Drucksache 18 / 16 430 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thorsten Weiß (AfD) vom 11. September 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. September 2018) zum Thema: Islamistischer Religionsunterricht und Antwort vom 19. September 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Sep. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 3 Senatsverwaltung für Kultur und Europa Herrn Abgeordneten Thorsten Weiß (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei – G Sen – Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 16430 vom 11. September 2018 über Islamistischer Religionsunterricht Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Die Islamische Föderation Berlin (IFB) erteilt seit dem Schuljahr 2001/ 2002 islamischen Religionsunterricht an Berliner Schulen. 1. Ist dem Senat bekannt, dass es sich bei einem Großteil der Moscheegemeinden der Islamischen Föderation Berlin, namentlich Haci Bayram Moschee e.V., Ensar Camii e.V., Mevlana Mosche e.V., Islamischer Kulturverein Emir Sultan e.V., Vakif Moschee e.V., Gazi Osman Pasa e.V. sowie Rudower Moschee e.V., um Teile des IGMG und damit eines deutschen Ablegers der Millî Görüş Bewegung handelt, die vom Verfassungsschutz als Islamistisch eingestuft wird? Falls ja, warum wird die IFB vom Land Berlin für die Ausrichtung schulischen Religionsunterrichts gefördert? 2. Ist dem Senat bekannt, dass einige der Moscheegemeinden der Islamischen Föderation Berlin, namentlich Teiba - Kulturzentrum für Bildung und Verständigung e.V., NBS- Neuköllner Begegnungsstätte e.V. sowie Interkulturelles Zentrum für Dialog und Bildung e.V., laut Verfassungsschutzbericht in Verbindung mit der islamistischen Muslimbruderschaft stehen? Falls ja, warum wird die IFB vom Land Berlin für die Ausrichtung schulischen Religionsunterrichts gefördert? 3. Ist dem Senat bekannt, dass die Islamwissenschaftlerin Irka-Christin Mohr bereits 2006 im Rahmen ihrer Studie „Islamischer Religionsunterricht in Europa: Lehrtexte als Instrumente muslimischer Selbstverortung im Vergleich“ herausstellte, dass der für den Religionsunterricht verwendete Rahmenplan der Islamischen Föderation Berlin von Vertretern des Netzwerks der IGMG (deutscher Ableger der Millî Görüş Bewegung) verfasst worden ist? Falls ja, warum wird die IFB vom Land Berlin für die Ausrichtung schulischen Religionsunterrichts gefördert? 4. Ist dem Senat bekannt, dass die Islamwissenschaftlerin Irka-Christin Mohr zudem 2008, im Zuge der gemeinsam mit dem Islamwissenschaftler Michael Kiefer durchgeführten Studie „Islamunterricht – Islamischer Religionsunterricht – Islamkunde: viele Titel – ein Fach?“, urteilte, der Islamunterricht der Islamischen Föderation Berlin kollidiere mit dem Bildungsziel der Mündigkeit, verkünde den Schülern unkritisch den Islam und übe sie in der Glaubenspraxis und wirke damit der staatlichen Zielsetzung direkt entgegen? Falls ja, warum wird die IFB vom Land Berlin für die Ausrichtung schulischen Religionsunterrichts gefördert? Seite 2 von 3 Zu 1. bis 4.: Das Oberverwaltungsgericht Berlin kommt in seiner Entscheidung vom 4. November 1998 zum Islamischen Religionsunterricht1 zu dem Schluss, dass die Islamische Föderation Berlin (IFB) als Religionsgemeinschaft im Sinne des § 23 Berliner Schulgesetz Anspruch darauf hat, Religionsunterricht an der Berliner Schule zu erteilen. Das Gericht sah keine „Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger [Islamische Föderation Berlin e.V.] unter dem Deckmantel der Religion im Unterricht Inhalte vermitteln wird, die den Bildungszielen der Berliner Schule und der Wertordnung des Grundgesetzes zuwiderlaufen .“ Auch die vorgelegten Lehrpläne enthielten keinerlei Widersprüche zu den in § 1 des Berliner Schulgesetzes niedergelegten Bildungszielen der Berliner Schule. Ferner bekenne „sich der Kläger ausdrücklich zum Grundgesetz und zur Verfassung von Berlin und will dies nach den eingereichten Lehrplänen auch seinem deutschsprachigen Religionsunterricht durch ausgebildete Lehrkräfte zugrunde legen“. Auf Grundlage dessen erteilt die IFB seit dem Schuljahr 2001/2002 islamischen Religionsunterricht und erhält dafür eine Förderung vom Land Berlin. Es handelt sich bei dem islamischen Religionsunterricht gemäß der „Bremer Klausel“, die in Berlin gilt, nicht um Religionsunterricht nach Artikel 7 Absatz 3 Grundgesetz, sondern um freiwilligen und bekenntnisorientierten Religionsunterricht. Dem Land Berlin sind die Verfassungsschutzberichte bekannt. Es liegen keine Hinweise darauf vor, dass der islamische Religionsunterricht der IFB der Verfassung widerspricht. Auf seiner Homepage weist der Verband ausdrücklich darauf hin, dass seine „Religionslehrer das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und die Verfassung von Berlin zu beachten“2 haben. Der Unterricht hat sich seit seiner Einführung vor 17 Jahren etabliert, die IFB hat eigene Lehrmaterialien entwickelt, die Zusammenarbeit in Kollegien der Schulen funktioniert überwiegend gut. Zur Rechtsgrundlage des islamischen Religionsunterrichts, insbesondere der Rahmenlehrpläne und der diesbezüglichen schulaufsichtlichen Maßnahmen wird weiterhin auf die Antwort auf die Schriftliche Anfrage „Islamischer Religionsunterricht in Berlin“ (Drs Nr. 18/10 068 vom 16. November 2016) verwiesen. Der Sachstand hat sich seit November 2016 nicht geändert. 5. Laut Drucksache 18/11286 geht der Senat davon aus, dass nur solche Personen Mitglieder des Beirats am Institut für Islamische Theologie an der Humboldt-Universität werden, die nicht vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Wie soll dies realisiert werden, wenn die IFB im Beirat vertreten sein soll, deren Mitgliedsvereine zu einem großen Teil vom Verfassungsschutz beobachtet werden, bzw. zu vom Verfassungsschutz beobachteten Organisationen gehören? Zu 5.: Eine wesentliche Aufgabe der Ämter für Verfassungsschutz ist das Sammeln und Auswerten von Informationen, beispielsweise sach- oder personenbezogene Auskünfte , Nachrichten oder Unterlagen über Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Sofern der Verfassungsschutz Informationen erlangt, dass ein potentielles Mitglied des Beirats Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung richtet, kann die betreffende Person, gleich welcher Provenienz und welche Strömung des Islams sie vertritt, nicht Mitglied des Beirats sein. 1 OVG Berlin, Urteil vom 04.11.1998, 7 B 4.98. 2 http://www.if-berlin.de/ueber-die-ifb.html, abgerufen am 17. September 2018. Seite 3 von 3 Der Senat geht anhaltend und auch zukünftig davon aus, dass nur solche Personen Mitglieder des Beirats am Institut für Islamische Theologie an der Humboldt- Universität werden können, die nicht vom Verfassungsschutz beobachtet werden. 6. Wer wird namentlich in den Beirat des Instituts für Islamische Theologie an der Humboldt- Universität berufen werden? Zu 6.: Dies ist zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht entschieden. Berlin, den 19.09.2018 In Vertretung Gerry Woop Senatsverwaltung für Kultur und Europa