Drucksache 18 / 16 037 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) vom 17. August 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. August 2018) zum Thema: Sogenanntes "Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen" und dessen Umsetzung in Berlin IV und Antwort vom 31. August 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Sep. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Herrn Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/16037 vom 17. August 2018 über Sogenanntes „Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen“ und dessen Umsetzung in Berlin IV ________________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Am 21. Oktober 2016 wurde das sogenannte „Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen“ verkündet. Seit dem 1.7.2017 sind danach Personen verpflichtet, die der Prostitution vor diesem Datum noch nicht nachgegangen waren, dies „vor Aufnahme der Tätigkeit bei der Behörde, in deren Zuständigkeitsbereich diese Tätigkeit ausgeübt werden soll, anzumelden“, § 3 Abs. 1 ProstSchG. Bei der Anmeldung ist ein Nachweis über die ebenfalls durch dieses Gesetz eingeführte gesundheitliche Beratung vorzulegen, § 4 Abs. 3 ProstSchG. Die zuständige Behörde hat dann innerhalb von 5 Werktagen eine Anmeldebescheinigung vorzulegen , § 5 Abs. 1 ProstSchG. Spätestens ab dem 1.1.2018 mussten sich die Betreiber von Prostitutionsgewerben auch von Personen, die schon vor dem 1.7.2017 als Prostituierte tätig waren, die Anmeldebescheinigung sowie eine gültige Bescheinigung über die erfolgte gesundheitliche Beratung vorlegen lassen, § 27 Abs. 2 ProstSchG. Verstöße hiergegen werden mit Geldbußen bis € 5.000,- pro Einzelfall geahndet. Lässt der Betreiber Prostituierte trotz Fehlens der Anmeldebescheinigung bei ihm tätig werden, dann drohen ihm sogar Geldbußen bis zu € 10.000,- in jedem Einzelfall, § 33 Abs. 3 i. V. m Abs. 2 Ziff. 7 i. V. m. § 25 Abs. 1 Ziff. 4 ProstSchG. 1. Der Beantwortung meiner schriftlichen Anfragen (Drucksache 18/12471 und 18/12593) entnehme ich, dass der Berliner Senat bisher nicht in der Lage war, die seit Oktober 2016 bekannte Pflicht zur Gesundheitsberatung für Personen vorzunehmen, die in der Prostitution tätig werden wollen? Ist dies mittlerweile der Fall? Falls ja, seit wann und wie viele Beratungen sind seither durchgeführt worden? Falls nein, wann konkret wird das Land Berlin seine gesetzliche Verpflichtung „zum Schutz der in der Prostitution tätigen Personen“ wahrnehmen und die nach § 10 ProstSchG für die Prostituierten zwingend erforderliche gesundheitliche Beratung anbieten können? Zu 1.: Das beim Gesundheitsamt Tempelhof-Schöneberg angesiedelte Berliner Zentrum für gesundheitliche Beratung nach § 10 ProstSchG bietet seit dem 28. Mai 2018 gesundheitliche Beratungen an. Bisher sind 215 Beratungen durchgeführt worden (Stand: 21.08.2018). - 2 - 2 2. Der Antwort des Senats entnehme ich weiterhin, dass das Land Berlin rechtswidrig immer noch nicht in der Lage war, die Anmeldung entgegenzunehmen und – wie gesetzlich gefordert – innerhalb von fünf Werktagen eine Anmeldebescheinigung auszustellen. Stattdessen wird eine „Bescheinigung über den Anmeldeversuch“ ausgestellt. Ist das immer noch der Fall? Falls ja, wann konkret wird das Land Berlin seine gesetzliche Verpflichtung nachkommen und allen Antragstellern innerhalb von 5 Werktagen die Bescheinigung ausstellen können? Falls nein, seit wann funktioniert das Verfahren und wie viele Bescheinigungen sind seither ausgestellt worden? 3. Sofern der Zustand noch andauert: was ist der Grund für den gesetzeswidrigen Zustand? Davon ausgehend, das dem Land Berlin das am 21.10.2016 verkündete Gesetz und die ihm damit spätestens am 1.7.2017 entstehenden Pflichten bekannt waren, weshalb gibt es aktuell diese Defizite? Zu 2. und 3.: Seit dem 1. Juli 2018 werden die Bescheinigungen gemäß ProstSchG durch Probea Berlin (Prostitutionsberatung und -anmeldung) im Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg ausgestellt . Seither haben 135 Prostituierte eine Bescheinigung beantragt und nach erfolgter Beratung erhalten. 4. Sofern der Zustand nicht mehr andauert: Den Prostituierten, die sich mit der „Bescheinigung über den Anmeldeversuch“ begnügen mussten, wurde mitgeteilt, dass sie informiert und eingeladen würden, sobald der Senat in der Lage sei, seiner Pflicht zur Erteilung einer Anmeldebescheinigung nachzukommen. Dafür mussten sie bei dem „Anmeldeversuch“ ladungsfähige Adressen hinterlassen. Wieviel Prostituierte wurden bisher eingeladen? Wurden die Adressen hierfür genutzt? Falls nicht, sind diese Daten mittlerweile gelöscht worden? Zu 4.: Bevor die o. g. Anmeldestelle im Februar 2018 ihre Arbeit aufnahm, konnten die Prostituierten bei der Beantragung der Bescheinigung über den Anmeldeversuch ihre Kontaktdaten optional hinterlegen. Aufgrund des mittlerweile hohen Bekanntheitsgrades der zentralen Anmeldestelle Probea wird eine Kontaktaufnahme durch die Anmeldestelle als nicht erforderlich angesehen. Den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend werden die Daten am 1. März 2019 und somit drei Monate nach Ablauf der Gültigkeit der vorläufigen Bescheinigung vernichtet. 5. Wie viele „Bescheinigungen über den Anmeldeversuch“ konnten bisher gegen gesetzmäßige Anmeldebescheinigungen ausgetauscht werden? Wie viele müssen noch ausgetauscht werden? Zu 5.: Die Paragraphen §§ 3 bis 10 ProstSchG geben eine umfangreiche gesundheitliche und allgemeine Beratung als Voraussetzung für das Ausstellen der Anmeldebescheinigung vor, die bei der Vergabe des Anmeldeversuches nicht stattgefunden haben. Ein Austausch der Bescheinigungen erfolgt nicht. Jede Person, die ihre Prostitutionstätigkeit anmeldet, wird neu und umfassend beraten und erhält im Anschluss die Bescheinigung, unabhängig davon, ob zuvor ein Anmeldeversuch stattgefunden hat oder nicht. 6. Spätestens ab dem 1.1.2018 brauchten alle Prostituierte einen Nachweis über die Gesundheitliche Beratung gem. § 10 ProstSchG und über die Anmeldung. Der Antwort des Senats (Drucksache 18/12471) entnehme ich, dass erst 72 Anmeldeversuche erfolgten und noch überhaupt keine gesundheitliche Beratung stattgefunden hat. Der Antwort des Senats vom 22.09.2017 auf meine Anfrage vom 11.09.2017 (Drucksache 18/12248) entnehme ich, dass der Senat schlicht keine Ahnung hat, wie viele Prostituierte in Berlin ihrer Tätigkeit nachgehen. Öffentlich werden bis zu 10.000 Prostituierte genannt. Wie will der Senat mit dem zu erwartenden Ansturm nach Verstreichenlassen der langen Übergangszeit fertigwerden bzw. inwieweit ist dies gelungen? - 3 - 3 Zu 6.: Mittlerweile wurden für die gesundheitliche und allgemeine Beratung 18 zusätzliche Stellen beim Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg eingerichtet. Die Abläufe sind aufeinander abgestimmt, so dass die Termine kurzfristig vergeben werden können. 7. Im ProstSchG ist für die Prostitutionsstätten, die bereits vor dem 1. Juli 2017 bestanden haben, für die Anmeldung eine Übergangsfrist bis zum 1. Oktober 2017 festgelegt. Alle nach dem 01.07.2017 gegründeten Prostitutionsstätten müssen sich sofort anmelden. Demnach müssten inzwischen alle in Berlin existierenden Prostitutionsstätten in den jeweiligen Gewerbeämtern der zuständigen Bezirke angemeldet sein. In Berlin gibt es nach Schätzungen von Fachverbänden zwischen 400 und 500 Orte, an denen Prostitution ausgeübt wird. Wie viele Prostitutionsstätten haben sich bis zum 31. Juli 2018 angemeldet? 8. Wurden bereits Genehmigungen nach dem ProstSchG erteilt und wenn ja, wie viele? 9. Wurde Antragstellern nach dem 01.07.2016 die Ausübung eines Prostitutionsgewerbes untersagt? Aus welchen Gründen und in wie viele Fällen? 10. Wie wurde seit dem 01.01.2018 mit Prostitutionsstätten verfahren, die sich bis heute nicht angemeldet haben bzw. auch keinen Anmeldeversuch unternommen haben? Sind derartige Betriebe geschlossen worden? Zu 7 bis 10.: Die Fragen sieben bis zehn betreffen Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er hat daher die Bezirksämter von Berlin um Stellungnahme gebeten. Die Antworten sind der tabellarischen Aufstellung zu entnehmen. Bezirk Antrag nach § 12 ProstSchG zum Betrieb einer Prostitutionsstätte Erteilte Erlaubnisse Versagungen nach § 14 Prost- SchG Schließungsverfügung nach § 15 Abs. 2 GewO Charlottenburg - Wilmersdorf 22 0 0 k.A. Friedrichshain- Kreuzberg 28 0 0 0 Lichtenberg 2 0 0 0 Marzahn- Hellersdorf 3 2 0 0 Mitte 22 1 0 0 Neukölln 25 0 0 0 Pankow 19 k.A. k.A. 0 Reinickendorf 5 0 0 0 Spandau 5 0 0 0 Steglitz- Zehlendorf 4 0 0 0 Tempelhof- Schöneberg 24 0 0 0 Treptow- Köpenick 12 1 0 0 - 4 - 4 Darüber hinaus wird darauf verwiesen, dass der Betrieb eines Prostitutionsgewerbes ohne die erforderliche Erlaubnis eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 33 Absatz 2 Nummer 1 Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) ist, das gemäß § 33 Absatz 3 ProstSchG mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Euro geahndet werden kann. 11. Trifft es zu, dass Betreiber einer Prostitutionsstätte mit Alkoholausschank auch die Voraussetzungen des § 4 GastG erfüllen müssen? Falls ja, ist das für alle genehmigten Betriebe im Bezirk Mitte bereits überprüft worden? Zu 11.: Betreiberinnen und Betreiber von Prostitutionsstätten mit angeschlossenem erlaubnispflichtigem Gaststättenbetrieb benötigen zusätzlich eine Erlaubnis nach dem Gaststättengesetz (GastG). Im gaststättenrechtlichen Erlaubnisverfahren werden die in § 4 GastG geregelte Versagungsgründe geprüft. Auch für die im Bezirk Mitte nach dem ProstSchG erlaubte Prostitutionsstätte wurde nach entsprechender Prüfung eine Gaststättenerlaubnis erteilt. Berlin, den 31. August 2018 In Vertretung Barbara König Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung