Drucksache 18 / 16 355 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Nicola Böcker-Giannini (SPD) vom 30. August 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. September 2018) zum Thema: Rating- und Scoringagenturen regulieren und Antwort vom 18. September 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Sep. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe Frau Abgeordnete Nicola Böcker-Giannini (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/ 16355 vom 30. August 2018 über Rating- und Scoringagenturen regulieren ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Ist dem Senat oder dem Datenschutzbeauftragten bekannt, dass durch die neue DSGVO das Geschäftsmodell der Ratingagenturen, wie Schufa, Creditreform, etc., stark eingeschränkt ist? Wenn ja, inwiefern? Zu 1: Die Schufa Holding AG und andere Scoring-Agenturen fallen unter den Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), diese ermöglicht weiterhin das Geschäftsmodell von Auskunfteien. Die Normen sind allerdings etwas abstrakter formuliert als nach dem Bundesdatenschutzgesetz alter Fassung. Nach Artikel 15 der DSGVO haben Betroffene umfangreiche Auskunftsrechte bezüglich der über sie gespeicherten Daten. Die Auskünfte sind kostenfrei zu erteilen. 2. Plant der Senat oder der Datenschutzbeauftragte des Landes Berlin einen Vorstoß, um Bürger *innen den kostenfreien elektronischen Zugang zu ihren gespeicherten Daten und der Bewertung (sog. „Scoring“) durch die Agenturen zu ermöglichen bzw. nach der neuen DSGVO zu gewährleisten? Zu 2.: Nein, denn es gibt bereits einen Auskunftsanspruch bezüglich gespeicherter Daten und "Scoring-Werte" nach Art. 15 DSGVO wie unter Ziffer 1 ausgeführt. Die Regelungen der DSGVO gelten bereits unmittelbar und es bedarf keiner weiteren gesetzlichen Umsetzung mehr. Etwaige Einschränkungen können sich aus den §§ 32 bis 37 Bundesdatenschutzgesetz neuer Fassung (BDSG) ergeben. 3. Plant der Senat oder der Datenschutzbeauftragte des Landes Berlin eine verstärkte Aufsicht und Kontrolle der Rating-Agenturen? Insbesondere plant der Senat oder der Datenschutzbeauftragte eine Initiative, um die dem sog. Scoring zugrunde Algorithmen offenzulegen und deren systemische Beschaffenheit transparent zu gestalten? Zu 3.: Die Berliner Datenschutzbeauftragte kontrolliert im Rahmen ihrer Zuständigkeit die in Berlin ansässigen Scoring-Agenturen. Die Schufa Holding AG, die Creditreform 2 Boniversum GmbH, die CRIF Bürgel GmbH und die infoscore Consumer Data GmbH haben jedoch ihren Sitz in anderen Bundesländern. Der Senat ist sich der Bedeutung des Aufgabenkomplexes Transparenz- und Algorithmenkontrolle sehr bewusst. Die Diskussion sollte daher weiterhin intensiv auf Bundesebene erfolgen. Auf der 14. Verbraucherschutzministerkonferenz am 15. Juni 2018 haben die Bundesländer die Bundesregierung u.a. darauf hingewiesen, dass die Einführung von Kennzeichnungs- und Begründungspflichten für algorithmenbasierte Entscheidungsverfahren sowie aufsichtsrechtliche Kontrollmöglichkeiten erforderlich sind. Die Länderarbeitsgruppe „Digitaler Neustart“ der Justizministerkonferenz hat in ihrem Zwischenbericht zur Frühjahrskonferenz der Justizministerinnen und Justizminister angekündigt, dass sie im Rahmen der Unterarbeitsgruppe „Big Data, Algorithmentransparenz und Gesundheitsdaten“ ebenfalls weiter untersuchen wird, inwieweit im Bereich algorithmenbasierter Entscheidungen ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht und wie rechtliche Instrumente aussehen könnten. Der Abschlussbericht ist für Herbst 2018 angekündigt. Für 2018 ist zudem vorgesehen, dass der Sachverständigenrat ein Gutachten zum Thema „Verbraucher-Scoring“ vorlegt und im Rahmen dieses Gutachtens die Möglichkeiten einer Regulierung von algorithmenbasierten Entscheidungen im Bereich des Scorings darstellt. Das Land Berlin wird sich nach Vorlage und Auswertung der Berichte entscheiden, ob und welche eigenen Initiativen es auf Bundesebene vornehmen wird. 4. Plant das Land Berlin einen Vorstoß, um die Ratingagenturen staatlich zu regulieren, da sie in weite Bereiche der Persönlichkeitsrechte der Bürger*innen eingreifen? Zu 4.: Ratingagenturen sind private Unternehmen, die die Kreditwürdigkeit von Unternehmen sowie von Staaten oder Gebietskörperschaften mit einem Rating bewerten . Sie werden durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA beaufsichtigt. Für Scoring-Agenturen wird auf die Antwort zu 3. verwiesen. 5. Sind dem Senat oder dem Datenschutzbeauftragten des Landes Berlin Fälle von Missbrauch von Daten der Bürger*innen oder Fälle von Falschbewertungen bekannt, die sich negativ auf das Leben oder die wirtschaftliche Situation ausgewirkt haben? Wenn ja, welche? Wenn ja, wie werden diese Fälle erfasst? Wenn ja, gibt es hierzu eine zentrale Erfassung? Zu 5.: Der Berliner Datenschutzbeauftragten wurden einzelne Fälle von Identitätsdiebstahl und Personenverwechslung gemeldet. Bei der Berliner Datenschutzbeauftragten werden alle Beschwerden einzeln erfasst. Die Verbraucherzentrale Berlin hat im Jahr 2018 bisher – Stand 13.09.2018 – acht Beschwerden zur SCHUFA und vier zur Creditreform bearbeitet. Die meisten Fragen gab es zu Berichtigungsrechten. 6. Plant der Senat oder das Land Berlin einen bundesweiten Vorstoß zum Aufbau einer staatlich regulierten und organisierten Ratingagentur, die unabhängig und öffentlich-rechtlich ist und durch demo- 3 kratische Gremien kontrolliert wird? Zu 6.: Nein. Berlin, den 18.9.2018 In Vertretung Christian R i c k e r t s ............................................... Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe