Drucksache 18 / 16 146 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) vom 27. August 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. August 2018) zum Thema: Frei im Bad? III und Antwort vom 11. September 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Sep. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 3 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/16146 vom 27.08.2018 über Frei im Bad? III ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Auf meine Anfragen 18/15737 und 18/15935 hat der Senat leider nur unvollständig geantwortet, so dass ich noch einmal frage: Nach I. 12 der Haus- und Badeordnung der Berliner Bäderbetriebe ist von allen Badegästen angemessene Badekleidung zu tragen, "z. B. Badehose, Badeshorts, Bikini, Badeanzug, Burkini. Badehosen und Badeshorts dürfen maximal knielang sein." 1. Aus welchen sachlichen, insbesondere hygienischen Gründen dürfen Badehosen und Badeshorts maximal knielang sein, ein "Burkini" hingegen bis zu den Füßen reichen? Erläuternd: Die bisherige Antwort des Senats lässt sich lediglich zu Badeshorts und Badehosen ein und übergeht die Frage, weshalb unterschiedliche Maßstäbe an diese und an einen "Burkini" gelegt werden: "Der Hinweis auf knielange Hosen ist deshalb ausdrücklich in die Haus- und Badeordnung (HBO) aufgenommen worden, weil nach langjähriger Erfahrung vor allem die als Schwimmbekleidung ungeeigneten Sport- oder Surfshorts über das Knie reichen. Sie sind deshalb ungeeignet, weil sie nicht eng am Körper anliegen, meistens auch außerhalb des Schwimmbades getragen werden und sich ihr Material mit Wasser vollsaugen kann, was für ungeübte Badegäste ein Sicherheitsrisiko darstellen kann." (siehe Drucksache 18/15737) Ein "Burkini" liegt gerade nicht eng am Körper an, sondern besteht aus einem Anzug und einem weiten Überkleid. Explizit als Badekleidung konzipierte Badeshorts bestehen - ebenso wie als solche konzipierte "Burkinis" - unabhängig von deren Länge aus schwimmgeeignetem Material und können sich nicht "mit Wasser vollsaugen". Die Frage, ob ein Stück Badebekleidung "auch außerhalb des Schwimmbades getragen" werden kann bzw. wird steht in keinem erkennbaren Zusammenhang mit den hygienischen oder Sicherheitsanforderungen des Badebetriebes. Weiter führt der Senat aus: "Der Burkini wird grundsätzlich auch nicht als Straßenkleidung getragen, sondern erst im Schwimmbad unmittelbar vor dem Eintauchen in das Schwimmbecken angelegt." sowie "Diese Shorts werden sehr häufig (vor allem im Sommer) bereits als Straßenkleidung getragen." Woher stammen diese Annahmen des Senats oder der Bäderbetriebe? Werden zu diesem Thema strukturierte Gästebefragungen durchgeführt? Falls ja, wann zuletzt, durch wen und mit wie vielen Teilnehmern und welchem Ergebnis? Seite 2 von 3 Wie prüfen die Bäderbetriebe, wer wann welches Kleidungsstück angelegt hat? Zu 1.: Grundsätzlich sollte Badebekleidung – insbesondere zur Sicherheit der/des Badenden – möglichst textilarm und aus einem für Badebekleidung üblichen Stoff gefertigt sein. Zudem darf Badebekleidung zur Wahrung der Hygienemaßstäbe ausschließlich zum Baden (und nicht als Straßenkleidung) getragen werden. Unter I.12 der Haus- und Badeordnung (HBO) der Berliner Bäder-Betriebe (BBB) ist die für die Berliner Bäder zugelassene „handelsübliche Badebekleidung“ exemplarisch aufgeführt. Der Burkini grenzt sich von