Drucksache 18 / 16 388 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Isenberg (SPD) vom 04. September 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. September 2018) zum Thema: Ambulante psychoonkologische Versorgung krebskranker Menschen und ihrer Angehörigen in Berlin und Antwort vom 24. September 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Sep. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Herrn Abgeordneten Thomas Isenberg (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/16 388 vom 04. September 2018 über Ambulante psychoonkologische Versorgung krebskranker Menschen und ihrer Angehörigen in Berlin ________________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht vollständig aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Daher wurden die Bezirksämter von Berlin um Zuarbeit gebeten. 1. Wie viele Krebskranke leben in Berlin (bitte getrennt nach Neuerkrankte und Langzeiterkrankte)? Zu 1.: Nach Angaben des Gemeinsamen Krebsregisters (GKR) erkranken jährlich in Berlin nach den Daten des letzten verfügbaren Jahres 7.124 Männer und 8.190 Frauen neu an Krebs. In Berlin leben derzeit ca. 40.500 Männer und 49.000 Frauen mit einer Krebserkrankung, die in den letzten 10 Jahren diagnostiziert und an das GKR gemeldet wurden. 2. Wie viele Menschen haben im Rahmen der Diagnosestellung einer Krebserkrankung Bedarf an ambulanter psychoonkologischer Unterstützung? Zu 2.: Genaue Bedarfszahlen liegen nicht vor und werden auch nicht wissenschaftlich erhoben. Grundsätzlich ist eine derartige Diagnosestellung aber ein zutiefst einschneidendes Ereignis . Mit hoher Wahrscheinlichkeit beeinträchtigt die Diagnose den Großteil der Patientinnen und Patienten und begründet so einen Bedarf an psychoonkologischer Beratung bis hin zu therapeutischen Gesprächen bzw. Psychotherapien. Dies gilt für alle Phasen der Erkrankung und selbst nach erfolgreichem Abschluss der Behandlungsmaßnahmen. - 2 - 2 3. Welches Versorgungsangebot für ambulante psychoonkologische Beratung und Unterstützung gibt es in Berlin (bitte Angabe getrennt nach Krebskranken mit und ohne psychiatrische Therapiebedarf)? 3.1. Gibt es niedrigschwellige, kostenfreie ambulante psychoonkologische Beratung in Berlin und wem steht das Angebot offen? 3.2. Gibt es ambulante psychoonkologische Beratung für krebsbetroffene Familien und insbesondere Kinder krebskranker Eltern in Berlin und wenn ja, wer ist der Träger? 3.3. Gibt es kultursensible, muttersprachige ambulante psychoonkologische Beratung für türkische Betroffene und Angehörige in Berlin und wenn ja, wer ist der Träger? Zu 3.: In Berlin gibt es verschiedene Beratungsstellen, die krebserkrankten Menschen und ihren Angehörigen Beratungsangebote machen. Bekannt sind die Beratungsstellen für Menschen mit Behinderung, Krebs und Aids der zwölf Berliner Gesundheitsämter, die krebsberatung berlin, die Berliner Krebsgesellschaft e.V., der Onkorat Berlin e.V. und die Kontaktund Beratungsstelle des KINDERHILFE Berlin e.V.. Die Beratungs- und weiteren Unterstützungsangebote können bei den genannten Stellen kostenfrei in Anspruch genommen werden. Die genannten Beratungsstellen können auch Menschen mit Krebserkrankung und psychiatrischer Erkrankung unterstützen. Bei Bedarf wird in weitergehende psychiatrische Diagnostik und Behandlung vermittelt. Die Beratungsstellen für Menschen mit Behinderungen (BfB) in den Gesundheitsämtern der Bezirksämter bieten Beratung und Unterstützung an. In den Gesprächen wird individuell in verschiedenen sozialen Bereichen Hilfestellung vermittelt und so wird auch bei psychoonkologischen Themen Unterstützung geboten und Weitervermittlungen geleistet. Die Beratungen finden in den Beratungsstellen der Gesundheitsämter statt, wo Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter die ersten Gespräche führen und individuell das weitere Procedere mit dem Bürger besprechen und ggf. veranlassen. In individuellen Notlagen erfolgen auch Hausbesuche durch die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter der BfB. Auch ambulante psychoonkologische Beratung für krebsbetroffene Familien und insbesondere Kinder krebskranker Eltern findet oftmals als erster Kontakt in den Beratungsstellen der Gesundheitsämter statt. Eine regelrechte psychoonkologische Beratung findet jedoch nur in Einzelfällen statt, weil die wenigsten Dienstkräfte dafür ausgebildet sind. Eine entsprechende Ausbildung kann z.B. bei der Berliner Krebsgesellschaft e.V. absolviert werden. Krebsbetroffene Familien werden bei der „Krebsberatung Berlin“ beraten, in der Regel sind dies Eltern mit erwachsenen Kindern. Ein Angebot für minderjährige Kinder krebserkrankter Eltern hält nach dem hier vorhandenen Kenntnisstand ausschließlich die Berliner Krebsgesellschaft e.V. vor. Die Kontakt- und Beratungsstelle des KINDERHILFE Berlin e.V. ist die Anlaufstelle für alle an Krebs erkrankten Kinder und Jugendlichen im Großraum Berlin. Sie besteht aus Hilfsangeboten , angefangen von der psychosozialen Betreuung der krebskranken Kinder sowie den Familienangehörigen, der Einzelfallhilfe, dem Hilfsfonds zur finanziellen Unterstützung und weiteren Hilfeangeboten. Es erfolgt aber keine Beratung durch psychoonkologisch ausgebildete Fachkräfte. - 3 - 3 Die Berliner Krebsgesellschaft e.V. verfügt über ein psychoonkologisches Beratungsangebot in türkischer Sprache (muttersprachlich), die „Krebsberatung Berlin“ über ein psychoonkologisches Beratungsangebot in polnischer Sprache. Damit finden die zwei größten Bevölkerungsgruppen mit anderer Muttersprache in Berlin ein muttersprachliches Beratungsangebot. Darüber hinaus sind keine muttersprachlichen psychoonkologischen Beratungsangebote bekannt. 4. Wie viele Krebsbetroffene und deren Angehörige können vom bestehenden ambulanten psychoonkologischen Beratungsangebot in Berlin versorgt werden und wird der Bedarf davon gedeckt? Zu 4.: Die „Krebsberatung Berlin“ hat etwa 300 Klientinnen und Klienten, die die Beratungs- und Unterstützungsangebote in Anspruch nehmen. Nach Angaben der Berliner Krebsgesellschaft werden dort in den Beratungsstellen oder auch zu Hause etwa 700 Menschen beraten und unterstützt. Über die Inanspruchnahme des Onkorat Berlin e.V. liegen keine Informationen vor. Die Kontakt- und Beratungsstelle des KINDERHILFE e.V. bietet ca. 60 – 80 Familien psychosoziale Betreuung je nach individuellem Bedarf. 5. Welches sind die Beratungsstellen für ambulante psychoonkologische Beratung in Berlin und wie werden diese finanziert? Können die vorhandenen Krebsberatungsstellen in Berlin den Fortbestand der Beratungsangebote für die kommenden Jahre finanziell sicherstellen? 6. Welche finanzielle Unterstützung leistet hier die Berliner Senatsverwaltung (bitte nach Jahr und Organisation )? Zu 5. und 6.: Die „Krebsberatung Berlin“ finanziert sich über eine Zuwendung im Rahmen des Integrierten Gesundheitsprogramms (IGP) der für Gesundheit zuständigen Senatsverwaltung, über Mitgliedsbeiträge und Spenden, im Jahr 2017 betrug die Fördersumme aus dem IGP insgesamt 127.730 €. Die Berliner Krebsgesellschaft e.V. finanziert sich nach eigenen Angaben (Jahresbericht 2017) über Spenden, Nachlässe/Erbschaften, Bußgelder, Zuwendungen der Krankenkassen sowie Benefizveranstaltungen und Vermögensverwaltung. Der Onkorat Berlin e.V. finanziert sich – nach seiner Satzung – durch Jahres- und Förderbeiträge der Mitglieder und Spenden. Die Kontakt- und Beratungsstelle des KINDERHILFE e.V. finanziert sich ebenfalls über Spenden und Mitgliedsbeiträge. Die Berliner Krebsgesellschaft e.V., der Onkorat Berlin e.V. und der KINDERHILFE e.V. erhalten keine Fördermittel von der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung . Die Einführung einer Regelfinanzierung psychoonkologischer Beratung entsprechend dem Nationalen Krebsplan würde die Beratungsangebote finanziell unterstützen. Eine solche Regelung ist derzeit in Vorbereitung durch die Bundesregierung. - 4 - 4 Die Beratungsstellen für Menschen mit Behinderung (BfB) der zwölf Berliner Gesundheitsämter werden durch den Haushalt ihrer jeweiligen Bezirke finanziert. Die Tätigkeit der Beratungsstellen zählt zu den nach Gesundheitsdienst-Gesetz vorgeschriebenen Aufgaben der Gesundheitsämter. Ein Fortbestand ist daher sichergestellt. 7. Betrachtet die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit die Unterstützung von Krebsberatungsstellen in Berlin als ihre Aufgabe? Wenn ja, was wird sie dafür tun, dass die bestehenden Versorgungsangebote ambulanter psychoonkologischer Beratung aufrechterhalten werden können bis die nach dem Nationalen Krebsplan angestrebte Regelfinanzierung in Kraft tritt? Zu 7.: Das Land Berlin hält eine psychoonkologische Beratung für krebserkrankte Menschen und ihre Angehörigen in allen Phasen der Erkrankung für ein unverzichtbares Angebot. Deshalb hält das Land Berlin in allen Bezirken entsprechende Beratungsstellen vor und fördert darüber hinaus die krebsberatung berlin über Zuwendungen. 8. Welche Orientierungsmöglichkeiten und Nachschlagewerke gibt es für Krebsbetroffene, um Adresse für Beratung und Unterstützung in Berlin zu finden? Wer gibt diese heraus? In welcher Weise beteiligt sich hier die Berliner Senatsverwaltung? Zu 8.: Die nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht der in Berlin verfügbaren Nachschlagewerke, Orientierungsmöglichkeiten bieten die bereits genannten Einrichtungen auch im Internet an. Krebsspezifische Nachschlagewerke 1. Wegweiser für Krebsbetroffene in Berlin herausgegeben von der Berliner Krebsgesellschaft e.V. 2. Was Kinder und Jugendlichen hilft, wenn Eltern an Krebs erkranken herausgegeben von der Berliner Krebsgesellschaft e.V. 3. Diagnose Krebs - wichtige Adressen und Anlaufstellen -, letzte Auflage 2014 Broschüre des Bezirksamtes Spandau, Abteilung Soziales und Gesundheit 4 Verschiedene Infomaterialien der BfB Nachschlagewerke mit Schnittbereichen zum Thema Krebs 1. PSYCHOSOZIALE UNTERSTÜTZUNG für Menschen mit Krebs- ein Wegweiser nicht berlinspezifisch; herausgegeben von einem Zusammenschluss verschiedener Arbeitsgemeinschaften : 2. Informiert und selbstbestimmt -Ratgeber für Patientenrechte nicht berlinspezifisch; herausgegeben vom Bundesministerium für Gesundheit , Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz - 5 - 5 3. Wenn Ihr Arzt nicht mehr heilen kann…Informationen rund um die Themen Sterben , Tod, Trauer berlinspezifisch; Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales Berlin, 2012, Korrekturblatt, 2017 Berlin, den 24. September 2018 In Vertretung Boris Velter Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung