Drucksache 18 / 16 005 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Fadime Topaç (GRÜNE) vom 14. August 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. August 2018) zum Thema: NS Opferrentenkürzung auch in Berlin? und Antwort vom 29. August 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Sep. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 2 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Frau Abgeordnete Fadime Topac (GRÜNE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/16 005 vom 14. August 2018 über NS Opferrentenkürzung auch in Berlin? ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Wenn Überlebende des NS-Terrors in ein Pflegeheim ziehen müssen, wird ihnen die sogenannte „Opferrente“ (von durchschnittliche 600 €), welche sie aufgrund der »Härterichtlinie« des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes erhalten, bis um die Hälfte gekürzt bzw. in ein sogenanntes „Heimtaschengeld“ umgewandelt. Gerechtfertigt wird die Begründung damit, dass sich durch die Übernahme der anfallenden Kosten die Bedarfsstruktur ändere. 1. Wie beurteilt der Senat die gängige Praxis, dass u. a. Euthanasie-Geschädigte, Zwangssterilisierte Homosexuelle und Deserteure beim Einzug in ein Pflegeheim anstatt der vollen Opferrente nur das um die Hälfte gekürzte „Heimtaschengeld“ bekommen? Zu 1.: Die Frage bezieht sich auf Leistungen auf Grund der Richtlinien der Bundesregierung über Härteleistungen an Opfer von nationalsozialistischen Unrechtsmaßnahmen im Rahmen des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes (AKG-Härterichtlinien) vom 28. März 2011, geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 15. Oktober 2014 (BAnz AT 21.10.2014 B3). Diese Leistungen erhalten, soweit keine Ausschlussgründe vorliegen, durch NS-Unrecht geschädigte Personen, die wegen ihrer körperlichen oder geistigen Verfassung oder wegen ihres gesellschaftlichen oder persönlichen Verhaltens vom NS-Regime als Einzelne oder als Angehörige von Gruppen angefeindet wurden und denen deswegen Unrecht zugefügt wurde. Die Leistungen nach den AKG-Härterichtlinien werden als einmalige Beihilfe (§ 4), laufende Leistungen (§ 5) bzw. ergänzende laufende Leistungen in besonderen Notlagen (§ 6) gewährt. Seite 2 von 2 Voraussetzung für Leistungen nach § 6 AKG-Härterichtlinien sind außergewöhnliche Umstände (Absatz 2) und eine gegenwärtige Notlage (Absatz 3), die durch eine Notlagengrenze für das Familieneinkommen näher bestimmt ist. Für Personen, bei denen außergewöhnliche Umstände vorliegen, die aber in einem Alten- oder Pflegeheim leben, wird die bedarfsabhängige ergänzende laufende Leistung in besonderen Notlagen nach § 6 durch die bedarfsunabhängige laufende Leistung nach § 5 ersetzt. Durch diese Regelung will die Bundesregierung den veränderten tatsächlichen Verhältnissen bei einem Leben im Alten- oder Pflegeheim gegenüber einem Leben außerhalb einer solchen Einrichtung Rechnung tragen. Eine „Abwertung“ des Verfolgungsschicksals ist mit dieser Maßnahme nicht verbunden. Vielmehr wird in pauschalierender Form den veränderten Lebensverhältnissen in Ansehung der individuellen wirtschaftlichen Notlage entsprochen. 2. Wie viele Personen sind von dieser Regelung in Berlin betroffen? Zu 2.: In Berlin sind von dieser Regelung der Bundesregierung keine Personen betroffen. 3. Wie kann der Berliner Senat diese Menschen unterstützen bzw. sind bereits Unterstützungsangebote geplant? 4. Welche ggf. weiteren (finanziellen) Unterstützungsmöglichkeiten gibt es für die Opfer des NS Terrors in Pflegeheimen? Zu 3. und 4.: Verfolgte des Nationalsozialismus und ihre Hinterbliebenen können in Berlin Anerkennung und Versorgung nach dem Gesetz über die Anerkennung und Versorgung der politisch, rassisch oder religiös Verfolgten des Nationalsozialismus (PrVG) in der Fassung vom 21. Januar 1991 (GVBl. S. 38), zuletzt geändert durch die 29. VO-PrVG vom 5. Juli 2018 (GVBl. S. 484), beantragen. Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen erhalten anerkannte Verfolgte danach eine Versorgung, die eine monatliche Rente, gesundheitliche Versorgung, soziale Leistungen und Bestattungsgeld umfasst (§ 10 Absatz 2 PrVG). Derzeit (Stand: 1. Juli 2018) erhalten 10 rentenberechtigte Verfolgte in stationärer Altenpflege ein monatliches Taschengeld (§ 13 Absatz 4 PrVG) und 5 Personen im Rahmen der sozialen Leistungen (§ 28 PrVG) Heimpflegeleistung. Berlin, den 29. August 2018 In Vertretung Sabine Smentek Senatsverwaltung für Inneres und Sport