Drucksache 18 / 16 176 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Emine Demirbüken-Wegner (CDU) vom 29. August 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 31. August 2018) zum Thema: Welche Lösungen bietet der Senat für die krisenhaften Zustände in den Unterhaltsvorschussstellen , damit betroffene Eltern und Kinder zu ihrem Recht kommen ? und Antwort vom 16. September 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Sep. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Frau Abgeordnete Emine Demirbüken-Wegner (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/16176 vom 29. August 2018 über Welche Lösungen bietet der Senat für die krisenhaften Zustände in den Unterhaltsvorschussstellen , damit betroffene Eltern und Kinder zu ihrem Recht kommen? ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Inwieweit wurde die Prognose von 64 % (Roten Nummer 0869) hinsichtlich des Anstiegs der Fallzahlen der Berechtigten nach dem neuen Unterhaltsvorschussgesetz übertroffen? Bitte den Anstieg der Fallzahlen aufgesplittet auf die Bezirke und nach Altersgruppen darstellen. Zu 1.: Der Tabelle 1 können die Fallzahlen - getrennt nach Bezirken und Altersgruppen (unter 6 Jahre, 6 bis unter 12 Jahre und 12 bis unter 18 Jahre) - zum Stichtag 30.06.2018 entnommen werden (Spalten 2 bis 5; Quelle: Unterhaltsvorschussgesetz (UVG)- Fallzahlenstatistik). In Spalte 7 ist die absolute Veränderung der Fallzahl am 30.06.2018 gegenüber dem Stand 30.06.2017 dargestellt; die Spalten 8 bis 10 zeigen die Veränderung in den jeweiligen Altersgruppen. Zum Stichtag 30.06.2018 liegt die Fallzahl noch leicht unter der im Schreiben an den Vorsitzenden des Hauptausschusses vom 29.09.2017 (RN 0869) dargestellten Prognose von 44.000 Fällen. Angesichts der noch in Bearbeitung befindlichen Anträge (s. hierzu Antwort zu den Fragen 2 und 3), hält die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie an ihrer Prognose fest. - - 2 2. Wie stellt sich der derzeitige Abarbeitungsstand der eingegangenen Anträge dar? Bitte um Gegenüberstellung der bis jetzt eingegangenen Anträge, den Stand der Abarbeitung sowie die verbleibenden Rückstände aufgegliedert nach Bezirken. 3. Wie viele Monate beträgt die durchschnittliche Bearbeitungszeit eines Vorgangs - von der Antragsstellung bis zur Bewilligung einschließlich Bescheiderteilung - in den Unterhaltsvorschussstellen? Bitte aufgesplittet nach Bezirken darstellen. Zu 2. und 3.: Aus der Tabelle 2 können die von den Bezirken zum Stichtag 30.06.2018 gemeldeten vorliegenden Anträge, die erteilten Bewilligungen bzw. Ablehnungen sowie die noch in Bearbeitung befindlichen Anträge je Bezirk entnommen werden. Die Antragsdaten beziehen sich auf den Zeitraum 01.07.2017 bis 30.06.2018, rückwirkend ab Gültigkeit der neuen gesetzlichen Regelung. Zur Dauer der Bewilligungsverfahren bis und über 3 Monate wird auf die Antwort zu Frage 2 der Schriftlichen Anfrage Nr. 18/15355 vom 13.06.2018 verwiesen. Bezirk lfd. Fälle insgesamt (Stand 30.06.2018) davon unter 6 Jahre davon 6 bis unter 12 Jahre davon 12 bis unter 18 Jahre lfd. Fälle insgesamt (Stand 30.06.2017) Veränderung 2018 zu 2017 (absolut) davon unter 6 Jahre davon 6 bis unter 12 Jahre davon 12 bis unter 18 Jahre 1 2 = 3+4+5 3 4 5 6 7 = 2-6 8 9 10 Mitte 2.964 813 1.536 615 1.939 1.025 -54 464 615 Friedrichshain- Kreuzberg 2.506 625 1.170 711 1.408 1.098 -41 428 711 Pankow 3.570 883 1.594 1.093 1.930 1.640 -65 612 1.093 Charlottenburg- Wilmersdorf 2.354 551 1.121 682 1.316 1.038 -1 357 682 Spandau 3.007 974 1.463 570 2.317 690 -258 378 570 Steglitz-Zehlendorf 2.037 480 967 590 1.251 786 -93 289 590 Tempelhof-Schöneberg 2.492 762 1.258 472 2.121 371 -260 159 472 Neukölln 3.479 864 1.800 815 1.990 1.489 -31 705 815 Treptow-Köpenick 2.274 598 1.059 617 1.431 843 -128 354 617 Marzahn-Hellersdorf 6.345 1.945 2.928 1.472 3.724 2.621 -213 1.362 1.472 Lichtenberg 5.280 1.461 2.493 1.326 2.809 2.471 -67 1.212 1.326 Reinickendorf 3.009 917 1.538 554 2.212 797 -192 435 554 Land Berlin 39.317 10.873 18.927 9.517 24.448 14.869 -1.403 6.755 9.517 Quelle: UVG-Fallzahlenstatistik (Stichtage 30.06.2017 und 30.06.2018) Tabelle 1: Fallzahlentwicklung zu den Stichtagen 30.06.2017 und 30.06.2018 Bezirk Anträge insgesamt davon Bewilligung davon Ablehnung bzw. Nichtbewilligung davon unbearbeitet oder in Bearbeitung 1 2 3 4 5 Mitte 4.236 1.667 611 1.958 Friedrichshain-Kreuzberg 3.046 1.338 638 1.070 Pankow 4.527 2.475 747 1.305 Charlottenburg-Wilmersdorf 2.647 1.291 844 512 Spandau 4.942 1.093 1.452 2.397 Steglitz-Zehlendorf 2.195 1.202 469 524 Tempelhof-Schöneberg 5.500 707 93 4.700 Neukölln 5.917 2.064 2.775 1.078 Treptow-Köpenick 3.236 1.246 490 1.500 Marzahn-Hellersdorf 4.760 3.410 760 590 Lichtenberg 6.749 3.525 2.782 442 Reinickendorf 3.696 1.645 511 1.540 Land Berlin 51.451 21.663 12.172 17.616 Quelle: Bezirksabfrage zum 30.06.2018 Tabelle 2: Antragszahlen zum Stichtag 30.06.2018 - - 3 4. Wie sieht die derzeitige personelle Besetzung der Unterhaltsvorschussstellen aus? Bitte nach Bezirken darstellen den Bestand des Personals vor der Reform des Unterhaltsvorschussgesetzes sowie den jetzigen Gesamtbestand unterteilt nach neu bewilligten und nicht besetzten Stellen. Zu 4.: In der Tabelle 3 sind die zu den Stichtagen 01.01.2017 (vor Reform des Unterhaltsvorschussgesetzes ) und 30.06.2018 finanzierten und besetzten/unbesetzten Stellen (in Vollzeitäquivalente /VZÄ) je Bezirk dargestellt. Die Angaben basieren auf der regelmäßigen Abfrage der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie zum Personalbestand der Jugendämter (Stichtag 01.01.2017) und einer gesonderten Einzelabfrage zum Stichtag 30.06.2018. 5. Warum konnte die Bewilligung weiteren Personals bis jetzt die anstehenden Probleme nicht lösen? Worin liegen weitere Gründe für die hohen Rückstände und die langen Bearbeitungszeiten? Sind diese Gründe in allen Unterhaltsvorschussstellen ähnlich oder gibt es gravierende Unterschiede? 6. Was sagt der Senat in diesem Zusammenhang zu dem in der Presse laut gewordenen Vorwurf, dass das Desaster vorhersehbar gewesen sei, weil das Personal in den Unterhaltsvorschussstellen schon vorher knapp war und die Antragsbearbeitung einem bürokratischen Kraftakt gleiche? Zu 5. und 6.: Die Gründe für längere Bearbeitungszeiten liegen generell in der Ausweitung der Unterhaltsvorschuss -Leistungen zum 01.07.2017, die die Zahl der Anträge in kürzester Zeit sprunghaft auf mehrere Tausend ansteigen ließ sowie der neuen komplexen Voraussetzungen für Kinder ab dem 12. Geburtstag. Durch die Gesetzesänderung sind vermehrt Überprüfungen hinsichtlich eines eigenen Einkommens erforderlich, die teilweise mit einer zeitaufwendigen Recherche verbunden sind. Unvollständige Angaben/Unterlagen wirken sich verzögernd auf die Antragsbearbeitungszeiten aus. Hinzu kommt, dass noch nicht alle bewilligten zusätzlichen Stellen im Unterhaltsvorschussbereich besetzt werden konnten. Die divergierenden Bearbeitungszeiten in den einzelnen Bezirken können unterschiedliche Bezirk Finanzierte Stellen ohne Leitung (in VZÄ) davon besetzte Stellen (in VZÄ) unbesetzte Stellen (in VZÄ) Finanzierte Stellen ohne Leitung (in VZÄ) davon besetzte Stellen (in VZÄ) unbesetzte Stellen (in VZÄ) Differenz finanzierte Stellen 2017 / 2018 1 2 3 4 5 6 7 8 Mitte 20,50 18,78 1,72 26,00 23,06 2,94 5,50 Friedrichshain-Kreuzberg 10,00 9,39 0,61 14,89 13,89 1,00 4,89 Pankow 16,75 16,75 0,00 22,75 22,75 0,00 6,00 Charlottenburg- Wilmersdorf 10,87 10,45 0,42 19,00 15,00 4,00 8,13 Spandau 16,55 15,00 1,55 20,80 19,00 1,80 4,25 Steglitz-Zehlendorf 15,91 12,65 3,26 15,61 15,61 0,00 -0,30 Tempelhof-Schöneberg 14,50 12,70 1,80 20,75 20,75 0,00 6,25 Neukölln 18,00 17,00 1,00 23,00 17,95 5,05 5,00 Treptow-Köpenick 12,00 10,00 2,00 19,00 16,00 3,00 7,00 Marzahn-Hellersdorf 13,00 11,93 1,07 30,00 21,00 9,00 17,00 Lichtenberg 19,00 19,00 0,00 27,00 24,00 3,00 8,00 Reinickendorf 10,45 10,16 0,29 16,00 16,00 0,00 5,55 Land Berlin 177,53 163,81 13,72 254,80 225,01 29,79 77,27 Quellen: Bezirksabfragen zum 01.01.2017 und 30.06.2018 Tabelle 3: Fachpersonal zu den Stichtagen 01.01.2017 und 30.06.2018 per 01.01.2017 per 30.06.2018 - - 4 Gründe haben, wie z. B. unterschiedliche Geschwindigkeiten der Personalrekrutierung und -einarbeitung. 7. Was hat der Senat bisher konkret getan, um die Bezirke bei der Lösung der vielfältigen Probleme in den Unterhaltsvorschussstellen zu unterstützen? Was hat der Senat insbesondere unternommen, um bei Beratungsleistungen für die Antragstellerinnen und Antragstelle zu unterstützen, Antragsverfahren zu verkürzen sowie für die Aufstockung des Personals einschließlich der Beschleunigung von Stellenausschreibungen und Besetzungsverfahren zu sorgen? 8. Gibt es weitere Überlegungen des Senats, wie die anhaltende Krise in den Unterhaltsvorschussstellen gelöst werden soll, damit für die Betroffenen endlich der Rechtsanspruch eingelöst wird? Zu 7. und 8.: Der Senat hat bereits 2017 allen Bezirken je 6 zusätzliche VZÄ für die Unterhaltsvorschussstellen bewilligt, da durch die Änderung des UVGs der Personenkreis der Leistungsberechtigten und die mögliche Dauer des Leistungsbezuges ausgeweitet wurden. Am 03.07.2018 hat der Senat mit der Vorlage zur „Umsetzung der Vorschläge der Steuerungsgruppe zur Verbesserung der gesamtstädtischen Verwaltungssteuerung“ den Abbau des Antragsstaus beim Unterhaltsvorschuss als ein mit höchster Priorität zu verfolgendes Projekt beschlossen. Dieses sogenannte Schnellläuferprojekt soll innerhalb von 12 Monaten in enger Abstimmung mit den Bezirken umgesetzt werden. Im Zuge des Prozesses sollen organisatorische , personelle und technische Unterstützungsmaßnahmen identifiziert und installiert werden, die zu einer Stabilisierung des Aufgabenfeldes Unterhaltsvorschuss im Sinne der dauerhaften Gewährleistung und Beschleunigung der Antrags- und Fallbearbeitung unter den neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen führen. Berlin, den 16. September 2018 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie