Drucksache 18 / 16 119 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Anne Helm, Niklas Schrader und Hakan Taş (LINKE) vom 23. August 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. August 2018) zum Thema: Rudolf-Heß-Gedenkmarsch am 18.08.2018 in Berlin-Spandau und Berlin- Friedrichshain (I) und Antwort vom 07. September 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Sep. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 10 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Frau Abgeordnete Anne Helm (LINKE), Herrn Abgeordneten Niklas Schrader (LINKE) und Herrn Abgeordneten Hakan Taş (LINKE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/16119 vom 23. August 2018 über Rudolf-Heß-Gedenkmarsch am 18.08.2018 in Berlin-Spandau und Berlin- Friedrichshain (I) ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Teilnehmer*innen der Rudolf-Heß-Gedenkmärsche am 18.08.2018 wurden von der Polizei jeweils in Spandau und wie viele in Friedrichshain registriert? Zu 1.: Am Antreteplatz zur Versammlung „Mord verjährt nicht, gebt die Akten frei – Recht statt Rache!“ in Spandau waren 55 Personen anwesend, darunter befanden sich auch Vertreterinnen und Vertreter der Presse. Der angemeldete Aufzug wurde nicht durchgeführt. An der Versammlung „Recht statt Rache! – Mord verjährt nicht – gebt die Akten frei“ in Friedrichshain nahmen in der Spitze bis zu 680 Personen teil. 2. Durch welche rechten Organisationen und Einzelpersonen wie Politiker*innen, Liedermacher*innen oder Musikbands, etc. wurde nach Kenntnis des Senats für die Teilnahme an den beiden Rudolf- Heß-Gedenkmärschen jeweils in Spandau und in Friedrichshain am 18.08.2018 an welchen Orten - regional, überregional, bundesweit und international - und auf welche Arten wann jeweils mobilisiert? 6. Mit Hilfe welcher sozialer Netzwerke und jeweiliger Seiten bzw. Gruppen oder Accounts wurde zu den beiden Rudolf-Heß-Gedenkmärschen am 18.08.2018 aufgerufen? Zu 2. und 6.: Die Bewerbung der Versammlung „Mord verjährt nicht, gebt die Akten frei – Recht statt Rache!“ in Spandau erfolgte insbesondere über das Internet. Eine Mobilisierungsplattform stellte die Internetseite „Mord verjährt nicht“ unter www.mordverjaehrt -nicht.info dar. Seite 2 von 10 In sozialen Netzwerken - insbesondere auf Twitter, Facebook und auch auf YouTube-Kanälen - wurde bundesweit auf zahlreichen Accounts von rechtsextremistischen Organisationen und Einzelpersonen für die Demonstration in Spandau mobilisiert. Dieses erfolgte unter anderem auf mehreren Berliner NPD- Facebook-Seiten wie denen der Kreisverbände Neukölln und Spandau und des Berliner Landesverbandes der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationalisten“. Mobilisierungsaufrufe wurden auch auf diversen Twitter-Profilen wie etwa „NS berlin“ veröffentlicht. Darüber hinaus wurden Plakatierungen durchgeführt und es wurde auf rechtsextremistischen Szeneveranstaltungen für eine Teilnahme geworben. 3. Wurden durch die Polizei im Rahmen der extrem rechten Mobilisierung im Vorfeld, wie bereits im Vorjahr, Straftaten mit Bezug zum Heß-Marsch festgestellt? Falls ja, wie viele Ermittlungsverfahren wegen welcher Delikte wurden deswegen eingeleitet? (Bitte Taten aufschlüsseln nach Datum, Bezirk, Adresse, Delikt.) Zu 3.: Die statistische Erfassung von Straftaten dieser Art findet im „Kriminalpolizeilichen Meldedienst in Fällen politisch motivierter Kriminalität“ statt. Da es sich dabei um eine Eingangsstatistik handelt, stellt diese nur ein Bild der aktuellen Fallzahlen dar. Eine abschließende Auflistung ist insofern zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. Derzeit werden drei Strafermittlungsverfahren geführt: Datum Bezirk Straße Delikt 03.04.2018 Lichtenberg Zingster Str. Verdacht der Sachbeschädigung 15.07.2018 Marzahn- Hellersdorf Oberfeldstr. 138 Verdacht der Sachbeschädigung 01.08.2018 Marzahn- Hellersdorf Oberfeldstr. 149 Verdacht der Sachbeschädigung 4. An welchen Orten wurden jeweils wie viele Plakate, die mit den beiden Rudolf-Heß- Gedenkmärschen in Zusammenhang standen, registriert? Zu 4.: Plakate mit Bezug zur Rudolf-Heß-Demonstration wurden unter anderem im Bezirk Marzahn-Hellersdorf festgestellt. Eine entsprechende Registrierung erfolgt nur, wenn der Inhalt solcher Plakate einen Straftatbestand oder eine Ordnungswidrigkeit verwirklicht. Im Rahmen der Strafanzeige wegen Sachbeschädigung in der Oberfeldstraße 138 wurden fünf Plakate festgestellt. 5. Welche Kenntnis hat der Senat darüber, ob Plakate mit Bezug zu den beiden Rudolf-Heß- Gedenkmärschen wie im Vorjahr mit gefährlichen Gegenständen (Glasscherben, Rasierklingen o.ä.) präpariert wurden? a. Wie viele derartige Plakate, wurden wann an welchen Orten und wann wurden diese jeweils entdeckt? b. Wie viele Ermittlungsverfahren wegen welcher Delikte wurden aus Anlass dieser Plakatierungen eingeleitet? Zu 5.: Es liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. Seite 3 von 10 7. Wann genau und durch wen wurde der Rudolf-Heß-Marsch in Spandau angemeldet? Zu 7.: Der Aufzug mit dem Thema „Mord verjährt nicht, gebt die Akten frei – Recht statt Rache !“ wurde von einer Einzelperson angemeldet. Die Versammlungsanmeldung ist auf den 30. August 2017 datiert und am 4. September 2017 bei der Versammlungsbehörde eingegangen. a. Wenn es sich bei den Anmelder*innen um eine Einzelperson handelt, welche Kenntnisse hat der Senat über einen Hintergrund mit oder zu den extrem rechten Parteien NPD und Die Rechte? Zu 7. a): Auskünfte zu personenbezogenen Daten von Einzelpersonen erteilt der Senat aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht. b. Sind durch die Anmelder*innen des Aufmarsches in Spandau für den gleichen Tag noch weitere Versammlungen angemeldet worden? Zu 7. b): Nein. c. Waren die Anmelder*innen am 18.08.18 persönlich in Spandau vor Ort? Zu 7. c): Der Anmelder der Versammlung „Mord verjährt nicht, gebt die Akten frei – Recht statt Rache!“ erschien vor Ort und teilte der Polizei Berlin mit, dass diese Versammlung nicht stattfindet. Anschließend entfernte er sich wieder. 8. Wann genau und durch wen wurde der letztendlich in Friedrichshain und Lichtenberg durchgeführte Rudolf-Heß-Marsch angemeldet? Zu 8.: Dieser Aufzug wurde ebenfalls von einer Einzelperson angemeldet. Die Versammlungsanmeldung ging am 12. Juli 2018 bei der Versammlungsbehörde ein. a. Wenn es sich bei den Anmelder*innen um eine Einzelperson handelt, welche Kenntnisse hat der Senat über einen Hintergrund mit oder zu den extrem rechten Parteien NPD und Die Rechte? Zu 8. a): Auskünfte zu personenbezogenen Daten von Einzelpersonen erteilt der Senat aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht. b. Sind durch die Anmelder*innen des Aufmarsches in Friedrichshain für den gleichen Tag noch weitere Versammlungen angemeldet worden? Zu 8. b): Nein. 9. Trifft es zu, dass die Aufmarschroute in Friedrichshain und Lichtenberg lediglich eine Alternative zur Anmeldung in Spandau darstellen sollte? Wenn ja, a. wann genau und auf welchem Weg erfuhr die Berliner Polizei von der Entscheidung des Anmelders, den Aufmarsch in Friedrichshain und Lichtenberg durchzuführen? Seite 4 von 10 Zu 9. und 9. a): Der Anmelder der Versammlung in Friedrichshain teilte der Polizei Berlin im Rahmen des am 15. August 2018 geführten Kooperationsgespräches mit, dass er diese Versammlungsanmeldung als Alternative zu der Versammlung in Spandau sehe. Am 18. August 2018, 12:03 Uhr, informierte der Anmelder telefonisch die Polizei über die Durchführung der Versammlung in Friedrichshain. b. wer wurde wann über diese Entscheidung informiert? Zu 9. b): Die einsatzführende Polizeidienststelle informierte die örtlich tangierten und die übergeordneten Dienststellen sowie die Fachdienststellen des Landeskriminalamts am 15. August 2018 über die Erkenntnisse des genannten Kooperationsgesprächs. Im Nachgang wurde die Senatsverwaltung für Inneres und Sport durch das Polizeipräsidium in Kenntnis gesetzt. c. wurden auch die Bezirksämter Friedrichshain-Kreuzberg und Lichtenberg und Anmelder*innen der Gegenversammlungen informiert? Wenn nein, warum jeweils nicht? Zu 9. c): Die Polizei Berlin ist von Rechts wegen nicht verpflichtet, die Öffentlichkeit von sich aus über angemeldete Versammlungen zu informieren. Eine entsprechende Information hat auch aus Neutralitätsgesichtspunkten zwingend zu unterbleiben. Dies gilt auch im Verhältnis zu den Bezirksämtern. 10. Welche Kenntnisse hat der Senat auf Grundlage der Veranstaltungsdatenbank über weitere Veranstaltungen für die die Anmelder*innen der Rudolf-Heß-Gedenkmärsche am 18.08.2018 ebenso als Anmelder*innen fungierten? (Bitte einzeln nach Datum, Bezirk und Namen der Veranstaltung aufführen.) Zu 10.: Durch den Anmelder der Versammlung in Spandau „Mord verjährt nicht, gebt die Akten frei – Recht statt Rache!“ wurde in der Vergangenheit eine Versammlung zu diesem Thema am 19. August 2017 in Spandau durchgeführt. Der Anmelder der Versammlung in Lichtenberg „Recht statt Rache! – Mord verjährt nicht – gebt die Akten frei“ ist als Anmelder von Versammlungen wiederholt wie folgt aufgetreten: 25. Mai 2017, Berlin Mitte, „Keine Auslieferung an die BRD- Gesinnungsjustiz: Freiheit für Horst Mahler", 17. August 2017, Berlin Mitte, „30 Jahre sind genug! Der Wahrheit eine Gasse, gebt die Akten frei!", 13. November 2017, Berlin Mitte, „Der Schrott ist das Sinnbild für Eure Politik" 19. Dezember 2017, Berlin Charlottenburg, „Die Grenzen schließen - nicht die Weihnachtsmärkte!", 14. Juli 2018, Berlin Lichtenberg, „Meinungsfreiheit auch für Deutsche" und 21. Juli 2018, Berlin Treptow-Köpenick, „Meinungsfreiheit für alle Deutschen". Quelle: Veranstaltungsdatenbank der Polizei Berlin (29.08.2018) 11. Trifft es zu, dass ein Verbot der Gedenkmärsche für Rudolf Heß, den damaligen Stellvertreter Adolf Hitlers, geprüft wurde und die Verbotsprüfung negativ ausgefallen ist, obwohl das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 4. November 2009 (AZ: 1 BvR 2150/08) zu einer Klage über das Verbot eines Heß-Gedenkmarschs in Wunsiedel geurteilt hat, dass die Gutheißung des Nationalsozialismus als historisch real gewordene Gewalt- und Willkürherrschaft Seite 5 von 10 auch in einer glorifizierenden Ehrung einer Symbolfigur der NS-Gewaltherrschaft wie etwa Rudolf Heß liegen kann und damit den Straftatsbestand der Volksverhetzung (§ 130 StGB) erfüllt? Wenn ja, aus welchen genauen Gründen kam die Verbotsprüfung vor dem Hintergrund des BVerfG- Urteils zu einer Verbots-ablehnenden Einschätzung? Zu 11.: Der Aufzug in Spandau wurde zu dem Thema „Mord verjährt nicht, gebt die Akten frei – Recht statt Rache!“ und der Aufzug in Friedrichshain zu dem Thema „Recht statt Rache – Mord verjährt nicht – Gebt die Akten frei“ angemeldet. Ein Verbot dieser Versammlungen wurde im Vorfeld geprüft, jedoch lagen die hohen Voraussetzungen für ein versammlungsrechtliches Verbot nach § 15 Abs. 1 Versammlungsgesetz (VersG) nicht vor. Insbesondere lagen die Umstände anders als in dem der „Wunsiedel-Entscheidung“ des Bundesverfassungsgerichts [Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 04. November 2009 – 1 BvR 2150/08 –, juris] zugrundeliegenden Fall. In seiner Entscheidung aus dem Jahr 2009 bestätigte das Bundesverfassungsgericht das Verbot einer Veranstaltung zum Thema „Gedenken an Rudolf Heß“ mit dem Motto „Seine Ehre galt ihm mehr als die Freiheit" am Grab des Verstorbenen. Nach Auffassung des Gerichts war damit zu rechnen, dass es bei Durchführung des Aufzuges zu einer Störung des öffentlichen Friedens und damit zu einem Verstoß gegen § 130 Abs. 4 Strafgesetzbuch (StGB) kommen würde. Dies sei anzunehmen, wenn eine Verletzung der Würde der Opfer von Gewalt- und Willkürherrschaft durch die positive Bewertung von Verantwortungsträgern oder Symbolfiguren des nationalsozialistischen Regimes erfolge. Voraussetzung hierfür sei, dass aus dem Äußerungszusammenhang deutlich werde, dass die betreffende Person auch als Symbol für die Herrschaft des Nationalsozialismus als solche verstanden werde. Bei den rechtsextremen Aufmärschen in Wunsiedel/ Bayern erfolgte eine Glorifizierung und Mythologisierung von Rudolf Heß, die unter Berücksichtigung der Gesamtumstände nicht nur Teilaspekte seiner Person oder seines Handelns abbildeten, sondern vielmehr die Figur „Heß“ in seiner Eigenschaft als ein führender Nationalsozialist und „Stellvertreter des Führers“ thematisierten (so auch Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 25. Juni 2008, Bundesverwaltungsgericht 6 C 21.07, bestätigt durch den zitierten Bundesverfassungsgerichts-Beschluss). Eine Verletzung des Tatbestandes des § 130 Abs. 4 StGB war damit bei dem verbotenen Aufzug anzunehmen. Dies traf auf die genannten Aufzüge am 18. August 2018 in Berlin nach der vorliegenden Erkenntnislage nicht zu. Ausweislich des Themas der Aufzüge stand nicht das Gedenken der Person Rudolf Heß im Vordergrund, sondern die Aufklärung der Todesumstände und die damit verbundene Aufforderung der für diese Aufklärung notwendigen Freigabe der Akten. Es ging somit um den Teilaspekt der Todesumstände von Heß und der Forderung nach deren Aufklärung. Dies ist unter Berücksichtigung der zitierten Rechtsprechung nicht inkriminiert. Um eine Gefahr der Störung des öffentlichen Friedens bei Durchführung der Aufzüge weitestgehend auszuschließen, wurden die in der Antwort zu Frage 12 genannten Auflagen als milderes Mittel zu einem Verbot erteilt. 12. Welche Auflagen wurden den Anmelder*innen der beiden Rudolf-Heß-Gedenkmärschen jeweils wörtlich erteilt? Seite 6 von 10 Zu 12.: Es ergingen folgende Auflagen gemäß § 15 Abs. 1 (VersG): „1. Jede Verherrlichung von „Rudolf Heß“ in Wort, Schrift oder Bild wird unter-sagt. 2. Die Verwendung von Fahnen - außer der Bundesflagge und den Flaggen der bestehenden deutschen Bundesländer sowie der Flagge der Europäischen Union und den Flaggen von deren Mitgliedsstaaten, deren Einsatz unbeschränkt bleibt - wird mit der Maßgabe gestattet, dass eine Fahne pro 25 Teilnehmende verwendet werden darf. Nicht mitgeführt werden dürfen Fahnen, die gesetzlich verboten sind. 3. Es ist die Benutzung von 1 Trommel pro 100 Teilnehmenden erlaubt, soweit die Trommler/innen nicht im Gleichschritt marschieren und die Trommeln nicht so geschlagen werden, dass ein einheitlicher Marschtakt entsteht oder den Demonstrationsteilnehmenden dadurch Kommandos gegeben werden. Das Abspielen von Marschmusik, mit der die gleichen Zwecke erfüllt werden sollen, ist ebenfalls verboten. Untersagt ist zudem die Verwendung von Fackeln und offenem Feuer. Dies gilt nicht für die Nutzung kleiner tropfsicherer Kerzen (z. B. Grabkerzen) im Rahmen Ihres Aufzugs. 4. Untersagt wird die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sowie das Tragen von Uniformen, Uniformteilen oder gleichartigen Kleidungsstücken als Ausdruck einer gemeinsamen politischen Gesinnung sowie das gemeinsame Tragen von dunklen Springerstiefeln, Bomberjacken in den Farben schwarz, blau, militärgrün und dunkelrot und militärischen Kopfbedeckungen. 5. In Versammlungsreden und Sprechchören sowie auf Transparenten unter-bleiben Aussagen, die das NS-Regime, seine Organisationen und deren (auch selbst ernannten) Folgeorganisationen sowie verbotene Parteien und Vereine einschließlich deren Nachfolge- und Ersatzorganisationen glorifizieren, verharmlosen oder sonst wiederbeleben. 6. Untersagt werden des Weiteren Sprüche, in denen zu Gewalt gegenüber Dritten aufgerufen wird sowie das Verlesen von Namenslisten „politischer Gegner/innen“ in Verbindung mit bedrohenden und gewaltimplizierenden Zusätzen. 7. Gleiches gilt für Druckwerke, Transparente und musikalische Darbietungen, die bei Ihrem Aufzug Verwendung finden. 8. Für die im Aufzug mitgeführten Lautsprecherwagen wird eine Befreiung von den Vorschriften des § 21 der Straßenverkehrsordnung (StVO) zur Beförderung von Personen auf Ladeflächen von Lastkraftwagen und Anhängern erteilt, sofern diese Benutzende einer technischen Einrichtung (Lautsprecheranlage oder dergleichen) sind oder eine zwingende Funktion als Bedienpersonal zu erfüllen haben. Die Ladefläche ist seitlich mit einer zumindest provisorischen Absturzsicherung auszustatten. 9. Die Versammlungsteilnehmenden auf den Fahrzeugen dürfen sich nur innerhalb des gesicherten Bereiches aufhalten. Die Befreiung gilt nur während und für die Dauer des Aufzuges und ausschließlich für Personen, die eine der vorstehend genannten Aufgaben wahrnehmen. Seite 7 von 10 10. Jedes im Aufzug mitgeführte Fahrzeug bzw. jeder Fahrzeugverbund muss im Frontbereich und beidseitig an jeder Achse durch Ordner/innen gesichert werden, um so ein etwaiges Überfahren von Versammlungsteilnehmenden zu verhindern. Die Ordner/innen müssen wie vorstehend beschrieben gekennzeichnet sein. Für diese Ordner/innen sowie für die/den Fahrzeugführer/innen gilt absolutes Alkoholverbot. 11. Für die Umsetzung und Einhaltung der Auflagen zu 7. und 8. des Auflagenbescheides ist für jedes im Aufzug mitgeführte Fahrzeug von der/dem Veranstalter/in bzw. Leiter/in vor Beginn der Versammlung eine spezielle wagenverantwortliche Person zu bestimmen und der Polizeieinsatzleitung unter Angabe der vollständigen Personalien und des Kfz-Kennzeichens des Fahrzeuges schriftlich zu benennen. 12. Ohne Einsetzung und Benennung einer wagenverantwortlichen Person darf kein Fahrzeug im Aufzug mitgeführt werden. 13. Die Auflagen zu 1. bis 5. sind den Versammlungsteilnehmenden, die Aufla-gen zu 6. bis 8. den wagenverantwortlichen Personen vor Ort - wenn erforderlich auch wiederholt - bekannt zu geben.“ Vor Ort wurden keine weiteren Auflagen erteilt. 13. Ist dem Senat das Zitat aus dem Schlusswort von Rudolf Heß im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher "Ich bin glücklich zu wissen, daß ich meine Pflicht getan habe, meinem Volk gegenüber - meine Pflicht als Deutscher; als Nationalsozialist, als treuer Gefolgsmann des Führers. Ich bereue nichts!" als klares Bekenntnis Heß' zum Nationalsozialismus und seinen Verbrechen bekannt und trifft es zu, dass trotz der entsprechenden Auflage „Jede Verherrlichung von ‚Rudolf Heß‘ in Wort, Schrift oder Bild wird untersagt“ die Rudolf-Heß-Gedenkmärsche mit dem Fronttransparent "Ich bereue nichts - Nationale Sozialisten Berlin" wie bereits im Jahr 2017 unter dem Schutz der Polizei stattfinden konnten? Zu 13.: Sowohl das genannte Zitat als auch das zitierte und im Rahmen der Demonstration am 18. August 2018 wie auch im letzten Jahr gezeigte Plakat sind bekannt. Aufgrund der Mehrdeutigkeit der Äußerung und der hohen Bedeutung der in Art. 5 Grundgesetz garantierten Meinungsfreiheit konnte unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls in diesem wie auch letztem Jahr kein Verstoß gegen § 130 Abs. 4 StGB und die versammlungsrechtliche Auflage erkannt werden. 14. Trifft es zu, dass wie bereits im Jahr 2017 die Teilnehmer*innen der beiden Rudolf-Heß- Gedenkmärsche dazu aufgerufen wurden weiße Oberbekleidung zu tragen und dies in der Masse, während der beiden Versammlungen am 18.08.2018 auch taten? Wie beurteilt der Senat diesen Umstand mit Bezug zu § 3 Abs. 1 VersG? Zu 14.: Es fehlte bereits an der für ein Uniformverbot nach § 3 Abs. 1 VersG notwendigen Gleichförmigkeit der von den Versammlungsteilnehmenden getragenen Kleidung, da die bloße Festlegung auf die Farbe der Oberbekleidung dem Verbotsmaßstab nicht genügt. 15. Ist der Senat trotz der unter Frage 11. - 13. aufgeführten Punkte der Auffassung, dass die Rudolf- Heß-Gedenkmärsche in Spandau und in Friedrichshain am 18.08.2018 jeweils nicht dazu geeignet waren, die Tatbestandsvoraussetzung des § 130 Abs. 4 StGB zu erfüllen, nach der sich strafbar macht, wer „den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch Seite 8 von 10 stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt“? Wenn ja, aus welchen genauen Gründen nicht? Zu 15.: Es wird auf die Antworten zu Frage 11 und Frage 12 verwiesen. 16. Hat die Polizei (darüber hinaus) weitere Auflagenverstöße registriert? Wenn ja, welche und wie viele jeweils? Zu 16.: Nein. 17. Welche Kenntnisse hat der Senat über die auf dem Fronttransparent genannte Gruppierung "Nationale Sozialisten Berlin"? Zu 17.: Eine Gruppierung mit dem Namen „Nationale Sozialisten Berlin“ ist dem Senat nicht bekannt. Nach Einschätzung des Verfassungsschutzes handelt es sich dabei lediglich um ein Label, welches bereits bei der Demonstration im August 2017 in Spandau verwendet wurde. 18. Welche Kenntnisse hat der Senat über Filmaufnahmen, die rechte Demo-Sanitäter*innen mit der Hagalrune, einem abgewandelten Abzeichen einer Division der verbotenen Waffen-SS, der 6. SS- Gebirgs-Division „Nord“, der Aufschrift "Nordland" und der Lebensrune auf ihrer Warnweste zeigen? Zu 18.: Den Ermittlungsbehörden sind derzeit keine solchen Filmaufnahmen, jedoch einzelne Fotos aus öffentlich zugänglichen Fotosammlungen im Internet bekannt. a. Wie viele Demo-Sanitäter*innen waren auf den beiden Rudolf-Heß-Gedenkmärschen jeweils unterwegs? Zu 18. a): Eine Erfassung im Sinne der Fragestellung erfolgt durch die Polizei Berlin nicht. b. Welche Kenntnisse hat der Senat über die Strafbarkeit der verwendeten Kennzeichen? Zu 18. b): Eine Strafbarkeit gemäß § 86 a StGB ist nicht erkennbar. c. Welche Kenntnisse hat der Senat darüber hinaus über den genannten Sanitätsdienst? Zu 18. c): Dem Senat liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 19. Welchen weiteren Organisationen oder Gruppierungen (NPD und Unterorganisationen, Die Rechte, „Autonome Nationalisten“, usw.) gehörten die Teilnehmer*innen der beiden Rudolf-Heß- Gedenkmärsche 2018 an? Zu 19.: Die Teilnehmenden gehörten unter anderem den folgenden Gruppierungen an: Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD), Junge Nationalisten (JN), Partei „Der III. Weg“, Partei „Die Rechte“, Freie Kräfte/Neonazis/Autonome Nationalisten, Netzwerk rechtsextremistische Musik, Kameradschaft Northeim. Seite 9 von 10 20. Hat die Berliner Polizei an den Antrittsplätzen der Rudolf-Heß-Gedenkmärsche Vorkontrollen durchgeführt? Zu 20.: Ja. Wenn ja, a. in welcher Form (stichprobenartig, etc.) und mit Blick auf welche Gegenstände Zu 20. a): Es wurden verdachtsabhängige Kontrollen im Hinblick auf Gegenstände durchgeführt, welche insbesondere nach dem Versammlungsgesetz bei öffentlichen Versammlungen nicht mitgeführt werden dürfen. b. wurden dabei Gegenstände sichergestellt oder Tätowierungen abgeklebt und wenn ja, welche Zu 20. b): Es wurden zwei Schlauchschals beschlagnahmt sowie ein Reizstoffsprühgerät sichergestellt. c. wurden im Rahmen der Vorkontrollen Platzverweise ausgesprochen und auf welcher jeweiligen rechtlichen Grundlage? Zu 20. c): Nein. 21. Wie viele Reisebusse mit wie vielen Teilnehmer*innen des Rudolf-Heß-Gedenkmarsches und aus welchen Orten jeweils hat die Berliner Polizei registriert? Zu 21.: Im Vorlauf des Einsatzes wurden fünf Reisebusse festgestellt, welche mit Personen besetzt waren, die an der Versammlung teilnehmen wollten. Die Busse hatten Kennzeichen aus dem Raum Dortmund, Hamburg, Unna, Göttingen sowie dem Rhein-Erft-Kreis. Die Insassenzahl wurde nicht festgestellt. 22. Wie viele Teilnehmer*innen des Rudolf-Heß-Gedenkmarsches reisten aus dem Ausland an? Aus welchen Ländern kamen diese? Zu 22.: An der Demonstration nahmen unter anderem Rechtsextremisten aus den Niederlanden und Tschechien teil. 23. Hat die Berliner Polizei oder haben Polizeien anderer Bundesländer / des Bundes auf Hinweis der Berliner Polizei vor dem Rudolf-Heß-Gedenkmarsch Reisebusse oder PKW anreisender Teilnehmer*innen der Demonstration angehalten? Zu 23.: Durch die Polizei Berlin wurden zwei ankommende Reisebusse angehalten, um diese der entsprechenden Versammlung zuordnen zu können. Wenn ja, a. kam es dabei zu Durchsuchungen von Fahrzeugen oder Personen mit welchem jeweiligen Ergebnis? b. kam es dabei zu Personenkontrollen mit welchem jeweiligen Ergebnis? Seite 10 von 10 Zu 23. a) und b): Nein. c. Wenn nein, warum nicht? Zu 23. c): Die rechtlichen Voraussetzungen für eine Durchsuchung oder anderweite Überprüfungsmaßnahmen lagen nicht vor. 24. Welche Personen mit welchen jeweiligen Funktionärsaufgaben und Regionalgruppenzugehörigkeiten traten als Redner*innen bei den beiden Rudolf-Heß- Gedenkmärschen 2018 auf? Zu 24.: Als Redner traten der stellvertretende Landesvorsitzende der NPD Berlin und NPD- Bundesorganisationsleiter, ein ehemaliger Landesvorsitzender der NPD Hamburg und ein Rechtsextremist aus Nordrhein-Westfalen auf. Berlin, den 07. September 2018 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport