Drucksache 18 / 16 382 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Catherina Pieroth (GRÜNE) vom 05. September 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. September 2018) zum Thema: Auswirkungen des Lunapharm-Skandals in Berlin und Antwort vom 21. September 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Sep. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Frau Abgeordnete Catherina Pieroth (GRÜNE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/16 382 vom 05. September 2018 über Auswirkungen des Lunapharm-Skandals in Berlin ________________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche neuen Erkenntnisse hat der Berliner Senat über den Umfang und das Ausmaß von gestohlenen und möglicherweise unwirksamen Krebsmedikamenten, die in Berliner Apotheken, Kliniken und Arztpraxen zur Behandlung von Patient*innen verschrieben und abgegeben wurden? Wenn ja, welche (bitte tabellarisch nach Apotheke/Klinik/Arztpraxis, Arzneimittel und Anzahl der betroffenen Patient*innen aufschlüsseln)? Zu 1.: Seit der Beantwortung der Schriftlichen Anfrage 18/15 824 am 20. August 2018 sind drei weitere Berliner Apotheken (1 x Bezirk Steglitz-Zehlendorf, 2 x Bezirk Treptow-Köpenick) bekanntgeworden, die direkt oder indirekt verschiedene Arzneimittel erhalten und abgegeben oder verarbeitet haben, die von der Fa. Lunapharm Deutschland GmbH entweder als Parallelvertreiber oder als Großhändler in den Verkehr gebracht wurden. Damit sind insgesamt sechs Apotheken bekannt. Hier konnten bisher insgesamt 22 Arztpraxen und ein Krankenhaus in Berlin sowie vier Arztpraxen und eine Rehabilitationseinrichtung im Land Brandenburg ermittelt werden, für deren Patienten von den sechs Apotheken Arzneimittel hergestellt oder geliefert wurden. Die Zahl der betroffenen Arzneimittel, die illegal gehandelt wurden (und damit als gefälscht i.S. des Arzneimittelgesetzes (AMG) gelten) und in Berliner Apotheken gelangten, hat sich gleichzeitig um fünf auf insgesamt neun erhöht (s. Tabelle rechte Spalte). Apotheke bezogene Arzneimittel Apotheke im Bezirk Marzahn-Hellersdorf Informationseingang in Berlin ab 17.07.2018 98 x Herceptin® 150 mg Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung 39 x MabThera® 500 mg Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung 24 x Velcade® 3,5 mg Pulver zur Herstellung einer Injektionslösung 149 x XGEVA® 120 mg Injektionslösung - 2 - 2 72 x Avastin® 25 mg/ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung Apotheke im Bezirk Mitte Informationseingang in Berlin ab 24.07.2018 20 x MabThera® 500 mg Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung 40 x Velcade® 3,5 mg Pulver zur Herstellung einer Injektionslösung 50 x Herceptin® 150 mg Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung 3 x Neulasta® 6 mg Injektionslösung 6 x Avastin® 25 mg/ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung Apotheke im Bezirk Steglitz-Zehlendorf Informationseingang in Berlin ab 07.08.2018 40 x Herceptin® 150 mg Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung 1 x Afinitor® 5 mg Tabletten Apotheke 2 im Bezirk Steglitz-Zehlendorf Informationseingang in Berlin ab 20.08.2018 3 x Neulasta® 6 mg Injektionslösung 1 x Vectibix® 20 mg/ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung Apotheke 1 im Bezirk Treptow-Köpenick Informationseingang in Berlin ab 20.08.2018 1 x Neulasta® 6 mg Injektionslösung Apotheke 2 im Bezirk Treptow-Köpenick Informationseingang in Berlin ab 06.09.2018 2 x Humira® 40 mg/0,4 ml Injektionslösung im Fertigpen Darunter befinden sich insgesamt vier Fertigarzneimittel (XGEVA®, Neulasta®, Humira® und Afinitor®), die nach Vorlage einer ärztlichen Verschreibung direkt an die Patientin oder den Patienten abgegeben werden. Es erfolgt keine patientenbezogene Chargendokumentation bei der Abgabe. Auch ist nicht auszuschließen, dass Patientinnen bzw. Patienten mehr als eines der in der Tabelle genannten Arzneimittel verordnet bekamen. Daher lässt sich die Gesamtzahl der betroffenen Patientinnen und Patienten nicht genau ermitteln und eine Aufschlüsselung ist nicht möglich. - 3 - 3 SenGPG ist inzwischen die Zahl von 277 Patienten gesichert bekannt, aber es ist jedoch aus den o.g. Gründen von deutlich mehr Patientinnen und Patienten auszugehen. Das Anwendungsgebiet der in der Tabelle genannten Arzneimittel ist nicht mehr nur auf Krebserkrankungen beschränkt. Es zeichnet sich ab, dass neben der Firma Lunapharm Deutschland GmbH weitere Firmen in EU- und Nicht-EU Ländern an dem illegalen Handel mit Arzneimitteln beteiligt waren. Auch die Zahl der betroffenen Arzneimittel kann sich weiter erhöhen. Die Ermittlungen, in die neben den Überwachungsbehörden der Bundesländer auch die deutschen Bundesoberbehörden Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und Paul- Ehrlich-Institut (PEI) sowie die europäische Zulassungsbehörde European Medicines Agency (EMA) und die Schweizerische Zulassungs- und Aufsichtsbehörde für Arzneimittel und Medizinprodukte Swissmedic einbezogen werden, dauern an. Der EMA kommt hier eine zentral koordinierende Funktion zu. 2. Welche (potenziellen) gesundheitlichen Schäden sind dem Senat bekannt, die Patient*innen durch die Einnahme dieser Medikamente erlitten haben (könnten)? Zu 2.: Es liegen dem Senat keine Kenntnisse über gesundheitliche Schäden vor. Über potentielle Schäden kann nicht spekuliert werden. 3. Vor welchen Herausforderungen stehen Patient*innen und behandelnde Ärzt*innen sowie Apotheker *innen hinsichtlich der Feststellung von Schädigungen durch die betroffenen Krebsmedikamente? Zu 3.: Für die betroffenen Patientinnen und Patienten, aber auch für die, die nicht genau wissen, ob sie illegal gehandelte Arzneimittel erhalten haben, ergibt sich eine Verunsicherung, die sich voraussichtlich nicht in allen Fällen noch auflösen lässt. Die behandelnden Ärztinnen und Ärzten werden Therapieverläufe erneut prüfen und sich verstärkt in den Patientengesprächen mit dem Thema befassen müssen. In den Apotheken werden ebenfalls weiterhin Patientengespräche dazu stattfinden. Die Apotheken, die aus den Arzneimitteln anwendungsfertige Lösungen herstellten und damit die Arztpraxen belieferten, haben einen zusätzlichen Recherche- und Informationsaufwand. Bei Bekanntwerden von genauen Angaben zu Arzneimittelchargen ermitteln sie aus ihrer Herstellungsdokumentation die Namen von betroffenen Patienten und Ärzten und informieren die Ärztinnen und Ärzte, damit diese wiederum gezielt Patientengespräche führen können. Eventuelle Patientenschädigungen sind, wenn überhaupt, nur von den behandelnden Ärzten erkennbar, die die Therapie veranlassten und begleiteten. 4. Welche Möglichkeiten bestehen für Betroffene, um gesundheitliche Schäden durch die Einnahme der betroffenen Medikamente feststellen zu lassen, um ggf. Entschädigungen geltend zu machen? Zu 4.: Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Patientinnen und Patienten können grundsätzlich auch gegenüber den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern einen Aus- - 4 - 4 kunftsanspruch nach § 84a Arzneimittelgesetz (AMG) geltend machen. Ein solcher Anspruch ist auf Verdachtsfälle, Neben- und Wechselwirkungen des Arzneimittels gerichtet. Pharmazeutischer Unternehmer ist nach dem AMG derjenige, unter dessen Namen die Arzneimittel in den Verkehr gebracht werden und der damit für das Inverkehrbringen verantwortlich ist. Das gilt auch für sog. Parallelimporteure mit eigenen deutschen Arzneimittelzulassungen und Parallelvertreiber von zentral für die ganze EU zugelassenen Arzneimitteln . Die Haftung für Arzneimittelschäden wird im Sechzehnten Abschnitt des AMG mit den §§ 84 – 94a geregelt. Wichtig ist der § 84 Abs. 1 AMG: „Wird infolge der Anwendung eines zum Gebrauch bei Menschen bestimmten Arzneimittels, das im Geltungsbereich dieses Gesetzes an den Verbraucher abgegeben wurde und der Pflicht zur Zulassung unterliegt oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung befreit worden ist, ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen nicht unerheblich verletzt, so ist der pharmazeutische Unternehmer, der das Arzneimittel im Geltungsbereich dieses Gesetzes in den Verkehr gebracht hat, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht besteht nur, wenn 1. das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen (...)“. Anspruchsgegner ist also der pharmazeutische Unternehmer, der unter den beschriebenen Voraussetzungen zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet ist. Es kommen Schmerzensgeld- und Sachschadensansprüche in Betracht. Das Schmerzensgeld bemisst sich nach dem Grad der Beeinträchtigung der Patienten bei einer Erkrankung. Es besteht eine Beweiserleichterung zugunsten des Patienten. Ist das Arzneimittel im Einzelfall geeignet, den Schaden zu verursachen, so wird vermutet, dass der Schaden auch hierdurch verursacht wurde (§ 84 Abs. 2 AMG). Allerdings gilt die Vermutung nicht, wenn ein anderer Umstand ebenfalls geeignet ist, den Schaden zu verursachen. Es wird empfohlen , zur Durchsetzung evtl. Forderungen sich der Hilfe eines Rechtsanwaltes zu bedienen . Die Patientenansprüche verjähren in drei Jahren. So zurzeit noch keine Erkrankung vorliegt, die dem gefälschten Arzneimittel anzulasten ist, beginnt diese dreijährige Verjährungsfrist erst zu laufen, wenn der Schaden eingetreten ist. 5. Inwiefern unterstützt der Berliner Senat betroffene Patient*innen bei der Wahrnehmung ihrer Rechte? Zu 5.: Der Senat unterstützt die Patientinnen und Patienten, indem die Patientenbeauftragte für Berlin bei der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung (SenGPG) für Anfragen beratend zur Verfügung steht. Indirekte Unterstützung besteht darin, dass die Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung die Verbraucherzentrale Berlin e.V., die auch rund um das Thema Gesundheit berät, finanziell fördert. 6. Inwiefern prüfen nach Kenntnis des Senats die Gesetzlichen Krankenkassen oder der Medizinische Dienst der Gesetzlichen Krankenkassen Möglichkeiten des Schadensersatzes? Zu 6.: Dazu liegen der SenGPG keine Kenntnisse vor. Die Krankenkassen prüfen eigenständig die Geltendmachung ihrer evtl. Rechtsansprüche. - 5 - 5 7. Welche Kenntnisse hat der Senat darüber, wie viele Ärzt*innen ihre Patient*innen über ihre (Nicht-) Betroffenheit durch den Lunapharm-Skandal aufgeklärt haben? Inwiefern trägt der Senat dazu bei, dass Ärzt*innen die notwendigen Informationen zeitnah zur Aufklärung ihrer Patient*innen erhalten? Zu 7.: Die Inhalte von Arzt-Patienten-Gesprächen sind vertraulich und unterliegen dem ärztlichen Schweigegebot. Die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung und die Arzneimittelüberwachungsbehörde Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin (LA- GeSo) wirken darauf hin, dass in den Fällen, in denen sich in den Apotheken die Namen von Patienten und behandelnden Ärzten aus den Herstellungsdokumentationen oder evtl. auf anderem Wege ermitteln lassen, die Apotheken die Arztpraxen entsprechend informieren . Zu Beginn des Bekanntwerdens wurden die Arztpraxen zusätzlich angeschrieben. Inzwischen wird davon ausgegangen, dass die Ärztinnen und Ärzten aufgrund der breiten öffentlichen Berichterstattung hinreichend sensibilisiert sind, so dass die gezielte Information durch die versorgenden Apotheken als ausreichend angesehen wird. 8. Sieht der Senat eine Notwendigkeit, die Information und Aufklärung von Patient*innen durch weitere Maßnahmen zu unterstützen/ zu gewährleisten? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, welche Maßnahmen sind geplant? Zu 8.: Die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung hat auf ihrer Internetseite Informationen zum Geschehen eingestellt, die jeweils aktualisiert werden. https://www.berlin.de/sen/gesundheit/themen/arzneimittel-undmedizinprodukte /lunapharm/ Patientinnen und Patienten, die befürchten, betroffen zu sein, wird empfohlen, sich an ihren behandelnden Arzt zu wenden. Alle Arztpraxen mit betroffenen Patienten, die von den herstellenden Apotheken recherchiert werden können, werden umgehend von der versorgenden Apotheke informiert. Bei neu aus anderen Bundesländern oder europäischen Ländern eingehenden konkreten Rückrufen werden diese unverzüglich ausgewertet. Mit namentlich bekannten Berliner Empfängern (Apotheken, Großhändler) nimmt das Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin (LAGeSo) dann Kontakt auf. Ziel der Überwachungsbehörde ist es hier, im Sinne der Gefahrenabwehr zu verhindern, dass evtl. noch in der Handelskette vorhandene Arzneimittel weiter in den Verkehr gebracht werden. 9. Welche Informationen erhalten betroffene Patient*innen aus Berlin über die brandenburgische Hotline? Inwiefern kann die brandenburgische Hotline die Anfragen und Auskunftsbedürfnisse von Berliner Patient *innen ausreichend abdecken? Zu 9.: Die Inhalte der Beratungsgespräche, die über den telefonischen Brandenburger Informationsdienst den Anrufern vermittelt werden, sind dem Senat nicht bekannt. - 6 - 6 10. Liegen nach Kenntnis des Berliner Senats den Mitarbeitenden bei der brandenburgischen Hotline Informationen über betroffene Arztpraxen, Apotheken und Kliniken in Berlin vor, nach denen an Berliner Betroffene Auskunft über eine mögliche Betroffenheit durch den Lunapharm-Skandal gegeben werden kann? In welchen Abstand erfolgt eine Aktualisierung der Informationen an die brandenburgische Hotline? Zu 10.: Die Informationen der Bundesländer zu namentlich genannten Apotheken oder Großhändlern , die Arzneimittel direkt oder indirekt über Lunapharm Deutschland GmbH bezogen, die zurückgerufen werden, liegen der Arzneimittelüberwachungsbehörde des Landes Brandenburg, dem Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG), in Wünsdorf alle vor. Es wird daher davon ausgegangen, dass das LAVG in seiner Verantwortung auch den ebenfalls am LAVG-Standort Wünsdorf angesiedelten, angesprochenen Telefon-Informationsdienst entsprechend aktuell informiert. 11. Ist nach Ansicht des Senats ein eigenständiges Hotline-Angebot in Berlin notwendig, welches bspw. durch das LAGeSo für Information und Aufklärung sorgt? Wenn nein, warum nicht? Zu 11.: Es ist kein eigener telefonischer Informationsdienst für Berlin notwendig, da die Patientinnen und Patienten sich vornehmlich an ihre behandelnden Ärztinnen und Ärzte wenden sollen und im Übrigen die Patientenbeauftragte für Berlin zur Verfügung steht (s. a. Antworten zu den Fragen 5 und 8). 12. Liegen dem Senat Informationen zu den Testergebnissen der pharmazeutischen Qualität der Medikamente , die bis zum 28. August vorliegen sollten (https://www.tagesspiegel.de/berlin/pharmaskandal-inbrandenburger -debatte-um-konsequenzen-aus-lunapharm-skandal/22922278.html) vor? Wenn ja, was sind die Ergebnisse und inwiefern wirken sich diese auf die Information und Aufklärung von Betroffenen aus? Welche Maßnahmen erfolgen auf Grundlage dieser Ergebnisse? Zu 12.: Nein, der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung liegen bisher keine Ergebnisse der Untersuchungen der 31 Rückstellmuster vor, die am 22.07.2018 vom LAVG bei der Fa. Lunapharm Deutschland GmbH im Rahmen der Durchsuchung durch die Staatsanwaltschaft Potsdam und das LKA (unter Anwesenheit des LAVG (G 3)) sichergestellt wurden (s.a. https://masgf.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.604038.de). 13. Welche Schlussfolgerungen zieht der Senat aus dem Skandal für die Berliner Behörden und Kontrolleure ? Welche Sicherheitsmaßnahmen müssen etabliert oder verbessert werden damit in Berlin entsprechende Skandale ausgeschlossen werden? Inwiefern kommen Stichproben zum Einsatz und besteht eine Notwendigkeit die Anzahl der Stichproben zu erhöhen? Zu 13.: SenGPG wird im Herbst alle in Berlin Beteiligten einladen, um mögliche weitere Schlussfolgerungen zu ziehen und eventuell nötige Verbesserungen anzustoßen. Dabei wird es einerseits um eine Betrachtung der aktuell in Berlin veranlassten Maßnahmen gehen, andererseits aber auch um die Frage, wie Berlin aufgestellt ist, sollte ein Fall wie Lunapharm in Berlin auftreten. - 7 - 7 Außerdem wird die SenGPG das Thema „Lunapharm-Vorfall und mögliche Konsequenzen “ im Rahmen der nächsten Sitzung der Arzneimittelfachreferenten der Länder im Herbst dieses Jahres ansprechen. Es ist bereits ein Teil der Sitzungszeit nur dafür vorgesehen . Bereits in den Verhandlungen für den Haushalt 2018/19 war eine personelle Aufstockung für die Arzneimittelüberwachung des LAGeSo u.a. bei Pharmazeutischen Unternehmern, Herstellern, Großhändlern, Apotheken, klinischen Arzneimittelprüfungen erreicht worden. Diese reichte jedoch nicht aus, so dass dieses Jahr erneut Anstrengungen unternommen wurden, die, durch den Lunapharm befördert, auch erfolgreich waren, so dass weitere elf Apotheker- sowie drei Verwaltungsstellen bereits jetzt unbefristet ausgeschrieben werden können. Es besteht die Zusage der Senatsverwaltung für Finanzen, dass diese zusätzlichen Stellen mit dem nächsten Doppelhaushalt 20120/21 auch verstetigt werden. Die amtliche Probenahme ist im Wesentlichen in den §§ 64 Abs. 3 und 65 AMG geregelt. Die Durchführung ist in der Verfahrensanweisung „Amtliche Entnahme von Proben nach § 65 Abs. 1 AMG“ des länderübergreifenden Qualitätssicherungssystems der pharmazeutischen Überwachung geregelt (siehe https://www.zlg.de/index.php?eID=tx_nawsecuredl&u=0&file=fileadmin/downloads/AM/QS/ 07111105.pdf&hash=6b6c41d2301ac65f2813d76803139a03b943ccbb), Weitere maßgebliche QS-Dokumente finden sich unter https://www.zlg.de/arzneimittel/deutschland/qualitaetssystem.html . Die Probenahme finden nach einem jährlichen Probenplan statt, der sich am potentiellen Risiko des zu beprobenden Arzneimittels orientiert. Es soll angestrebt werden, dass im Zulassungszeitraum (in der Regel fünf Jahre) wenigstens einmal eine Untersuchung des Produktes erfolgt. Es besteht derzeit keine Notwendigkeit, die Regeln der Probenahme, die einen Teil der Arzneimittelüberwachungsarbeit darstellt, zu ändern. Die amtliche Probenahme in der Regelüberwachung zielt nicht vorrangig darauf ab, evtl. vorsätzliche kriminelle Tätigkeiten aufzudecken und zu verfolgen. 14. Inwiefern werden systematische Fortbildungsplanungen für Mitarbeitende aufgestellt und umgesetzt, um die Qualität der Kontrollfunktion stetig hoch zu halten? Wie häufig und in welchem zeitlichen Abstand werden Fort- und Weiterbildungsangebote von Mitarbeitenden in Anspruch genommen? Zu 14.: Die Apothekerinnen und Apotheker des LAGeSo, die die Arzneimittelüberwachung u.a. bei Pharmazeutischen Unternehmern, Herstellern, Großhändlern, klinischen Arzneimittelprüfungen (Arzneimittelwesen) sowie in Apotheken (Apotheken- und Betäubungsmittelwesen) wahrnehmen, nehmen regelmäßig an tätigkeitsbezogenen Fortbildungen teil. Im Arzneimittelwesen wird den Inspektoren sowie den in der hierzu notwendigen zweijährigen Qualifizierung befindlichen Apothekern die jährliche Teilnahme an der mehrtägigen „Arbeitstagung der pharmazeutischen und veterinärmedizinischen Überwachungskräfte sowie der wissenschaftlichen Beschäftigten der Arzneimitteluntersuchungsstellen der Länder“ (PhAT) eingeräumt, soweit die Aufrechthaltung des Dienstbetriebes dies zulässt. Gemäß § 8 Abs. 6 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Arzneimittelgesetzes (AMGVwV) ist den mit der Überwachung betrauten Personen die Gelegenheit zu geben, jährlich an insgesamt zehn Fortbildungstagen teilzunehmen. Neben der PhAT- Teilnahme wird dies durch Besuch fachspezifischer Fortbildungen ermöglicht. Inspektoren sind Mitglieder der länderübergreifenden themenspezifischen Expertenfachgruppen (s.a. https://www.zlg.de/arzneimittel/deutschland/laendergremien/expertenfachgruppen.html), in - 8 - 8 denen ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch unter organisatorischer Federführung der Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten (ZLG) erfolgt. Im Apotheken- und Betäubungsmittelwesen wird gemäß der jährlichen Fortbildungsplanung die Teilnahme mindestens eines Apothekers an den jährlichen Veranstaltungen PhAT, Norddeutscher Zytostatika-Workshop (NZW) Dresden mit Schwerpunkt Herstellung patientenindividueller Zytostatikazubereitungen) sowie Inspektionsverbund Ost (Treffen der Überwachungsbehörden der Bundesländer Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Berlin) gewährleistet. Ergänzend kommt die Teilnahme an verschiedenen Fortbildungen zu aseptischer Herstellung (z.B. Fa. Berner, Fortbildungsakademie Onkologische Pharmazie) hinzu. Weiterhin ist zukünftig ab der PhAT 2018 eine länderoffene Fachgruppe zur Abstimmung mit anderen Länderbehörden im Bereich der Apothekenüberwachung initiiert. 15. Haben die Mitarbeitenden entsprechende juristische Kompetenzen um ihre Kontrollfunktion auszuführen ? Zu 15.: Rechtliche Kenntnisse werden im Rahmen der Weiterbildung zum/zur Fachapotheker/in für Öffentliches Pharmaziewesen durch den Besuch von Kursen an der Verwaltungsakademie (VAk) erworben. Die Kurse beziehen sich im Wesentlichen auf das Verwaltungsund das Ordnungswidrigkeitenrecht. Im Apothekenwesen sind alle dort tätigen Apothekerinnen und Apotheker Fachapothekerinnen oder befinden sich in der Weiterbildung zur Fachapothekerin oder Fachapotheker. Im Arzneimittelwesen trifft dies für die meisten Inspektorinnen und Inspektoren zu. Weiterhin werden im Rahmen der Inspektorenausbildung ebenfalls Kurse mit den o.a. Schwerpunkten an der VAk besucht. Sowohl im Apotheken - als auch Arzneimittelwesen gibt es keine regelhafte juristische Beratung oder Endzeichnung vor Erlass von Verwaltungsakten. In Ausnahmefällen kann die Expertise einer Juristin aus dem Bereich der Medizinprodukteüberwachung erbeten werden. Die Beantragung einer Juristenstelle für arzneimittelrechtliche Fragestellungen ist für die nächste Dienstkräfteanmeldung im Rahmen des Haushalts 2020/21 vorgesehen. Berlin, den 21. September 2018 In Vertretung Boris Velter Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung