Drucksache 18 / 16 143 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Kluckert (FDP) vom 24. August 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. August 2018) zum Thema: Valsartan und seine Nebeneffekte und Antwort vom 17. September 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Sep. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Herrn Abgeordneten Florian Kluckert (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/16 143 vom 24. August 2018 über Valsartan und seine Nebeneffekte ________________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Erkenntnisse hat der Senat, dass verunreinigte blutdrucksenkende Medikamente, die Valsartan enthalten, an Patientinnen und Patienten durch Krankenhäuser, Versorgungszentren, Arztpraxen und Apotheken in Berlin verschrieben und herausgegeben wurden? Zu 1. Anfang Juli 2018 haben die europäischen Aufsichtsbehörden europaweit zahlreiche valsartanhaltige Arzneimittel bis zur Apothekenebene zurückgerufen. Sie enthalten den Wirkstoff aus der Produktion des chinesischen Herstellers Zhejiang Huahai Pharmaceutical. Begründet war der Rückruf der betroffenen Chargen der valsartanhaltigen Arzneimittel mit Verunreinigungen mit N-Nitrosodimethylamin (NDMA). Die europäische Zulassungsbehörde European Medicines Agency (EMA) teilt am 13.09.2018 mit, dass eine weitere Verunreinigung im Wirkstoff Valsartan des o. g. Herstellers festgestellt wurde. Es handelt sich um die verwandte Substanz N-Nitrosodiethylamin (NDEA). Die EMA nimmt daher auch diesen Stoff in ihr Risikobewertungsverfahren auf (siehe hierzu Antwort zu Frage 4). Valsartanhaltige Arzneimittel werden sehr häufig in der Bluthochdrucktherapie eingesetzt. Entsprechende Arzneimittel wurden daher auch von Berliner Ärztinnen und Ärzten verschrieben und in Apotheken oder Krankenhäusern an Patientinnen und Patienten abgegeben bzw. angewendet. 2. In welchem Umfang und seit wann gelangten die Medikamente, die Valsartan enthalten, ins Land Berlin und entsprechende medizinische Einrichtungen? - 2 - 2 Zu 2. Laut Arzneiverordnungsreport 2017 wurden im Rahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung im Jahre 2016 bundesweit 717,2 Mio. Tagesdosen an Valsartan-Monopräparaten abgegeben, wobei die Verordnungszahlen seit Jahren steigen. Konkrete Zahlen für das Land Berlin liegen nicht vor. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass der Anteil der Berliner Verordnungen an den bundesweiten Verordnungen sich proportional zum Bevölkerungsanteil Berlins an der deutschen Gesamtbevölkerung verhält. Da teilweise nur bestimmte Arzneimittelchargen der pharmazeutischen Unternehmer vom Rückruf betroffen sind und zudem keine chargen- und patientenbezogene Dokumentation erfolgt, liegen keine Daten zum genauen Umfang vor. Nach den bisherigen Ermittlungen ist die Verunreinigung der valsartanhaltigen Arzneimittel mit NDMA beim betroffenen Wirkstoffhersteller ab dem Jahre 2012 entstanden. Die aktuell festgestellte Verunreinigung NDEA ist laut Mitteilung der EMA von 13.09.2018 möglicherweise in dem vor 2012 genutzten Produktionsprozess entstanden. Hierzu liegen erst wenige Informationen vor. Ob die einzelnen pharmazeutischen Unternehmer seit 2012 oder erst später von dem betroffenen chinesischen Wirkstoffhersteller Valsartan bezogen haben , ist nur den für das Inverkehrbringen der Arzneimittel verantwortlichen pharmazeutischen Unternehmern bekannt. Im Land Berlin sind keine entsprechenden pharmazeutischen Unternehmer der betroffenen valsartanhaltigen Arzneimittel ansässig. 3. Welche Berliner Gesundheitseinrichtungen haben in welchen Mengen valsartanhaltige Medikamente in welchen Dosen an Patientinnen und Patienten herausgegeben? Zu 3. Bei valsartanhaltigen Präparaten handelt es sich um verschreibungspflichtige Arzneimittel, die von Apotheken an Patientinnen und Patienten abgegeben wurden. Die betreffenden Arzneimittel werden u. a. gegen Bluthochdruck eingesetzt und sind in unterschiedlichen Dosierungen als Mono- und als Kombinationspräparate verfügbar. Über die patientenbezogenen Daten mit den Verschreibungsmengen und den konkreten Dosierungen der valsartanhaltigen Arzneimittel verfügen lediglich die behandelnden Ärztinnen und Ärzte. 4. Welche Vorsorge trifft das Land Berlin für Patientinnen und Patienten, die mit entsprechend hohen Dosen der verunreinigten Chargen behandelt worden sind? Zu 4. Die Verunreinigung stellt für die Patientinnen und Patienten keine akute Gesundheitsgefahr dar, so dass von einem eigenmächtigen Absetzen wegen der damit verbundenen gesundheitlichen Risiken abgeraten wird. Aufgrund der erforderlichen patientenbezogenen Therapieentscheidungen erfolgte insofern bundesweit die Information der Patientinnen und Patienten über die Arztpraxen und Apotheken sowie über die öffentlichen Informationen des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Sobald das von der Europäischen Kommission initiierte Risikobewertungsverfahren mit der Einschätzung des toxikologischen Risikos der Verunreinigung der valsartanhaltigen Arzneimittel vorliegt, wird die Öffentlichkeit auf Ebene der EU und damit auch bundesweit informiert. - 3 - 3 Deshalb erfolgt keine spezifische Information von Berliner Patientinnen und Patienten. Patientinnen und Patienten können aber grundsätzlich gegenüber den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern einen Auskunftsanspruch nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) geltend machen. 5. In welchem Austausch steht das Land Berlin derzeit mit den verantwortlichen und involvierten Akteuren bzgl. der valsartanhaltigen Medikamenten? Zu 5. Das Land Berlin steht mit den anderen für die Überwachung des Arzneimittelverkehrs zuständigen Landesbehörden, dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), der europäischen Zulassungsbehörde European Medicines Agency (EMA) sowie den Arzneimittelkommissionen der Deutschen Apotheker (AMK) und der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) im Informationsaustausch. 6. Wann, wie und durch wen wurde die zuständige Berliner Gesundheitsverwaltung über die Unregelmäßigkeiten bei der Herstellung valsartanhaltiger Medikamente informiert? Zu 6. Am 27. Juni 2018 erfolgte per E-Mail erstmalig eine Mitteilung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) über Verunreinigungen bei valsartanhaltigen Arzneimitteln . 7. Wie können sich eventuell betroffene Patientinnen und Patienten über die Güte ihrer eingenommenen Medikamente informieren? Zu 7. Das BfArM empfiehlt der Ärzteschaft, Patientinnen und Patienten auf ein Arzneimittel umzustellen , welches keine Verunreinigung aufweist. Hierzu können sich die Patientinnen und Patienten mit ihrer Arztpraxis und Apotheke in Verbindung setzen, um abzuklären, ob das derzeit eingenommene Arzneimittel von der Verunreinigung betroffen ist. Konkrete Informationen über die betroffenen Arzneimittel, weitere Hinweise für Patienten, Ärzte und Apotheker können darüber hinaus auf der Internetseite des BfArM und den dort verlinkten Internetseiten der Ärzte- und Apothekerschaft entnommen werden: https://www.bfarm.de/DE/Arzneimittel/Arzneimittelzulassung/Arzneimittelinformationen/Arz neimittelfaelschungen/RapidAlertSystem/Valsartan/_node.html https://www.abda.de/amk-nachricht/artikel/online-nachricht-amk-liste-derchargenbezogenen -rueckrufe-valsartan-haltigerarzneimittel /print.htm?no_cache=1&cHash=e0db0af2b474e58cf8cb30ab10e146b0 https://www.akdae.de/Arzneimittelsicherheit/Weitere/Archiv/2018/20180709.html - 4 - 4 8. Welche Konsequenzen zieht der Senat aus dem nunmehr zweiten Medikamentenskandal im Umgang mit dem Vertrieb von Arzneimitteln? Zu 8.: Da hier Bundes- und EU-Regularien betroffen sind, erfolgt die Aufarbeitung des Vorgangs auf Bundes- und EU-Ebene, insbesondere durch das Bundesministerium für Gesundheit, die Bundesoberbehörde BfArM und die EMA. Das Land Berlin wird sich hier mit seiner Expertise einbringen. Berlin, den 17. September 2018 In Vertretung Boris Velter Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung