Drucksache 18 / 16 004 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Bettina Jarasch (GRÜNE) vom 13. August 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. August 2018) zum Thema: Leistungen für Geflüchtete und Antwort vom 30. August 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Sep. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales Frau Abgeordnete Bettina Jarasch (Bündnis 90/Die Grünen) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/16004 vom 13.08.2018 über Leistungen für Geflüchtete ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1) Derzeit leben aufgrund des Wohnungsmangels in Berlin viele Geflüchtete, deren Wohnsitzverpflichtung nicht mehr besteht, dennoch in Unterkünften mit Vollverpflegung (EAE). Ihnen steht entweder der aktuelle Grundleistungsbetrag zu oder aber, falls sie in solchen Unterkünften nur Taschengeld nach § 3 AsylbLG erhalten, zusätzlich ein monatliches Bekleidungsgeld (laufender Ergänzungsbedarf). a) In welcher Form und Höhe erfolgt die Leistungsgewährung für den persönlichen Bedarf, Kleidung und Schuhe jeweils (bitte den zur Auszahlung kommenden Gesamtbetrag, aufgegliedert nach Regelbedarfsstufen und EVS-Positionen, ggf. getrennt nach Aufnahmeeinrichtungen und sonstigen Unterkünften, für EmpfängerInnen von Leistungen nach § 3 AsylbLG mit Stand 1.1.2018 aufführen)? b) Erfolgt die Auszahlung des Bedarfs für Kleidung und Schuhe monatlich oder halbjährlich im Voraus? c) Erfolgt die Leistungsgewährung für Kleidung und Schuhe von Amts wegen oder nur auf Antrag? Falls nur auf Antrag: Wie wird sichergestellt, dass die Geflüchteten die ihnen zustehenden Leistungen regelmäßig erhalten? Zu 1) a) bis c): Geflüchtete, die nicht mehr verpflichtet sind, in der Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, die jedoch aufgrund der Situation am Wohnungsmarkt weiterhin in einer Unterkunft mit Vollverpflegung wohnen und nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) leistungsberechtigt sind, erhalten (neben dem Geldbetrag zur Deckung der notwendigen persönlichen Bedarfe (sog. Taschengeld)) vorrangig Geldleistungen zur Deckung des notwendigen Bedarfes an Ernährung, Kleidung, Gesundheitspflege und Ge- und Verbrauchsgütern des Haushaltes. 2 Von diesem Betrag werden diejenigen Bedarfe abgezogen, die bereits durch die Unterbringung in einer Vollverpflegungseinrichtung als Sachleistung gedeckt werden, also regelmäßig der Anteil für Ernährung. Die Abzugsbeträge sind in der nachfolgenden Tabelle aufgeführt. Der Anteil für Bekleidung wird hingegen nicht aus den Leistungen für den notwendigen Bedarf abgezogen. Bedarf RBS 1 RBS 2 RBS 3 RBS 4 RBS 5 RBS 6 Notwendiger Bedarf 219,00 Euro 196,00 Euro 176,00 Euro 200,00 Euro 159,00 Euro 135,00 Euro Abzugsbetrag Abteilung 1 - Ernährung 128,46 Euro 115,61 Euro 102,77 Euro 124,02 Euro 96,55 Euro 78,67 Euro RBS=Regelbedarfsstufe Ausschließlich Asyl suchende Personen, die noch verpflichtet sind, in der Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, erhalten auf Antrag zusätzlich zu ihrem Geldbetrag zur Deckung des notwendigen persönlichen Bedarfes die Sommer- bzw. Winterpauschale für die Erstausstattung mit Bekleidung entsprechend der Bemessung dieser Leistung im SGB XII. Bereits im Rahmen der Asylerstberatung weist der Sozialdienst des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) die Asylsuchenden auf die Möglichkeit hin, Bekleidung zu beantragen. Damit wird sichergestellt, dass Bekleidungsstücke, die aufgrund des Fluchtgeschehens nicht oder nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen, kurzfristig angeschafft werden können. Zur Deckung des Bedarfes werden Bekleidungspauschalen in Form von Barleistungen erbracht. Asylsuchende aus sogenannten sicheren Herkunftsländern erhalten die Bekleidungspauschale in Form von Kostenübernahmescheinen, die in Geschäften eigener Wahl eingelöst werden können. Die Beträge sind wie folgt bemessen. Altersstufen Sommerpauschale (40 % für April bis September) Winterpauschale (60 % für Oktober bis März) Jungen und Männer ab 16 Jahren 142,80 Euro 214,20 Euro Frauen und Mädchen ab 16 Jahren 151,60 Euro 227,40 Euro Kinder ab 7 Monate bis unter 7 Jahren 138,40 Euro 207,60 Euro Kinder ab 7 Jahre bis unter 16 Jahren 138,80 Euro 208,20 Euro 2) Nach den Urteilen des BVerfG vom 9.1.2010 zum Arbeitslosengeld II und vom 18.7.2012 zum AsylbLG sind die Regelsätze bzw. Grundleistungsbeträge nach einem nachvollziehbaren System zu ermitteln und fortlaufend an die Lohn- und Preisentwicklung anzupassen. Diese Anpassung ist zum 01.01.2017 und zum 01.01.2018 ausgeblieben. a) Ist nach Auffassung des Landes Berlin die bislang ausgebliebene Anpassung der Leistungen nach § 3 AsylbLG mit den Urteilen des BVerfG zum Arbeitslosengeld II und zum AsylbLG vereinbar? Zu 2) a): Nein. c) Welche Kompensationsmöglichkeiten sieht das Land Berlin für die konkrete Leistungsgewährung im Land Berlin und welche Konsequenzen zieht das Land aus dieser Situation ggf. für bundespolitische Initiativen? 3 Zu 2) c): Die Leistungsbeträge sind in § 3 AsylbLG abschließend durch den Bundesgesetzgeber geregelt und damit auch in Berlin anwendbar. Die letzte Erhöhung der Leistungsbeträge hat zum 1. Januar 2017 stattgefunden. Der Bund hat deutlich gemacht, dass eine Anhebung der Beträge aufgrund der aktuell geltenden Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2013 nur möglich ist, wenn zugleich die Struktur der Regelbedarfsstufen geändert wird. Der Versuch einer entsprechenden Regelung ist 2016 im Rahmen des Entwurfes zum Dritten AsylbLG-Änderungsgesetz gescheitert. Auch die Auseinandersetzung im Vermittlungsausschuss, wo sich das Land Berlin für eine sozialpolitisch vertretbare Neufassung engagiert hat, hat insoweit keinen Kompromiss zwischen Bund und Ländern ergeben. Angesichts der derzeitigen politischen Rahmenbedingungen wird eine Gesetzesinitiative zum gegenwärtigen Zeitpunkt als nicht zielführend eingeschätzt. Das Land Berlin wird jedoch weiterhin im Rahmen der Gremienarbeit für eine Anhebung der Beträge eintreten. Berlin, den 30. August 2018 In Vertretung Alexander F i s c h e r _____________________________ Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales