Bei Vorliegen konkreter, individueller Gefährdungslagen bietet die Polizei Berlin für Personen, die sich von kriminellen Gruppierungen lösen wollen, Zeugenschutzprogramme an. 7. Welche Erkenntnisse liegen dem Senat über Zwangsheiraten im Sinne des § 237 StGB unter Beteiligung von Angehörigen solcher Großfamilien, sei es als Opfer oder als Täter, vor? Zu 7.: Hinsichtlich des Begriffes der „Großfamilie“ wird zunächst auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. Ausweislich der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) 2017 gab es in Berlin insgesamt 13 angezeigte Fälle von Zwangsheirat. In keinem dieser Fälle wurden Bezüge zu Tatverdächtigen, die der Organisierten Kriminalität zugerechnet werden, festgestellt. 8. In wie vielen Fällen wurden Eltern, die solchen Großfamilien angehören, seit 2010 das Sorgerecht entzogen? In wie vielen Fällen wurde dies versucht? Sieht der Senat es als eine den Sorgerechtsentzug rechtfertigende Gefährdung des Kindeswohls an, wenn Kinder durch ihre Eltern und weitere Familienangehörige systematisch zu Kriminellen erzogen werden? Zu 8.: Es erfolgt keine statistische Erhebung im Sinne der beiden ersten Fragestellungen. Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Familie oder Verwandtschaft mit Personen, die sich strafbar gemacht haben, sind keine Umstände, welche die Entziehung des Sorgerechtes implizieren. Ob und in welcher Form kindeswohlgefährdendes Erziehungsverhalten vorliegt und Maßnahmen zu treffen sind, muss in jedem Einzelfall gemäß der vorgegebenen Verfahrenswege sorgfältig vom Jugendamt und Familiengericht geprüft werden. 9. Gibt es neben Neukölln weitere Bezirke, in denen die Behörden koordiniert unter Beteiligung des Ordnungsamtes, der Polizei, der AIGA, der Finanz-, der Sozialbehörden und der Staatsanwaltschaft (Staatsanwalt vor Ort) gegen die Clan-Kriminalität vorgehen? Zu 9.: Eine strukturierte behördenübergreifende Zusammenarbeit im Sinne von turnusmäßigen anlassunabhängigen Besprechungen zur strategischen Abstimmung findet Seite 6 von 7 derzeit ausschließlich mit dem Bezirksamt Neukölln statt. Darüber hinaus erfolgen in Einzelfällen koordinierte Einsätze in Abstimmung mit allen Bezirksverwaltungen. Durch die Staatsanwaltschaft Berlin ist zudem die Ausweitung des Projektes „Staatsanwalt vor Ort“ vorgesehen. 10. Hat der Senat Erkenntnisse über Verflechtungen und Kooperationen der in Frage Nr. 5 genannten Berliner Gruppierungen mit Gruppierungen aus anderen Bundesländern, insbesondere mit solchen aus den Bundesländern NRW, Bremen und Niedersachsen? Falls ja, wie intensiv ist diese länderübergreifende Zusammenarbeit? Zu 10.: Seitens der in Berlin wohnhaften arabischstämmigen Mitglieder krimineller Strukturen - auch aus dem OK-Bereich – bestehen mitunter familiäre Bezüge zu Personen, die in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Bremen und Niedersachsen wohnen. Polizeiliche Erkenntnisse über dauerhafte strukturelle Beziehungen im strafrechtlich relevanten Bereich sind nicht vorhanden. Soweit in einzelnen Ermittlungsverfahren solche Beziehungen strafrechtliche Wirkung im Sinne einer Tatunterstützung oder Mittäterschaft entfalten, werden die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen über die zuständigen Landeskriminalämter koordiniert. Darüber hinaus ist die Polizei Berlin im Rahmen des durch das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen geführten und durch die Europäische Union finanzierten Projektes „Kriminalitäts- und Einsatzschwerpunkte geprägt durch ethnisch abgeschottete Subkulturen“ (KEEAS) an einem ständigen Informationsaustausch beteiligt. 11. Gemäß Schätzung des BKA beläuft sich das Personenpotential der in Rede stehenden Clan- Familien bundesweit auf 200.000 Familienmitglieder (auch Nicht-Kriminelle eingeschlossen). Wie groß ist das Personenpotential der in Berlin ansässigen Clans? Zu 11.: Die Polizei Berlin führt derartige Schätzungen nicht durch. Siehe dazu auch Antwort zur Frage 5. 12. Ausweislich der Aussage von KD Dirk Jacob (LKA 4) in der Sitzung des Innenausschusses vom 23.04.2018 beziehen sich alle gegen Angehörige der Russischen Föderation geführten Berliner OK-Ermittlungskomplexe letztlich auf Tschetschenen. Welche Erkenntnisse liegen dem Senat darüber vor, auf welchem Wege diese Personen nach Deutschland eingereist sind und hier ihren Aufenthalt verfestigt haben? Wie viel Prozent der einer OK-Gruppierung angehörenden tschetschenischen Tatverdächtigen sind Asylbewerber? Zu 12.: Es liegen dem Senat Erkenntnisse vor, dass häufig der Landweg über Weißrussland und Polen zur Einreise nach Deutschland genutzt wird. Die Reisewege werden statistisch nicht erfasst. Innerhalb der statistischen Erhebung zur Organisierten Kriminalität erfolgt keine Erfassung zum aufenthaltsrechtlichen Status. 13. Ist bei tschetschenischen Tatverdächtigen im Bereich OK in Berlin eine hohe Gewaltbereitschaft festzustellen, und falls ja, beruht diese auch darauf, dass die betreffenden Personen Kampferfahrung aus den Tschetschenienkriegen mitbringen? Zu 13.: Auf Grund der Erfahrungen aus in Berlin geführten Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit OK kann bei tschetschenischen Tatverdächtigen gegenüber anderen OK-Gruppierungen eine höhere Gewaltbereitschaft festgestellt werden. Über die diesbezüglichen Ursachen bestehen bei der Polizei Berlin keine validen Seite 7 von 7 Erkenntnisse. Es wurden in der Vergangenheit auch zahlreiche tschetschenische Gewalttäter ermittelt, die polizeilichen Erkenntnissen zufolge nicht über Kampferfahrung aus kriegerischen Konflikten verfügten. 14. Welche Maßnahmen hat der Senat ergriffen, um das im Juli 2018 auf Bundesebene ausgesprochene Verbot der Gruppierung „Osmanen Germania BC“ in Berlin durchzusetzen und gegen wie viele Personen richteten sich diese Maßnahmen? Zu 14.: Das einzige in Berlin bekannte Chapter des „Osmanen Germania BC“ ist seit dem 25. Juni 2016 aufgelöst. Ehemalige Mitglieder des Chapters schlossen sich in gleicher personeller Zusammensetzung unter dem Namen „Elite Nation“ der „Guerilla Nation“ an. Die „Elite Nation“ löste sich im Oktober 2016 nach dem Mord an einem Mitglied der Guerilla Nation Legion Ost und dem Mord am „President“ des „Hells Angels MC Giessen“ auf. Somit hatte das bundesweite Verbot des „Osmanen Germania BC“ in Berlin keine Auswirkungen. Seitens der Polizei Berlin wurden keine polizeilichen Maßnahmen in diesem Zusammenhang getroffen. 15. Gibt es neben den Spezialisten für Wirtschaftsstrafverfahren weitere spezialisierte Staatsanwälte für im Bereich der OK zu führende Strafverfahren? Zu 15.: Ja. Siehe dazu Antwort zu Frage 1 und Drucksache Nummer 18/10028. Alle in den Abteilungen 251, 254, 255 und 257 eingesetzten Staatsanwältinnen und Staatsanwälte verfügen über die für die Bearbeitung von OK-Verfahren erforderlichen besonderen Kenntnisse und Erfahrungen. Einige fungieren innerhalb der Staatsanwaltschaft Berlin als zentrale Ansprechstelle für spezielle Themen, wie Menschenhandel oder für fallspezifische IT-bezogene Fragen und sind dabei sowohl beratend als auch fortbildend tätig. 16. Wie viele Ermittlungskomplexe aus dem Bereich der OK wurden in den Jahren 2016 und 2017 in Berlin zur Anklage gebracht und wie viele wurden gerichtlich - rechtskräftig oder zumindest erstinstanzlich - abgeschlossen? Wie viel Prozent der Angeklagten wurden dabei verurteilt? Wie viele unter den Verurteilten waren Erst– und wie viele Wiederholungstäter? Wie oft erfolgte eine Verurteilung dabei auch gemäß § 129 StGB? Zu 16.: Eine statistische Erhebung im Sinne der Fragestellung erfolgt durch die Strafverfolgungsbehörden nicht. OK-Ermittlungskomplexe beinhalten regelmäßig eine Vielzahl von Einzelverfahren, in denen zu unterschiedlichen Zeitpunkten Klageerhebungen und Verurteilungen erfolgen können. Weiterhin kommt es regelmäßig zur Abtrennung von einzelnen Verfahren bzw. zur Hinzuziehung von Verfahren aus anderen Ermittlungskomplexen. Eine Zuordnung von Anklagen und Urteilen zu den einzelnen OK-Komplexen sowie ein zahlenmäßiger Jahresvergleich sind daher nicht möglich. Berlin, den 29. August 2018 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport