Drucksache 18 / 16 192 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Graf (CDU) vom 31. August 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. September 2018) zum Thema: Abschluss von Zinsderivaten durch das Land Berlin und Antwort vom 06. September 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Sep. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1/3 Senatsverwaltung für Finanzen Herrn Abgeordneten Florian Graf (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 16 192 vom 31. August 2018 über Abschluss von Zinsderivaten durch das Land Berlin ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. In welchem Umfang hat das Land Berlin in den Jahren 2002 bis 2017 Zinsderivate zur Steuerung von Liquiditäts- und Zinsänderungsrisiken und der Erzielung günstigerer Konditionen abgeschlossen ? Zu 1.: Die in den Jahren 2002 bis 2017 abgeschlossenen Derivatvolumina sind in der folgenden Tabelle dargestellt: 2. Wie groß ist das nominale Vertragsvolumen aller Derivatgeschäfte per 31. Dezember 2017? Zu 2.: Das nominale Vertragsvolumen aller zum 31. Dezember 2017 bestehenden Derivatgeschäfte betrug rd. 7.848 Mio. €. 3. Wie viel Prozent des Gesamtschuldenstandes entspricht das Vertragsvolumen aller Zinsderivate am Ende des Doppelhaushaltes 2016/17? Zu 3.: Der Gesamtschuldenstand des Landes Berlin lag am 31. Dezember 2017 bei rd. 58.994 Mio. €. Das nominale Vertragsvolumen aller Derivatgeschäfte entsprach zum Ende des Doppelhaushaltes 2016/17 also rd. 13,3% des Gesamtschuldenstandes . Haushaltsjahr 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Neugeschäft in Mio. € 10 1.045 975 1.365 796 3.102 5.430 693 Haushaltsjahr 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Neugeschäft in Mio. € 1.980 1.400 1.028 0 10 0 0 0 2/3 Die Ermächtigung zum Derivateinsatz im Jahr 2017 ergab sich aus § 2 Abs. 7 Haushaltsgesetz 2016/2017. Danach durfte das Derivatvolumen 50 vom Hundert des Gesamtschuldenstandes am Ende des jeweils vorangegangenen Jahres, hier 2016, nicht überschreiten. Auf der Basis des Gesamtschuldenstandes vom 31. Dezember 2016 (rd. 59.436 Mio. €) wurde diese Ermächtigung (rd. 29.718 Mio. €) zu 26,4% ausgeschöpft. 4. Wurde unter Berücksichtigung aller Prämienzahlungen eine Zinskostenersparnis gegenüber der jeweiligen Benchmark aufgrund abgeschlossener Derivatgeschäfte in den Haushaltsjahren 2002 bis 2017 erzielt? 5. Wenn ja, wie hoch ist die Zinskostenersparnis? 6. Wenn nein, wie hoch sind die entstandenen Buchschulden respektive die entstandenen Mehrkosten ? Zu 4. - 6.: Der wirtschaftliche Erfolg des Derivateinsatzes (Zinsersparnisse gegenüber der jeweiligen Benchmark) stellt sich seit dem Haushaltsjahr 2002 wie folgt dar: 7. Wie bewertet der Senat den wirtschaftlichen Erfolg der laufenden Derivatgeschäfte? Zu 7.: Alle Derivatgeschäfte beziehen sich zum Startzeitpunkt auf ein konkretes Darlehen (Grunddarlehen). Bei fast 90% des am 31. Dezember 2017 bestehenden Derivatvolumens handelt es sich um Zinssicherungsgeschäfte, die zur Absicherung des Zinsänderungsrisikos von variabel verzinslichen Darlehen abgeschlossen wurden. Hier werden die variablen Zinssätze des Grunddarlehens in einen festen Zinssatz getauscht. Der wirtschaftliche Erfolg dieser Geschäfte, in denen das Land Festsatzzahler ist (Payer-Swap), wird ermittelt , indem die Zinsausgaben aus variablem Grunddarlehen und Payer-Swap den Zinsausgaben eines zum Abschlusszeitpunkt des Grundgeschäfts alternativen Festsatzdarlehens (sog. Benchmark-Darlehen) gegenübergestellt werden. Bei rd. 10% des am 31. Dezember 2017 bestehenden Derivatvolumens handelt es sich um Geschäfte mit dem Ziel der Erzielung günstigerer Zinskonditionen (Receiver- Swaps). Bei diesen Geschäften wird der Zinssatz eines abgeschlossenen Festsatzdarlehens in einen variablen Zinssatz getauscht. Zur Ermittlung des wirtschaftlichen Erfolgs werden diese beiden Zinszahlungsströme verglichen. Haushaltsjahr 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 - in Mio. € - -1,1 7,7 9,2 16,7 14,0 12,6 21,6 73,1 Haushaltsjahr 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 - in Mio. € - 81,8 59,1 76,2 62,9 37,5 31,1 26,6 -4,9 3/3 Um die Auswirkungen des Derivateinsatzes auf das Kreditportfolio zu verdeutlichen, werden zudem weitere Kennzahlen, wie zum Beispiel der variabel verzinste Portfolioanteil , die Zinsbindung und die durchschnittliche gewichtete Nominalverzinsung des Kreditportfolios nach Derivateinsatz mit denen des reinen Kreditportfolios verglichen. 8. Strebt der Senat den Abschluss weiterer Derivatgeschäfte unter Berücksichtigung der Marktentwicklung und der jeweils aktuellen Zinsprognose an? Zu 8.: Bei der Refinanzierung auslaufender Darlehen besteht im Rahmen des Schuldenmanagements das Ziel der langfristigen Sicherung niedriger Zinssätze für einen möglichst langen Zeitraum. Zinsänderungsrisiken sollen somit weitgehend ausgeschlossen und künftige Zinsausgaben langfristig kalkulierbar werden. In der aktuellen Niedrigzinsphase ist dieses Ziel seit 2015 durch die Begebung großvolumiger börsennotierter Anleihen bzw. durch die Aufnahme von Schuldscheindarlehen im Laufzeitbereich von 10 bis 40 Jahren im Rahmen der originären Kreditaufnahme realisiert worden. Die Sicherung langfristiger Zinssätze mittels derivativer Zinssicherungsgeschäfte ist deshalb aktuell und in näherer Zukunft nicht notwendig. Berlin, den 06.09.2018 In Vertretung Dr. Margaretha Sudhof Senatsverwaltung für Finanzen