Drucksache 18 / 16 078 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) vom 03. August 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. August 2018) zum Thema: Polizei Berlin - Geblockt: Sperrfrist der Polizei Berlin bei Wechsel in ein anderes Bundesland (II) und Antwort vom 04. September 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Sep. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 5 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/16078 vom 3. August 2018 über Polizei Berlin – Geblockt: Sperrfrist der Polizei Berlin bei Wechsel in ein anderes Bundesland (II) ------------------------------------------------------------------------------------------------------------ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie genau sind soziale Härtefälle bei Versetzungsanträgen von Polizeivollzugsdienstkräften der Polizei Berlin in ein anderes Bundesland definiert bzw. welche Voraussetzungen müssen hierbei erfüllt werden? (Aufstellung der Kriterien erbeten.) Zu 1.: Ein sozialer Härtefall wird angenommen, wenn plötzlich und unvorhersehbar schwerwiegende Ereignisse eintreten, die eine regelmäßige Dienstverrichtung in der Polizei Berlin unzumutbar oder nahezu unmöglich machen. Diese Prüfung der Versetzungsgründe , die nicht aus einer frei gewählten Lebenssituation resultieren dürfen , erfolgt immer am Einzelfall orientiert. 2. Wie viele Versetzungsanträge von Polizeivollzugsdienstkräften der Polizei Berlin in ein anderes Bundesland hat die Koordinierungsstelle für Versetzungen in der Serviceeinheit Personal der Polizei Berlin seit 2010 bearbeitet, weil Antragstellende selbst keine Tauschpartnerin bzw. keinen Tauschpartner finden konnten? (Aufstellung nach stattgegebenen und ruhenden Anträgen sowie Ringtauschlösungen erbeten.) Zu 2.: Zur Anzahl der in den Jahren 2010 bis 2017 bei der Koordinierungsstelle eingegangenen – dabei wird nicht nach Antragstellenden mit oder ohne Tauschpartnerin bzw. Tauschpartner unterschieden – Versetzungsanträge sowie die Anzahl der in diesen Jahren stattgegebenen Versetzungsersuchen wird auf die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage Nr. 18/13043 verwiesen. Im Jahr 2018 sind bislang 45 Versetzungsanträge von Berliner Polizeivollzugskräften eingegangen; 23 Versetzungsanträgen (13 innerhalb eines Jahres und 10 nach Ablauf eines Jahres) wurden im laufenden Jahr entsprochen. Eine darüber hinausgehende Differenzierung - z.B. nach Ringtauschlösungen - ist mangels statistischer Erhebung nicht möglich. Seite 2 von 5 3. Wie viele Polizeibeamtinnen und –beamten haben seit 2010 aus einem anderen Bundesland nach Berlin wechseln wollen? (Aufstellung nach stattgegebenen und abgelehnten Versetzungsanträgen sowie Ringtauschlösungen erbeten.) Zu 3.: Antragsjahr Gesamtanzahl davon versetzt * davon zurückgezogen * davon abgelehnt * davon ruhend davon in Bearbeitung 2010 74 44 30 2011 51 29 18 3 1 2012 49 26 21 1 1 2013 50 35 11 3 1 2014 41 26 11 3 1 2015 43 32 8 1 2 2016 38 22 7 1 5 3 2017 44 21 11 2 4 6 2018 14 2 1 11 Quelle: SE Pers A 21, Versetzungsdatenbank Stand 24.08.2018 * nicht zwingend im Antragsjahr Eine statische Erhebung von Ringtauschlösungen erfolgt durch die Polizei Berlin nicht. 4. Inwieweit arbeitet die Koordinierungsstelle für Versetzungen in der Serviceeinheit Personal der Polizei Berlin mit den Tauschbörsen der Polizeigewerkschaften zusammen, welcher Austausch findet hierzu statt und wie gestaltet sich dieser? Zu 4.: Die Tauschbörsen der Polizeigewerkschaften bzw. anderer externer Internetplattformen werden von den versetzungswilligen Polizeivollzugsdienstkräften für die Suche nach geeigneten Tauschpartnerinnen und Tauschpartnern genutzt. Ein unmittelbarer Austausch zwischen der Koordinierungsstelle für Versetzungen in der Serviceeinheit Personal der Polizei Berlin und den jeweiligen Tauschbörsen findet nicht statt. Ein Abgleich der vorliegenden Versetzungsanträge erfolgt zwischen den Koordinierungsstellen für Versetzungen beim Bund bzw. den jeweiligen Ländern. 5. Inwieweit genau kann mit der unter Bund und Ländern abgestimmten Verfahrenspraxis eine Umgehung des länderübergreifenden, einvernehmlichen Versetzungsverfahrens gemäß § 15 Beamtenstatusgesetz ausgeschlossen werden? Zu 5.: Eine Umgehung des zwischen dem Bund und den Bundesländern einvernehmlich abgestimmten Versetzungsverfahrens ist nur dann auszuschließen, wenn sich alle beteiligten Dienstbehörden an die getroffenen Vereinbarungen halten und entsprechend handeln. 6. Wo genau lassen sich die Vereinbarungen des Bundes und der Länder, welche im Rahmen der ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder getroffen werden, für Polizeivollzugsdienstkräften und die Öffentlichkeit einsehen und in welcher Sitzung der Gremien wurden diese Vereinbarung getroffen? (Nennung der Bezugsquelle des entsprechenden Protokolls erbeten .) Seite 3 von 5 Zu 6.: Der Ausgestaltung des Personalwechsels zwischen Bund und Ländern liegen folgende Beschlüsse von Bund-/Länder-Gremien zugrunde: • Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom 3./4. Mai 1962 (Angehörige der Berliner Verwaltung werden nur dann in den Dienst anderer Dienstherren in der Bundesrepublik übernommen, wenn die Berliner Beschäftigungsbehörden einer Übernahme vorher zugestimmt haben), • Arbeitskreis für Beamtenrechtsfragen am 21./22. Mai 1981 (Bund und Länder sprechen sich dafür aus, in ihrem Zuständigkeitsbereich darauf hinzuwirken, dass der Übertritt zum anderen Dienstherrn einvernehmlich im Wege der Versetzung erfolgen soll), • Unterausschuss „Recht und Verwaltung“ des Arbeitskreises II „Innere Sicherheit“ der Ständigen Konferenz der Innenminister und –senatoren des Bundes und der Länder vom 26./27. September 2001 (Wiederernennungen nicht vor Ablauf eines Jahres), • Ständige Konferenz der Innenminister und –senatoren des Bundes und der Länder (IMK) vom 7./8. November 2001 (Innenminister und –senatoren bekräftigen die Absprache, dass ein Dienstherrnwechsel nur im Einvernehmen mit dem abgebenden Dienstherrn erfolgt), veröffentlicht unter https://archiv.cilip.de/alt/terror/imk- 11-2001.pdf. Interessierte Polizeivollzugskräfte können die Beschlüsse bei der Koordinierungsstelle für Versetzungen einsehen. 7. Welche formelle und/oder informelle Vereinbarung gibt es mit dem Bund, dass dieser dem Land Berlin bis auf weiteres keine Beamtinnen und Beamten abwerben wird? (Wenn ja, seit wann und wie lange gilt diese Vereinbarung und wo ist diese einsehbar?) Zu 7.: Die Vereinbarungen und Absprachen im Rahmen der Bund-/Ländergremien gelten für die Bundesländer und den Bund gleichermaßen. 8. Mit welchem Ergebnis und auf welcher rechtlichen Grundlage wurde das derzeitige Verfahren zu Versetzungsanträgen von Polizeivollzugsdienstkräften der Polizei Berlin hinsichtlich der Verfassungskonformität geprüft? Zu 8.: Das Versetzungsverfahren ist in § 15 des Beamtenstatusgesetzes und § 28 des Landesbeamtengesetzes gesetzlich normiert. Die Ausgestaltung des innerbehördlichen Verfahrens und damit auch die Entscheidung, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Einvernehmen zu einer Versetzung erteilt werden kann, obliegt der Personalhoheit der Dienstbehörde, die unter Berücksichtigung des zur Aufrechterhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Polizeivollzugsdienstes erforderlichen Personalbestandes nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet. 9. Wie ist der aktuelle Sachstand bzw. wie ist die Prognose, dahingehend dass das gesteckte Ziel bis Anfang des Jahres 2021 die Besoldung von Beamt/innen an den Durchschnitt aller Länder anzupassen erreicht werden kann? Zu 9.: Bis zum Jahr 2021 soll die Besoldung im Land Berlin gemäß Senatsbeschluss Nr. S- 159/2018 vom 15. Mai 2018 auf das Niveau des Durchschnitts der übrigen Bundesländer angehoben werden. Seite 4 von 5 Die erste Maßnahme, um diese Erhöhung umzusetzen, ist das Vorziehen des Anpassungszeitpunktes für das Jahr 2018 vom ursprünglich wie in den vergangenen Jahren vorgesehenen 1. August auf den 1. Juni. Dieses Vorziehen wurde mit dem Haushaltsumsetzungsgesetz beschlossen. Die Anpassungszeitpunkte werden sodann sukzessive bis zum Jahr 2021 auf den Januar vorgezogen. Die jährliche Anpassung soll sich an der jeweils durchschnittlichen Erhöhung der übrigen Bundesländer zuzüglich jeweils 1,1 Prozentpunkten orientieren. Die nächste Anpassung wird im Jahr 2019 erfolgen. Darüber hinaus ist beabsichtigt, die Sonderzahlung ab dem Jahr 2018 für die Besoldungsgruppen A 4 bis A 9 um weitere 250 € anzuheben. In jedem Falle wird nach den für die Jahre 2019 und 2020 erfolgenden Besoldungsanpassungen der dann noch bestehende Besoldungsabstand zu den anderen Bundesländern zu evaluieren und ggf. durch geeignete Maßnahmen in allen Besoldungsgruppen an den bestehenden Besoldungsdurchschnitt der anderen Bundesländer anzupassen sein. Neben der schon angesprochenen linearen Anpassung sollen dafür gegebenenfalls das Instrument der allgemeinen Stellenzulage und das Instrument der Sonderzahlung in den Blick genommen werden, um im Jahr 2021 das Ziel, die Berliner Besoldung an den Besoldungsdurchschnitt der übrigen Bundesländer anzupassen, zu erreichen . 10. Wie schätzt der Senat eine Lösung ein, in der es eine Kontingentgruppe von bspw. 25 Personen gibt, welche auch ohne die derzeitigen Auflagen problemlos in ein anderes Bundesland wechseln können? (Wurde eine solche Option geprüft und wenn ja, mit welchem Ergebnis?) Zu 10.: Die Einrichtung eines festen Versetzungskontingents kommt derzeit u.a. aus folgenden Erwägungen nicht in Betracht: • Das parallele Bestehen eines freien – von allen Versetzungsregularien freigestellten - Versetzungskontingents neben den regulären, nach strengen Versetzungsmaßstäben zu entscheidenden Versetzungsfällen ließe sich mit Blick auf die zwingende Gleichbehandlung aller Versetzungsanträge nicht nachvollziehbar rechtfertigen . • Die Zuteilung zu einem Versetzungskontingent würde angesichts des unvermindert hohen Aufkommens an Versetzungsanträgen von Berliner Polizeikräften erneut eine Reglementierung durch Versetzungskriterien voraussetzen. • In den letzten Jahren sind deutlich mehr als 25 Vollzugskräfte pro Jahr auf ihren Antrag in den Dienst anderer Dienstherren versetzt worden. Auch im laufenden Jahr sind bereits jetzt 23 Vollzugskräfte zu anderen Dienstherren versetzt worden. Bei einem Kontingent von 25 Dienstkräften würden letztlich weniger Versetzungen erfolgen, als bisher. • Versetzungen von Polizeivollzugskräften erfolgen bundesweit grundsätzlich nur im Wege der Tauschpartnergestellung. Ein isolierter Verzicht des Landes Berlin auf die Forderung geeigneter Tauschpartnerinnen bzw. –partner würde also nicht zwangsläufig zu einer Erhöhung des Versetzungsaufkommens führen, da andere Dienstherren auf Tauschpartnerversetzungen bestehen. Zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Polizeivollzugsdienstes kann derzeit auf die Reglementierung des Versetzungsverfahrens – auch für einen zahlenmäßig beschränkten Personenkreis – nicht verzichtet werden. Seite 5 von 5 11. Welche anderen Modelle hinsichtlich eines Länderwechsels hat der Senat darüber hinaus geprüft und mit welchem Ergebnis? (Aufstellung der Modelle und Ergebnisse erbeten.) Zu 11.: Aktuell befasst sich eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe im Auftrag des Arbeitskreises II „Innere Sicherheit“ der IMK mit einer Optimierung des aktuellen Versetzungsverfahrens . Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe, an der auch das Land Berlin beteiligt ist, bleiben abzuwarten. Berlin, den 04. September 2018 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport