Drucksache 18 / 16 370 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Stefan Evers (CDU) vom 04. September 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. September 2018) zum Thema: Fehlbelegung im öffentlich geförderten Wohnungsbau und Antwort vom 17. September 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Sep. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Herrn Abgeordneten Stefan Evers (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 16 370 vom 04. September 2018 über Fehlbelegung im öffentlich geförderten Wohnungsbau Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie hoch ist die Zahl öffentlich geförderter preisgebundener oder belegungsgebundener Wohnungen aktuell in Berlin? Antwort zu 1: Zum Stand 01.01.2018 unterliegen Mietpreis- und Belegungsbindungen - 97.696 Sozialmietwohnungen, deren Errichtung nach dem Wohnungsbindungsgesetz oder dem Wohnraumförderungsgesetz mit öffentlichen Mitteln gefördert wurden, - 15.927 Mietwohnungen, die mit öffentlich Fördermitteln modernisiert oder instandgesetzt wurden (Mod/InstRL), - 2.524 Mietwohnungen, deren Errichtung nach den Richtlinien der vereinbarten Förderung (Zweiter Förderweg) gefördert wurde. Belegungsbindungen unterliegen weitere 77.730 Mietwohnungen, die auf Grundlage des Altschuldenhilfegesetzes im Rahmen des Belegungsbindungsgesetz (BelBindG) 1996 zu belegungsgebundenen Wohnungen erklärt wurden sowie für die nach Auslaufen des BelBindG in 2013 mittels kooperationsvertraglicher Vereinbarungen mit städtischen Wohnungsunternehmen und Genossenschaften Belegungsbindungen über das Jahr 2013 hinaus vereinbart wurden. Mit Mitteln der Eigentumsförderung im 1. Förderweg geförderte 7.765 WE sowie im 2. Förderweg geförderte 3.249 Wohneinheiten unterliegen Belegungs- und Verwertungsbindungen hinsichtlich der Eigennutzung durch den geförderten Haushalt; 2 sofern eine temporäre Vermietung im Ausnahmefall (berufliche Versetzung etc.) zulässig ist, unterliegt die Vermietung der Belegungsbindung an berechtigte Haushalte. Frage 2: Welche Voraussetzungen muss ein Berliner Haushalte aktuell erfüllen, um eine öffentlich geförderte preisgebundene oder belegungsgebundene Wohnung anmieten zu können? Antwort zu 2: Für die Anmietung einer belegungsgebundenen (und ggf. mietpreisgebundenen) Mietwohnung ist mit Ausnahme der Wohnungen des 2. Förderwegs ein gültiger Wohnberechtigungsschein (WBS) nach § 27 Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) Voraussetzung. Voraussetzungen für einen Wohnberechtigungsschein sind die deutsche Staatsangehörigkeit oder die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedslandes der Europäischen Union (EU) oder eine Aufenthaltserlaubnis von mindestens einem Jahr, Nachweise über die zugehörigen bzw. künftigen Haushaltsangehörigen (Familien- /Partnerschaftsnachweise, ggf. Mutterpass etc.), für die ein WBS begehrt wird, sowie ein Haushaltseinkommen innerhalb Einkommensgrenzen nach § 9 WoFG, die nach der Personenzahl gestaffelt und nach der Kinderzahl haushaltsspezifisch zu bestimmen sind. Gemäß der Verordnung über die Abweichung von den Einkommensgrenzen des § 9 Absatz 2 des Wohnraumförderungsgesetzes vom 6. Februar 2018, die aufgrund der Ermächtigung von § 9 Absatz 3 WoFG erlassenen wurde, gelten im Land Berlin für die Erteilung eines Wohnberechtigungsscheines um 40 Prozent gegenüber den Einkommensgrenzen § 9 Abs. 2 des WoFG angehobene Einkommensgrenzen. Für Wohnungen, die nach den Wohnungsbauförderungsbestimmungen 2015 mit ergänzenden einkommensorientierten Zuschüssen erstmals gefördert errichtet wurden, sind die Einkommensgrenzen nach § 9 Abs. 2 WoFG um 60 Prozent, sowie für Wohnungen, die nach den Wohnungsbauförderungsbestimmungen 2018 mit der ergänzenden Förderalternative ohne Teilverzicht erstmals gefördert errichtet wurden, die Einkommensgrenzen nach § 9 Abs. 2 WoFG um 80 Prozent angehoben. Frage 3: Wie viele Haushalte erfüllen aktuell die Voraussetzungen für die Anmietung solcher Wohnungen? Antwort zu 3: Zum Stand Ende August 2018 verfügten 45.605 Haushalte über einen gültigen Wohnberechtigungsschein (WBS). Die WBS dienen dabei nicht ausschließlich dem Nachweis der Voraussetzung der in Frage 1 und 2 benannten Wohnungen, sondern können auch der Anmietung bei städtischen Wohnungsunternehmen zu Grunde gelegt werden, bei denen 60% der jährlichen Neuvermietungen an WBS-Berechtigte erfolgen müssen (gemäß der Kooperationsvereinbarung des Landes Berlin mit den städtischen Wohnungsunternehmen). 3 Frage 4: Welche Erkenntnisse hat der Senat darüber, wie viele der Haushalte in öffentlich geförderten preisgebundenen oder belegungsgebundenen Wohnungen die Voraussetzungen für die Anmietung solcher Wohnungen nach wie vor erfüllen? Frage 5: Wenn hierzu keine Erkenntnisse vorliegen, auf welcher Grundlage bewertet der Senat die Treffsicherheit der in Berlin eingesetzten öffentlichen Förderung für die Schaffung sozialen Wohnraums? Frage 6: Wie hoch schätzt der Senat den Anteil von Haushalten in öffentlich geförderten preisgebundenen oder belegungsgebundenen Wohnungen, die nicht mehr die Voraussetzungen für die Anmietung solcher Wohnungen erfüllen? Frage 7: Wie bewertet der Senat den Umstand, dass ein mutmaßlich hoher Anteil öffentlich geförderter Wohnungen nicht (mehr) der ursprünglich avisierten Zielgruppe zugutekommt? Antwort zu 4 bis 7: Aufgrund einer repräsentativen Mieterbefragung (1 %-Stichprobe) im Sozialen Mietwohnungsbau im März 2015 verfügt der Senat über Erkenntnisse darüber, inwieweit das Haushaltseinkommen den Bedingungen für einen aktuellen Wohnberechtigungsschein entspricht. Danach lag Anfang 2015 das Einkommen bei 66 % der Sozialmieterhaushalte innerhalb der für einen Wohnberechtigungsschein geltenden Einkommensgrenze Es wird davon ausgegangen, dass sich der 2015 ermittelte Anteil von zwei Dritteln auch nach aktuellen Bedingungen vom Einkommen her berechtigten Sozialmieterhaushalten weiter erhöht hat. Begründet ist dies in dem Abbau früherer allgemeiner Freistellungen von den Belegungsbindungen für größere Gebiete, die in der Phase eines entspannten Wohnungsmarktes einen Einzug von Haushalten ohne Wohnberechtigungsschein- Voraussetzungen begünstigt haben und die seit 2016 aufgrund § 11a Absatz 4 Wohnraumgesetz Berlin gänzlich ausgeschlossen sind. Durch die ausschließliche Neubelegung frei werdender belegungsgebundener Wohnungen mit WBS-Haushalten dürfte das Herauswachsen des Haushaltseinkommens von Bestandhaushalten aus den WBS-Einkommensgrenzen überkompensiert werden. Frage 8: Welche Strategien verfolgt der Senat, um einen Anstieg der „fehlbelegter“ öffentlich geförderter Wohnungen zu vermeiden und ihren Anteil im besten Fall nachhaltig zu reduzieren? Antwort zu 8: Der Senat stellt über den Ausschluss von Freistellungen und die bezirklichen Wohnungsämter die konsequente Nutzung der Belegungsbindungen bei Neuvermietungen sicher, sodass im Rahmen der Fluktuation mit einem ausschließlichen Einzug von Berechtigten gegenüber dem Auszug von Haushalten unterschiedlicher Einkommensgruppen sukzessive eine Reduzierung von nicht mehr berechtigten Haushalten erfolgt. 4 Frage 9: Wann hat der Senat mit welchem Ergebnis die Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe in Berlin evaluiert und wie bewertet er das Instrument aus heutiger Sicht? Antwort zu 9: Die sogenannte Fehlbelegungsabgabe wurde durch das vom Berliner Abgeordnetenhaus mit den Stimmen der Fraktionen der FDP, CDU, PDS und SPD am 13.06.2002 beschlossene Gesetz über die Aufhebung des Gesetzes über den Abbau der Fehlsubventionierung im Berliner Wohnungswesen abgeschafft. Ziele der Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe 2002 waren gemäß der Begründung des Gesetzes die Vermeidung eines unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands (von seinerzeit 40 % bis 55 % der Einnahmen der Jahre 1999 bis 2001) und die Sicherung des Sozialwohnungsbestands als Wohnort für breite Schichten der Bevölkerung, gerade in den Großsiedlungen, die zu großen Teilen geförderten Wohnraum umfassten. Aus heutiger Sicht dürften die Ziele des Gesetzes erfüllt worden sein, da der Verwaltungsaufwand entfallen ist und eine soziale Mischung in den Siedlungen des sozialen Wohnungsbaus erreicht wurde. Frage 10: Wie beurteilt der Senat die Diskrepanz, dass die Bezieher von Wohngeld ihre Bedürftigkeit regelmäßig nachweisen müssen, die Bewohner sozialgeförderter Wohnungen jedoch nicht? Antwort zu 10: Subjekt- und Objektförderung sind sich ergänzende Instrumente einer sozialen Wohnungspolitik und der Sicherung bezahlbaren Wohnens, die jeweils eines spezifischen Zuschnitts bedürfen. Die Bedingungen zum Wohngeldbezug sowie der Belegung und Vermietung von geförderten Wohnungen ergeben sich dabei aktuell nach bundesrechtlichen Bestimmungen. Berlin, den 17. September 2018 In Vertretung Scheel ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen