Drucksache 18 / 16 361 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marc Vallendar (AfD) vom 05. September 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. September 2018) zum Thema: Wie schützt der Senat minderjährige Prostituierte? und Antwort vom 24. September 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Sep. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Herrn Abgeordneten Marc Vallendar (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/16361 vom 05. September 2018 über Wie schützt der Senat minderjährige Prostituierte? ________________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Nach Zeitungsberichten, z. B. Morgenpost, Prostituierte aus Berlin entführt und gefügig gemacht, 24.08.2018, wurden minderjährige Prostituierte vom Kurfürstenkiez entführt. 1. Wie viele minderjährige Prostituierte arbeiten in Berlin? 2. Falls keine derartige Statistik geführt wird, warum wird sie nicht geführt? Zu 1. und 2.: Eine Statistik im Sinne der Anfrage wird in Berlin nicht geführt. Da Prostitution Minderjähriger nicht legal ist, liegen dem Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg als zentral zuständiger Stelle für die Anmeldung von Prostituierten nach § 3 Prostituiertenschutzgesetz (Prost- SchG) nur zu volljährigen Prostituierten Daten vor. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie erfasst lediglich die in der Bundesstatistik aufgeführten Daten zur Inanspruchnahme von Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe nach dem Achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII). Daten zu den Hintergründen der Kinder- und Jugendlichen, wie beispielsweise die Zugehörigkeit zur Prostitutionsszene, werden hierbei nicht erhoben. Da es sich bei der Prostitution Minderjähriger um strafrechtlich relevante Sachverhalte handelt, zum Beispiel Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung Minderjähriger oder sexueller Missbrauch von Kindern oder Jugendlichen, werden die entsprechenden Fälle in der Polizeilichen Kriminalstatistik erfasst; vgl. hierzu die Antwort auf die Frage 6. 3. Wie werden minderjährige Prostituierte vor einer weiteren Ausübung der Prostitution geschützt? Zu 3.: Bei der Prostitution Minderjähriger handelt es sich um einen kindeswohlgefährdenden Tatbestand . Werden dem zuständigen Jugendamt entsprechende Tatsachen bekannt, prüft und veranlasst es unter Hinzuziehung der Personensorgeberechtigten Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII zum Schutz des betroffenen Minderjährigen. Sind die Personensorgeberechtigten nicht erreichbar oder nicht willens bei der Hilfepla- - 2 - 2 nung mitzuwirken, kann das Jugendamt eine Schutzmaßnahme auch unter Hinzuziehung des Familiengerichts herbeiführen. Wenn die Polizei Minderjährige, die der Prostitution nachgehen, aufgreift, werden diese in der Regel zunächst zum Berliner Notdienst Kinderschutz (BNK) gebracht. Der BNK ist außerhalb der Geschäftszeiten der Jugendämter für die unmittelbar erforderlichen Maßnahmen im Rahmen einer Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII zuständig (Ziffer 7 Abs. 2 Ausführungsvorschriften über die Zuständigkeit der Jugendämter auf dem Gebiet der Kinderund Jugendhilfe – AV ZustJug). Der BNK oder aber das zuständige Jugendamt entscheiden dann ggf. unter Hinzuziehung der Personensorgeberechtigten und/oder unter Anrufung des Familiengerichts über die Inobhutnahme des verbrachten Minderjährigen (§ 42 SGB VIII). Die Inobhutnahme umfasst die Befugnis, das Kind oder den Jugendlichen vorläufig z.B. in einer geeigneten Einrichtung unterzubringen. 4. Welche Alterskontrollen bei Prostituierten werden durchgeführt, hauptsächlich in den Prostitutionszentren Kurfürstenkiez und Tiergarten, und wie oft werden diese Kontrollen und durch wen durchgeführt? Zu 4.: Im Rahmen des Täglichen Dienstes führen Dienstkräfte der örtlich zuständigen Polizeiabschnitte regelmäßig offene und verdeckte Streifen durch. Das Landeskriminalamt unternimmt anlassbezogen repressive und präventive Einsätze in den genannten Bereichen. Alterskontrollen im Rahmen von Identitätsfeststellungen sind Bestandteil dieser polizeilichen Maßnahmen. 5. Welche Entwicklungen gibt es bei den männlichen Prostituierten im Tiergarten seit der Schriftlichen Anfrage Drucksache 18/12337? Zu 5.: Es sind weitere Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Zwangsprostitution zum Nachteil Minderjähriger eingeleitet worden. Es konnten Tatverdächtige ermittelt werden. Die Ermittlungsverfahren sind noch nicht abgeschlossen. Um die minderjährigen männlichen Prostituierten dauerhaft aus der dortigen Szene zu lösen, erfolgte eine intensive Zusammenarbeit von Polizei, Staatsanwaltschaft, der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie und den bezirklichen Jugendämtern. Ziel war es, die aufgegriffenen Minderjährigen in Zusammenarbeit mit dem Berliner Notdienst Kinderschutz bzw. dem zuständigen Jugendamt außerhalb von Berlin in geeigneten Einrichtungen unterzubringen, um so ein unmittelbares Entweichen und Zurückkehren in die Szene zu verhindern. Über diese ressortübergreifende Zusammenarbeit konnten bisher Jungen der Szene entzogen und in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe untergebracht werden. Die ressortübergreifende Zusammenarbeit wird aktuell fortgeführt. Die Ergebnisse der jüngsten Kontrollen im Großen Tiergarten deuten darauf hin, dass diese Kooperation Erfolge zeigt. 6. In welchem Alter waren die aufgegriffenen minderjährigen Prostituierten seit 2014? Bitte nach Anzahl, Alter und Jahr aufschlüsseln. - 3 - 3 Zu 6: Die Antwort ist den nachfolgenden Tabellen zu entnehmen. Zur Erstellung wurden die Zahlen der geschädigten Minderjährigen in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) für Berlin herangezogen. Noch in Bearbeitung befindliche Vorgänge und solche mit Tatort außerhalb Berlins wurden nicht berücksichtigt. Geschädigte Kinder und Jugendliche im Jahr 2014 PKS- Schlüssel Deliktsbereich Kinder/Alter in Jahren Jugendliche/Alter in Jahren 8 10 11 12 13 14 15 16 17 141100 Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger 1 1 4 5 236100 Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 1 3 3 3 236200 Menschenhandel zum Nachteil von Kindern zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 1 1 1 2 5 236400 Gewerbs- oder bandenmäßiger Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 1 2 236500 Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung (durch Anwendung von Gewalt , Drohung, List oder Bemächtigen ) 2 1 2 Gesamtergebnis 1 1 1 2 5 5 6 8 10 - 4 - 4 Geschädigte Kinder und Jugendliche im Jahr 2015 PKS- Schlüssel Deliktsbereich Kinder/Alter in Jahren Jugendliche/Alter in Jahren 2 6 10 11 12 13 14 15 16 17 141100 Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger 1 1 3 236100 Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 1 2 7 5 236200 Menschenhandel zum Nachteil von Kindern zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 1 1 2 1 2 236400 Gewerbs- oder bandenmäßiger Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 1 2 236500 Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung (durch Anwendung von Gewalt, Drohung, List oder Bemächtigen ) 1 238300 Förderung des Menschenhandels gemäß § 233a Abs 2 StGB i. V. m. Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 1 Gesamtergebnis 1 1 2 1 3 0 2 4 10 8 - 5 - 5 Geschädigte Kinder und Jugendliche im Jahr 2016 PKS- Schlüssel Deliktsbereich Kinder/Alter in Jahren Jugendliche/Alter in Jahren 7 9 11 12 13 14 15 16 17 141100 Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger 1 3 2 236100 Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 3 7 3 6 236200 Menschenhandel zum Nachteil von Kindern zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 0 2 2 8 4 236400 Gewerbs- oder bandenmäßiger Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung 3 Gesamtergebnis 0 2 2 8 4 3 8 6 11 Geschädigte Kinder und Jugendliche im Jahr 2017 PKS- Schlüssel Deliktsbereich Kinder/Alter in Jahren Jugendliche/Alter in Jahren 4 5 6 10 11 12 13 14 15 16 17 141100 Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger 1 1 239110 Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung bei der Ausübung der Prostitution, der Vornahme sexueller Handlungen 1 - 6 - 6 239210 Veranlassen zur Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution oder zu sexuellen Handlungen, durch die eine Person ausgebeutet wird 1 2 3 1 Gesamtergebnis 0 1 0 0 0 0 2 0 5 2 0 Berlin, den 24. September 2018 In Vertretung Barbara König Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung