Drucksache 18 / 16 207 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Danny Freymark (CDU) vom 03. September 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. September 2018) zum Thema: Lieber gemeinsam statt einsam: Telefonseelsorge in Berlin und Antwort vom 18. September 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Sep. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Herrn Abgeordneten Danny Freymark (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/16 207 vom 03. September 2018 über Lieber gemeinsam statt einsam: Telefonseelsorge in Berlin ________________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: An der Beantwortung dieser Schriftlichen Anfrage haben die Telefonseelsorge Berlin e.V., das Diakonische Werk Berlin-Brandenburg, schlesische Oberlausitz e.V., die Kirchliche Telefonseelsorge, das Muslimische Seelsorgetelefon, die Beratungsstelle neuhland sowie der Berliner Krisendienst mitgewirkt. 1. Welche Institutionen führen in Berlin eine Telefonseelsorge oder ein Krisentelefon durch und wie hat sich die Zahl der Anbieter in den vergangenen Jahren entwickelt? Zu 1.: In Berlin gibt es verschiedene Angebote der telefonischen Seelsorge bzw. Krisentelefone. Dazu gehören z.B.: 1. der Berliner Krisendienst, 2. die Telefonseelsorge Berlin e.V., 3. die Kirchliche Telefonseelsorge, 4 das muslimische Seelsorgetelefon, 5. das russischsprachige Telefon Doweria, 6. der BIG e.V. - Hotline,-Verbund 7. LARA e.V., 8. der Frauenkrisentelefon e.V., 9. das Kinder- und Jugendtelefon, 10. die Beratungsstelle neuhland 11. die Krisendienste der bezirklichen Jugendämter (werktags von 8:00 Uhr bis 18:00 Uhr) und die mehrsprachige Hotline Kinderschutz beim Berliner Notdienst Kinderschutz (BNK) 12. das Elterntelefon, 13. Pflege in Not. - 2 - 2 Soweit hier Informationen vorliegen, hat sich die Zahl der Anbieter in den letzten Jahren nicht wesentlich verändert. Außerdem bieten auch die Sozialpsychiatrischen und die Kinder - und Jugendpsychiatrischen Dienste der Bezirke Krisenberatungen an. Sie sind jedoch nicht als Telefonseelsorgeeinrichtungen zu verstehen, sondern sind mit verschiedenen – auch aufsuchenden Hilfeangeboten für psychisch beeinträchtigte bzw. psychisch kranke Menschen zuständig. Auch der Berliner Krisendienst ist nicht nur telefonisch erreichbar, sondern bietet auch Beratungs -/Entlastungsgespräche in den Räumlichkeiten des Berliner Krisendienstes (an 9 Standorten über die Stadt verteilt) und in Einzelfällen auch im Rahmen von Hausbesuchen an. Er hält darüber hinaus einen ärztlichen Hintergrunddienst vor. Das Muslimische Seelsorgetelefon engagiert sich über die Sicherstellung des Telefondienstes hinaus auch in der muslimischen Notfallseelsorge und in der muslimischen Gefängnisseelsorge . Die frauenspezifischen Telefonangebote werden von BIG e.V. der Hotline-Zentrale und deren Hotline-Verbund bereitgehalten. Der Hotline-Verbund besteht aus folgenden Projekten: - Fachberatungs- und Interventionsstelle BORA - Beratungsstelle Frauentreffpunkt - Frauenraum Fachberatungs- und Interventionsstelle bei häuslicher Gewalt - Interkulturelle Initiative e.V. - Frauenberatung TARA. - Weitere Institutionen in Berlin, die eine telefonische Leistung zur Verfügung stellen, sind LARA - Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt an Frauen sowie Frauenkrisentelefon e.V. Darüber hinaus bieten alle Träger der Anti-Gewalt-Arbeit telefonische Beratung und Auskunft an. Die Zahl der Anbieter ist seit Jahren konstant geblieben (Frauenkrisentelefon e.V. seit 1982, BIG-Hotline seit 1995, LARA e.V. seit 1996). Zusätzlich können die gewaltbetroffenen Frauen auch die kostenfreie Hotline des Bundes unter folgenden Telefonnummern: 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222 nutzen. Eine Telefonseelsorge im klassischen Sinne erfolgt nicht. Die Beratungsstelle neuhland und der BNK haben neben der telefonischen Krisenintervention ebenfalls etliche weitere Aufgaben. Pflege in Not ist eine Beratungs- und Beschwerdestelle bei Konflikt und Gewalt in der Pflege älterer Menschen und kein klassisches Krisentelefon; die Stelle ist nicht 24h, sondern im Rahmen ihrer Sprechzeiten erreichbar: Neben der telefonischen Beratung gibt es weitere Angebote für Ratsuchende (Hausbesuche, psychologische Beratung, Familiengespräche , Mediation, Fallgespräche). Verschiedene der aufgeführten Seelsorgedienste beteiligen sich an der Ausrichtung des Welt-Suizidpräventionstages - 10.09. – und sind Mitgründer des Berliner Netzwerks Suizidprävention . 2. Wie haben sich die Nutzerzahlen in den vergangenen zehn Jahren jeweils verändert? - 3 - 3 Zu 2.: Die anliegende Tabelle stellt die Zahl der Anrufe dar. Allerdings kann daraus nicht eine absolute Zahl der Anrufenden abgeleitet werden. Diese kann allein schon wegen der zu wahrenden Anonymität der Anrufenden nicht ermittelt werden. Allerdings stellen die Telefonseelsorgen fest, dass in den letzten Jahren die durchschnittliche Dauer der Gespräche auffällig gestiegen ist. Daraus schlussfolgern die Telefonseelsorgen, dass die Probleme der Menschen offensichtlich schwerwiegender/komplexer werden. Dementsprechend können dann weniger Menschen das Angebot nutzen. Der Berliner Krisendienst stellt fest, dass die Inanspruchnahme an manchen Standorten erheblich gestiegen ist und es schwieriger wird, die Akutversorgung zu gewährleisten. Die ansteigenden Nutzerzahlen der Hotline Kinderschutz erklären sich durch den zunehmenden Bekanntheitsgrad, durch das 2012 zusätzlich eingeführte Angebot der muttersprachlichen Beratung und durch eine zunehmende Sensibilisierung der Bevölkerung. 3. Wie viele Menschen leisten die Beratung und wie sind sie dafür geschult oder vorbereitet? Zu 3.: Die Anzahl der bei den Telefonseelsorgen/Krisentelefonen Mitarbeitenden unterliegt einer ständigen Fluktuation. Die Telefonseelsorgen arbeiten mit Ehrenamtlichen, die Mitarbeit im Berliner Krisendienst erfolgt sowohl mit Tarifbeschäftigten als auch auf Honorarbasis. Anzahl der Mitarbeitenden Art der Schulung /Vorbereitung Berliner Krisendienst 31,6 VZÄ (zumeist Teilzeitbeschäftigte (meist ¾ Stellen), zusätzlich Honorarmittel, die jedoch nicht in VZÄanaloge Stellen umgerechnet werden können Berufliche Ausbildung im psychosozial/psychiatrischen Bereich (meist Psychologie und Sozialarbeit) sowie entsprechender umfangreicher Erfahrungshintergrund. Telefonseelsorge Berlin e.V. 114 zum Stichtag 15.11.2017 Ausbildung nach IFOTES- Richtlinien Kirchliche Telefonseelsorge 138 zum Stichtag 15.11.2017 Ausbildung nach IFOTES- Richtlinien Muslimisches Seelsorgetelefon 77 zum Stichtag 15.11.2017 Ausbildung nach IFOTES- Richtlinien Telefon Doweria 110 Ehrenamtliche aktuell Schulung in Zusammenarbeit mit der Kirchlichen Telefonseelsorge BIG e.V.-Hotline-Verbund Bei den drei genannten Trägern werden aktuell 17 Mitarbeiterinnen durch die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung finanziert. Darüber Die Mitarbeiterinnen kommen aus diversen Berufsgruppen wie bspw. Sozialarbeiterinnen , Sozialpädagoginnen , Psychologinnen oder Erzieherinnen. Diese werden kontinuierlich und LARA e.V. Frauenkrisentelefon e.V. - 4 - 4 hinaus sind in den insgesamt 8 Projekten eine Vielzahl weiterer Mitarbeiterinnen (Vollzeit, Teilzeit, Halbtags, geringfügige Beschäftigte) sowie auch ehrenamtliche Mitarbeiterinnen tätig. spezifisch zu den unterschiedlichen Themen des Antigewaltbereichs geschult und weitergebildet. Kinder- und Jugendtelefon 64 Ehrenamtliche (aktuelle Zahl) Ausbildung umfasst 119 Stunden und wird nach erfolgreichem Abschluss und zwei Jahren Mitarbeit zertifiziert . neuhland 12 in 2017 bei 6,4 VK- Stellen Fachkräfte Psychologen und Pädagogen mit psychotherapeutischer Zusatzausbildung Hotline Kinderschutz des Berliner Notdienst Kinderschutz 7 Voll- und Teilzeitkräfte Im Kinderschutz erfahrene Fachkräfte mit pädagogischem Studienabschluss, in der Regel in Sozialer Arbeit Elterntelefon 20 Ehrenamtliche (aktuell ) Ausbildung umfasst 80 Stunden und kann nach erfolgreichem Abschluss und zwei Jahren Mitarbeit zertifiziert werden. Pflege in Not 7 Voll- und Teilzeitkräfte 4,0 VK-Stellen 2 ehrenamtliche Mitarbeitende Sozialpädagogin, Diplom- Psychologin, Krankenpfleger und Sozialpädagoge, Krankenschwester , Gerontologe, Sozialpädagoge, Krankenschwester /Soziale Gerontologin , alle mit Ausbildung in Gesprächsführung Ärztin, Altenpfleger 4. Erfolgen die Beratungsangebote unentgeltlich? Falls nein, welche Kosten sind damit verbunden? Zu 4.: Für die Anrufe bei der Telefonseelsorge Berlin, der Kirchlichen Telefonseelsorge, Elterntelefon und dem Kinder- und Jugendtelefon fallen keine Kosten an, diese übernimmt die Deutsche Telekom AG, bei den übrigen Angeboten fallen nach derzeitigem Kenntnisstand nur die Telefonkosten an, die sich je nach Telefonanbieter bzw. individuellem Telefonvertrag unterscheiden können. Die Beratungsangebote erfolgen in allen Einrichtungen kostenfrei . Die Beratungsangebote der Hotline Kinderschutz sind unentgeltlich. Sämtliche Angebote von Pflege in Not sind für die Nutzenden kostenfrei. - 5 - 5 5. Wie werden diese Angebote finanziert und wie hoch ist der jeweilige öffentliche Zuschuss? Zu 5.: Finanzierung ggf. öffentlicher Zuschuss Berliner Krisendienst durch Zuwendung im Rahmen des Psychiatrieentwicklungsprogramms 2017: 3.397.656,50 € Telefonseelsorge Berlin e.V. durch Spenden, Erbschaften, einen kleinen Teil Kollekten sowie durch Zuwendung im Rahmen des Integrierten Gesundheitsprogramms IIGP) 2017: 86.566,23 € Kirchliche Telefonseelsorge Der Jahresetat 2018 beträgt 270.000 Euro. Aus dem IGP fließen rd. 27% dieses Etats. Die verbleibenden 73% des Etats werden von der ökumenischen Trägergemeinschaft, mit Spenden und mit Mitteln von anderen privaten Geldgebern finanziert. 2017: 73.045,67 € Muslimisches Seelsorgetelefon durch Spenden sowie Zuwendung im Rahmen des IGP 2017: 150.000,00 € Telefon Doweria durch Eigenmittel des Diakonischen Werkes Berlin- Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. (DWBO), mit Spenden und Mitteln von anderen privaten Geldgebern BIG e.V.-Hotline-Verbund Die Angebote werden durch die Senatsverwaltung für Gesundheit , Pflege und Gleichstellung über Zuwendungen finanziert: Die BIG-Hotline erhält darüber hinaus weitere Fördermittel durch bspw. Deutsche Klassenlotterie, PS- Sparen sowie private Spender. 430.658 € Lara Die Angebote werden durch die Senatsverwaltung für Gesundheit , Pflege und Gleichstellung über Zuwendungen finanziert: 338.822 € Frauenkrisentelefon Die Angebote werden durch die Senatsverwaltung für Gesundheit , Pflege und Gleichstellung über Zuwendungen finanziert: Die Online- und Chatberatung des Frauenkrisentelefons e.V. erhält weitere Mittel der Senatsverwal- 102.847 € - 6 - 6 tung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung über zgs consult GmbH. Das Jahresbudget in 2017 betrug 40.900€. Kinder- und Jugendtelefon durch Eigenmittel des Diakonischen Werkes Berlin- Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. (DWBO), mit Spenden und Mitteln von anderen privaten Geldgebern neuhland durch Zuwendung der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Im Rahmen der Projektförderung werden die anteiligen Personal - und Telefonkosten , die im Einzelnen nicht beziffert werden können, finanziert. Hotline Kinderschutz Angebot der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie. Das zusätzliche muttersprachliche Angebot wird über eine Zuwendung der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie finanziert 2017: 190.000 € Elterntelefon durch Eigenmittel des Diakonischen Werkes Berlin- Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. (DWBO), mit Spenden und Mitteln von anderen privaten Geldgebern Pflege in Not Gefördert mit Landesmitteln im Rahmen des Integrierten Sozialprogramm (ISP) sowie durch die AOK Nordost – Die Gesundheitskasse 174.678,66 € 133.000,00 € gesamt: 307.678,66 € 6. Kann man eine statistische Aussage über die Gründe für den jeweiligen Anruf bei der Telefonseelsorge machen? Zu 6.: Die Telefonseelsorge Berlin gibt an, dass Gründe für einen Anruf mit über 20% depressive Stimmungen sind, gefolgt von körperlichem Befinden, Einsamkeit/Isolation, familiären Beziehungen und Alltagsbeziehungen. Wenn Anrufende suizidale Themen ansprechen beinhalten diese am häufigsten suizidale Gedanken (zu zwei Dritteln), frühere Suizidversuche oder Suizidabsichten. Die Kirchliche Telefonseelsorge berichtet, dass dort am häufigsten Gesprächsthemen zur Arbeitssituation, Wohnung/Wohnumfeld, finanziellen Problemen und familiären Beziehungen waren, weitere wichtige Themen waren Sinn, Glauben, Werte und Alltagsbeziehungen . - 7 - 7 Beide Telefonseelsorgen stellen fest, dass sie von immer mehr Menschen angerufen werden , die sich in psychischen Notlagen bzw. Ausnahmezuständen befinden. Das muslimische Seelsorgetelefon gibt als Hauptgesprächsthemen familiäre Beziehungen, Sinn-Glaube-Werte, Arbeitssituation, Finanzfragen, depressive Stimmung, Ängste, Stress/Ärger/Aggression und Leben in Partnerschaft an. Beim Telefon Doweria sind folgende Themen am häufigsten: Einsamkeit/Isolation, Sucht, Partnersuche/Partnerwahl, Selbstbild, familiäre Beziehungen, Stress/Ärger/Aggression und depressive Stimmungen. Über die bisher genannten Themen hinaus berichtet der Berliner Krisendienst eine häufige Inanspruchnahme aufgrund von Suizidalität, schweren psychischen Erkrankungen, Traumatisierungen und Suchtproblemen. Darüber hinaus wird er auch von Menschen mit geistiger Behinderung oder Lernschwierigkeiten in Anspruch genommen. Die Beratungsschwerpunkte der Telefonberatung liegen im Bereich Hilfe und Unterstützung für von Gewalt , insbesondere häuslicher und sexueller Gewalt betroffene Frauen. Seit in Krafttreten des Gesetzes über psychosoziale Prozessbegleitung am 01.01.2017 werden auch darüber Informationen erfragt. Die Themen der Anrufenden bei LARA e.V. bezogen sich in 2017 zu 73% auf Vergewaltigungen und sexuelle Nötigung, zu 34% auf sexuellen Missbrauch, zu 9,5% auf Misshandlungsbeziehungen und zu 16% auf sexuelle Belästigung. In der Beratungsstelle neuhland wird darüber keine Statistik geführt. Dennoch lässt sich eine Aussage darüber treffen, welche Gründe zu einem Anruf führen. Dies sind in der Regel Suizidgedanken und –absichten, vorangegangene Suizidversuche, selbstverletzendes Verhalten, psychische Auffälligkeiten, Ängste, Depressionen, sozialer Rückzug, Einsamkeit , Probleme mit Eltern, Mitschülern, Mobbing in der Schule, Essstörungen, Drogenmissbrauch . Die Hotline-Kinderschutz ist ein telefonisches "Rund-um-die-Uhr" Beratungsangebot für Erziehungsberechtigte, Kinder und Jugendliche die sich in Not- und Krisensituationen beraten lassen können. Zudem ist die Hotline eine Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger die Kenntnis über eine mögliche Kindeswohlgefährdung haben. Eine konkrete Statistik über die Anrufgründe wird nicht geführt. Beim Kinder- und Jugendtelefon werden hauptsächlich folgende Themenfelder angesprochen : Psychosoziale Themen und Gesundheit, Sexualität, Partnerschaft und Liebe, Probleme in der Familie, Schule/Ausbildung/Beruf, Freundeskreis und Peergruppe und Gewalt und Missbrauch. Beim Elterntelefon steht die Sorge um das eigene Kind oft in direktem Zusammenhang mit der eigenen (Erziehungs-)Situation und den sich daraus ergebenden Erziehungsproblemen , die häufigsten Themen betrafen Probleme mit der eigenen (Erziehungs-)Situation, Erziehung/Familie, Probleme mit Personen / Behörden und psychosoziale Probleme / Gesundheit . - 8 - 8 Bei Pflege in Not sind im Bereich der häuslichen Pflege Überforderung, Aggressionen und Konflikte die meistgenannten Themen. Im stationären Bereich führen Pflegemängel sowie Konflikte mit Personal oder dem Heim zum Kontakt. Konflikte mit der rechtlichen Betreuung bilden ein eigenes Themenfeld. Fast jeder zweite Anruf hat Demenz zum Thema. 7. Welche Regelungen des Datenschutzes finden bei der Durchführung der Telefonseelsorge Anwendung? Zu 7.: Der Berliner Krisendienst arbeitet grundsätzlich anonym, die Bestimmungen der DSGVO sind verbindlich. Bei erheblicher Gefahr für Leben oder Gesundheit des Betroffenen/der Betroffenen, oder für besonders bedeutende Rechtsgüter Dritter, können entsprechende Personendaten als Hilfemaßnahme weitergegeben werden. Das gilt auch bei Gefährdung des Kindeswohls. Die Seelsorgetelefone sind an die Standards der TelefonSeelsorge der deutschen und des internationalen Verbandes gebunden und zu deren Einhaltung verpflichtet. Die Inanspruchnahme erfolgt grundsätzlich anonym. Die Mitarbeitenden unterliegen der Schweigepflicht . Die Seelsorgetelefone sind für die Seelsorgesuchenden erreichbar, nehmen mit Ihnen jedoch keinen Kontakt auf und erfassen keine persönlichen Daten der Anrufenden. Rufnummern der Anrufenden werden schon seitens der Telekom unterdrückt, so dass diese nicht in die Telefonanlagen eingespielt werden und dadurch auch nicht sichtbar sind. Ähnliches gilt für das Kinder- und Jugendtelefon und das Elterntelefon, die an die Standards des Dachverbandes „Nummer gegen Kummer e.V.“ gebunden ist. Die Regelungen der DSGVO gelten auch für die telefonseelsorgerischen Angebote. Die kirchlichen Angebote sind außerdem auch an die kirchlichen Datenschutzverordnungen lauf Kirchengesetz gebunden und zu deren Einhaltung verpflichtet. Es finden die Regelungen der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (EU- DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) Anwendung. Die betroffenen Frauen können alle Angebote, wenn gewünscht, anonym in Anspruch nehmen. In der Beratungsstelle neuhland erfolgt die Inanspruchnahme anonym, wenn gewünscht. Die Mitarbeiter unterliegen der Schweigepflicht. Die DSGVO gilt auch hier. Auch über die Hotline Kinderschutz besteht die Möglichkeit, sich vollkommen anonym beraten zu lassen. Als Angebot der Jugendhilfe ist die Hotline Kinderschutz an die Datenschutzregelungen des SGB VIII gemäß § 61 ff. gebunden. Auch bei Pflege in Not wählen Anrufende, ob sie sich anonym beraten lassen wollen. Bei Hinweisen auf erfolgte, gerade erfolgende oder unmittelbar bevorstehende Gewaltvorfälle erfolgt auch hier eine möglichst genaue Abklärung der Situation zur Einschätzung der Gefährdung ; daraus können weitere Schritte folgen (s. 9). Es gilt die DSGVO. 8. In welchen Fällen werden die Anrufenden an andere Institutionen weitervermittelt? Zu 8.: Die Weitervermittlung an andere Institutionen erfolgt durch die Telefonseelsorgen nach Bedarf und Situation z.B. in Fällen von Suizidalität, drohender Wohnungslosigkeit, dem - 9 - 9 akuten Schub einer psychischen Erkrankung, Alkohol- bzw. Drogenmissbrauch, bei medizinischem oder juristischem Beratungsbedarf. Die Seelsorgedienste verfügen Kontaktdaten zu weiterführenden Einrichtungen/Institutionen aller Art, somit können – sofern die anrufende Person dies wünscht - anhand der Postleitzahl oder dem Ort, den die /die Anrufende angibt, spezialisierte Angebote im Umkreis benannt werden. Grundsätzlich werden die Anrufenden weiter vermittelt, wenn es sich nicht um häusliche bzw. sexualisierte Gewalt und nicht um von Gewalt betroffene Frauen handelt. An andere Institutionen wird von der Beratungsstelle neuhland weitervermittelt, wenn die/der Anrufende einen Bedarf hat, der dort nicht abgedeckt werden kann. Dies erfolgt z.B. bei chronischem Drogenmissbrauch, akuter Suizidalität, die eine sofortige Aufnahme in die Klinik erfordert, bei medizinischem oder juristischem Beratungsbedarf. Auch wenn die Person, um die es geht, zu alt ist für die Zielgruppe (junge Menschen bis 24 J.), wird weiter vermittelt. Die Hotline Kinderschutz vermittelt bei Bedarf u.a. an die zuständigen Jugendämter, an Erziehungs- und Familienberatungsstellen oder Spezialberatungsstellen. Pflege in Not weist Ratsuchende bei rein pflegerischen Fragen auf das Angebot der Pflegestützpunkte hin. Ratsuchende werden bei Bedarf, z.B. bei Qualitätsproblemen auch auf die Möglichkeit des Kontakts zu Pflegekassen und Heimaufsicht hingewiesen, gegebenenfalls auch auf die Patientenbeauftragte des Senats. 9. Unter welchen Umständen werden andere staatliche Institutionen (z.B. die Polizei) informiert? Zu 9.: Der Berliner Krisendienst muss bei akuter Selbst- oder Fremdgefährdung wie suizidalen Krisen, psychiatrischen Notfällen oder bei außergewöhnlichen Ereignissen (Todesfälle, Unfälle, bzw. s.o.) möglichst schnell handeln. Falls erforderlich, zieht er dafür einen Arzt oder eine Ärztin aus dem Hintergrunddienst hinzu oder arbeitet in Einzelfällen mit Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst zusammen. In Fällen von Kindeswohlgefährdung werden die Polizei bzw. das zuständige Jugendamt informiert. Bei der Telefonseelsorge Berlin wird die Verpflichtung zur Schweigepflicht nur gebrochen bei: Ankündigung einer geplanten schweren Straftat nach §138 StGB (Anrufer hat Tat hinreichend konkretisiert), Ankündigung oder eingeleiteter Suizid, dann kann Polizei eingeschaltet und Schweigepflicht gebrochen werden, Gefährdung Dritter (erweiterter Suizid) Obiges gilt auch für die Beratungsstelle neuhland. Bei Information zu einer Kindeswohlgefährdung gemäß § 8a SGB VIII über die Hotline Kinderschutz wird der Berliner Notdienst Kinderschutz ggf. unmittelbar im Rahmen einer Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII tätig oder informiert umgehend das zuständige Jugendamt . Die Kirchliche Telefonseelsorge, das muslimische Seelsorgetelefon, das Telefon Doweria, das Kinder- und Jugendtelefon und das Elterntelefon informieren nur selten staatliche In- - 10 - 10 stitutionen, z.B. bei einer Bedrohungslage wie z.B. Bombendrohungen, Anschlagsdrohungen und Drohungen gegen Menschen und Werte. Anders ist es in der Zusammenarbeit mit der Feuerwehr und dem Rettungsdienst bei Suizidandrohungen und Suizidhandlungen . Voraussetzung ist, dass die oder der Anrufende seine Anonymität preisgibt. Bei Selbstgefährdung (Suizidalität) und Fremdgefährdung werden die Polizei bzw. über den Notruf ggf. Feuerwehr, Notarzt informiert, sofern es sich nicht um einen anonymen Anrufenden handelt. Das Gleiche gilt bei Fällen von Kindeswohlgefährdung. Pflege in Not informiert bei massiver Fremd- oder Eigengefährdung sowie zur Verhinderung einer unmittelbar bevorstehenden Gewalttat (Gefahr im Verzug) die Polizei, dabei möglichst das LKA, Abteilung Delikte gegen Schutzbefohlene. In solchen Fällen wird bei Bedarf auch die Heimaufsicht informiert. Berlin, den 18. September 2018 In Vertretung Boris Velter Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Anlage zu Frage Nr. 2 der Schriftlichen Anfrage 18/16 207 Jahr 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Berliner Krisendienst / Anzahl der Kontakte - ca. 80 % telefonisch und 20% persönlich 52.772 52.255 52.335 54.200 60.928 59.763 64.803 64.034 65.540 66.497 Telefonseelsorge Berlin e.V. (* in diesem Jahr war eine konkrete Erfassung der Anrufenden technisch nicht möglich, daher Schätzung) 26.045 25.075 23.243 22.404 rd. 25.000* 22.444 22.608 22.502 21.227 21.907 Kirchliche Telefonseelsorge (überjährige Erfassung, Daten für Zeitraum Okt 17- Sept. 18 liegen noch nicht vor) 25.718 27.333 20.877 24.905 23.329 29.274 28.327 27.343 24.974 liegt noch nicht vor Muslimisches Seelsorgetelefon (seit 01.05.2009) 998 2.253 3.904 4.386 5.466 5.235 5.206 5.407 5.195 Telefon Doweria jährlich 6.000 - 7.000 BIG e.V. -Hotline- Verbund 7.613 8.270 9.217 9.434 9.611 9.067 9.188 LARA e.V. 4.342 3.932 3.938 4.003 3.682 4.064 4.022 Frauenkrisentelefon e.V. 1.790 1.898 1.886 2.321 3.025 2.869 3.515 Kinder- und Jugendtelefon 8.448 8.057 9.189 10.570 7.670 7.585 4.286 4.962 5.062 5.100 neuhland 664 808 883 888 1.061 1.286 1.025 984 912 1.217 Hotline Kinderschutz 819 953 1.255 1.397 1.547 1.935 2.006 2.216 2.204 2.128 Kindernotdienst 2.336 2.554 2.615 2.390 2.529 2.857 3.180 3.432 3.903 3.503 Jugendnotdienst / Mädchennotdienst 1.076 1.355 1.812 1.404 1.963 1.764 1.857 1.471 1.087 1.015 Elterntelefon 490 341 401 146 188 203 142 714 655 Pflege in Not 2.047 2.030 2.001 2.057 2.458 2.683 2.613 2.695 2.827 2.843