Badeshorts, Badehose, Bikini und Badeanzug insofern ab, als dass er über ein eng anliegendes Unterteil mit langem Bein und ein nicht eng anliegendes Oberteil mit langem Arm verfügt. Der Burkini stellt insofern – unter Beachtung des Kriteriums „textilarm“ – einen Kompromiss dar. Er ermöglicht jedoch Mädchen und Frauen muslimischen Glaubens das (lebenswichtige) Schwimmen zu erlernen und zu trainieren. Zu der Thematik, wann die Badegäste ihre Badebekleidung im Einzelnen anlegen, werden keine Gästebefragungen durchgeführt. Die Annahmen gründen sich auf die langjährige Beobachtung des Badebetriebs durch das Fachpersonal, das die Wasseraufsicht in den Bädern durchführt. 2. Die Fragen 2) bis 4) der Anfrage 18/15737 hat der Senat missverständlich beantwortet: "Es ist seitens der BBB unerheblich, welcher Gast sich für welche Badebekleidung entscheidet. Es soll jedoch sichergestellt sein, dass durch die Badebekleidung die Geschlechtsmerkmale bedeckt sind." Auf die Nachfrage 18/15935 erklärte der Senat dann: "Badeanzüge bedecken in der Regel die Brustpartie. Ein Bikini besteht aus zwei Teilen, dessen oberer Teil ebenfalls die Brustpartie bedeckt. Die HBO trägt damit der allgemeinen Gepflogenheit Rechnung, dass die meisten Menschen mit weiblicher Brust es vorziehen, in der Öffentlichkeit mit bedeckter Brust unterwegs zu sein. Für Schwimmbäder gilt dies entsprechend." Ist der Senat nun der Auffassung, es stehe jedem Gast frei, seine Badekleidung zu wählen, sofern die primären Geschlechtsmerkmale bedeckt sind? (Anfrage 18/15737) Also e.g. als Dame eine Badehose oder als Herr einen Badeanzug? Oder ist der Senat der Auffassung, es sei entgegen des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und des Gleichheitsgrundsatzes zulässig, hier geschlechtsspezifisch unterschiedliche Bekleidungsvorschriften zu machen? Zu 2.: Durch langjähriges Praktizieren haben sich allgemeine Gepflogenheiten hinsichtlich der Badebekleidung gesellschaftlich etabliert, wonach ein Mann beim Baden/Schwimmen in öffentlichen Bädern eine Badehose trägt und eine Frau einen Badeanzug oder Bikini, die jeweils die weibliche Brust bedecken. Die HBO der BBB nimmt keine ausdrücklichen Festlegungen vor, welcher Gast sich für welche Art der Bekleidung zu entscheiden hat, Ziffer I.12 ist jedoch im oben genannten Sinne zu verstehen. 3. Wer ist bei Senat oder Bäderbetrieben für die Bewertung der Frage, was "allgemeine Gepflogenheit" bei Badebekleidung ist, zuständig Seite 3 von 3 4. Nach welchen Maßstäben wird diese Bewertung vorgenommen und weshalb erachtet der Senat diese Maßstäbe als vorrangiger als die das Verwaltungshandeln bindenden Regelungen der Verfassung von Berlin? Zu 3. und 4.: Weder bei den BBB noch innerhalb des Senats existiert eine für „allgemeine Gepflogenheiten bei Badebekleidung“ zuständige Stelle. Als Maßstab für die Bewertung allgemeiner Gepflogenheiten dienen langjährig etablierte Kleidungspräferenzen weiblicher und männlicher Badegäste. Zudem ist es üblich, den Körper in öffentlich zugänglichen Bereichen mit angemessener Kleidung bzw. in Schwimmbädern mit handelsüblicher Badebekleidung zu bedecken, außer es wird explizit beispielsweise auf textilfreies Baden hingewiesen. Die das Verwaltungshandeln bindenden Regelungen der Verfassung von Berlin werden beachtet. Berlin, den 11. September 2018 In Vertretung Sabine Smentek Senatsverwaltung für Inneres und Sport